Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Die erste Weltausstellung 1851.
geschah, indem das Walzwerk nur zur Vollendung der Form, wo es nötig
erschien, angewendet wurde. Das Zängen der Luppe wurde unter dem
Stirnhammer vorgenommen. Zu den 32 Puddelöfen der alten und der
neuen Hütte waren 3 kleine und 1 grosser Dampfhammer, sowie
12 Hammerwellen mit je 2 Stirnhämmern zum abwechselnden Gebrauch
vorhanden. Die besseren Sorten wurden auch noch unter einem
Schwanzhammer planiert, dessen breite Ambossfläche von einem
Gebläseluftstrome bespült wurde, um sie beständig von abfallendem
Glühspan rein zu halten und dadurch den Stäben eine ganz glatte
Oberfläche zu geben. Diese grosse Zahl von Hämmern gaben dem
Betriebe in Low-Moor ein charakteristisches Gepräge. Eigenartig war
auch die Herstellung der besten Eisensorte Nr. 3 (L. M. B. = Low-
Moor Best). Die hierfür bestimmten Luppen wurden unter dem
Hammer zu etwa 1 Zoll dicken Platten ausgeschlagen. Diese wurden
dann kalt unter einer Brechmaschine (Fallwerk) in handgrosse Stücke
zerbrochen, welche nach dem Bruchansehen sortiert, die gleichartigen
auf Holzunterlagen zu kubischen Haufenpaketen von etwa 1 Ctr.
zusammengelegt und so in den Schweissofen gebracht wurden. Das
schweisswarme Paket wurde unter dem Hammer zu einem kubischen
Stück geschlagen, das eine zweite Hitze erhielt und zu einem läng-
lichen Stück ausgereckt wurde, welches das Materialeisen für die
Walzeisensorten bildete. In einem Schweissofen wurden gewöhnlich
12 Haufenpakete auf einmal eingesetzt. Um Radreifen (Tyres) zu
machen, wozu man das Eisen Nr. 3 verwendete, machte man die
Haufenpakete, von denen je vier einen Radreif gaben, etwas schwerer
(110 bis 115 Pfd.). Je zwei wurden nach dem Zängen aufeinandergelegt
und zusammengeschlagen, worauf sie in einen zweiten Schweissofen
kamen. In der zweiten Hitze wurden dann wieder je zwei dieser unter
dem Hammer geschweisst und zu quadratischen Stäben ausgereckt, die
dann in mehreren Hitzen in Gesenken in Tyresform geschmiedet und
zum Schlusse mit nur vier Durchgängen fertig gewalzt wurden. Die
Tyres von Low-Moor, welche wegen ihrer grossen Güte berühmt waren,
bestanden also nur aus einer Eisensorte und zwar aus weichem, aber
körnigem, dichtem und vollkommen geschweisstem Eisen 1). -- Low-
Moor lieferte auch Stabeisen für die Cementstahlfabrikation.

Eine Neuheit der englischen Ausstellung waren die verzinkten

1) Näheres über die Eisenfabrikation der Low-Moor-Werke findet man in
Tunners Ausstellungsbericht im Leobener Jahrbuch 1852, Bd. II, S. 127 und
in einem Aufsatze von Th. Ulrich, Zeitschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen
im preussischen Staate, Bd. IV, S. 217.

