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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Winderhitzung 1831 bis 1850.

Neilsons Erfindung gelangte nicht nur in Frankreich, Belgien
und Schweden, sondern auch in Deutschland schon bald nach ihrem
Bekanntwerden zur Einführung. Hier machte bereits 1833 der ver-
dienstvolle Oberberghauptmann von Herder auf den sächsischen
Metallhütten Versuche mit erhitzter Gebläseluft und konstruierte sehr
wirkungsvolle Kastenapparate auf der Muldener und Halsbrücker
Silberhütte bei Freiberg.

Noch früher, nämlich schon im Jahre 1830, hatte bereits der ge-
niale Hüttenmann Faber du Faur 1) auf dem königlich württem-
bergischen Eisenhüttenwerk Wasseralfingen seine Versuche mit
erhitzter Gebläseluft begonnen. Die ersten derselben machte er in
der Zeit vom 27. Oktober bis 13. November 1830. Er mauerte kurz
hinter den Düsen eines Hochofens die eisernen Windröhren auf eine
Länge von ca. 4 Fuss ein, so dass das Rohr direkt durch die Mitte
des Ofens weg über dem Rost, auf dem ein gleichmässiges Feuer
unterhalten wurde, herlief; also ganz ähnlich wie auf den Clyde-
Iron-Works. Er konnte aber bei diesen Versuchen keine Vorteile
finden.

Ein Jahr später, den 23. Oktober 1831, begann Faber du Faur
seine ersten Versuche mit Einführung des erwärmten Windes bei den
Kupolöfen zu Wasseralfingen. An den beiden Frontseiten des Kupol-
ofens errichtete er zwei gut ziehende Windöfen von 91/2 Fuss Höhe
im Lichten, durch welche das Ende der beiden Windleitungen doppelt

1) Achilles Christian Wilhelm Friedrich von Faber du Faur wurde
am 2. Dezember 1786 in Stuttgart geboren. Seine Eltern waren Albrecht von
Faber du Faur
, herzogl. württemberg. Kavallerieoberst im Kreiskontigent, und
Christiane, Tochter des Stadtsekretärs Klüpfel in Stuttgart. Er besuchte das
Stuttgarter untere und obere Gymnasium und bezog 1806 die Universität Tübingen,
wo er sich vorzugsweise dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften
widmete. Nach Vollendung seiner dortigen Studien besuchte er das Hartigsche
Forstinstitut in Stuttgart und bezog dann im Frühjahr 1808 die Bergakademie in
Freiberg, wo damals Werner wirkte. Hier trat er in ein inniges freundschaft-
liches Verhältnis mit Theodor Körner. In seine Heimat zurückgekehrt, unter-
zog er sich der Dienstprüfung, und im Dezember 1810, nach dem Besuche der
württemberg. Hüttenwerke, erhielt er die zweite Hüttenschreiberstelle in Königs-
bronn und ein Jahr später wurde er zum Hüttenamtsverweser in Wasseralfingen
ernannt. Am 1. Dezember 1813 erfolgte seine definitive Anstellung dort als
Hüttenverwalter. Nach einer 23jährigen Amtsführung in Wasseralfingen, wo er
sich durch Verbesserungen der Einrichtungen und des Betriebes grosse Verdienste
und durch seine überraschenden, wertvollen Erfindungen einen Weltruf erwarb,
wurde er 1843 zum wirklichen Bergrat befördert und als solcher nach Stuttgart
versetzt. Schon zwei Jahre nachher musste er aber wegen geschwächter Gesund-
heit um seine Pensionierung einkommen und starb nach wiederholten Schlag-
anfällen am 22. März 1855.
Winderhitzung 1831 bis 1850.

Neilsons Erfindung gelangte nicht nur in Frankreich, Belgien
und Schweden, sondern auch in Deutschland schon bald nach ihrem
Bekanntwerden zur Einführung. Hier machte bereits 1833 der ver-
dienstvolle Oberberghauptmann von Herder auf den sächsischen
Metallhütten Versuche mit erhitzter Gebläseluft und konstruierte sehr
wirkungsvolle Kastenapparate auf der Muldener und Halsbrücker
Silberhütte bei Freiberg.

Noch früher, nämlich schon im Jahre 1830, hatte bereits der ge-
niale Hüttenmann Faber du Faur 1) auf dem königlich württem-
bergischen Eisenhüttenwerk Wasseralfingen seine Versuche mit
erhitzter Gebläseluft begonnen. Die ersten derselben machte er in
der Zeit vom 27. Oktober bis 13. November 1830. Er mauerte kurz
hinter den Düsen eines Hochofens die eisernen Windröhren auf eine
Länge von ca. 4 Fuſs ein, so daſs das Rohr direkt durch die Mitte
des Ofens weg über dem Rost, auf dem ein gleichmäſsiges Feuer
unterhalten wurde, herlief; also ganz ähnlich wie auf den Clyde-
Iron-Works. Er konnte aber bei diesen Versuchen keine Vorteile
finden.

