Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850.
Heath zu den Erfindern, welche den Lohn ihres Verdienstes nicht
fanden. Heath hatte zuerst Eisenwerke zu Porto novo in Ostindien
gegründet, um die Erze, aus welchen die Indier den Wootzstahl dar-
stellten, auszubeuten. Dies gelang ihm, und er bereitete nach dem
in seinem ersten Patent beschriebenen Verfahren einen sehr guten
Stahl. Er nahm aber erst ein Patent, als illoyale Konkurrenten, welche
ihm seine Erfindung stehlen wollten, ihn dazu zwangen. Indem er
seine Versuche fortsetzte, kam er zu der Fabrikation von Gussstahl
durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Stabeisen und der
Kohlung und Reinigung durch Mangancarburet. Hierfür nahm er
sein zweites Patent erst 1845. Als er nun im Verfolg seiner Unter-
suchungen fand, dass der Prozess ebensogut verlief, wenn er die
Mischung von Manganerz und Teer direkt im Tiegel statt des vor-
her geschmolzenen Mangancarburets zusetzte, was bedeutend billiger
war, teilte er dies seinem Agenten Unwin in Sheffield vertrauens-
voll mit, ehe er diese neue Erfindung durch ein Patent geschützt
hatte. Dieser benutzte in treuloser Weise Heaths Mitteilung in
seinem eigenen Interesse. Der Erfinder wurde dadurch des Vorteils
seiner Erfindung beraubt und in kostspielige und aufregende Prozesse
verwickelt, die seinen Tod beschleunigten.

Die Patente von Josiah Marshall Heath waren von grosser
Wichtigkeit und fanden in England gerechte Beachtung. Die letzt-
erwähnte Erfindung von Heath wurde namentlich von den Sheffielder
Stahlfabrikanten ausgenutzt. Der Prozess gegen Unwin endete erst
mehrere Jahre nach Heaths Tode im Jahre 1855 zum Nachteil seiner
Erben. Mushet hat berechnet, dass bis zu diesem Zeitpunkte die
Erfindung, welche den Preis des Gussstahls in Sheffield von 40 £ auf
30 £ erniedrigte, England eine Ersparnis von 2000000 £ erbracht
hätte, während es gleichzeitig die englische Gussstahlfabrikation un-
abhängiger von der Einfuhr schwedischen und russischen Stabeisens
gemacht hatte.

Das nachfolgende Patent von W. Vickers aus dem Jahre 1839
beruht auf ähnlicher Grundlage. W. Vickers will statt Cementstahl
Schmiedeeisenspäne mit Manganoxyd und Kohle in Schmelztiegeln
schmelzen und zwar im Verhältnis von 100 Pfd. Schmiedeeisen zu
2 Pfd. schwarzem Manganoxyd und 3 Pfd. Kohlen; statt der Holzkohle
könne man auch 28 Pfd. Gusseisen und weitere 3 Unzen Manganoxyd
nehmen (1839, Patent Nr. 8129).

R. Roberts will (1840) die Einsatzhärtung dadurch ersetzen, dass
er das Schmiedeeisen rotglühend in flüssiges Gusseisen eintaucht.


Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850.
Heath zu den Erfindern, welche den Lohn ihres Verdienstes nicht
fanden. Heath hatte zuerst Eisenwerke zu Porto novo in Ostindien
gegründet, um die Erze, aus welchen die Indier den Wootzstahl dar-
stellten, auszubeuten. Dies gelang ihm, und er bereitete nach dem
in seinem ersten Patent beschriebenen Verfahren einen sehr guten
Stahl. Er nahm aber erst ein Patent, als illoyale Konkurrenten, welche
ihm seine Erfindung stehlen wollten, ihn dazu zwangen. Indem er
seine Versuche fortsetzte, kam er zu der Fabrikation von Guſsstahl
durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Stabeisen und der
Kohlung und Reinigung durch Mangancarburet. Hierfür nahm er
sein zweites Patent erst 1845. Als er nun im Verfolg seiner Unter-
suchungen fand, daſs der Prozeſs ebensogut verlief, wenn er die
Mischung von Manganerz und Teer direkt im Tiegel statt des vor-
her geschmolzenen Mangancarburets zusetzte, was bedeutend billiger
war, teilte er dies seinem Agenten Unwin in Sheffield vertrauens-
voll mit, ehe er diese neue Erfindung durch ein Patent geschützt
hatte. Dieser benutzte in treuloser Weise Heaths Mitteilung in
seinem eigenen Interesse. Der Erfinder wurde dadurch des Vorteils
seiner Erfindung beraubt und in kostspielige und aufregende Prozesse
verwickelt, die seinen Tod beschleunigten.

