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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Das Frischen 1831 bis 1850.
etwa 1/2 Stunde dauert. Auf dem Boden beginnt nun schon die ent-
kohlende Wirkung der Garschlacke, die durch fortwährendes Auf-
brechen sehr unterstützt und beschleunigt wird. Hat sich dann alles
Eisen zu einer stahlartigen Masse vereinigt, so wird dieselbe noch
einmal als ein Klumpen aufgebrochen, über die Form gebracht und
niedergeschmolzen. Dieses Garfrischen erfolgt bei starker Hitze und
dauert nur 1/4 bis 1/2 Stunde. Alsdann wird der Deul herausgehoben
und gezängt.

Der Wind hatte eine Temperatur von 100° C. und eine Pressung
von 6 cm Quecksilbersäule. Ein Frischfeuer lieferte wöchentlich
6,6 Tonnen Deuleisen. Das Ausbringen betrug 86,70 Proz. vom Roh-
eisen, der Holzkohlenverbrauch 90 Proz.

In Frankreich hatte man ebenfalls, und zwar in Nivernais, schon
zu Anfang des Jahrhunderts den Versuch gemacht, die Frischherde
zu überwölben, doch scheiterte derselbe damals an dem Widerstande
der Arbeiter. Anfang der 30er Jahre kehrten die Herren Riondel
und Poirier zu dieser Einrichtung zurück und bauten zu Premery
in Nivernais einen geschlossenen Frischherd. Diese Einrichtung fand
bald darauf Nachahmung in Franche-Comte und Champagne.

Zu Lauffen am Rheinfall hatte man 1834 diese überbauten Frisch-
herde dahin verbessert, dass man sie ganz freistehend aus eisernen
Platten zusammensetzte und mit Warmwindapparat und Verglühherd
verband. Diese Konstruktion wurde vielfach in Deutschland nach-
geahmt und teils als Comtefeuer, teils als schwäbische Frischfeuer
bezeichnet.

Die Überwölbung der Frischfeuer wurde namentlich da eingeführt,
wo man die entweichende Flamme der Frischfeuer zum Wärmen ver-
wenden wollte. Ein Beispiel bietet das in Fig. 186 (a. f. S.) abgebildete
Hartzerennfeuer von Niederwölz in Steiermark, wo man in dem über-
wölbten Herde das "Bodenrennen" ununterbrochen betreiben konnte.
Das Feuer war mit zwei Formen versehen 1).

Eine eigenartige Verbesserung hatte man zu Rhonitz in Ungarn
dadurch eingeführt, dass man zwei gegenüberliegende Formen an-
brachte, also einen doppelten Frischherd baute.

Über die chemischen Vorgänge bei dem Frischprozess hat
Ebelmans Untersuchung der beim Frischen entwickelten Gase 2)
neues Licht verbreitet.


1) Siehe Tunners Jahrbuch II, 1842, S. 23.
2) Siehe Comptes rendus vom April 1843; Annales des mines, 4. Serie. III,
117 und Berg- und hüttenm. Ztg. 1844, S. 9.

Das Frischen 1831 bis 1850.
etwa ½ Stunde dauert. Auf dem Boden beginnt nun schon die ent-
kohlende Wirkung der Garschlacke, die durch fortwährendes Auf-
brechen sehr unterstützt und beschleunigt wird. Hat sich dann alles
Eisen zu einer stahlartigen Masse vereinigt, so wird dieselbe noch
einmal als ein Klumpen aufgebrochen, über die Form gebracht und
niedergeschmolzen. Dieses Garfrischen erfolgt bei starker Hitze und
dauert nur ¼ bis ½ Stunde. Alsdann wird der Deul herausgehoben
und gezängt.

Der Wind hatte eine Temperatur von 100° C. und eine Pressung
von 6 cm Quecksilbersäule. Ein Frischfeuer lieferte wöchentlich
6,6 Tonnen Deuleisen. Das Ausbringen betrug 86,70 Proz. vom Roh-
eisen, der Holzkohlenverbrauch 90 Proz.

In Frankreich hatte man ebenfalls, und zwar in Nivernais, schon
zu Anfang des Jahrhunderts den Versuch gemacht, die Frischherde
zu überwölben, doch scheiterte derselbe damals an dem Widerstande
der Arbeiter. Anfang der 30er Jahre kehrten die Herren Riondel
und Poirier zu dieser Einrichtung zurück und bauten zu Prémery
in Nivernais einen geschlossenen Frischherd. Diese Einrichtung fand
bald darauf Nachahmung in Franche-Comté und Champagne.

