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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Längsschienen zwischen Mount-Savage und Cumberland verlegt. Das
1845 eigens für Schienenfabrikation erbaute Montour-Walzwerk zu
Danville, Pa., walzte im Oktober die ersten Vignol- oder T-Schienen.
1846 walzten die Boston-Eisenwerke die ersten Kopfschienen in
Massachusetts, und das für schwere Schienen 1845 von Cooper und
Hewitt zu Trenton erbaute Walzwerk am 6. Mai 1846 die ersten in
New-Jersey. Diesen folgte eine Reihe weiterer Werke. Jedoch erlitt
die Schienenfabrikation durch den ungünstigen Tarif von 1846 einen
Rückschlag, so dass 1850 von den 15 Schienenwalzwerken der Union nur
noch zwei im Betriebe waren. Die Vereinigten Staaten besassen aber
im Jahre 1849 bereits 6440 engl. Meilen Eisenbahn, 444 Meilen mehr
als Grossbritannien. Das Eisenbahnwesen verdankt den Vereinigten
Staaten schon in dieser Zeit viele Verbesserungen; so rührt das in
Europa als Vignolschiene 1) bekannte Profil von dem Amerikaner
Robert L. Stevens her, der es 1830 für die Camden-Amboy-Eisen-
bahn walzen liess. Ebenso ist das Aufnageln der Flügelschienen mit
Hakennägeln eine amerikanische Erfindung. Indessen kamen die
sogenannten T-Schienen erst nach 1845 in allgemeinere Verwendung.
Die Produktion an Schienen in den Vereinigten Staaten betrug 1849
24318 Netto-Tonnen, 1850 44083 Netto-Tonnen; die Einfuhr etwa
160000 Tonnen.

Die Nagelfabrikation blühte nach wie vor in den Vereinigten
Staaten. 1840 wurden etwa 1100 Tonnen Nägel ausgeführt. Eine
gute Maschine lieferte bis 60000 Blechnägel den Tag.

Das erste Drahtwalzwerk wurde 1839 zu Fall River (Mass.) er-
richtet. 1843 brannte es ab, wurde dann aber grösser wieder auf-
gebaut. Das alte Werk hatte 3 Tonnen in der Schicht geliefert, das
neue leistete das Doppelte.

Die Cementstahlfabrikation hatte bis 1831 ziemliche Fortschritte
in Nord-Amerika gemacht. Es gab damals 14 Stahlcementieröfen, da-
von waren 3 in Philadelphia, 3 in New-York und 2 in Pittsburg. Die
14 Werke hatten eine Leistungsfähigkeit von 1600 Tonnen, was dem
ganzen früheren Stahlimport gleich gekommen sein würde. Da der
aus amerikanischem Eisen bereitete gegärbte Cementstahl von grosser
Güte war und dem englischen nicht nachstand, so verdrängte er
diesen grösstenteils. Dagegen musste Gussstahl immer noch aus Eng-
land bezogen werden, da die Versuche, ihn in Amerika zu fabrizieren,

1) Benannt nach Charles B. Vignoles, einem englischen Eisenbahningenieur,
der längere Zeit in Amerika lebte.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850.
Längsschienen zwischen Mount-Savage und Cumberland verlegt. Das
1845 eigens für Schienenfabrikation erbaute Montour-Walzwerk zu
Danville, Pa., walzte im Oktober die ersten Vignol- oder T-Schienen.
1846 walzten die Boston-Eisenwerke die ersten Kopfschienen in
Massachusetts, und das für schwere Schienen 1845 von Cooper und
Hewitt zu Trenton erbaute Walzwerk am 6. Mai 1846 die ersten in
New-Jersey. Diesen folgte eine Reihe weiterer Werke. Jedoch erlitt
die Schienenfabrikation durch den ungünstigen Tarif von 1846 einen
Rückschlag, so daſs 1850 von den 15 Schienenwalzwerken der Union nur
noch zwei im Betriebe waren. Die Vereinigten Staaten besaſsen aber
im Jahre 1849 bereits 6440 engl. Meilen Eisenbahn, 444 Meilen mehr
als Groſsbritannien. Das Eisenbahnwesen verdankt den Vereinigten
Staaten schon in dieser Zeit viele Verbesserungen; so rührt das in
Europa als Vignolschiene 1) bekannte Profil von dem Amerikaner
Robert L. Stevens her, der es 1830 für die Camden-Amboy-Eisen-
bahn walzen lieſs. Ebenso ist das Aufnageln der Flügelschienen mit
Hakennägeln eine amerikanische Erfindung. Indessen kamen die
sogenannten T-Schienen erst nach 1845 in allgemeinere Verwendung.
Die Produktion an Schienen in den Vereinigten Staaten betrug 1849
24318 Netto-Tonnen, 1850 44083 Netto-Tonnen; die Einfuhr etwa
160000 Tonnen.

