Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Grossbritannien 1831 bis 1850.
früher in den 20er Jahren gemacht hatte, mit Anthracit im Hochofen
zu schmelzen, hatten sehr wenig Erfolg gehabt. Auch der Hochofen-
besitzer George Crane, dessen Hütte Yniscedwyn auf der Anthracit-
kohlenformation lag, hatte bereits verschiedene vergebliche Versuche
damit gemacht, bis er es endlich 1837 mit erhitzter Gebläseluft ver-
suchte. Nun gelang es und nach kaum drei Monaten schmolz er die
Tonne Roheisen mit weniger als 27 Ctr. Anthracit. Der Kohlenver-
brauch verminderte sich im Verhältnis von 5 zu 18. Das erblasene
Eisen war vorzüglich und fester als das mit Koks erblasene. Da die
Anthracitformation ungefähr den dritten Teil der ganzen Stein-
kohlenformation von Wales umfasst, so war dieser Erfolg Cranes
von der grössten Tragweite. Später gelang Palmer Budd in der
Hütte von Ystalifera bei Swansea die Anwendung von Anthracit mit
kalter Luft bei sehr hoher Pressung und Verteilung durch mehr For-
men. Die 4, 5 oder 6 Formen waren eng und nur 25 bis 37 mm weit.

Durch diese Erfolge wurden die Produktionskosten des englischen
Eisens verringert und seine Export- und Konkurrenzfähigkeit ge-
steigert. Wie bedeutend diese aber war, hatte Heron de Villefosse
schon zuvor durch folgende einfache Zusammenstellung gezeigt.
Schmiedeeisen kostete im Jahre 1825 in

Frankreich     26 £ 10 sh die Tonne,
Belgien und Deutschland     16 " 14 " " "
Schweden und Russland     13 " 13 " " "
England in Cardiff     10 " -- " " "

England hatte dabei durch seine zahlreichen Kanäle die billigsten
Frachten. Scrivenor berechnet, dass die Länge der Kanäle in Frank-
reich, auf die Fläche von England und Wales reducirt; im Jahre
1831 nur 247,4 engl. Meilen betrug, während England 2174 Meilen
Kanäle besass.

Den grössten Einfluss auf die Eisenproduktion Englands hatte der
Bau der Eisenbahnen. Wie bedeutend dieser war, lässt sich schätzen
aus den Summen, die für Eisenbahnbauten aufgebracht wurden. Durch
Parlamentsbeschluss wurden concessioniert:


[Spaltenumbruch]
1831     für 1799873 £
1832     " 567685 "
1833     " 5525333 "
1834     " 2312053 "
1835     " 4812833 "

[Spaltenumbruch]
1836     für 22874998 £
1837     " 13521799 "
1838     " 2096198 "
1839     " 6455797 "
1840     " 2495032 "

Groſsbritannien 1831 bis 1850.
früher in den 20er Jahren gemacht hatte, mit Anthracit im Hochofen
zu schmelzen, hatten sehr wenig Erfolg gehabt. Auch der Hochofen-
besitzer George Crane, dessen Hütte Yniscedwyn auf der Anthracit-
kohlenformation lag, hatte bereits verschiedene vergebliche Versuche
damit gemacht, bis er es endlich 1837 mit erhitzter Gebläseluft ver-
suchte. Nun gelang es und nach kaum drei Monaten schmolz er die
Tonne Roheisen mit weniger als 27 Ctr. Anthracit. Der Kohlenver-
brauch verminderte sich im Verhältnis von 5 zu 18. Das erblasene
Eisen war vorzüglich und fester als das mit Koks erblasene. Da die
Anthracitformation ungefähr den dritten Teil der ganzen Stein-
kohlenformation von Wales umfaſst, so war dieser Erfolg Cranes
von der gröſsten Tragweite. Später gelang Palmer Budd in der
Hütte von Ystalifera bei Swansea die Anwendung von Anthracit mit
kalter Luft bei sehr hoher Pressung und Verteilung durch mehr For-
men. Die 4, 5 oder 6 Formen waren eng und nur 25 bis 37 mm weit.