Die Patente von Josiah Marshall Heath waren von groſser
Wichtigkeit und fanden in England gerechte Beachtung. Die letzt-
erwähnte Erfindung von Heath wurde namentlich von den Sheffielder
Stahlfabrikanten ausgenutzt. Der Prozeſs gegen Unwin endete erst
mehrere Jahre nach Heaths Tode im Jahre 1855 zum Nachteil seiner
Erben. Mushet hat berechnet, daſs bis zu diesem Zeitpunkte die
Erfindung, welche den Preis des Guſsstahls in Sheffield von 40 £ auf
30 £ erniedrigte, England eine Ersparnis von 2000000 £ erbracht
hätte, während es gleichzeitig die englische Guſsstahlfabrikation un-
abhängiger von der Einfuhr schwedischen und russischen Stabeisens
gemacht hatte.

Das nachfolgende Patent von W. Vickers aus dem Jahre 1839
beruht auf ähnlicher Grundlage. W. Vickers will statt Cementstahl
Schmiedeeisenspäne mit Manganoxyd und Kohle in Schmelztiegeln
schmelzen und zwar im Verhältnis von 100 Pfd. Schmiedeeisen zu
2 Pfd. schwarzem Manganoxyd und 3 Pfd. Kohlen; statt der Holzkohle
könne man auch 28 Pfd. Guſseisen und weitere 3 Unzen Manganoxyd
nehmen (1839, Patent Nr. 8129).

