wie heute, dass es vielmehr hinter der Englands und der Nachbar- länder Belgien und Frankreich zurückblieb, ist nicht zu verwundern. Dass man eine grosse, unentbehrliche Industrie schutzlos der Über- macht des Auslandes preisgab, einem Princip zulieb, war echt deutsch. Alle praktischen Nationen schützten ihre Eisenindustrie vor der Konkurrenz des Auslandes, weil sie das unmittelbar Nützliche ergriffen und nicht einem theoretisch Nützlichen, wie es der Freihandel war, Opfer brachten. Englands Eisenindustrie war erst unter Prohibitiv- zöllen, dann unter hohen Schutzzöllen zur Entwickelung gelangt und England schaffte die Zölle erst ab und schrieb den Freihandel auf seine Fahne, als dies für ihn nützlich war, nachdem seine Eisen- industrie so erstarkt war, dass sie keine Konkurrenz mehr zu fürchten hatte und nur möglichst unbeschränkten Absatz suchte. Anders ver- fuhr der Deutsche, der in diesem, wie in vielen anderen Fällen damals nur das abstrakt Gute erstrebte, und diesem zulieb seine alte vater- ländische Industrie der Gefahr des Unterganges preisgab. Dass es so weit nicht kam, verdanken wir der geistigen und technischen Thätig- keit der Eisenindustriellen in Deutschland, welche trotz langer, schwerer Kämpfe mutig vorwärts strebten, und überall durch Verbesserungen der Gefahr des Unterganges zu begegnen suchten. Wenn das über- mächtige England mit Recht auf die Erfindung der Winderhitzung und des Dampfhammers in dieser Periode stolz sein darf, so gebührt Deutschland der Ruhm, die Benutzung der Hochofengase, den Heiz- gasbetrieb und das Stahlpuddeln erfunden zu haben.
Nur durch die oben angedeuteten Verhältnisse erklärt es sich, dass sich der Steinkohlenbetrieb in Deutschland in dieser Periode so langsam entwickelte, während doch in Belgien und Frankreich die grossartigsten Steinkohlenhütten entstanden. Gab es doch im Ruhr- gebiet bis zum Jahre 1847 noch nicht einen Kokshochofen!
Das fremde Roheisen strömte zu so billigen Preisen ein, dass es ganz aussichtslos schien, in Deutschland mit irgend welchem Nutzen einen Koksofenbetrieb zu begründen, wie es in Belgien und Frankreich der Fall war. Der mangelnde Zollschutz, die Freihandelspolitik des Zollvereins war schuld daran, dass die Kokshochofenindustrie West- deutschlands um 20 Jahre zurückblieb. Charakteristisch war es auch, dass die Saarkohle schon lange weit nach Frankreich hinein verschickt wurde, um dort noch mit grossem Nutzen der französischen Eisen- industrie zu dienen, während sich im Saargebiete selbst der Steinkohlen- betrieb nur langsam entfaltete. Hierzu kam noch ein anderer Umstand, Deutschland war arm an Kapital und die Regierungen thaten damals
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Deutschland 1831 bis 1850.
wie heute, daſs es vielmehr hinter der Englands und der Nachbar- länder Belgien und Frankreich zurückblieb, ist nicht zu verwundern. Daſs man eine groſse, unentbehrliche Industrie schutzlos der Über- macht des Auslandes preisgab, einem Princip zulieb, war echt deutsch. Alle praktischen Nationen schützten ihre Eisenindustrie vor der Konkurrenz des Auslandes, weil sie das unmittelbar Nützliche ergriffen und nicht einem theoretisch Nützlichen, wie es der Freihandel war, Opfer brachten. Englands Eisenindustrie war erst unter Prohibitiv- zöllen, dann unter hohen Schutzzöllen zur Entwickelung gelangt und England schaffte die Zölle erst ab und schrieb den Freihandel auf seine Fahne, als dies für ihn nützlich war, nachdem seine Eisen- industrie so erstarkt war, daſs sie keine Konkurrenz mehr zu fürchten hatte und nur möglichst unbeschränkten Absatz suchte. Anders ver- fuhr der Deutsche, der in diesem, wie in vielen anderen Fällen damals nur das abstrakt Gute erstrebte, und diesem zulieb seine alte vater- ländische Industrie der Gefahr des Unterganges preisgab. Daſs es so weit nicht kam, verdanken wir der geistigen und technischen Thätig- keit der Eisenindustriellen in Deutschland, welche trotz langer, schwerer Kämpfe mutig vorwärts strebten, und überall durch Verbesserungen der Gefahr des Unterganges zu begegnen suchten. Wenn das über- mächtige England mit Recht auf die Erfindung der Winderhitzung und des Dampfhammers in dieser Periode stolz sein darf, so gebührt Deutschland der Ruhm, die Benutzung der Hochofengase, den Heiz- gasbetrieb und das Stahlpuddeln erfunden zu haben.
