Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Formgebung 1831 bis 1850.
geführt wurden. Der verdienstvolle Maschinenfabrikant Care zu
Paris kam der Sache in den Jahren 1833 und 1834 schon näher,
indem er direkt wirkende Lochmaschinen und Durchschnitte kon-
struierte. Auch trug er sich damals bereits mit dem Gedanken, einen
Gesenkhammer zum Ausschmieden der Dampfkesselböden in ähnlicher
Weise herzustellen. James Nasmyth fasste die Idee zu seinem
Dampfhammer im Jahre 1839. Veranlassung dazu gab eine Anfrage
von Francis Humphries, dem Oberingenieur der Great Western
Steamship Company, welche ein Dampfschiff von ausserordentlicher
Grösse, "Great Britain", bauen wollte. Für die projektierten Schaufel-
räder war eine Welle von ungewöhnlicher Dicke nötig, und kein eng-
[Abbildung] Fig. 215.
lisches Schmiedewerk wollte die
Arbeit übernehmen, weil ihre
Hämmer dazu nicht ausreichten.
Humphries klagte Nasmyth
sein Leid und fragte um seinen
Rat. Bis dahin hatte man die
alten Hämmer beibehalten und
sie auch bei Dampfbetrieb gerade
so mit Hebedaumen bewegt, wie
bei den alten Wasserrädern. Die
Helmhämmer hatten die grosse
Unvollkommenheit, dass sie für
dicke Schmiedestücke nicht zu ge-
brauchen waren. Je dicker das
Stück, je geringer war die Wir-
kung des Helmhammers, dessen
Fallhöhe eine engbegrenzte war, während doch gerade für dicke Stäbe
mehr Kraft notwendig war. James Nasmyth war ein Ingenieur, der
praktische Kenntnisse mit lebhafter Phantasie und grossem Zeichen-
talent verband. Nachdenken und Zeichnen war bei ihm fast eins, und
darin erinnert er an den grossen Leonardo da Vinci. Eine halbe
Stunde, nachdem er Humphries Brief erhalten und darüber nach-
gedacht hatte, war obige verkleinerte Skizze, Fig. 215, in seinem
Notizbuch fertig 1). Es war dies am 24. November 1839.

James Nasmyth war der Sohn des hervorragenden schottischen
Malers Alexander Nasmyth und war am 19. August 1808 zu Edin-
burg geboren. Schon früh entwickelte sich bei ihm ein hervorragendes

1) Siehe S. Smyles, James Nasmyth 1885, S. 332.

Die Formgebung 1831 bis 1850.
geführt wurden. Der verdienstvolle Maschinenfabrikant Caré zu
Paris kam der Sache in den Jahren 1833 und 1834 schon näher,
indem er direkt wirkende Lochmaschinen und Durchschnitte kon-
struierte. Auch trug er sich damals bereits mit dem Gedanken, einen
Gesenkhammer zum Ausschmieden der Dampfkesselböden in ähnlicher
Weise herzustellen. James Nasmyth faſste die Idee zu seinem
Dampfhammer im Jahre 1839. Veranlassung dazu gab eine Anfrage
von Francis Humphries, dem Oberingenieur der Great Western
Steamship Company, welche ein Dampfschiff von auſserordentlicher
Gröſse, „Great Britain“, bauen wollte. Für die projektierten Schaufel-
räder war eine Welle von ungewöhnlicher Dicke nötig, und kein eng-
[Abbildung] Fig. 215.
lisches Schmiedewerk wollte die
Arbeit übernehmen, weil ihre
Hämmer dazu nicht ausreichten.
Humphries klagte Nasmyth
sein Leid und fragte um seinen
Rat. Bis dahin hatte man die
alten Hämmer beibehalten und
sie auch bei Dampfbetrieb gerade
so mit Hebedaumen bewegt, wie
bei den alten Wasserrädern. Die
Helmhämmer hatten die groſse
Unvollkommenheit, daſs sie für
dicke Schmiedestücke nicht zu ge-
brauchen waren. Je dicker das
Stück, je geringer war die Wir-
kung des Helmhammers, dessen
Fallhöhe eine engbegrenzte war, während doch gerade für dicke Stäbe
mehr Kraft notwendig war. James Nasmyth war ein Ingenieur, der
praktische Kenntnisse mit lebhafter Phantasie und groſsem Zeichen-
talent verband. Nachdenken und Zeichnen war bei ihm fast eins, und
darin erinnert er an den groſsen Leonardo da Vinci. Eine halbe
Stunde, nachdem er Humphries Brief erhalten und darüber nach-
gedacht hatte, war obige verkleinerte Skizze, Fig. 215, in seinem
Notizbuch fertig 1). Es war dies am 24. November 1839.

