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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Einleitung. -- Litteratur 1801 bis 1815.

Dieser hochbegabte, vortreffliche Mann wirkte bestimmend auf die
Laufbahn unseres Karl Johann Bernhard Karsten, dessen Vater,
Franz Christian Lorenz, Universitätsprofessor erst zu Bützow, dann
zu Rostock war und zu den Begründern einer wissenschaftlichen Land-
wirtschaft gehörte, und der auch das erste landwirtschaftliche Institut
zu Neuenwerder bei Rostock geschaffen hatte. Da ihm 15 Kinder geboren
wurden, von denen 11 heranwuchsen, und er in keinen glänzenden
Verhältnissen lebte, waren die Söhne früh darauf angewiesen, für sich
selbst zu sorgen. Karl Johann Bernhard bezog, 17 Jahre alt,
die Universität Rostock, wo er Naturwissenschaften studierte, mit der
Absicht, Mediziner zu werden. Bereits in seinem 18. Jahre begann
er litterarisch thätig zu sein, indem er ein "Vollständiges Register
über Grens neues Journal der Physik" herausgab. Durch diese Arbeit
wurde Scherer in Berlin veranlasst, Karsten die Stelle eines
Assistenten mit einem Gehalt von 250 Thlrn. zu übertragen, um ihm
bei der Herausgabe seines Journals der Chemie behülflich zu sein.
Die Stellung, die er zu Johannis 1801 übernahm, brachte Karsten zwar
viele Unannehmlichkeiten, trug aber dazu bei, seine hervorragenden
chemischen Kenntnisse noch mehr auszubreiten und in zahlreichen
litterarischen Beiträgen zu verwerten. In Berlin schloss er sich eng
an seinen ausgezeichneten Vetter, Dr. L. G. Karsten, an, der ihm
lebhaftes Interesse für Mineralogie und Bergwesen einflösste. Nachdem
er durch seine Dissertation de affinitate chemica, welche er im
folgenden Jahre 1803 unter dem Titel: "Revision der Lehre von der
chemischen Affinität" veröffentlichte, in Rostock den Doktorgrad er-
worben hatte, trennte er sich im Herbste 1802 von Scherer und
machte sich nun mit dem Eisenhüttenwesen auf den brandenburgischen
Hüttenwerken praktisch bekannt. Die Resultate seiner Beobachtungen
legte er in einer Abhandlung über den Unterschied des Stabeisens,
des Roheisens und des Stahls, und über die Erzeugung des Roheisens
in den Hochöfen nieder. Diese Arbeit nebst einem curriculum vitae
und der Bitte, die schlesischen Eisenhütten besuchen zu dürfen, über-
reichte der Oberbergrat Dr. L. G. Karsten dem Minister von Reden,
dessen scharfes Auge bereits die hervorragenden Fähigkeiten des jungen
Dr. Karsten erkannt hatte. Die Erlaubnis wurde in entgegen-
kommendster Weise erteilt, wobei der Minister die Erwartung aus-
sprach, dann und wann Ausarbeitungen über die beobachteten Gegen-
stände von ihm zu erhalten.

Ohne eine bestimmte Anstellung erhielt Karsten die Erlaubnis,
sich auf allen königlichen Hütten nach eigenem Ermessen zu

Einleitung. — Litteratur 1801 bis 1815.

Dieser hochbegabte, vortreffliche Mann wirkte bestimmend auf die
Laufbahn unseres Karl Johann Bernhard Karsten, dessen Vater,
Franz Christian Lorenz, Universitätsprofessor erst zu Bützow, dann
zu Rostock war und zu den Begründern einer wissenschaftlichen Land-
wirtschaft gehörte, und der auch das erste landwirtschaftliche Institut
zu Neuenwerder bei Rostock geschaffen hatte. Da ihm 15 Kinder geboren
wurden, von denen 11 heranwuchsen, und er in keinen glänzenden
Verhältnissen lebte, waren die Söhne früh darauf angewiesen, für sich
selbst zu sorgen. Karl Johann Bernhard bezog, 17 Jahre alt,
die Universität Rostock, wo er Naturwissenschaften studierte, mit der
Absicht, Mediziner zu werden. Bereits in seinem 18. Jahre begann
er litterarisch thätig zu sein, indem er ein „Vollständiges Register
über Grens neues Journal der Physik“ herausgab. Durch diese Arbeit
wurde Scherer in Berlin veranlaſst, Karsten die Stelle eines
Assistenten mit einem Gehalt von 250 Thlrn. zu übertragen, um ihm
bei der Herausgabe seines Journals der Chemie behülflich zu sein.
Die Stellung, die er zu Johannis 1801 übernahm, brachte Karsten zwar
viele Unannehmlichkeiten, trug aber dazu bei, seine hervorragenden
chemischen Kenntnisse noch mehr auszubreiten und in zahlreichen
litterarischen Beiträgen zu verwerten. In Berlin schloſs er sich eng
an seinen ausgezeichneten Vetter, Dr. L. G. Karsten, an, der ihm
lebhaftes Interesse für Mineralogie und Bergwesen einflöſste. Nachdem
er durch seine Dissertation de affinitate chemica, welche er im
folgenden Jahre 1803 unter dem Titel: „Revision der Lehre von der
chemischen Affinität“ veröffentlichte, in Rostock den Doktorgrad er-
worben hatte, trennte er sich im Herbste 1802 von Scherer und
machte sich nun mit dem Eisenhüttenwesen auf den brandenburgischen
Hüttenwerken praktisch bekannt. Die Resultate seiner Beobachtungen
legte er in einer Abhandlung über den Unterschied des Stabeisens,
des Roheisens und des Stahls, und über die Erzeugung des Roheisens
in den Hochöfen nieder. Diese Arbeit nebst einem curriculum vitae
und der Bitte, die schlesischen Eisenhütten besuchen zu dürfen, über-
reichte der Oberbergrat Dr. L. G. Karsten dem Minister von Reden,
dessen scharfes Auge bereits die hervorragenden Fähigkeiten des jungen
Dr. Karsten erkannt hatte. Die Erlaubnis wurde in entgegen-
kommendster Weise erteilt, wobei der Minister die Erwartung aus-
sprach, dann und wann Ausarbeitungen über die beobachteten Gegen-
stände von ihm zu erhalten.