Durch diese Erfolge wurden die Produktionskosten des englischen
Eisens verringert und seine Export- und Konkurrenzfähigkeit ge-
steigert. Wie bedeutend diese aber war, hatte Héron de Villefosse
schon zuvor durch folgende einfache Zusammenstellung gezeigt.
Schmiedeeisen kostete im Jahre 1825 in

Frankreich     26 £ 10 sh die Tonne,
Belgien und Deutschland     16 „ 14 „ „ „
Schweden und Russland     13 „ 13 „ „ „
England in Cardiff     10 „ — „ „ „

England hatte dabei durch seine zahlreichen Kanäle die billigsten
Frachten. Scrivenor berechnet, daſs die Länge der Kanäle in Frank-
reich, auf die Fläche von England und Wales reducirt; im Jahre
1831 nur 247,4 engl. Meilen betrug, während England 2174 Meilen
Kanäle besaſs.

Den gröſsten Einfluſs auf die Eisenproduktion Englands hatte der
Bau der Eisenbahnen. Wie bedeutend dieser war, läſst sich schätzen
aus den Summen, die für Eisenbahnbauten aufgebracht wurden. Durch
Parlamentsbeschluſs wurden concessioniert:


[Spaltenumbruch]
1831     für 1799873 £
1832     „ 567685 „
1833     „ 5525333 „
1834     „ 2312053 „
1835     „ 4812833 „

[Spaltenumbruch]
1836     für 22874998 £
1837     „ 13521799 „
1838     „ 2096198 „
1839     „ 6455797 „
1840     „ 2495032 „