Die erste Weltausstellung 1851.
geschah, indem das Walzwerk nur zur Vollendung der Form, wo es nötig
erschien, angewendet wurde. Das Zängen der Luppe wurde unter dem
Stirnhammer vorgenommen. Zu den 32 Puddelöfen der alten und der
neuen Hütte waren 3 kleine und 1 groſser Dampfhammer, sowie
12 Hammerwellen mit je 2 Stirnhämmern zum abwechselnden Gebrauch
vorhanden. Die besseren Sorten wurden auch noch unter einem
Schwanzhammer planiert, dessen breite Amboſsfläche von einem
Gebläseluftstrome bespült wurde, um sie beständig von abfallendem
Glühspan rein zu halten und dadurch den Stäben eine ganz glatte
Oberfläche zu geben. Diese groſse Zahl von Hämmern gaben dem
Betriebe in Low-Moor ein charakteristisches Gepräge. Eigenartig war
auch die Herstellung der besten Eisensorte Nr. 3 (L. M. B. = Low-
Moor Best). Die hierfür bestimmten Luppen wurden unter dem
Hammer zu etwa 1 Zoll dicken Platten ausgeschlagen. Diese wurden
dann kalt unter einer Brechmaschine (Fallwerk) in handgroſse Stücke
zerbrochen, welche nach dem Bruchansehen sortiert, die gleichartigen
auf Holzunterlagen zu kubischen Haufenpaketen von etwa 1 Ctr.
zusammengelegt und so in den Schweiſsofen gebracht wurden. Das
schweiſswarme Paket wurde unter dem Hammer zu einem kubischen
Stück geschlagen, das eine zweite Hitze erhielt und zu einem läng-
lichen Stück ausgereckt wurde, welches das Materialeisen für die
Walzeisensorten bildete. In einem Schweiſsofen wurden gewöhnlich
12 Haufenpakete auf einmal eingesetzt. Um Radreifen (Tyres) zu
machen, wozu man das Eisen Nr. 3 verwendete, machte man die
Haufenpakete, von denen je vier einen Radreif gaben, etwas schwerer
(110 bis 115 Pfd.). Je zwei wurden nach dem Zängen aufeinandergelegt
und zusammengeschlagen, worauf sie in einen zweiten Schweiſsofen
kamen. In der zweiten Hitze wurden dann wieder je zwei dieser unter
dem Hammer geschweiſst und zu quadratischen Stäben ausgereckt, die
dann in mehreren Hitzen in Gesenken in Tyresform geschmiedet und
zum Schlusse mit nur vier Durchgängen fertig gewalzt wurden. Die
Tyres von Low-Moor, welche wegen ihrer groſsen Güte berühmt waren,
bestanden also nur aus einer Eisensorte und zwar aus weichem, aber
körnigem, dichtem und vollkommen geschweiſstem Eisen 1). — Low-
Moor lieferte auch Stabeisen für die Cementstahlfabrikation.

