Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
fast alle fehlgeschlagen waren. Ein einziges Unternehmen hatte für kurze Zeit Erfolg; es war dies die Gussstahlhütte, die zwei Engländer aus Suffolk, William und John Hill Garrard, 1831 am Miamikanal bei Cincinnati erbauten. Diese bestand aus einem Stahlbrennofen und 2 Stahlschmelzöfen für je 2 Tiegel. Im August 1832 begannen sie den Betrieb und im November machten sie die ersten Sägeblätter aus eigenem Gussstahl; ausserdem fabrizierten sie Feilen.
Als ihr Erfolg bekannt wurde, boten die Sheffielder Fabrikanten alles auf, diesen Stahl zu diskreditieren und zu unterbieten. Dennoch konnten die Brüder Garrard die Fabrikation fortsetzen bis zu dem kritischen Jahre 1837, in welchem auch sie in dem allgemeinen Sturze der Industrie fallierten.
In Pennsylvanien machten 1841 P. und J. Dunn Gussstahl für die Firma G. und J. H. Schönberger aus deren Cementstahl, doch nur ein bis zwei Jahre lang. Auch den Cementstahlfabrikanten Coleman, Hailman & Komp. gelang es 1846, versuchsweise ordinären Gussstahl aus ihrem Brennstahl zu schmelzen. Die Feilenfabrikanten Tingle und Sugden sollen in demselben Jahre ihren eigenen Guss- stahl gemacht haben. Ähnliche Versuche wurden auch in anderen Staaten gemacht. 1848 puddelte die Eisengesellschaft zu Adirondack, New-Jersey, Eisen mit Holz, cementierte es in New-Jersey und schmolz es 1849 im Graphittiegel zu Gussstahl, der sich als Werkzeugstahl bewährte. James R. Thompson war der erste Leiter dieses Werkes, das bis 1885 betrieben wurde.
Der Brückenbau und der Bau eiserner Schiffe übten ihre günstige Rückwirkung auf die nordamerikanische Eisenindustrie aus, noch mehr aber der Maschinenbau, worin die Amerikaner Originelles und Her- vorragendes in dieser Zeit leisteten. Die erste in Amerika gebaute Lokomotive war die kleine Maschine Tom Thumb von Peter Cooper1) in Baltimore 1830. Diese Tenderlokomotive mit aus Flintenläufen hergestellten Siederöhren wog noch nicht eine Tonne, war also mehr ein Modell, lieferte aber den wichtigen Beweis, dass man, entgegen der allgemeinen Ansicht der Ingenieure, mit Lokomotiven auch Kurven fahren könne. Sie wurde mit Anthracit geheizt. Die erste Maschine für den Eisenbahnbetrieb war der Best Friend of Charleston, die in
1)Peter Cooper, einer der hervorragendsten Ingenieure und Patrioten der Union, wurde am 12. Februar 1791 in New-York geboren, baute 1845 das erste grosse Schienenwalzwerk bei Trenton und war der erste Eisenindustrielle im Staate New-Jersey. + 4. April 1883 über 92 Jahre alt. Er ist der Gründer des berühmten Cooper-Instituts in New-York.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
fast alle fehlgeschlagen waren. Ein einziges Unternehmen hatte für kurze Zeit Erfolg; es war dies die Guſsstahlhütte, die zwei Engländer aus Suffolk, William und John Hill Garrard, 1831 am Miamikanal bei Cincinnati erbauten. Diese bestand aus einem Stahlbrennofen und 2 Stahlschmelzöfen für je 2 Tiegel. Im August 1832 begannen sie den Betrieb und im November machten sie die ersten Sägeblätter aus eigenem Guſsstahl; auſserdem fabrizierten sie Feilen.
Als ihr Erfolg bekannt wurde, boten die Sheffielder Fabrikanten alles auf, diesen Stahl zu diskreditieren und zu unterbieten. Dennoch konnten die Brüder Garrard die Fabrikation fortsetzen bis zu dem kritischen Jahre 1837, in welchem auch sie in dem allgemeinen Sturze der Industrie fallierten.
In Pennsylvanien machten 1841 P. und J. Dunn Guſsstahl für die Firma G. und J. H. Schönberger aus deren Cementstahl, doch nur ein bis zwei Jahre lang. Auch den Cementstahlfabrikanten Coleman, Hailman & Komp. gelang es 1846, versuchsweise ordinären Guſsstahl aus ihrem Brennstahl zu schmelzen. Die Feilenfabrikanten Tingle und Sugden sollen in demselben Jahre ihren eigenen Guſs- stahl gemacht haben. Ähnliche Versuche wurden auch in anderen Staaten gemacht. 1848 puddelte die Eisengesellschaft zu Adirondack, New-Jersey, Eisen mit Holz, cementierte es in New-Jersey und schmolz es 1849 im Graphittiegel zu Guſsstahl, der sich als Werkzeugstahl bewährte. James R. Thompson war der erste Leiter dieses Werkes, das bis 1885 betrieben wurde.