Ein Jahr später, den 23. Oktober 1831, begann Faber du Faur
seine ersten Versuche mit Einführung des erwärmten Windes bei den
Kupolöfen zu Wasseralfingen. An den beiden Frontseiten des Kupol-
ofens errichtete er zwei gut ziehende Windöfen von 9½ Fuſs Höhe
im Lichten, durch welche das Ende der beiden Windleitungen doppelt

1) Achilles Christian Wilhelm Friedrich von Faber du Faur wurde
am 2. Dezember 1786 in Stuttgart geboren. Seine Eltern waren Albrecht von
Faber du Faur
, herzogl. württemberg. Kavallerieoberst im Kreiskontigent, und
Christiane, Tochter des Stadtsekretärs Klüpfel in Stuttgart. Er besuchte das
Stuttgarter untere und obere Gymnasium und bezog 1806 die Universität Tübingen,
wo er sich vorzugsweise dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften
widmete. Nach Vollendung seiner dortigen Studien besuchte er das Hartigsche
Forstinstitut in Stuttgart und bezog dann im Frühjahr 1808 die Bergakademie in
Freiberg, wo damals Werner wirkte. Hier trat er in ein inniges freundschaft-
liches Verhältnis mit Theodor Körner. In seine Heimat zurückgekehrt, unter-
zog er sich der Dienstprüfung, und im Dezember 1810, nach dem Besuche der
württemberg. Hüttenwerke, erhielt er die zweite Hüttenschreiberstelle in Königs-
bronn und ein Jahr später wurde er zum Hüttenamtsverweser in Wasseralfingen
ernannt. Am 1. Dezember 1813 erfolgte seine definitive Anstellung dort als
Hüttenverwalter. Nach einer 23jährigen Amtsführung in Wasseralfingen, wo er
sich durch Verbesserungen der Einrichtungen und des Betriebes groſse Verdienste
und durch seine überraschenden, wertvollen Erfindungen einen Weltruf erwarb,
wurde er 1843 zum wirklichen Bergrat befördert und als solcher nach Stuttgart
versetzt. Schon zwei Jahre nachher muſste er aber wegen geschwächter Gesund-
heit um seine Pensionierung einkommen und starb nach wiederholten Schlag-
anfällen am 22. März 1855.
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[412/0428] Winderhitzung 1831 bis 1850. Neilsons Erfindung gelangte nicht nur in Frankreich, Belgien und Schweden, sondern auch in Deutschland schon bald nach ihrem Bekanntwerden zur Einführung. Hier machte bereits 1833 der ver- dienstvolle Oberberghauptmann von Herder auf den sächsischen Metallhütten Versuche mit erhitzter Gebläseluft und konstruierte sehr wirkungsvolle Kastenapparate auf der Muldener und Halsbrücker Silberhütte bei Freiberg. Noch früher, nämlich schon im Jahre 1830, hatte bereits der ge- niale Hüttenmann Faber du Faur 1) auf dem königlich württem- bergischen Eisenhüttenwerk Wasseralfingen seine Versuche mit erhitzter Gebläseluft begonnen. Die ersten derselben machte er in der Zeit vom 27. Oktober bis 13. November 1830. Er mauerte kurz hinter den Düsen eines Hochofens die eisernen Windröhren auf eine Länge von ca. 4 Fuſs ein, so daſs das Rohr direkt durch die Mitte des Ofens weg über dem Rost, auf dem ein gleichmäſsiges Feuer unterhalten wurde, herlief; also ganz ähnlich wie auf den Clyde- Iron-Works. Er konnte aber bei diesen Versuchen keine Vorteile finden. Ein Jahr später, den 23. Oktober 1831, begann Faber du Faur seine ersten Versuche mit Einführung des erwärmten Windes bei den Kupolöfen zu Wasseralfingen. An den beiden Frontseiten des Kupol- ofens errichtete er zwei gut ziehende Windöfen von 9½ Fuſs Höhe im Lichten, durch welche das Ende der beiden Windleitungen doppelt 1) Achilles Christian Wilhelm Friedrich von Faber du Faur wurde am 2. Dezember 1786 in Stuttgart geboren. Seine Eltern waren Albrecht von Faber du Faur, herzogl. württemberg. Kavallerieoberst im Kreiskontigent, und Christiane, Tochter des Stadtsekretärs Klüpfel in Stuttgart. Er besuchte das Stuttgarter untere und obere Gymnasium und bezog 1806 die Universität Tübingen, wo er sich vorzugsweise dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften widmete. Nach Vollendung seiner dortigen Studien besuchte er das Hartigsche Forstinstitut in Stuttgart und bezog dann im Frühjahr 1808 die Bergakademie in Freiberg, wo damals Werner wirkte. Hier trat er in ein inniges freundschaft- liches Verhältnis mit Theodor Körner. In seine Heimat zurückgekehrt, unter- zog er sich der Dienstprüfung, und im Dezember 1810, nach dem Besuche der württemberg. Hüttenwerke, erhielt er die zweite Hüttenschreiberstelle in Königs- bronn und ein Jahr später wurde er zum Hüttenamtsverweser in Wasseralfingen ernannt. Am 1. Dezember 1813 erfolgte seine definitive Anstellung dort als Hüttenverwalter. Nach einer 23jährigen Amtsführung in Wasseralfingen, wo er sich durch Verbesserungen der Einrichtungen und des Betriebes groſse Verdienste und durch seine überraschenden, wertvollen Erfindungen einen Weltruf erwarb, wurde er 1843 zum wirklichen Bergrat befördert und als solcher nach Stuttgart versetzt. Schon zwei Jahre nachher muſste er aber wegen geschwächter Gesund- heit um seine Pensionierung einkommen und starb nach wiederholten Schlag- anfällen am 22. März 1855.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/428>, abgerufen am 26.05.2024.