James Nasmyth war der Sohn des hervorragenden schottischen
Malers Alexander Nasmyth und war am 19. August 1808 zu Edin-
burg geboren. Schon früh entwickelte sich bei ihm ein hervorragendes

1) Siehe S. Smyles, James Nasmyth 1885, S. 332.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0608" n="592"/><fw place="top" type="header">Die Formgebung 1831 bis 1850.</fw><lb/>
geführt wurden. Der verdienstvolle Maschinenfabrikant <hi rendition="#g">Caré</hi> zu<lb/>
Paris kam der Sache in den Jahren 1833 und 1834 schon näher,<lb/>
indem er direkt wirkende Lochmaschinen und Durchschnitte kon-<lb/>
struierte. Auch trug er sich damals bereits mit dem Gedanken, einen<lb/>
Gesenkhammer zum Ausschmieden der Dampfkesselböden in ähnlicher<lb/>
Weise herzustellen. <hi rendition="#g">James Nasmyth</hi> fa&#x017F;ste die Idee zu seinem<lb/>
Dampfhammer im Jahre 1839. Veranlassung dazu gab eine Anfrage<lb/>
von <hi rendition="#g">Francis Humphries</hi>, dem Oberingenieur der Great Western<lb/>
Steamship Company, welche ein Dampfschiff von au&#x017F;serordentlicher<lb/>
Grö&#x017F;se, &#x201E;Great Britain&#x201C;, bauen wollte. Für die projektierten Schaufel-<lb/>
räder war eine Welle von ungewöhnlicher Dicke nötig, und kein eng-<lb/><figure><head>Fig. 215.</head></figure><lb/>
lisches Schmiedewerk wollte die<lb/>
Arbeit übernehmen, weil ihre<lb/>
Hämmer dazu nicht ausreichten.<lb/><hi rendition="#g">Humphries</hi> klagte <hi rendition="#g">Nasmyth</hi><lb/>
sein Leid und fragte um seinen<lb/>
Rat. Bis dahin hatte man die<lb/>
alten Hämmer beibehalten und<lb/>
sie auch bei Dampfbetrieb gerade<lb/>
so mit Hebedaumen bewegt, wie<lb/>
bei den alten Wasserrädern. Die<lb/>
Helmhämmer hatten die gro&#x017F;se<lb/>
Unvollkommenheit, da&#x017F;s sie für<lb/>
dicke Schmiedestücke nicht zu ge-<lb/>
brauchen waren. Je dicker das<lb/>
Stück, je geringer war die Wir-<lb/>
kung des Helmhammers, dessen<lb/>
Fallhöhe eine engbegrenzte war, während doch gerade für dicke Stäbe<lb/>
mehr Kraft notwendig war. <hi rendition="#g">James Nasmyth</hi> war ein Ingenieur, der<lb/>
praktische Kenntnisse mit lebhafter Phantasie und gro&#x017F;sem Zeichen-<lb/>
talent verband. Nachdenken und Zeichnen war bei ihm fast eins, und<lb/>
darin erinnert er an den gro&#x017F;sen <hi rendition="#g">Leonardo da Vinci</hi>. Eine halbe<lb/>
Stunde, nachdem er <hi rendition="#g">Humphries</hi> Brief erhalten und darüber nach-<lb/>
gedacht hatte, war obige verkleinerte Skizze, Fig. 215, in seinem<lb/>
Notizbuch fertig <note place="foot" n="1)">Siehe S. <hi rendition="#g">Smyles, James Nasmyth</hi> 1885, S. 332.</note>. Es war dies am 24. November 1839.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">James Nasmyth</hi> war der Sohn des hervorragenden schottischen<lb/>
Malers <hi rendition="#g">Alexander Nasmyth</hi> und war am 19. August 1808 zu Edin-<lb/>
burg geboren. Schon früh entwickelte sich bei ihm ein hervorragendes<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[592/0608] Die Formgebung 1831 bis 1850. geführt wurden. Der verdienstvolle Maschinenfabrikant Caré zu Paris kam der Sache in den Jahren 1833 und 1834 schon näher, indem er direkt wirkende Lochmaschinen und Durchschnitte kon- struierte. Auch trug er sich damals bereits mit dem Gedanken, einen Gesenkhammer zum Ausschmieden der Dampfkesselböden in ähnlicher Weise herzustellen. James Nasmyth faſste die Idee zu seinem Dampfhammer im Jahre 1839. Veranlassung dazu gab eine Anfrage von Francis Humphries, dem Oberingenieur der Great Western Steamship Company, welche ein Dampfschiff von auſserordentlicher Gröſse, „Great Britain“, bauen wollte. Für die projektierten Schaufel- räder war eine Welle von ungewöhnlicher Dicke nötig, und kein eng- [Abbildung Fig. 215.] lisches Schmiedewerk wollte die Arbeit übernehmen, weil ihre Hämmer dazu nicht ausreichten. Humphries klagte Nasmyth sein Leid und fragte um seinen Rat. Bis dahin hatte man die alten Hämmer beibehalten und sie auch bei Dampfbetrieb gerade so mit Hebedaumen bewegt, wie bei den alten Wasserrädern. Die Helmhämmer hatten die groſse Unvollkommenheit, daſs sie für dicke Schmiedestücke nicht zu ge- brauchen waren. Je dicker das Stück, je geringer war die Wir- kung des Helmhammers, dessen Fallhöhe eine engbegrenzte war, während doch gerade für dicke Stäbe mehr Kraft notwendig war. James Nasmyth war ein Ingenieur, der praktische Kenntnisse mit lebhafter Phantasie und groſsem Zeichen- talent verband. Nachdenken und Zeichnen war bei ihm fast eins, und darin erinnert er an den groſsen Leonardo da Vinci. Eine halbe Stunde, nachdem er Humphries Brief erhalten und darüber nach- gedacht hatte, war obige verkleinerte Skizze, Fig. 215, in seinem Notizbuch fertig 1). Es war dies am 24. November 1839. James Nasmyth war der Sohn des hervorragenden schottischen Malers Alexander Nasmyth und war am 19. August 1808 zu Edin- burg geboren. Schon früh entwickelte sich bei ihm ein hervorragendes 1) Siehe S. Smyles, James Nasmyth 1885, S. 332.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/608
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/608>, abgerufen am 22.11.2024.