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0672" n="656"/><fw place="top" type="header">Gro&#x017F;sbritannien 1831 bis 1850.</fw><lb/>
früher in den 20er Jahren gemacht hatte, mit Anthracit im Hochofen<lb/>
zu schmelzen, hatten sehr wenig Erfolg gehabt. Auch der Hochofen-<lb/>
besitzer <hi rendition="#g">George Crane</hi>, dessen Hütte Yniscedwyn auf der Anthracit-<lb/>
kohlenformation lag, hatte bereits verschiedene vergebliche Versuche<lb/>
damit gemacht, bis er es endlich 1837 mit erhitzter Gebläseluft ver-<lb/>
suchte. Nun gelang es und nach kaum drei Monaten schmolz er die<lb/>
Tonne Roheisen mit weniger als 27 Ctr. Anthracit. Der Kohlenver-<lb/>
brauch verminderte sich im Verhältnis von 5 zu 18. Das erblasene<lb/>
Eisen war vorzüglich und fester als das mit Koks erblasene. Da die<lb/>
Anthracitformation ungefähr den dritten Teil der ganzen Stein-<lb/>
kohlenformation von Wales umfa&#x017F;st, so war dieser Erfolg <hi rendition="#g">Cranes</hi><lb/>
von der grö&#x017F;sten Tragweite. Später gelang <hi rendition="#g">Palmer Budd</hi> in der<lb/>
Hütte von Ystalifera bei Swansea die Anwendung von Anthracit mit<lb/>
kalter Luft bei sehr hoher Pressung und Verteilung durch mehr For-<lb/>
men. Die 4, 5 oder 6 Formen waren eng und nur 25 bis 37 mm weit.</p><lb/>
            <p>Durch diese Erfolge wurden die Produktionskosten des englischen<lb/>
Eisens verringert und seine Export- und Konkurrenzfähigkeit ge-<lb/>
steigert. Wie bedeutend diese aber war, hatte <hi rendition="#g">Héron de Villefosse</hi><lb/>
schon zuvor durch folgende einfache Zusammenstellung gezeigt.<lb/>
Schmiedeeisen kostete im Jahre 1825 in</p><lb/>
            <list>
              <item>Frankreich <space dim="horizontal"/> 26 £ 10 sh die Tonne,</item><lb/>
              <item>Belgien und Deutschland <space dim="horizontal"/> 16 &#x201E; 14 &#x201E; &#x201E; &#x201E;</item><lb/>
              <item>Schweden und Russland <space dim="horizontal"/> 13 &#x201E; 13 &#x201E; &#x201E; &#x201E;</item><lb/>
              <item>England in Cardiff <space dim="horizontal"/> 10 &#x201E; &#x2014; &#x201E; &#x201E; &#x201E;</item>
            </list><lb/>
            <p>England hatte dabei durch seine zahlreichen Kanäle die billigsten<lb/>
Frachten. <hi rendition="#g">Scrivenor</hi> berechnet, da&#x017F;s die Länge der Kanäle in Frank-<lb/>
reich, auf die Fläche von England und Wales reducirt; im Jahre<lb/>
1831 nur 247,4 engl. Meilen betrug, während England 2174 Meilen<lb/>
Kanäle besa&#x017F;s.</p><lb/>
            <p>Den grö&#x017F;sten Einflu&#x017F;s auf die Eisenproduktion Englands hatte der<lb/>
Bau der <hi rendition="#g">Eisenbahnen</hi>. Wie bedeutend dieser war, lä&#x017F;st sich schätzen<lb/>
aus den Summen, die für Eisenbahnbauten aufgebracht wurden. Durch<lb/>
Parlamentsbeschlu&#x017F;s wurden concessioniert:</p><lb/>
            <cb/>
            <list>
              <item>1831 <space dim="horizontal"/> für 1799873 £</item><lb/>
              <item>1832 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 567685 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1833 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 5525333 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1834 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 2312053 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1835 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 4812833 &#x201E;</item>
            </list><lb/>
            <cb/>
            <list>
              <item>1836 <space dim="horizontal"/> für 22874998 £</item><lb/>
              <item>1837 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 13521799 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1838 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 2096198 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1839 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 6455797 &#x201E;</item><lb/>
              <item>1840 <space dim="horizontal"/> &#x201E; 2495032 &#x201E;</item>
            </list><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[656/0672] Groſsbritannien 1831 bis 1850. früher in den 20er Jahren gemacht hatte, mit Anthracit im Hochofen zu schmelzen, hatten sehr wenig Erfolg gehabt. Auch der Hochofen- besitzer George Crane, dessen Hütte Yniscedwyn auf der Anthracit- kohlenformation lag, hatte bereits verschiedene vergebliche Versuche damit gemacht, bis er es endlich 1837 mit erhitzter Gebläseluft ver- suchte. Nun gelang es und nach kaum drei Monaten schmolz er die Tonne Roheisen mit weniger als 27 Ctr. Anthracit. Der Kohlenver- brauch verminderte sich im Verhältnis von 5 zu 18. Das erblasene Eisen war vorzüglich und fester als das mit Koks erblasene. Da die Anthracitformation ungefähr den dritten Teil der ganzen Stein- kohlenformation von Wales umfaſst, so war dieser Erfolg Cranes von der gröſsten Tragweite. Später gelang Palmer Budd in der Hütte von Ystalifera bei Swansea die Anwendung von Anthracit mit kalter Luft bei sehr hoher Pressung und Verteilung durch mehr For- men. Die 4, 5 oder 6 Formen waren eng und nur 25 bis 37 mm weit. Durch diese Erfolge wurden die Produktionskosten des englischen Eisens verringert und seine Export- und Konkurrenzfähigkeit ge- steigert. Wie bedeutend diese aber war, hatte Héron de Villefosse schon zuvor durch folgende einfache Zusammenstellung gezeigt. Schmiedeeisen kostete im Jahre 1825 in Frankreich 26 £ 10 sh die Tonne, Belgien und Deutschland 16 „ 14 „ „ „ Schweden und Russland 13 „ 13 „ „ „ England in Cardiff 10 „ — „ „ „ England hatte dabei durch seine zahlreichen Kanäle die billigsten Frachten. Scrivenor berechnet, daſs die Länge der Kanäle in Frank- reich, auf die Fläche von England und Wales reducirt; im Jahre 1831 nur 247,4 engl. Meilen betrug, während England 2174 Meilen Kanäle besaſs. Den gröſsten Einfluſs auf die Eisenproduktion Englands hatte der Bau der Eisenbahnen. Wie bedeutend dieser war, läſst sich schätzen aus den Summen, die für Eisenbahnbauten aufgebracht wurden. Durch Parlamentsbeschluſs wurden concessioniert: 1831 für 1799873 £ 1832 „ 567685 „ 1833 „ 5525333 „ 1834 „ 2312053 „ 1835 „ 4812833 „ 1836 für 22874998 £ 1837 „ 13521799 „ 1838 „ 2096198 „ 1839 „ 6455797 „ 1840 „ 2495032 „

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/672
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/672>, abgerufen am 22.11.2024.