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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Eisenbahnen bis 1830.
schottischen Landstrassen ab. In demselben Jahre konstruierte aber
der erfindungsreiche William Murdock, Watts Gehülfe und Freund,
zu Redruth in Cornwall das Modell eines Dampfwagens. Das kleine
Ding lief ganz gut und erschreckte den Pfarrer des benachbarten
Kirchspiels eines Nachts, als es zischend mit feurigen Augen bei
seinem Gang nach der Stadt auf ihn zu kam, fast zu Tode, denn, wie
er selbst eingestand, hatte er es für den leibhaftigen Gottseibeiuns
gehalten. Murdocks Dampfwagen blieb ein interessantes Spielzeug.
Bis dahin waren alle Erfinder von der Voraussetzung ausgegangen,
dass der Dampfwagen auf der Landstrasse laufen müsse, was nament-
lich in damaliger Zeit praktisch unmöglich war. Gegen Ende des
Jahrhunderts waren aber die Eisenbahnen -- Tram- und Schienen-
wege -- an vielen Orten in Anwendung gekommen und dienten nament-
lich in den Eisen- und Kohlenbezirken dem Massentransport. Mur-
docks
Schüler, Richard Trevithick, trug sich mit der Erfindung
eines Dampfwagens und dessen praktischer Verwendung sowohl auf
gewöhnlichen Landstrassen als auf Schienenwegen. Er verband
sich mit seinem Vetter Andreas Vivian, welcher Mittel besass, und
nahm 1802 ein Patent auf seine Erfindung. Er baute einen Dampf-
wagen zunächst für Strassenbetrieb mit Hochdruck und horizontalem
Cylinder. Die Kolbenstange bewegte eine Kurbelachse, von der aus
durch eine Zahnradübersetzung das Triebrad, mit dem ein Schwung-
rad verbunden war, in Bewegung gesetzt wurde. Der Dampfwagen
lief in den Strassen von Camborne, und wenn er ordentlich Dampf
hatte, ging die Sache ganz gut. Dann rief Trevithick den Neu-
gierigen zu, aufzuspringen, was viele mit Vergnügen thaten, und fort
ging es, bis der Maschine der Atem ausging, was freilich meistens
schon nach sehr kurzer Zeit geschah. Diese Lokomotive war schon
dadurch interessant, dass es eine der ersten Hochdruckdampfmaschinen
war, bei welcher der Dampf auf beiden Seiten des Kolbens wirkte.

Die Erfinder brachten ihren Dampfwagen nach London, um ihn
dort auszustellen. Das neue Fuhrwerk erregte grosses Interesse, nicht
nur bei der neugierigen Menge, sondern auch bei den Männern der
Wissenschaft. Humphrey Davy sprach sich sehr hoffnungsvoll
darüber aus. An einem Tage wurde der Dampfwagen auf einem
freien Felde in der Nähe von Euston Square öffentlich ausgestellt.
An den Dampfwagen war ein Personenfuhrwerk angehängt, in dem
das Publikum herumgefahren wurde. Trevithick bekam diese
öffentliche Ausstellung aber schon am ersten Tage satt und als das
Publikum den zweiten Tag wiederkam, fand es den Platz abgesperrt.

Die Eisenbahnen bis 1830.
schottischen Landstraſsen ab. In demselben Jahre konstruierte aber
der erfindungsreiche William Murdock, Watts Gehülfe und Freund,
zu Redruth in Cornwall das Modell eines Dampfwagens. Das kleine
Ding lief ganz gut und erschreckte den Pfarrer des benachbarten
Kirchspiels eines Nachts, als es zischend mit feurigen Augen bei
seinem Gang nach der Stadt auf ihn zu kam, fast zu Tode, denn, wie
er selbst eingestand, hatte er es für den leibhaftigen Gottseibeiuns
gehalten. Murdocks Dampfwagen blieb ein interessantes Spielzeug.
Bis dahin waren alle Erfinder von der Voraussetzung ausgegangen,
daſs der Dampfwagen auf der Landstraſse laufen müsse, was nament-
lich in damaliger Zeit praktisch unmöglich war. Gegen Ende des
Jahrhunderts waren aber die Eisenbahnen — Tram- und Schienen-
wege — an vielen Orten in Anwendung gekommen und dienten nament-
lich in den Eisen- und Kohlenbezirken dem Massentransport. Mur-
docks
Schüler, Richard Trevithick, trug sich mit der Erfindung
eines Dampfwagens und dessen praktischer Verwendung sowohl auf
gewöhnlichen Landstraſsen als auf Schienenwegen. Er verband
sich mit seinem Vetter Andreas Vivian, welcher Mittel besaſs, und
nahm 1802 ein Patent auf seine Erfindung. Er baute einen Dampf-
wagen zunächst für Straſsenbetrieb mit Hochdruck und horizontalem
Cylinder. Die Kolbenstange bewegte eine Kurbelachse, von der aus
durch eine Zahnradübersetzung das Triebrad, mit dem ein Schwung-
rad verbunden war, in Bewegung gesetzt wurde. Der Dampfwagen
lief in den Straſsen von Camborne, und wenn er ordentlich Dampf
hatte, ging die Sache ganz gut. Dann rief Trevithick den Neu-
gierigen zu, aufzuspringen, was viele mit Vergnügen thaten, und fort
ging es, bis der Maschine der Atem ausging, was freilich meistens
schon nach sehr kurzer Zeit geschah. Diese Lokomotive war schon
dadurch interessant, daſs es eine der ersten Hochdruckdampfmaschinen
war, bei welcher der Dampf auf beiden Seiten des Kolbens wirkte.

