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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Formgebung 1831 bis 1850.
um die obere Walze in der richtigen Lage zu erhalten, wenn sie
beim Durchgang des Eisens etwas gehoben wurde.

Bei den Blechwalzen, die meist Schleppwalzen waren, trat dieses
Heben und Zurückfallen immer und in viel stärkerem Masse ein. Es
konnte durch die Stellschrauben reguliert werden; um aber die Stärke
des Stosses beim Niederfallen abzuschwächen und dadurch Brüche zu
vermeiden, wurden Gegengewichte angebracht, welche die unteren
Zapfenlager der Oberwalze trugen. Die Walzenzapfen liefen in kupfer-
nen Lagerpfannen; ebenso bewegten sich die Stellschrauben der Blech-
walzwerke in Messingmuttern.

Die Konstruktion der Walzen war von grosser Wichtigkeit, be-
sonders war bei den gefurchten Walzen die Gestalt und das Abnahme-
verhältnis der Furchen oder Kaliber von grösster Bedeutung. Über
diese, die sogenannte Kalibrierung der Walzen, lagen langjährige
Erfahrungen und daraus abgeleitete Grundsätze vor. Sie richtete sich
nach der Aufgabe und Leistung der verschiedenen Walzensysteme.

Die Luppenwalzen sollen die Luppen drücken und zu flachen
Luppenstäben ausrecken. In dem ersten Gerüst, welches die Vor-
und Streckwalzen enthält, erfolgt das Drücken oder Auspressen der
Schlacke und das Strecken in viereckige Kolben oder grobe Quadrat-
stäbe, in dem zweiten Gerüst werden diese Kolben oder Quadratstäbe
von den Schlicht- oder Flachwalzen zu Luppenstäben (mill-bars) aus-
gereckt. Diese Luppenstäbe sind kein Endprodukt, sondern ein
Zwischenprodukt. Sie werden in Stücke geschnitten, aus denen die
Schweisspakete für die Weiterverarbeitung in der Grobeisenstrasse
hergestellt werden. Nur in seltenen Fällen bei vorzüglichem Eisen
können die Luppenstäbe als Endprodukt, als Stangeneisen, verwendet
werden.

Die Versuche, sämtliche Kaliber auf einem Walzenpaar zu ver-
einigen und dadurch das Vorwalzen und Strecken auf einem Gerüst
zu vollenden, hatten sich nicht bewährt, weil diese langen Walzen sehr
leicht brachen. Man konnte zwar die Luppe direkt in das grösste
Kaliber der Walze einführen und dadurch das Zängen allein zwischen
den Walzen ausführen; in England hatte sich aber die bessere Praxis
ausgebildet, die erste Behandlung der Luppe, das Drücken und Zängen,
wobei schon der grösste Teil der Schlacke ausgepresst wurde, unter
einem etwa 80 Ctr. schweren Stirnhammer vorzunehmen und die vor-
geschmiedeten Klötze bereits in das vierte Kaliber der Vorwalzen
einzuführen.

Die Vorwalzen, die gewöhnlich 1050 mm lang und 470 mm

Die Formgebung 1831 bis 1850.
um die obere Walze in der richtigen Lage zu erhalten, wenn sie
beim Durchgang des Eisens etwas gehoben wurde.

Bei den Blechwalzen, die meist Schleppwalzen waren, trat dieses
Heben und Zurückfallen immer und in viel stärkerem Maſse ein. Es
konnte durch die Stellschrauben reguliert werden; um aber die Stärke
des Stoſses beim Niederfallen abzuschwächen und dadurch Brüche zu
vermeiden, wurden Gegengewichte angebracht, welche die unteren
Zapfenlager der Oberwalze trugen. Die Walzenzapfen liefen in kupfer-
nen Lagerpfannen; ebenso bewegten sich die Stellschrauben der Blech-
walzwerke in Messingmuttern.

Die Konstruktion der Walzen war von groſser Wichtigkeit, be-
sonders war bei den gefurchten Walzen die Gestalt und das Abnahme-
verhältnis der Furchen oder Kaliber von gröſster Bedeutung. Über
diese, die sogenannte Kalibrierung der Walzen, lagen langjährige
Erfahrungen und daraus abgeleitete Grundsätze vor. Sie richtete sich
nach der Aufgabe und Leistung der verschiedenen Walzensysteme.

