Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

Erfindung der Winderhitzung 1829.
Unter demselben lag die Feuerung, oben lag der Kasten frei. Der
Wind trat an der einen Seite dicht über der Feuerung ein und an
der entgegengesetzten aus und wurde von hier direkt der Form zu-
geführt. Jede Form hatte also ihren eigenen Heizkasten, von denen
jeder eine Rostfläche von 4 engl. Quadratfuss hatte. Mit diesem
Apparate erzielte Neilson nur eine Hitze von 200° F. (= 93° C.). Da
die Blechwände des Heizkastens rasch zerstört wurden, ersetzte er
dieselben durch cylindrische Gefässe von Gusseisen von 6 Fuss Länge
und 23/4 Fuss Durchmesser. Die Rostfläche betrug 11 engl. Quadrat-
fuss, die Heizfläche 55 Quadratfuss. Mit diesem Apparate wurde eine
Temperatur von 280° F. (138° C.) erzielt.

Ein dritter, bedeutend grösserer Apparat wurde bei dem Hoch-
ofen der Clydehütte in Anwendung gebracht. Mit diesem erreichte
Neilson eine Temperatur von 600° F. (3151/2° C.). Fig. 104 (a. v. S.)
zeigt diese Anlage 1). Hierbei war fast der ganze Rohrstrang in
Heizkammern gelegt, welche von fünf Rosten geheizt wurden. Die
Konstruktion geht aus der Zeichnung klar hervor. Der erhitzte Rohr-
strang war 100 engl. Fuss lang, die Rohre 18 Zoll weit, die Heizfläche
betrug 240 Quadratfuss, die Rostflächen 28 Quadratfuss. Obgleich
diese Apparate noch grosse Mängel hatten, so wurden sie doch mit
nur ganz geringen Abänderungen auch auf den Eisenwerken zu la
Voulte und zu Vienne in Frankreich eingeführt 2).

Die grossartigen Folgen der Einführung des erhitzten Gebläse-
windes traten erst in der folgenden Periode in ihrer ganzen Bedeutung
hervor. Es genügt, hier zu erwähnen, dass diese überraschende Er-
findung sich alsbald mit ausserordentlicher Geschwindigkeit ver-
breitet hat.



1) v. Herder, Erwärmung der Gebläseluft. Atlas, Taf. IV.
2) A. a. O., Taf. V und VI.

Erfindung der Winderhitzung 1829.
Unter demselben lag die Feuerung, oben lag der Kasten frei. Der
Wind trat an der einen Seite dicht über der Feuerung ein und an
der entgegengesetzten aus und wurde von hier direkt der Form zu-
geführt. Jede Form hatte also ihren eigenen Heizkasten, von denen
jeder eine Rostfläche von 4 engl. Quadratfuſs hatte. Mit diesem
Apparate erzielte Neilson nur eine Hitze von 200° F. (= 93° C.). Da
die Blechwände des Heizkastens rasch zerstört wurden, ersetzte er
dieselben durch cylindrische Gefäſse von Guſseisen von 6 Fuſs Länge
und 2¾ Fuſs Durchmesser. Die Rostfläche betrug 11 engl. Quadrat-
fuſs, die Heizfläche 55 Quadratfuſs. Mit diesem Apparate wurde eine
Temperatur von 280° F. (138° C.) erzielt.

Ein dritter, bedeutend gröſserer Apparat wurde bei dem Hoch-
ofen der Clydehütte in Anwendung gebracht. Mit diesem erreichte
Neilson eine Temperatur von 600° F. (315½° C.). Fig. 104 (a. v. S.)
zeigt diese Anlage 1). Hierbei war fast der ganze Rohrstrang in
Heizkammern gelegt, welche von fünf Rosten geheizt wurden. Die
Konstruktion geht aus der Zeichnung klar hervor. Der erhitzte Rohr-
strang war 100 engl. Fuſs lang, die Rohre 18 Zoll weit, die Heizfläche
betrug 240 Quadratfuſs, die Rostflächen 28 Quadratfuſs. Obgleich
diese Apparate noch groſse Mängel hatten, so wurden sie doch mit
nur ganz geringen Abänderungen auch auf den Eisenwerken zu la
Voulte und zu Vienne in Frankreich eingeführt 2).

Die groſsartigen Folgen der Einführung des erhitzten Gebläse-
windes traten erst in der folgenden Periode in ihrer ganzen Bedeutung
hervor. Es genügt, hier zu erwähnen, daſs diese überraschende Er-
findung sich alsbald mit auſserordentlicher Geschwindigkeit ver-
breitet hat.