Ohne eine bestimmte Anstellung erhielt Karsten die Erlaubnis,
sich auf allen königlichen Hütten nach eigenem Ermessen zu

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[13/0029] Einleitung. — Litteratur 1801 bis 1815. Dieser hochbegabte, vortreffliche Mann wirkte bestimmend auf die Laufbahn unseres Karl Johann Bernhard Karsten, dessen Vater, Franz Christian Lorenz, Universitätsprofessor erst zu Bützow, dann zu Rostock war und zu den Begründern einer wissenschaftlichen Land- wirtschaft gehörte, und der auch das erste landwirtschaftliche Institut zu Neuenwerder bei Rostock geschaffen hatte. Da ihm 15 Kinder geboren wurden, von denen 11 heranwuchsen, und er in keinen glänzenden Verhältnissen lebte, waren die Söhne früh darauf angewiesen, für sich selbst zu sorgen. Karl Johann Bernhard bezog, 17 Jahre alt, die Universität Rostock, wo er Naturwissenschaften studierte, mit der Absicht, Mediziner zu werden. Bereits in seinem 18. Jahre begann er litterarisch thätig zu sein, indem er ein „Vollständiges Register über Grens neues Journal der Physik“ herausgab. Durch diese Arbeit wurde Scherer in Berlin veranlaſst, Karsten die Stelle eines Assistenten mit einem Gehalt von 250 Thlrn. zu übertragen, um ihm bei der Herausgabe seines Journals der Chemie behülflich zu sein. Die Stellung, die er zu Johannis 1801 übernahm, brachte Karsten zwar viele Unannehmlichkeiten, trug aber dazu bei, seine hervorragenden chemischen Kenntnisse noch mehr auszubreiten und in zahlreichen litterarischen Beiträgen zu verwerten. In Berlin schloſs er sich eng an seinen ausgezeichneten Vetter, Dr. L. G. Karsten, an, der ihm lebhaftes Interesse für Mineralogie und Bergwesen einflöſste. Nachdem er durch seine Dissertation de affinitate chemica, welche er im folgenden Jahre 1803 unter dem Titel: „Revision der Lehre von der chemischen Affinität“ veröffentlichte, in Rostock den Doktorgrad er- worben hatte, trennte er sich im Herbste 1802 von Scherer und machte sich nun mit dem Eisenhüttenwesen auf den brandenburgischen Hüttenwerken praktisch bekannt. Die Resultate seiner Beobachtungen legte er in einer Abhandlung über den Unterschied des Stabeisens, des Roheisens und des Stahls, und über die Erzeugung des Roheisens in den Hochöfen nieder. Diese Arbeit nebst einem curriculum vitae und der Bitte, die schlesischen Eisenhütten besuchen zu dürfen, über- reichte der Oberbergrat Dr. L. G. Karsten dem Minister von Reden, dessen scharfes Auge bereits die hervorragenden Fähigkeiten des jungen Dr. Karsten erkannt hatte. Die Erlaubnis wurde in entgegen- kommendster Weise erteilt, wobei der Minister die Erwartung aus- sprach, dann und wann Ausarbeitungen über die beobachteten Gegen- stände von ihm zu erhalten. Ohne eine bestimmte Anstellung erhielt Karsten die Erlaubnis, sich auf allen königlichen Hütten nach eigenem Ermessen zu

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/29>, abgerufen am 20.04.2024.