Nur durch die oben angedeuteten Verhältnisse erklärt es sich, daſs sich der Steinkohlenbetrieb in Deutschland in dieser Periode so langsam entwickelte, während doch in Belgien und Frankreich die groſsartigsten Steinkohlenhütten entstanden. Gab es doch im Ruhr- gebiet bis zum Jahre 1847 noch nicht einen Kokshochofen!
Das fremde Roheisen strömte zu so billigen Preisen ein, daſs es ganz aussichtslos schien, in Deutschland mit irgend welchem Nutzen einen Koksofenbetrieb zu begründen, wie es in Belgien und Frankreich der Fall war. Der mangelnde Zollschutz, die Freihandelspolitik des Zollvereins war schuld daran, daſs die Kokshochofenindustrie West- deutschlands um 20 Jahre zurückblieb. Charakteristisch war es auch, daſs die Saarkohle schon lange weit nach Frankreich hinein verschickt wurde, um dort noch mit groſsem Nutzen der französischen Eisen- industrie zu dienen, während sich im Saargebiete selbst der Steinkohlen- betrieb nur langsam entfaltete. Hierzu kam noch ein anderer Umstand, Deutschland war arm an Kapital und die Regierungen thaten damals
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Deutschland 1831 bis 1850.
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länder Belgien und Frankreich zurückblieb, ist nicht zu verwundern.
Daſs man eine groſse, unentbehrliche Industrie schutzlos der Über-
macht des Auslandes preisgab, einem Princip zulieb, war echt deutsch.
Alle praktischen Nationen schützten ihre Eisenindustrie vor der
Konkurrenz des Auslandes, weil sie das unmittelbar Nützliche ergriffen
und nicht einem theoretisch Nützlichen, wie es der Freihandel war,
Opfer brachten. Englands Eisenindustrie war erst unter Prohibitiv-
zöllen, dann unter hohen Schutzzöllen zur Entwickelung gelangt und
England schaffte die Zölle erst ab und schrieb den Freihandel auf
seine Fahne, als dies für ihn nützlich war, nachdem seine Eisen-
industrie so erstarkt war, daſs sie keine Konkurrenz mehr zu fürchten
hatte und nur möglichst unbeschränkten Absatz suchte. Anders ver-
fuhr der Deutsche, der in diesem, wie in vielen anderen Fällen damals
nur das abstrakt Gute erstrebte, und diesem zulieb seine alte vater-
ländische Industrie der Gefahr des Unterganges preisgab. Daſs es
so weit nicht kam, verdanken wir der geistigen und technischen Thätig-
keit der Eisenindustriellen in Deutschland, welche trotz langer, schwerer
Kämpfe mutig vorwärts strebten, und überall durch Verbesserungen
der Gefahr des Unterganges zu begegnen suchten. Wenn das über-
mächtige England mit Recht auf die Erfindung der Winderhitzung
und des Dampfhammers in dieser Periode stolz sein darf, so gebührt
Deutschland der Ruhm, die Benutzung der Hochofengase, den Heiz-
gasbetrieb und das Stahlpuddeln erfunden zu haben.
Nur durch die oben angedeuteten Verhältnisse erklärt es sich,
daſs sich der Steinkohlenbetrieb in Deutschland in dieser Periode so
langsam entwickelte, während doch in Belgien und Frankreich die
groſsartigsten Steinkohlenhütten entstanden. Gab es doch im Ruhr-
gebiet bis zum Jahre 1847 noch nicht einen Kokshochofen!
Das fremde Roheisen strömte zu so billigen Preisen ein, daſs es
ganz aussichtslos schien, in Deutschland mit irgend welchem Nutzen
einen Koksofenbetrieb zu begründen, wie es in Belgien und Frankreich
der Fall war. Der mangelnde Zollschutz, die Freihandelspolitik des
Zollvereins war schuld daran, daſs die Kokshochofenindustrie West-
deutschlands um 20 Jahre zurückblieb. Charakteristisch war es auch,
daſs die Saarkohle schon lange weit nach Frankreich hinein verschickt
wurde, um dort noch mit groſsem Nutzen der französischen Eisen-
industrie zu dienen, während sich im Saargebiete selbst der Steinkohlen-
betrieb nur langsam entfaltete. Hierzu kam noch ein anderer Umstand,
Deutschland war arm an Kapital und die Regierungen thaten damals
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 691. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/707>, abgerufen am 22.11.2024.
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