Die Nagelfabrikation blühte nach wie vor in den Vereinigten
Staaten. 1840 wurden etwa 1100 Tonnen Nägel ausgeführt. Eine
gute Maschine lieferte bis 60000 Blechnägel den Tag.

Das erste Drahtwalzwerk wurde 1839 zu Fall River (Mass.) er-
richtet. 1843 brannte es ab, wurde dann aber gröſser wieder auf-
gebaut. Das alte Werk hatte 3 Tonnen in der Schicht geliefert, das
neue leistete das Doppelte.

Die Cementstahlfabrikation hatte bis 1831 ziemliche Fortschritte
in Nord-Amerika gemacht. Es gab damals 14 Stahlcementieröfen, da-
von waren 3 in Philadelphia, 3 in New-York und 2 in Pittsburg. Die
14 Werke hatten eine Leistungsfähigkeit von 1600 Tonnen, was dem
ganzen früheren Stahlimport gleich gekommen sein würde. Da der
aus amerikanischem Eisen bereitete gegärbte Cementstahl von groſser
Güte war und dem englischen nicht nachstand, so verdrängte er
diesen gröſstenteils. Dagegen muſste Guſsstahl immer noch aus Eng-
land bezogen werden, da die Versuche, ihn in Amerika zu fabrizieren,

1) Benannt nach Charles B. Vignoles, einem englischen Eisenbahningenieur,
der längere Zeit in Amerika lebte.
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[766/0782] Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831 bis 1850. Längsschienen zwischen Mount-Savage und Cumberland verlegt. Das 1845 eigens für Schienenfabrikation erbaute Montour-Walzwerk zu Danville, Pa., walzte im Oktober die ersten Vignol- oder T-Schienen. 1846 walzten die Boston-Eisenwerke die ersten Kopfschienen in Massachusetts, und das für schwere Schienen 1845 von Cooper und Hewitt zu Trenton erbaute Walzwerk am 6. Mai 1846 die ersten in New-Jersey. Diesen folgte eine Reihe weiterer Werke. Jedoch erlitt die Schienenfabrikation durch den ungünstigen Tarif von 1846 einen Rückschlag, so daſs 1850 von den 15 Schienenwalzwerken der Union nur noch zwei im Betriebe waren. Die Vereinigten Staaten besaſsen aber im Jahre 1849 bereits 6440 engl. Meilen Eisenbahn, 444 Meilen mehr als Groſsbritannien. Das Eisenbahnwesen verdankt den Vereinigten Staaten schon in dieser Zeit viele Verbesserungen; so rührt das in Europa als Vignolschiene 1) bekannte Profil von dem Amerikaner Robert L. Stevens her, der es 1830 für die Camden-Amboy-Eisen- bahn walzen lieſs. Ebenso ist das Aufnageln der Flügelschienen mit Hakennägeln eine amerikanische Erfindung. Indessen kamen die sogenannten T-Schienen erst nach 1845 in allgemeinere Verwendung. Die Produktion an Schienen in den Vereinigten Staaten betrug 1849 24318 Netto-Tonnen, 1850 44083 Netto-Tonnen; die Einfuhr etwa 160000 Tonnen. Die Nagelfabrikation blühte nach wie vor in den Vereinigten Staaten. 1840 wurden etwa 1100 Tonnen Nägel ausgeführt. Eine gute Maschine lieferte bis 60000 Blechnägel den Tag. Das erste Drahtwalzwerk wurde 1839 zu Fall River (Mass.) er- richtet. 1843 brannte es ab, wurde dann aber gröſser wieder auf- gebaut. Das alte Werk hatte 3 Tonnen in der Schicht geliefert, das neue leistete das Doppelte. Die Cementstahlfabrikation hatte bis 1831 ziemliche Fortschritte in Nord-Amerika gemacht. Es gab damals 14 Stahlcementieröfen, da- von waren 3 in Philadelphia, 3 in New-York und 2 in Pittsburg. Die 14 Werke hatten eine Leistungsfähigkeit von 1600 Tonnen, was dem ganzen früheren Stahlimport gleich gekommen sein würde. Da der aus amerikanischem Eisen bereitete gegärbte Cementstahl von groſser Güte war und dem englischen nicht nachstand, so verdrängte er diesen gröſstenteils. Dagegen muſste Guſsstahl immer noch aus Eng- land bezogen werden, da die Versuche, ihn in Amerika zu fabrizieren, 1) Benannt nach Charles B. Vignoles, einem englischen Eisenbahningenieur, der längere Zeit in Amerika lebte.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 766. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/782>, abgerufen am 23.11.2024.