Der Brückenbau und der Bau eiserner Schiffe übten ihre günstige Rückwirkung auf die nordamerikanische Eisenindustrie aus, noch mehr aber der Maschinenbau, worin die Amerikaner Originelles und Her- vorragendes in dieser Zeit leisteten. Die erste in Amerika gebaute Lokomotive war die kleine Maschine Tom Thumb von Peter Cooper1) in Baltimore 1830. Diese Tenderlokomotive mit aus Flintenläufen hergestellten Siederöhren wog noch nicht eine Tonne, war also mehr ein Modell, lieferte aber den wichtigen Beweis, daſs man, entgegen der allgemeinen Ansicht der Ingenieure, mit Lokomotiven auch Kurven fahren könne. Sie wurde mit Anthracit geheizt. Die erste Maschine für den Eisenbahnbetrieb war der Best Friend of Charleston, die in
1)Peter Cooper, einer der hervorragendsten Ingenieure und Patrioten der Union, wurde am 12. Februar 1791 in New-York geboren, baute 1845 das erste groſse Schienenwalzwerk bei Trenton und war der erste Eisenindustrielle im Staate New-Jersey. † 4. April 1883 über 92 Jahre alt. Er ist der Gründer des berühmten Cooper-Instituts in New-York.
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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
fast alle fehlgeschlagen waren. Ein einziges Unternehmen hatte für
kurze Zeit Erfolg; es war dies die Guſsstahlhütte, die zwei Engländer
aus Suffolk, William und John Hill Garrard, 1831 am Miamikanal
bei Cincinnati erbauten. Diese bestand aus einem Stahlbrennofen
und 2 Stahlschmelzöfen für je 2 Tiegel. Im August 1832 begannen
sie den Betrieb und im November machten sie die ersten Sägeblätter
aus eigenem Guſsstahl; auſserdem fabrizierten sie Feilen.
Als ihr Erfolg bekannt wurde, boten die Sheffielder Fabrikanten
alles auf, diesen Stahl zu diskreditieren und zu unterbieten. Dennoch
konnten die Brüder Garrard die Fabrikation fortsetzen bis zu dem
kritischen Jahre 1837, in welchem auch sie in dem allgemeinen Sturze
der Industrie fallierten.
In Pennsylvanien machten 1841 P. und J. Dunn Guſsstahl für
die Firma G. und J. H. Schönberger aus deren Cementstahl, doch
nur ein bis zwei Jahre lang. Auch den Cementstahlfabrikanten
Coleman, Hailman & Komp. gelang es 1846, versuchsweise ordinären
Guſsstahl aus ihrem Brennstahl zu schmelzen. Die Feilenfabrikanten
Tingle und Sugden sollen in demselben Jahre ihren eigenen Guſs-
stahl gemacht haben. Ähnliche Versuche wurden auch in anderen
Staaten gemacht. 1848 puddelte die Eisengesellschaft zu Adirondack,
New-Jersey, Eisen mit Holz, cementierte es in New-Jersey und schmolz
es 1849 im Graphittiegel zu Guſsstahl, der sich als Werkzeugstahl
bewährte. James R. Thompson war der erste Leiter dieses Werkes,
das bis 1885 betrieben wurde.
Der Brückenbau und der Bau eiserner Schiffe übten ihre günstige
Rückwirkung auf die nordamerikanische Eisenindustrie aus, noch mehr
aber der Maschinenbau, worin die Amerikaner Originelles und Her-
vorragendes in dieser Zeit leisteten. Die erste in Amerika gebaute
Lokomotive war die kleine Maschine Tom Thumb von Peter Cooper 1)
in Baltimore 1830. Diese Tenderlokomotive mit aus Flintenläufen
hergestellten Siederöhren wog noch nicht eine Tonne, war also mehr
ein Modell, lieferte aber den wichtigen Beweis, daſs man, entgegen
der allgemeinen Ansicht der Ingenieure, mit Lokomotiven auch Kurven
fahren könne. Sie wurde mit Anthracit geheizt. Die erste Maschine
für den Eisenbahnbetrieb war der Best Friend of Charleston, die in
1) Peter Cooper, einer der hervorragendsten Ingenieure und Patrioten der
Union, wurde am 12. Februar 1791 in New-York geboren, baute 1845 das erste
groſse Schienenwalzwerk bei Trenton und war der erste Eisenindustrielle im
Staate New-Jersey. † 4. April 1883 über 92 Jahre alt. Er ist der Gründer des
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/783>, abgerufen am 23.11.2024.
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