Eine Neuheit der englischen Ausstellung waren die verzinkten

1) Näheres über die Eisenfabrikation der Low-Moor-Werke findet man in
Tunners Ausstellungsbericht im Leobener Jahrbuch 1852, Bd. II, S. 127 und
in einem Aufsatze von Th. Ulrich, Zeitschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen
im preuſsischen Staate, Bd. IV, S. 217.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0797" n="781"/><fw place="top" type="header">Die erste Weltausstellung 1851.</fw><lb/>
geschah, indem das Walzwerk nur zur Vollendung der Form, wo es nötig<lb/>
erschien, angewendet wurde. Das Zängen der Luppe wurde unter dem<lb/>
Stirnhammer vorgenommen. Zu den 32 Puddelöfen der alten und der<lb/>
neuen Hütte waren 3 kleine und 1 gro&#x017F;ser Dampfhammer, sowie<lb/>
12 Hammerwellen mit je 2 Stirnhämmern zum abwechselnden Gebrauch<lb/>
vorhanden. Die besseren Sorten wurden auch noch unter einem<lb/>
Schwanzhammer planiert, dessen breite Ambo&#x017F;sfläche von einem<lb/>
Gebläseluftstrome bespült wurde, um sie beständig von abfallendem<lb/>
Glühspan rein zu halten und dadurch den Stäben eine ganz glatte<lb/>
Oberfläche zu geben. Diese gro&#x017F;se Zahl von Hämmern gaben dem<lb/>
Betriebe in Low-Moor ein charakteristisches Gepräge. Eigenartig war<lb/>
auch die Herstellung der besten Eisensorte Nr. 3 (L. M. B. = Low-<lb/>
Moor Best). Die hierfür bestimmten Luppen wurden unter dem<lb/>
Hammer zu etwa 1 Zoll dicken Platten ausgeschlagen. Diese wurden<lb/>
dann kalt unter einer Brechmaschine (Fallwerk) in handgro&#x017F;se Stücke<lb/>
zerbrochen, welche nach dem Bruchansehen sortiert, die gleichartigen<lb/>
auf Holzunterlagen zu kubischen Haufenpaketen von etwa 1 Ctr.<lb/>
zusammengelegt und so in den Schwei&#x017F;sofen gebracht wurden. Das<lb/>
schwei&#x017F;swarme Paket wurde unter dem Hammer zu einem kubischen<lb/>
Stück geschlagen, das eine zweite Hitze erhielt und zu einem läng-<lb/>
lichen Stück ausgereckt wurde, welches das Materialeisen für die<lb/>
Walzeisensorten bildete. In einem Schwei&#x017F;sofen wurden gewöhnlich<lb/>
12 Haufenpakete auf einmal eingesetzt. Um Radreifen (Tyres) zu<lb/>
machen, wozu man das Eisen Nr. 3 verwendete, machte man die<lb/>
Haufenpakete, von denen je vier einen Radreif gaben, etwas schwerer<lb/>
(110 bis 115 Pfd.). Je zwei wurden nach dem Zängen aufeinandergelegt<lb/>
und zusammengeschlagen, worauf sie in einen zweiten Schwei&#x017F;sofen<lb/>
kamen. In der zweiten Hitze wurden dann wieder je zwei dieser unter<lb/>
dem Hammer geschwei&#x017F;st und zu quadratischen Stäben ausgereckt, die<lb/>
dann in mehreren Hitzen in Gesenken in Tyresform geschmiedet und<lb/>
zum Schlusse mit nur vier Durchgängen fertig gewalzt wurden. Die<lb/>
Tyres von Low-Moor, welche wegen ihrer gro&#x017F;sen Güte berühmt waren,<lb/>
bestanden also nur aus einer Eisensorte und zwar aus weichem, aber<lb/>
körnigem, dichtem und vollkommen geschwei&#x017F;stem Eisen <note place="foot" n="1)">Näheres über die Eisenfabrikation der Low-Moor-Werke findet man in<lb/><hi rendition="#g">Tunners</hi> Ausstellungsbericht im <hi rendition="#g">Leobener</hi> Jahrbuch 1852, Bd. II, S. 127 und<lb/>
in einem Aufsatze von <hi rendition="#g">Th. Ulrich</hi>, Zeitschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen<lb/>
im preu&#x017F;sischen Staate, Bd. IV, S. 217.</note>. &#x2014; Low-<lb/>
Moor lieferte auch Stabeisen für die Cementstahlfabrikation.</p><lb/>
            <p>Eine Neuheit der englischen Ausstellung waren die <hi rendition="#g">verzinkten</hi><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[781/0797] Die erste Weltausstellung 1851. geschah, indem das Walzwerk nur zur Vollendung der Form, wo es nötig erschien, angewendet wurde. Das Zängen der Luppe wurde unter dem Stirnhammer vorgenommen. Zu den 32 Puddelöfen der alten und der neuen Hütte waren 3 kleine und 1 groſser Dampfhammer, sowie 12 Hammerwellen mit je 2 Stirnhämmern zum abwechselnden Gebrauch vorhanden. Die besseren Sorten wurden auch noch unter einem Schwanzhammer planiert, dessen breite Amboſsfläche von einem Gebläseluftstrome bespült wurde, um sie beständig von abfallendem Glühspan rein zu halten und dadurch den Stäben eine ganz glatte Oberfläche zu geben. Diese groſse Zahl von Hämmern gaben dem Betriebe in Low-Moor ein charakteristisches Gepräge. Eigenartig war auch die Herstellung der besten Eisensorte Nr. 3 (L. M. B. = Low- Moor Best). Die hierfür bestimmten Luppen wurden unter dem Hammer zu etwa 1 Zoll dicken Platten ausgeschlagen. Diese wurden dann kalt unter einer Brechmaschine (Fallwerk) in handgroſse Stücke zerbrochen, welche nach dem Bruchansehen sortiert, die gleichartigen auf Holzunterlagen zu kubischen Haufenpaketen von etwa 1 Ctr. zusammengelegt und so in den Schweiſsofen gebracht wurden. Das schweiſswarme Paket wurde unter dem Hammer zu einem kubischen Stück geschlagen, das eine zweite Hitze erhielt und zu einem läng- lichen Stück ausgereckt wurde, welches das Materialeisen für die Walzeisensorten bildete. In einem Schweiſsofen wurden gewöhnlich 12 Haufenpakete auf einmal eingesetzt. Um Radreifen (Tyres) zu machen, wozu man das Eisen Nr. 3 verwendete, machte man die Haufenpakete, von denen je vier einen Radreif gaben, etwas schwerer (110 bis 115 Pfd.). Je zwei wurden nach dem Zängen aufeinandergelegt und zusammengeschlagen, worauf sie in einen zweiten Schweiſsofen kamen. In der zweiten Hitze wurden dann wieder je zwei dieser unter dem Hammer geschweiſst und zu quadratischen Stäben ausgereckt, die dann in mehreren Hitzen in Gesenken in Tyresform geschmiedet und zum Schlusse mit nur vier Durchgängen fertig gewalzt wurden. Die Tyres von Low-Moor, welche wegen ihrer groſsen Güte berühmt waren, bestanden also nur aus einer Eisensorte und zwar aus weichem, aber körnigem, dichtem und vollkommen geschweiſstem Eisen 1). — Low- Moor lieferte auch Stabeisen für die Cementstahlfabrikation. Eine Neuheit der englischen Ausstellung waren die verzinkten 1) Näheres über die Eisenfabrikation der Low-Moor-Werke findet man in Tunners Ausstellungsbericht im Leobener Jahrbuch 1852, Bd. II, S. 127 und in einem Aufsatze von Th. Ulrich, Zeitschr. für Berg-, Hütten- u. Salinenwesen im preuſsischen Staate, Bd. IV, S. 217.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/797
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/797>, abgerufen am 23.11.2024.