Die Erfinder brachten ihren Dampfwagen nach London, um ihn
dort auszustellen. Das neue Fuhrwerk erregte groſses Interesse, nicht
nur bei der neugierigen Menge, sondern auch bei den Männern der
Wissenschaft. Humphrey Davy sprach sich sehr hoffnungsvoll
darüber aus. An einem Tage wurde der Dampfwagen auf einem
freien Felde in der Nähe von Euston Square öffentlich ausgestellt.
An den Dampfwagen war ein Personenfuhrwerk angehängt, in dem
das Publikum herumgefahren wurde. Trevithick bekam diese
öffentliche Ausstellung aber schon am ersten Tage satt und als das
Publikum den zweiten Tag wiederkam, fand es den Platz abgesperrt.

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[287/0303] Die Eisenbahnen bis 1830. schottischen Landstraſsen ab. In demselben Jahre konstruierte aber der erfindungsreiche William Murdock, Watts Gehülfe und Freund, zu Redruth in Cornwall das Modell eines Dampfwagens. Das kleine Ding lief ganz gut und erschreckte den Pfarrer des benachbarten Kirchspiels eines Nachts, als es zischend mit feurigen Augen bei seinem Gang nach der Stadt auf ihn zu kam, fast zu Tode, denn, wie er selbst eingestand, hatte er es für den leibhaftigen Gottseibeiuns gehalten. Murdocks Dampfwagen blieb ein interessantes Spielzeug. Bis dahin waren alle Erfinder von der Voraussetzung ausgegangen, daſs der Dampfwagen auf der Landstraſse laufen müsse, was nament- lich in damaliger Zeit praktisch unmöglich war. Gegen Ende des Jahrhunderts waren aber die Eisenbahnen — Tram- und Schienen- wege — an vielen Orten in Anwendung gekommen und dienten nament- lich in den Eisen- und Kohlenbezirken dem Massentransport. Mur- docks Schüler, Richard Trevithick, trug sich mit der Erfindung eines Dampfwagens und dessen praktischer Verwendung sowohl auf gewöhnlichen Landstraſsen als auf Schienenwegen. Er verband sich mit seinem Vetter Andreas Vivian, welcher Mittel besaſs, und nahm 1802 ein Patent auf seine Erfindung. Er baute einen Dampf- wagen zunächst für Straſsenbetrieb mit Hochdruck und horizontalem Cylinder. Die Kolbenstange bewegte eine Kurbelachse, von der aus durch eine Zahnradübersetzung das Triebrad, mit dem ein Schwung- rad verbunden war, in Bewegung gesetzt wurde. Der Dampfwagen lief in den Straſsen von Camborne, und wenn er ordentlich Dampf hatte, ging die Sache ganz gut. Dann rief Trevithick den Neu- gierigen zu, aufzuspringen, was viele mit Vergnügen thaten, und fort ging es, bis der Maschine der Atem ausging, was freilich meistens schon nach sehr kurzer Zeit geschah. Diese Lokomotive war schon dadurch interessant, daſs es eine der ersten Hochdruckdampfmaschinen war, bei welcher der Dampf auf beiden Seiten des Kolbens wirkte. Die Erfinder brachten ihren Dampfwagen nach London, um ihn dort auszustellen. Das neue Fuhrwerk erregte groſses Interesse, nicht nur bei der neugierigen Menge, sondern auch bei den Männern der Wissenschaft. Humphrey Davy sprach sich sehr hoffnungsvoll darüber aus. An einem Tage wurde der Dampfwagen auf einem freien Felde in der Nähe von Euston Square öffentlich ausgestellt. An den Dampfwagen war ein Personenfuhrwerk angehängt, in dem das Publikum herumgefahren wurde. Trevithick bekam diese öffentliche Ausstellung aber schon am ersten Tage satt und als das Publikum den zweiten Tag wiederkam, fand es den Platz abgesperrt.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/303>, abgerufen am 24.11.2024.