Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Puddeln 1831 bis 1850.
auf den Herd. Das erkaltende Eisen zerkleinerte man dann, wie oben
beschrieben, und brachte es zur Gare. Die Wassermenge, die man
eingoss, betrug 20 Liter für ein Frischen. Von weissem Eisen machte
man fünf, von grauem vier Frischen in 12 Stunden.

Ganz anders verlief das Puddeln auf den Schlackenherden. J. Hall
ersetzte, wie erwähnt, um 1840 zuerst den Sand auf der eisernen Boden-
platte durch Schlacke. Er verbesserte ausserdem den eisernen Herd-
boden selbst und setzte die Ränder des Herdes mit gerösteter Schweiss-
schlacke (roasted tap-cinder -- "ausgesaigerter Dörnerschlacke" nach
Wedding), welche die vulgäre Bezeichnung bull-dog erhielt, aus. Das
Puddeln auf diesen Herden hiess Schlackenpuddeln, in England
pigboiling, oder auch nasses oder fettes Puddeln (wet puddling) im
Gegensatz zu dem trockenen (dry) Puddeln auf dem Sandherd. Als
Kochpuddeln bezeichnete man dieses Verfahren, weil bei der Be-
rührung des flüssigen Eisens mit der eisenoxydhaltigen Schlacke des
Bodens sich Kohlenoxydgas entwickelte, welches ein Aufkochen er-
zeugte.

Das Schlackenpuddeln oder Kochfrischen (affinage par bouille-
ment) verlief durchaus verschieden von dem Trockenpuddeln. Man
unterschied zwei Methoden. Bei der einen setzte man mit der Charge
von ca. 200 kg sogleich 50 Proz. garende Zuschläge ein und schmolz
bei starker Hitze und offenem Register, aber gut verschlossener Thür,
ein. Sobald das Eisen flüssig und von Schlacke bedeckt war, begann
man es kräftig mit Krücken durch die Öffnung in der Thür durch-
zurühren. Es fing an sich aufzublähen, und das Kochen wurde so leb-
haft, dass der Herd, der vorher leer zu sein schien, bis zum Rande
gefüllt wurde und ein Überlaufen durch die Thür zuweilen nicht zu
verhindern war. Das Eisen wurde dicker, erst breiartig, dann teigig,
die Schlacken sonderten sich ab und sanken nieder, die Gare trat ein.
Der Arbeiter brach nun mit der Brechstange die Masse vom Boden
her radial durch, teilte sie in vier bis sechs Teile, von denen jeder
eine Luppe gab, welcher er durch Drücken, Aufheben und Umwenden
eine kugelige Gestalt gab. Ein anderes Verfahren bestand beim
Luppenmachen darin, anstatt die Masse zu teilen, gleich eine kleine
Luppe zu formen und dieser durch Umrollen in der Eisenmasse,
ähnlich wie einen grossen Schneeball im Winter, die gewünschte
Grösse zu geben. Erst wenn die Luppen fertig waren und heraus-
genommen werden sollten, wurde die Arbeitsthür geöffnet.

Während man bei der eben beschriebenen Methode das Register
stets offen liess und fortwährend bei grosser Hitze arbeitete, verfuhr

Das Puddeln 1831 bis 1850.
auf den Herd. Das erkaltende Eisen zerkleinerte man dann, wie oben
beschrieben, und brachte es zur Gare. Die Wassermenge, die man
eingoſs, betrug 20 Liter für ein Frischen. Von weiſsem Eisen machte
man fünf, von grauem vier Frischen in 12 Stunden.

Ganz anders verlief das Puddeln auf den Schlackenherden. J. Hall
ersetzte, wie erwähnt, um 1840 zuerst den Sand auf der eisernen Boden-
platte durch Schlacke. Er verbesserte auſserdem den eisernen Herd-
boden selbst und setzte die Ränder des Herdes mit gerösteter Schweiſs-
schlacke (roasted tap-cinder — „ausgesaigerter Dörnerschlacke“ nach
Wedding), welche die vulgäre Bezeichnung bull-dog erhielt, aus. Das
Puddeln auf diesen Herden hieſs Schlackenpuddeln, in England
pigboiling, oder auch nasses oder fettes Puddeln (wet puddling) im
Gegensatz zu dem trockenen (dry) Puddeln auf dem Sandherd. Als
Kochpuddeln bezeichnete man dieses Verfahren, weil bei der Be-
rührung des flüssigen Eisens mit der eisenoxydhaltigen Schlacke des
Bodens sich Kohlenoxydgas entwickelte, welches ein Aufkochen er-
zeugte.

