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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Frankreich 1831 bis 1850.

Die Zahl der Hochöfen stieg in dieser Zeit von 409 auf 623, die
Zahl der Kokshochöfen von 30 auf 128. Die Zunahme der Roheisen-
produktion kam fast ausschliesslich auf die Zunahme des Koks-
roheisens. 1830 hatte die Koksroheisenproduktion nur 542066 M.-Ctr.
betragen, 1840 war sie auf 1541260 M.-Ctr. und 1850 auf 3522680 M.-Ctr.
gestiegen.

Aus den Zahlen obiger Tabelle erkennt man, dass die Krisis von
1839, die England und Belgien schwer heimsuchte, auch auf die fran-
zösische Eisenproduktion ihren Einfluss ausübte, wenn auch nicht
in gleichem Masse. Der Maschinenbau und der Bau von Dampf-
schiffen hob sich gerade in den Jahren 1839 bis 1844 sehr. Die
Stahlproduktion Frankreichs nahm in derselben Zeit von 6384 bis
12954 Tonnen zu. Diese Zunahme beruhte auf der Ausbreitung der
Cementstahlfabrikation. Im Moseldepartement machte man Rohstahl
aus Rohstahleisen von der Saynerhütte in Preussen.

Auch die Gewerbeausstellungen zu Paris von 1844 1) und 1849
erwiesen es deutlich, dass die französische Eisenindustrie in allen
Zweigen des Eisenhüttengewerbes rasch und gleichmässig vorgeschritten
war. Grossartige Werke waren in der Zeit entstanden. Die Gesell-
schaft von Vierzon besass 9 Hochöfen, Creusot 7 Hochöfen, 40 Puddel-
und 33 Schweissöfen. Im Maasdepartement war die wichtige Hütte
von Abainville entstanden, im Cherdepartement die von Fourchambault
und Imphy. Die Hütte von La Voulte im Ardechedepartement
produzierte 1849 36000 Tonnen Roheisen und 20000 Tonnen Stab-
eisen. Der Steinkohlenbetrieb hatte sich namentlich beim Eisen-
frischen seit 1844 sehr ausgedehnt. Das Roheisen wurde 1849 noch
zu zwei Drittel mit Holzkohlen erblasen, während kaum mehr ein
Viertel des Stabeisens mit Holzkohle gefrischt wurde.

Von technischen Fortschritten im französischen Eisenhüttenwesen
erwähnen wir die nachfolgenden. Die Anwendung der erhitzten Gebläse-
luft zum Hochofenbetriebe wurde zuerst 1831 von Phil. Taylor auf
den Hütten von Vienne (Departement Isere) und La Voulte (Departe-
ment Ardeche) eingeführt. Diesen folgten die Hochöfen von Terrenoire
bei St. Etienne (Loiredepartement), Alais (Garddepartement), Firmy
und Decazeville (Aveyrondepartement). 1842 gingen 322 Hochöfen
mit kalter, 117 mit heisser Luft.

Die Gichtgase des Hochofens wurden zuerst 1838 auf dem Eisen-
hüttenwerke Jägerthal (Niederrhein) zur Eisenfabrikation verwendet.

1) Bericht hierüber s. Berg- und hüttenmänn. Ztg. 1844, S. 1089.
Frankreich 1831 bis 1850.

Die Zahl der Hochöfen stieg in dieser Zeit von 409 auf 623, die
Zahl der Kokshochöfen von 30 auf 128. Die Zunahme der Roheisen-
produktion kam fast ausschlieſslich auf die Zunahme des Koks-
roheisens. 1830 hatte die Koksroheisenproduktion nur 542066 M.-Ctr.
betragen, 1840 war sie auf 1541260 M.-Ctr. und 1850 auf 3522680 M.-Ctr.
gestiegen.

Aus den Zahlen obiger Tabelle erkennt man, daſs die Krisis von
1839, die England und Belgien schwer heimsuchte, auch auf die fran-
zösische Eisenproduktion ihren Einfluſs ausübte, wenn auch nicht
in gleichem Maſse. Der Maschinenbau und der Bau von Dampf-
schiffen hob sich gerade in den Jahren 1839 bis 1844 sehr. Die
Stahlproduktion Frankreichs nahm in derselben Zeit von 6384 bis
12954 Tonnen zu. Diese Zunahme beruhte auf der Ausbreitung der
Cementstahlfabrikation. Im Moseldepartement machte man Rohstahl
aus Rohstahleisen von der Saynerhütte in Preuſsen.

