Zum Schienenflicken (raccomodage) verwendete man zu Couillet fünf Schmiedefeuer, jedes mit einem Meister und einem Gesellen. Das Probieren der Schienen geschah durch die Schlagprobe unter einer Ramme. Zu Couillet musste eine Schiene 14 Schläge eines 200 kg schweren, von 4,50 m Höhe herabfallenden Rammklotzes aus- halten, ohne Borsten oder Brüche zu bekommen. Dann folgte die Probe auf das Bruchansehen 1). Die mittlere Dauer einer Schiene, die keine besondere Beschädigung erlitt, wurde damals zu 10 bis 12 Jahren gerechnet.
Fast allgemein wendete man zum Betriebe der Walzwerke Balan- ciermaschinen an, für welche die Engländer eine ererbte Vorliebe hatten. Die erste horizontale Dampfmaschine für den Betrieb eines Walzwerkes wurde zu Seraing gebaut und aufgestellt. Dieses System war angeblich zuerst von dem Ingenieur Nikolaus Flamm zu Köln für den Betrieb der Walzwerke angewendet worden. Die horizon- talen Maschinen nahmen weniger Platz ein, erforderten weniger Funda- ment und kosteten deshalb nur etwa die Hälfte.
Man rechnete damals 22 bis 25 Pferdekräfte für den Betrieb eines Schienenwalzwerkes.
Um einen Begriff von der maschinellen Einrichtung und der Maschinenarbeit eines Walzwerkes jener Zeit zu bekommen, führen wir das folgende Beispiel an.
Die Walzhütte zu Couillet (vgl. Fig. 221) hatte zwei grosse Dampfmaschinen von je 80 Pferdekräften.
Die Maschine Nr. 1 bewegte den 7000 kg schweren Stirnhammer, welcher 60 bis 72 Schläge in der Minute machte; das Quetschwerk, welches 64, und die Scheren, welche 15 bis 18 Schwingungen in der- selben Zeit machten. Das Schwungrad von 18 engl. Fuss Durchmesser und 9000 kg Gewicht machte 72 bis 85, das Schienenwalzwerk im Durchschnitt 40 Umgänge in der Minute. Die Walzen dieser Ge- rüste hatten 14 bis 16 engl. Zoll im Durchmesser.
Die Maschine Nr. 2 hatte ein Schwungrad von 20 engl. Fuss Durchmesser und 10000 kg Kranzgewicht. Es machte 80, das Blech- walzwerk 25, das Schneidewerk 80 und das Grob- und Feinwalzwerk 140 bis 150 Umgänge in der Minute. Die Scheren des Blechwalz-
1) Einen guten Bericht über die Schienenfabrikation für die bayerischen Staatsbahnen zu Seraing hat der Königlich bayerische Bergmeister Hailer im bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt vom Februar, März und April 1847 ver- öffentlicht. Er ist abgedruckt im ersten Ergänzungshefte zu Valerius, Hand- buch der Stabeisenfabrikation, S. 89.
Die Formgebung 1831 bis 1850.
Zum Schienenflicken (raccomodage) verwendete man zu Couillet fünf Schmiedefeuer, jedes mit einem Meister und einem Gesellen. Das Probieren der Schienen geschah durch die Schlagprobe unter einer Ramme. Zu Couillet muſste eine Schiene 14 Schläge eines 200 kg schweren, von 4,50 m Höhe herabfallenden Rammklotzes aus- halten, ohne Borsten oder Brüche zu bekommen. Dann folgte die Probe auf das Bruchansehen 1). Die mittlere Dauer einer Schiene, die keine besondere Beschädigung erlitt, wurde damals zu 10 bis 12 Jahren gerechnet.
Fast allgemein wendete man zum Betriebe der Walzwerke Balan- ciermaschinen an, für welche die Engländer eine ererbte Vorliebe hatten. Die erste horizontale Dampfmaschine für den Betrieb eines Walzwerkes wurde zu Seraing gebaut und aufgestellt. Dieses System war angeblich zuerst von dem Ingenieur Nikolaus Flamm zu Köln für den Betrieb der Walzwerke angewendet worden. Die horizon- talen Maschinen nahmen weniger Platz ein, erforderten weniger Funda- ment und kosteten deshalb nur etwa die Hälfte.
Man rechnete damals 22 bis 25 Pferdekräfte für den Betrieb eines Schienenwalzwerkes.
Um einen Begriff von der maschinellen Einrichtung und der Maschinenarbeit eines Walzwerkes jener Zeit zu bekommen, führen wir das folgende Beispiel an.