Die Luppenwalzen sollen die Luppen drücken und zu flachen
Luppenstäben ausrecken. In dem ersten Gerüst, welches die Vor-
und Streckwalzen enthält, erfolgt das Drücken oder Auspressen der
Schlacke und das Strecken in viereckige Kolben oder grobe Quadrat-
stäbe, in dem zweiten Gerüst werden diese Kolben oder Quadratstäbe
von den Schlicht- oder Flachwalzen zu Luppenstäben (mill-bars) aus-
gereckt. Diese Luppenstäbe sind kein Endprodukt, sondern ein
Zwischenprodukt. Sie werden in Stücke geschnitten, aus denen die
Schweiſspakete für die Weiterverarbeitung in der Grobeisenstraſse
hergestellt werden. Nur in seltenen Fällen bei vorzüglichem Eisen
können die Luppenstäbe als Endprodukt, als Stangeneisen, verwendet
werden.

Die Versuche, sämtliche Kaliber auf einem Walzenpaar zu ver-
einigen und dadurch das Vorwalzen und Strecken auf einem Gerüst
zu vollenden, hatten sich nicht bewährt, weil diese langen Walzen sehr
leicht brachen. Man konnte zwar die Luppe direkt in das gröſste
Kaliber der Walze einführen und dadurch das Zängen allein zwischen
den Walzen ausführen; in England hatte sich aber die bessere Praxis
ausgebildet, die erste Behandlung der Luppe, das Drücken und Zängen,
wobei schon der gröſste Teil der Schlacke ausgepreſst wurde, unter
einem etwa 80 Ctr. schweren Stirnhammer vorzunehmen und die vor-
geschmiedeten Klötze bereits in das vierte Kaliber der Vorwalzen
einzuführen.

Die Vorwalzen, die gewöhnlich 1050 mm lang und 470 mm

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[610/0626] Die Formgebung 1831 bis 1850. um die obere Walze in der richtigen Lage zu erhalten, wenn sie beim Durchgang des Eisens etwas gehoben wurde. Bei den Blechwalzen, die meist Schleppwalzen waren, trat dieses Heben und Zurückfallen immer und in viel stärkerem Maſse ein. Es konnte durch die Stellschrauben reguliert werden; um aber die Stärke des Stoſses beim Niederfallen abzuschwächen und dadurch Brüche zu vermeiden, wurden Gegengewichte angebracht, welche die unteren Zapfenlager der Oberwalze trugen. Die Walzenzapfen liefen in kupfer- nen Lagerpfannen; ebenso bewegten sich die Stellschrauben der Blech- walzwerke in Messingmuttern. Die Konstruktion der Walzen war von groſser Wichtigkeit, be- sonders war bei den gefurchten Walzen die Gestalt und das Abnahme- verhältnis der Furchen oder Kaliber von gröſster Bedeutung. Über diese, die sogenannte Kalibrierung der Walzen, lagen langjährige Erfahrungen und daraus abgeleitete Grundsätze vor. Sie richtete sich nach der Aufgabe und Leistung der verschiedenen Walzensysteme. Die Luppenwalzen sollen die Luppen drücken und zu flachen Luppenstäben ausrecken. In dem ersten Gerüst, welches die Vor- und Streckwalzen enthält, erfolgt das Drücken oder Auspressen der Schlacke und das Strecken in viereckige Kolben oder grobe Quadrat- stäbe, in dem zweiten Gerüst werden diese Kolben oder Quadratstäbe von den Schlicht- oder Flachwalzen zu Luppenstäben (mill-bars) aus- gereckt. Diese Luppenstäbe sind kein Endprodukt, sondern ein Zwischenprodukt. Sie werden in Stücke geschnitten, aus denen die Schweiſspakete für die Weiterverarbeitung in der Grobeisenstraſse hergestellt werden. Nur in seltenen Fällen bei vorzüglichem Eisen können die Luppenstäbe als Endprodukt, als Stangeneisen, verwendet werden. Die Versuche, sämtliche Kaliber auf einem Walzenpaar zu ver- einigen und dadurch das Vorwalzen und Strecken auf einem Gerüst zu vollenden, hatten sich nicht bewährt, weil diese langen Walzen sehr leicht brachen. Man konnte zwar die Luppe direkt in das gröſste Kaliber der Walze einführen und dadurch das Zängen allein zwischen den Walzen ausführen; in England hatte sich aber die bessere Praxis ausgebildet, die erste Behandlung der Luppe, das Drücken und Zängen, wobei schon der gröſste Teil der Schlacke ausgepreſst wurde, unter einem etwa 80 Ctr. schweren Stirnhammer vorzunehmen und die vor- geschmiedeten Klötze bereits in das vierte Kaliber der Vorwalzen einzuführen. Die Vorwalzen, die gewöhnlich 1050 mm lang und 470 mm

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/626>, abgerufen am 23.07.2024.