Auch die Gewerbeausstellungen zu Paris von 1844 1) und 1849
erwiesen es deutlich, daſs die französische Eisenindustrie in allen
Zweigen des Eisenhüttengewerbes rasch und gleichmäſsig vorgeschritten
war. Groſsartige Werke waren in der Zeit entstanden. Die Gesell-
schaft von Vierzon besaſs 9 Hochöfen, Creusot 7 Hochöfen, 40 Puddel-
und 33 Schweiſsöfen. Im Maasdepartement war die wichtige Hütte
von Abainville entstanden, im Cherdepartement die von Fourchambault
und Imphy. Die Hütte von La Voulte im Ardèchedepartement
produzierte 1849 36000 Tonnen Roheisen und 20000 Tonnen Stab-
eisen. Der Steinkohlenbetrieb hatte sich namentlich beim Eisen-
frischen seit 1844 sehr ausgedehnt. Das Roheisen wurde 1849 noch
zu zwei Drittel mit Holzkohlen erblasen, während kaum mehr ein
Viertel des Stabeisens mit Holzkohle gefrischt wurde.

Von technischen Fortschritten im französischen Eisenhüttenwesen
erwähnen wir die nachfolgenden. Die Anwendung der erhitzten Gebläse-
luft zum Hochofenbetriebe wurde zuerst 1831 von Phil. Taylor auf
den Hütten von Vienne (Departement Isère) und La Voulte (Departe-
ment Ardèche) eingeführt. Diesen folgten die Hochöfen von Terrenoire
bei St. Etienne (Loiredepartement), Alais (Garddepartement), Firmy
und Decazeville (Aveyrondepartement). 1842 gingen 322 Hochöfen
mit kalter, 117 mit heiſser Luft.

Die Gichtgase des Hochofens wurden zuerst 1838 auf dem Eisen-
hüttenwerke Jägerthal (Niederrhein) zur Eisenfabrikation verwendet.

1) Bericht hierüber s. Berg- und hüttenmänn. Ztg. 1844, S. 1089.
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[674/0690] Frankreich 1831 bis 1850. Die Zahl der Hochöfen stieg in dieser Zeit von 409 auf 623, die Zahl der Kokshochöfen von 30 auf 128. Die Zunahme der Roheisen- produktion kam fast ausschlieſslich auf die Zunahme des Koks- roheisens. 1830 hatte die Koksroheisenproduktion nur 542066 M.-Ctr. betragen, 1840 war sie auf 1541260 M.-Ctr. und 1850 auf 3522680 M.-Ctr. gestiegen. Aus den Zahlen obiger Tabelle erkennt man, daſs die Krisis von 1839, die England und Belgien schwer heimsuchte, auch auf die fran- zösische Eisenproduktion ihren Einfluſs ausübte, wenn auch nicht in gleichem Maſse. Der Maschinenbau und der Bau von Dampf- schiffen hob sich gerade in den Jahren 1839 bis 1844 sehr. Die Stahlproduktion Frankreichs nahm in derselben Zeit von 6384 bis 12954 Tonnen zu. Diese Zunahme beruhte auf der Ausbreitung der Cementstahlfabrikation. Im Moseldepartement machte man Rohstahl aus Rohstahleisen von der Saynerhütte in Preuſsen. Auch die Gewerbeausstellungen zu Paris von 1844 1) und 1849 erwiesen es deutlich, daſs die französische Eisenindustrie in allen Zweigen des Eisenhüttengewerbes rasch und gleichmäſsig vorgeschritten war. Groſsartige Werke waren in der Zeit entstanden. Die Gesell- schaft von Vierzon besaſs 9 Hochöfen, Creusot 7 Hochöfen, 40 Puddel- und 33 Schweiſsöfen. Im Maasdepartement war die wichtige Hütte von Abainville entstanden, im Cherdepartement die von Fourchambault und Imphy. Die Hütte von La Voulte im Ardèchedepartement produzierte 1849 36000 Tonnen Roheisen und 20000 Tonnen Stab- eisen. Der Steinkohlenbetrieb hatte sich namentlich beim Eisen- frischen seit 1844 sehr ausgedehnt. Das Roheisen wurde 1849 noch zu zwei Drittel mit Holzkohlen erblasen, während kaum mehr ein Viertel des Stabeisens mit Holzkohle gefrischt wurde. Von technischen Fortschritten im französischen Eisenhüttenwesen erwähnen wir die nachfolgenden. Die Anwendung der erhitzten Gebläse- luft zum Hochofenbetriebe wurde zuerst 1831 von Phil. Taylor auf den Hütten von Vienne (Departement Isère) und La Voulte (Departe- ment Ardèche) eingeführt. Diesen folgten die Hochöfen von Terrenoire bei St. Etienne (Loiredepartement), Alais (Garddepartement), Firmy und Decazeville (Aveyrondepartement). 1842 gingen 322 Hochöfen mit kalter, 117 mit heiſser Luft. Die Gichtgase des Hochofens wurden zuerst 1838 auf dem Eisen- hüttenwerke Jägerthal (Niederrhein) zur Eisenfabrikation verwendet. 1) Bericht hierüber s. Berg- und hüttenmänn. Ztg. 1844, S. 1089.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/690>, abgerufen am 18.06.2024.