Zu Lauffen am Rheinfall hatte man 1834 diese überbauten Frisch-
herde dahin verbessert, daſs man sie ganz freistehend aus eisernen
Platten zusammensetzte und mit Warmwindapparat und Verglühherd
verband. Diese Konstruktion wurde vielfach in Deutschland nach-
geahmt und teils als Comtéfeuer, teils als schwäbische Frischfeuer
bezeichnet.

Die Überwölbung der Frischfeuer wurde namentlich da eingeführt,
wo man die entweichende Flamme der Frischfeuer zum Wärmen ver-
wenden wollte. Ein Beispiel bietet das in Fig. 186 (a. f. S.) abgebildete
Hartzerennfeuer von Niederwölz in Steiermark, wo man in dem über-
wölbten Herde das „Bodenrennen“ ununterbrochen betreiben konnte.
Das Feuer war mit zwei Formen versehen 1).

Eine eigenartige Verbesserung hatte man zu Rhonitz in Ungarn
dadurch eingeführt, daſs man zwei gegenüberliegende Formen an-
brachte, also einen doppelten Frischherd baute.

Über die chemischen Vorgänge bei dem Frischprozeſs hat
Ebelmans Untersuchung der beim Frischen entwickelten Gase 2)
neues Licht verbreitet.


1) Siehe Tunners Jahrbuch II, 1842, S. 23.
2) Siehe Comptes rendus vom April 1843; Annales des mines, 4. Serie. III,
117 und Berg- und hüttenm. Ztg. 1844, S. 9.
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[555/0571] Das Frischen 1831 bis 1850. etwa ½ Stunde dauert. Auf dem Boden beginnt nun schon die ent- kohlende Wirkung der Garschlacke, die durch fortwährendes Auf- brechen sehr unterstützt und beschleunigt wird. Hat sich dann alles Eisen zu einer stahlartigen Masse vereinigt, so wird dieselbe noch einmal als ein Klumpen aufgebrochen, über die Form gebracht und niedergeschmolzen. Dieses Garfrischen erfolgt bei starker Hitze und dauert nur ¼ bis ½ Stunde. Alsdann wird der Deul herausgehoben und gezängt. Der Wind hatte eine Temperatur von 100° C. und eine Pressung von 6 cm Quecksilbersäule. Ein Frischfeuer lieferte wöchentlich 6,6 Tonnen Deuleisen. Das Ausbringen betrug 86,70 Proz. vom Roh- eisen, der Holzkohlenverbrauch 90 Proz. In Frankreich hatte man ebenfalls, und zwar in Nivernais, schon zu Anfang des Jahrhunderts den Versuch gemacht, die Frischherde zu überwölben, doch scheiterte derselbe damals an dem Widerstande der Arbeiter. Anfang der 30er Jahre kehrten die Herren Riondel und Poirier zu dieser Einrichtung zurück und bauten zu Prémery in Nivernais einen geschlossenen Frischherd. Diese Einrichtung fand bald darauf Nachahmung in Franche-Comté und Champagne. Zu Lauffen am Rheinfall hatte man 1834 diese überbauten Frisch- herde dahin verbessert, daſs man sie ganz freistehend aus eisernen Platten zusammensetzte und mit Warmwindapparat und Verglühherd verband. Diese Konstruktion wurde vielfach in Deutschland nach- geahmt und teils als Comtéfeuer, teils als schwäbische Frischfeuer bezeichnet. Die Überwölbung der Frischfeuer wurde namentlich da eingeführt, wo man die entweichende Flamme der Frischfeuer zum Wärmen ver- wenden wollte. Ein Beispiel bietet das in Fig. 186 (a. f. S.) abgebildete Hartzerennfeuer von Niederwölz in Steiermark, wo man in dem über- wölbten Herde das „Bodenrennen“ ununterbrochen betreiben konnte. Das Feuer war mit zwei Formen versehen 1). Eine eigenartige Verbesserung hatte man zu Rhonitz in Ungarn dadurch eingeführt, daſs man zwei gegenüberliegende Formen an- brachte, also einen doppelten Frischherd baute. Über die chemischen Vorgänge bei dem Frischprozeſs hat Ebelmans Untersuchung der beim Frischen entwickelten Gase 2) neues Licht verbreitet. 1) Siehe Tunners Jahrbuch II, 1842, S. 23. 2) Siehe Comptes rendus vom April 1843; Annales des mines, 4. Serie. III, 117 und Berg- und hüttenm. Ztg. 1844, S. 9.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/571>, abgerufen am 22.11.2024.