Das Schlackenpuddeln oder Kochfrischen (affinage par bouille-
ment) verlief durchaus verschieden von dem Trockenpuddeln. Man
unterschied zwei Methoden. Bei der einen setzte man mit der Charge
von ca. 200 kg sogleich 50 Proz. garende Zuschläge ein und schmolz
bei starker Hitze und offenem Register, aber gut verschlossener Thür,
ein. Sobald das Eisen flüssig und von Schlacke bedeckt war, begann
man es kräftig mit Krücken durch die Öffnung in der Thür durch-
zurühren. Es fing an sich aufzublähen, und das Kochen wurde so leb-
haft, daſs der Herd, der vorher leer zu sein schien, bis zum Rande
gefüllt wurde und ein Überlaufen durch die Thür zuweilen nicht zu
verhindern war. Das Eisen wurde dicker, erst breiartig, dann teigig,
die Schlacken sonderten sich ab und sanken nieder, die Gare trat ein.
Der Arbeiter brach nun mit der Brechstange die Masse vom Boden
her radial durch, teilte sie in vier bis sechs Teile, von denen jeder
eine Luppe gab, welcher er durch Drücken, Aufheben und Umwenden
eine kugelige Gestalt gab. Ein anderes Verfahren bestand beim
Luppenmachen darin, anstatt die Masse zu teilen, gleich eine kleine
Luppe zu formen und dieser durch Umrollen in der Eisenmasse,
ähnlich wie einen groſsen Schneeball im Winter, die gewünschte
Gröſse zu geben. Erst wenn die Luppen fertig waren und heraus-
genommen werden sollten, wurde die Arbeitsthür geöffnet.