1) v. Herder, Erwärmung der Gebläseluft. Atlas, Taf. IV.
2) A. a. O., Taf. V und VI.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0332" n="316"/><fw place="top" type="header">Erfindung der Winderhitzung 1829.</fw><lb/>
Unter demselben lag die Feuerung, oben lag der Kasten frei. Der<lb/>
Wind trat an der einen Seite dicht über der Feuerung ein und an<lb/>
der entgegengesetzten aus und wurde von hier direkt der Form zu-<lb/>
geführt. Jede Form hatte also ihren eigenen Heizkasten, von denen<lb/>
jeder eine Rostfläche von 4 engl. Quadratfu&#x017F;s hatte. Mit diesem<lb/>
Apparate erzielte <hi rendition="#g">Neilson</hi> nur eine Hitze von 200° F. (= 93° C.). Da<lb/>
die Blechwände des Heizkastens rasch zerstört wurden, ersetzte er<lb/>
dieselben durch cylindrische Gefä&#x017F;se von Gu&#x017F;seisen von 6 Fu&#x017F;s Länge<lb/>
und 2¾ Fu&#x017F;s Durchmesser. Die Rostfläche betrug 11 engl. Quadrat-<lb/>
fu&#x017F;s, die Heizfläche 55 Quadratfu&#x017F;s. Mit diesem Apparate wurde eine<lb/>
Temperatur von 280° F. (138° C.) erzielt.</p><lb/>
            <p>Ein dritter, bedeutend grö&#x017F;serer Apparat wurde bei dem Hoch-<lb/>
ofen der Clydehütte in Anwendung gebracht. Mit diesem erreichte<lb/><hi rendition="#g">Neilson</hi> eine Temperatur von 600° F. (315½° C.). Fig. 104 (a. v. S.)<lb/>
zeigt diese Anlage <note place="foot" n="1)">v. <hi rendition="#g">Herder</hi>, Erwärmung der Gebläseluft. Atlas, Taf. IV.</note>. Hierbei war fast der ganze Rohrstrang in<lb/>
Heizkammern gelegt, welche von fünf Rosten geheizt wurden. Die<lb/>
Konstruktion geht aus der Zeichnung klar hervor. Der erhitzte Rohr-<lb/>
strang war 100 engl. Fu&#x017F;s lang, die Rohre 18 Zoll weit, die Heizfläche<lb/>
betrug 240 Quadratfu&#x017F;s, die Rostflächen 28 Quadratfu&#x017F;s. Obgleich<lb/>
diese Apparate noch gro&#x017F;se Mängel hatten, so wurden sie doch mit<lb/>
nur ganz geringen Abänderungen auch auf den Eisenwerken zu la<lb/>
Voulte und zu Vienne in Frankreich eingeführt <note place="foot" n="2)">A. a. O., Taf. V und VI.</note>.</p><lb/>
            <p>Die gro&#x017F;sartigen Folgen der Einführung des erhitzten Gebläse-<lb/>
windes traten erst in der folgenden Periode in ihrer ganzen Bedeutung<lb/>
hervor. Es genügt, hier zu erwähnen, da&#x017F;s diese überraschende Er-<lb/>
findung sich alsbald mit au&#x017F;serordentlicher Geschwindigkeit ver-<lb/>
breitet hat.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[316/0332] Erfindung der Winderhitzung 1829. Unter demselben lag die Feuerung, oben lag der Kasten frei. Der Wind trat an der einen Seite dicht über der Feuerung ein und an der entgegengesetzten aus und wurde von hier direkt der Form zu- geführt. Jede Form hatte also ihren eigenen Heizkasten, von denen jeder eine Rostfläche von 4 engl. Quadratfuſs hatte. Mit diesem Apparate erzielte Neilson nur eine Hitze von 200° F. (= 93° C.). Da die Blechwände des Heizkastens rasch zerstört wurden, ersetzte er dieselben durch cylindrische Gefäſse von Guſseisen von 6 Fuſs Länge und 2¾ Fuſs Durchmesser. Die Rostfläche betrug 11 engl. Quadrat- fuſs, die Heizfläche 55 Quadratfuſs. Mit diesem Apparate wurde eine Temperatur von 280° F. (138° C.) erzielt. Ein dritter, bedeutend gröſserer Apparat wurde bei dem Hoch- ofen der Clydehütte in Anwendung gebracht. Mit diesem erreichte Neilson eine Temperatur von 600° F. (315½° C.). Fig. 104 (a. v. S.) zeigt diese Anlage 1). Hierbei war fast der ganze Rohrstrang in Heizkammern gelegt, welche von fünf Rosten geheizt wurden. Die Konstruktion geht aus der Zeichnung klar hervor. Der erhitzte Rohr- strang war 100 engl. Fuſs lang, die Rohre 18 Zoll weit, die Heizfläche betrug 240 Quadratfuſs, die Rostflächen 28 Quadratfuſs. Obgleich diese Apparate noch groſse Mängel hatten, so wurden sie doch mit nur ganz geringen Abänderungen auch auf den Eisenwerken zu la Voulte und zu Vienne in Frankreich eingeführt 2). Die groſsartigen Folgen der Einführung des erhitzten Gebläse- windes traten erst in der folgenden Periode in ihrer ganzen Bedeutung hervor. Es genügt, hier zu erwähnen, daſs diese überraschende Er- findung sich alsbald mit auſserordentlicher Geschwindigkeit ver- breitet hat. 1) v. Herder, Erwärmung der Gebläseluft. Atlas, Taf. IV. 2) A. a. O., Taf. V und VI.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/332
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/332>, abgerufen am 24.11.2024.