Die Walzhütte zu Couillet (vgl. Fig. 221) hatte zwei groſse Dampfmaschinen von je 80 Pferdekräften.
Die Maschine Nr. 1 bewegte den 7000 kg schweren Stirnhammer, welcher 60 bis 72 Schläge in der Minute machte; das Quetschwerk, welches 64, und die Scheren, welche 15 bis 18 Schwingungen in der- selben Zeit machten. Das Schwungrad von 18 engl. Fuſs Durchmesser und 9000 kg Gewicht machte 72 bis 85, das Schienenwalzwerk im Durchschnitt 40 Umgänge in der Minute. Die Walzen dieser Ge- rüste hatten 14 bis 16 engl. Zoll im Durchmesser.
Die Maschine Nr. 2 hatte ein Schwungrad von 20 engl. Fuſs Durchmesser und 10000 kg Kranzgewicht. Es machte 80, das Blech- walzwerk 25, das Schneidewerk 80 und das Grob- und Feinwalzwerk 140 bis 150 Umgänge in der Minute. Die Scheren des Blechwalz-
1) Einen guten Bericht über die Schienenfabrikation für die bayerischen Staatsbahnen zu Seraing hat der Königlich bayerische Bergmeister Hailer im bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt vom Februar, März und April 1847 ver- öffentlicht. Er ist abgedruckt im ersten Ergänzungshefte zu Valerius, Hand- buch der Stabeisenfabrikation, S. 89.
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Zum Schienenflicken (raccomodage) verwendete man zu Couillet
fünf Schmiedefeuer, jedes mit einem Meister und einem Gesellen.
Das Probieren der Schienen geschah durch die Schlagprobe unter
einer Ramme. Zu Couillet muſste eine Schiene 14 Schläge eines
200 kg schweren, von 4,50 m Höhe herabfallenden Rammklotzes aus-
halten, ohne Borsten oder Brüche zu bekommen. Dann folgte die
Probe auf das Bruchansehen 1). Die mittlere Dauer einer Schiene,
die keine besondere Beschädigung erlitt, wurde damals zu 10 bis
12 Jahren gerechnet.
Fast allgemein wendete man zum Betriebe der Walzwerke Balan-
ciermaschinen an, für welche die Engländer eine ererbte Vorliebe
hatten. Die erste horizontale Dampfmaschine für den Betrieb eines
Walzwerkes wurde zu Seraing gebaut und aufgestellt. Dieses System
war angeblich zuerst von dem Ingenieur Nikolaus Flamm zu Köln
für den Betrieb der Walzwerke angewendet worden. Die horizon-
talen Maschinen nahmen weniger Platz ein, erforderten weniger Funda-
ment und kosteten deshalb nur etwa die Hälfte.
Man rechnete damals 22 bis 25 Pferdekräfte für den Betrieb
eines Schienenwalzwerkes.
Um einen Begriff von der maschinellen Einrichtung und der
Maschinenarbeit eines Walzwerkes jener Zeit zu bekommen, führen
wir das folgende Beispiel an.
Die Walzhütte zu Couillet (vgl. Fig. 221) hatte zwei groſse
Dampfmaschinen von je 80 Pferdekräften.
Die Maschine Nr. 1 bewegte den 7000 kg schweren Stirnhammer,
welcher 60 bis 72 Schläge in der Minute machte; das Quetschwerk,
welches 64, und die Scheren, welche 15 bis 18 Schwingungen in der-
selben Zeit machten. Das Schwungrad von 18 engl. Fuſs Durchmesser
und 9000 kg Gewicht machte 72 bis 85, das Schienenwalzwerk im
Durchschnitt 40 Umgänge in der Minute. Die Walzen dieser Ge-
rüste hatten 14 bis 16 engl. Zoll im Durchmesser.
Die Maschine Nr. 2 hatte ein Schwungrad von 20 engl. Fuſs
Durchmesser und 10000 kg Kranzgewicht. Es machte 80, das Blech-
walzwerk 25, das Schneidewerk 80 und das Grob- und Feinwalzwerk
140 bis 150 Umgänge in der Minute. Die Scheren des Blechwalz-
1) Einen guten Bericht über die Schienenfabrikation für die bayerischen
Staatsbahnen zu Seraing hat der Königlich bayerische Bergmeister Hailer im
bayerischen Kunst- und Gewerbeblatt vom Februar, März und April 1847 ver-
öffentlicht. Er ist abgedruckt im ersten Ergänzungshefte zu Valerius, Hand-
buch der Stabeisenfabrikation, S. 89.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/645>, abgerufen am 22.11.2024.
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