Während man bei der eben beschriebenen Methode das Register
stets offen lieſs und fortwährend bei groſser Hitze arbeitete, verfuhr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0599" n="583"/><fw place="top" type="header">Das Puddeln 1831 bis 1850.</fw><lb/>
auf den Herd. Das erkaltende Eisen zerkleinerte man dann, wie oben<lb/>
beschrieben, und brachte es zur Gare. Die Wassermenge, die man<lb/>
eingo&#x017F;s, betrug 20 Liter für ein Frischen. Von wei&#x017F;sem Eisen machte<lb/>
man fünf, von grauem vier Frischen in 12 Stunden.</p><lb/>
              <p>Ganz anders verlief das Puddeln auf den Schlackenherden. J. <hi rendition="#g">Hall</hi><lb/>
ersetzte, wie erwähnt, um 1840 zuerst den Sand auf der eisernen Boden-<lb/>
platte durch Schlacke. Er verbesserte au&#x017F;serdem den eisernen Herd-<lb/>
boden selbst und setzte die Ränder des Herdes mit gerösteter Schwei&#x017F;s-<lb/>
schlacke (roasted tap-cinder &#x2014; &#x201E;ausgesaigerter Dörnerschlacke&#x201C; nach<lb/><hi rendition="#g">Wedding</hi>), welche die vulgäre Bezeichnung bull-dog erhielt, aus. Das<lb/>
Puddeln auf diesen Herden hie&#x017F;s <hi rendition="#g">Schlackenpuddeln</hi>, in England<lb/>
pigboiling, oder auch nasses oder fettes Puddeln (wet puddling) im<lb/>
Gegensatz zu dem trockenen (dry) Puddeln auf dem Sandherd. Als<lb/>
Kochpuddeln bezeichnete man dieses Verfahren, weil bei der Be-<lb/>
rührung des flüssigen Eisens mit der eisenoxydhaltigen Schlacke des<lb/>
Bodens sich Kohlenoxydgas entwickelte, welches ein Aufkochen er-<lb/>
zeugte.</p><lb/>
              <p>Das Schlackenpuddeln oder <hi rendition="#g">Kochfrischen</hi> (affinage par bouille-<lb/>
ment) verlief durchaus verschieden von dem Trockenpuddeln. Man<lb/>
unterschied zwei Methoden. Bei der einen setzte man mit der Charge<lb/>
von ca. 200 kg sogleich 50 Proz. garende Zuschläge ein und schmolz<lb/>
bei starker Hitze und offenem Register, aber gut verschlossener Thür,<lb/>
ein. Sobald das Eisen flüssig und von Schlacke bedeckt war, begann<lb/>
man es kräftig mit Krücken durch die Öffnung in der Thür durch-<lb/>
zurühren. Es fing an sich aufzublähen, und das Kochen wurde so leb-<lb/>
haft, da&#x017F;s der Herd, der vorher leer zu sein schien, bis zum Rande<lb/>
gefüllt wurde und ein Überlaufen durch die Thür zuweilen nicht zu<lb/>
verhindern war. Das Eisen wurde dicker, erst breiartig, dann teigig,<lb/>
die Schlacken sonderten sich ab und sanken nieder, die Gare trat ein.<lb/>
Der Arbeiter brach nun mit der Brechstange die Masse vom Boden<lb/>
her radial durch, teilte sie in vier bis sechs Teile, von denen jeder<lb/>
eine Luppe gab, welcher er durch Drücken, Aufheben und Umwenden<lb/>
eine kugelige Gestalt gab. Ein anderes Verfahren bestand beim<lb/>
Luppenmachen darin, anstatt die Masse zu teilen, gleich eine kleine<lb/>
Luppe zu formen und dieser durch Umrollen in der Eisenmasse,<lb/>
ähnlich wie einen gro&#x017F;sen Schneeball im Winter, die gewünschte<lb/>
Grö&#x017F;se zu geben. Erst wenn die Luppen fertig waren und heraus-<lb/>
genommen werden sollten, wurde die Arbeitsthür geöffnet.</p><lb/>
              <p>Während man bei der eben beschriebenen Methode das Register<lb/>
stets offen lie&#x017F;s und fortwährend bei gro&#x017F;ser Hitze arbeitete, verfuhr<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[583/0599] Das Puddeln 1831 bis 1850. auf den Herd. Das erkaltende Eisen zerkleinerte man dann, wie oben beschrieben, und brachte es zur Gare. Die Wassermenge, die man eingoſs, betrug 20 Liter für ein Frischen. Von weiſsem Eisen machte man fünf, von grauem vier Frischen in 12 Stunden. Ganz anders verlief das Puddeln auf den Schlackenherden. J. Hall ersetzte, wie erwähnt, um 1840 zuerst den Sand auf der eisernen Boden- platte durch Schlacke. Er verbesserte auſserdem den eisernen Herd- boden selbst und setzte die Ränder des Herdes mit gerösteter Schweiſs- schlacke (roasted tap-cinder — „ausgesaigerter Dörnerschlacke“ nach Wedding), welche die vulgäre Bezeichnung bull-dog erhielt, aus. Das Puddeln auf diesen Herden hieſs Schlackenpuddeln, in England pigboiling, oder auch nasses oder fettes Puddeln (wet puddling) im Gegensatz zu dem trockenen (dry) Puddeln auf dem Sandherd. Als Kochpuddeln bezeichnete man dieses Verfahren, weil bei der Be- rührung des flüssigen Eisens mit der eisenoxydhaltigen Schlacke des Bodens sich Kohlenoxydgas entwickelte, welches ein Aufkochen er- zeugte. Das Schlackenpuddeln oder Kochfrischen (affinage par bouille- ment) verlief durchaus verschieden von dem Trockenpuddeln. Man unterschied zwei Methoden. Bei der einen setzte man mit der Charge von ca. 200 kg sogleich 50 Proz. garende Zuschläge ein und schmolz bei starker Hitze und offenem Register, aber gut verschlossener Thür, ein. Sobald das Eisen flüssig und von Schlacke bedeckt war, begann man es kräftig mit Krücken durch die Öffnung in der Thür durch- zurühren. Es fing an sich aufzublähen, und das Kochen wurde so leb- haft, daſs der Herd, der vorher leer zu sein schien, bis zum Rande gefüllt wurde und ein Überlaufen durch die Thür zuweilen nicht zu verhindern war. Das Eisen wurde dicker, erst breiartig, dann teigig, die Schlacken sonderten sich ab und sanken nieder, die Gare trat ein. Der Arbeiter brach nun mit der Brechstange die Masse vom Boden her radial durch, teilte sie in vier bis sechs Teile, von denen jeder eine Luppe gab, welcher er durch Drücken, Aufheben und Umwenden eine kugelige Gestalt gab. Ein anderes Verfahren bestand beim Luppenmachen darin, anstatt die Masse zu teilen, gleich eine kleine Luppe zu formen und dieser durch Umrollen in der Eisenmasse, ähnlich wie einen groſsen Schneeball im Winter, die gewünschte Gröſse zu geben. Erst wenn die Luppen fertig waren und heraus- genommen werden sollten, wurde die Arbeitsthür geöffnet. Während man bei der eben beschriebenen Methode das Register stets offen lieſs und fortwährend bei groſser Hitze arbeitete, verfuhr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/599
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/599>, abgerufen am 02.06.2024.