R. Roberts will (1840) die Einsatzhärtung dadurch ersetzen, daſs
er das Schmiedeeisen rotglühend in flüssiges Guſseisen eintaucht.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0662" n="646"/><fw place="top" type="header">Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850.</fw><lb/><hi rendition="#g">Heath</hi> zu den Erfindern, welche den Lohn ihres Verdienstes nicht<lb/>
fanden. <hi rendition="#g">Heath</hi> hatte zuerst Eisenwerke zu Porto novo in Ostindien<lb/>
gegründet, um die Erze, aus welchen die Indier den Wootzstahl dar-<lb/>
stellten, auszubeuten. Dies gelang ihm, und er bereitete nach dem<lb/>
in seinem ersten Patent beschriebenen Verfahren einen sehr guten<lb/>
Stahl. Er nahm aber erst ein Patent, als illoyale Konkurrenten, welche<lb/>
ihm seine Erfindung stehlen wollten, ihn dazu zwangen. Indem er<lb/>
seine Versuche fortsetzte, kam er zu der Fabrikation von Gu&#x017F;sstahl<lb/>
durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Stabeisen und der<lb/>
Kohlung und Reinigung durch Mangancarburet. Hierfür nahm er<lb/>
sein zweites Patent erst 1845. Als er nun im Verfolg seiner Unter-<lb/>
suchungen fand, da&#x017F;s der Proze&#x017F;s ebensogut verlief, wenn er die<lb/>
Mischung von Manganerz und Teer direkt im Tiegel statt des vor-<lb/>
her geschmolzenen Mangancarburets zusetzte, was bedeutend billiger<lb/>
war, teilte er dies seinem Agenten <hi rendition="#g">Unwin</hi> in Sheffield vertrauens-<lb/>
voll mit, ehe er diese neue Erfindung durch ein Patent geschützt<lb/>
hatte. Dieser benutzte in treuloser Weise <hi rendition="#g">Heaths</hi> Mitteilung in<lb/>
seinem eigenen Interesse. Der Erfinder wurde dadurch des Vorteils<lb/>
seiner Erfindung beraubt und in kostspielige und aufregende Prozesse<lb/>
verwickelt, die seinen Tod beschleunigten.</p><lb/>
              <p>Die Patente von <hi rendition="#g">Josiah Marshall Heath</hi> waren von gro&#x017F;ser<lb/>
Wichtigkeit und fanden in England gerechte Beachtung. Die letzt-<lb/>
erwähnte Erfindung von <hi rendition="#g">Heath</hi> wurde namentlich von den Sheffielder<lb/>
Stahlfabrikanten ausgenutzt. Der Proze&#x017F;s gegen <hi rendition="#g">Unwin</hi> endete erst<lb/>
mehrere Jahre nach <hi rendition="#g">Heaths</hi> Tode im Jahre 1855 zum Nachteil seiner<lb/>
Erben. <hi rendition="#g">Mushet</hi> hat berechnet, da&#x017F;s bis zu diesem Zeitpunkte die<lb/>
Erfindung, welche den Preis des Gu&#x017F;sstahls in Sheffield von 40 £ auf<lb/>
30 £ erniedrigte, England eine Ersparnis von 2000000 £ erbracht<lb/>
hätte, während es gleichzeitig die englische Gu&#x017F;sstahlfabrikation un-<lb/>
abhängiger von der Einfuhr schwedischen und russischen Stabeisens<lb/>
gemacht hatte.</p><lb/>
              <p>Das nachfolgende Patent von W. <hi rendition="#g">Vickers</hi> aus dem Jahre 1839<lb/>
beruht auf ähnlicher Grundlage. W. <hi rendition="#g">Vickers</hi> will statt Cementstahl<lb/>
Schmiedeeisenspäne mit Manganoxyd und Kohle in Schmelztiegeln<lb/>
schmelzen und zwar im Verhältnis von 100 Pfd. Schmiedeeisen zu<lb/>
2 Pfd. schwarzem Manganoxyd und 3 Pfd. Kohlen; statt der Holzkohle<lb/>
könne man auch 28 Pfd. Gu&#x017F;seisen und weitere 3 Unzen Manganoxyd<lb/>
nehmen (1839, Patent Nr. 8129).</p><lb/>
              <p>R. <hi rendition="#g">Roberts</hi> will (1840) die Einsatzhärtung dadurch ersetzen, da&#x017F;s<lb/>
er das Schmiedeeisen rotglühend in flüssiges Gu&#x017F;seisen eintaucht.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[646/0662] Die Stahlfabrikation 1831 bis 1850. Heath zu den Erfindern, welche den Lohn ihres Verdienstes nicht fanden. Heath hatte zuerst Eisenwerke zu Porto novo in Ostindien gegründet, um die Erze, aus welchen die Indier den Wootzstahl dar- stellten, auszubeuten. Dies gelang ihm, und er bereitete nach dem in seinem ersten Patent beschriebenen Verfahren einen sehr guten Stahl. Er nahm aber erst ein Patent, als illoyale Konkurrenten, welche ihm seine Erfindung stehlen wollten, ihn dazu zwangen. Indem er seine Versuche fortsetzte, kam er zu der Fabrikation von Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von Roheisen und Stabeisen und der Kohlung und Reinigung durch Mangancarburet. Hierfür nahm er sein zweites Patent erst 1845. Als er nun im Verfolg seiner Unter- suchungen fand, daſs der Prozeſs ebensogut verlief, wenn er die Mischung von Manganerz und Teer direkt im Tiegel statt des vor- her geschmolzenen Mangancarburets zusetzte, was bedeutend billiger war, teilte er dies seinem Agenten Unwin in Sheffield vertrauens- voll mit, ehe er diese neue Erfindung durch ein Patent geschützt hatte. Dieser benutzte in treuloser Weise Heaths Mitteilung in seinem eigenen Interesse. Der Erfinder wurde dadurch des Vorteils seiner Erfindung beraubt und in kostspielige und aufregende Prozesse verwickelt, die seinen Tod beschleunigten. Die Patente von Josiah Marshall Heath waren von groſser Wichtigkeit und fanden in England gerechte Beachtung. Die letzt- erwähnte Erfindung von Heath wurde namentlich von den Sheffielder Stahlfabrikanten ausgenutzt. Der Prozeſs gegen Unwin endete erst mehrere Jahre nach Heaths Tode im Jahre 1855 zum Nachteil seiner Erben. Mushet hat berechnet, daſs bis zu diesem Zeitpunkte die Erfindung, welche den Preis des Guſsstahls in Sheffield von 40 £ auf 30 £ erniedrigte, England eine Ersparnis von 2000000 £ erbracht hätte, während es gleichzeitig die englische Guſsstahlfabrikation un- abhängiger von der Einfuhr schwedischen und russischen Stabeisens gemacht hatte. Das nachfolgende Patent von W. Vickers aus dem Jahre 1839 beruht auf ähnlicher Grundlage. W. Vickers will statt Cementstahl Schmiedeeisenspäne mit Manganoxyd und Kohle in Schmelztiegeln schmelzen und zwar im Verhältnis von 100 Pfd. Schmiedeeisen zu 2 Pfd. schwarzem Manganoxyd und 3 Pfd. Kohlen; statt der Holzkohle könne man auch 28 Pfd. Guſseisen und weitere 3 Unzen Manganoxyd nehmen (1839, Patent Nr. 8129). R. Roberts will (1840) die Einsatzhärtung dadurch ersetzen, daſs er das Schmiedeeisen rotglühend in flüssiges Guſseisen eintaucht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/662
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/662>, abgerufen am 22.11.2024.