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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Die Eisenverarbeitung 1816 bis 1830.
und Elie de Beaumont. Man hatte diese Konstruktion in der Weise
verbessert, dass man die 80 bis 100 Ctr. schweren Stirnhämmer nicht
mehr unmittelbar am Kopfe, sondern an einer unten angebrachten Ver-
längerung des Hammerhelmes hob. Dadurch wurde der Amboss frei und
von allen Seiten zugänglich. Die hebende Kraft musste aber stets
möglichst nahe am Kopfe des Hammers, dessen Hub nur 9 bis 10 Zoll
betrug, angreifen. Bei diesen schweren Hämmern war die Hammer-
bahn im Kopfe des gusseisernen Hammers eingelassen und festgekeilt,
um dieselbe, wenn sie schadhaft geworden war, herausnehmen und
auswechseln zu können. Man stellte die Hammerbahn zur Bahn des
Ambosses in Kreuzform, um nach Umständen auch ausrecken zu
können. -- Der Amboss bestand aus zwei Teilen, dem eigentlichen
Amboss, der etwa 400, und der Chabotte, welche 4000 kg wog.

Die Walzwerke konstruierte man sorgfältiger und stärker; die
mit Pilarengerüsten (laminoirs a colonnes), welche meist aus ge-
schmiedeten eisernen Pilaren, seltener aus gegossenen Säulen be-
standen, wurden mehr und mehr verdrängt durch die mit Ständer-

[Abbildung] Fig. 77.
gerüsten (laminoirs a cage).
Nur bei den Blechwalz-
werken erhielten sich die
ersteren. Hierbei wurden
die zwei zusammengehöri-
gen Pilaren durch starke
gusseiserne Kappen oder
Sättel zusammengehalten.
Fig. 78 stellt das Pilaren-
gerüst eines Blechwalz-
werks der Rybniker Hütte
aus den 20er Jahren dar. Bei den Ständergerüsten goss man die
Ständer mit der Sohlplatte und gewöhnlich auch mit dem Sattel
aus einem Stück, so dass ein solches Gerüst aus zwei gegossenen
Ständern bestand. Nur bei den kleineren Ständergerüsten für
Schmiedeeisen wendete man ebenfalls bewegliche Sättel an, um
schneller ein Auswechseln der Walzen vornehmen zu können. Die
feste Verbindung der Ständer oder Pilaren mit dem Fundament war
bei den Walzwerken von grösster Wichtigkeit. Man musste für viele
Walzengerüste schon bei der Fundamentierung auf eine oft notwendig
werdende Verschiebung oder Verstellung der Ständer, um längere
Walzen einlegen zu können, Rücksicht nehmen. Bei den Vorwalzen
und den Stabwalzen war dies nicht nötig, indem man hier alle

Die Eisenverarbeitung 1816 bis 1830.
und Élie de Beaumont. Man hatte diese Konstruktion in der Weise
verbessert, daſs man die 80 bis 100 Ctr. schweren Stirnhämmer nicht
mehr unmittelbar am Kopfe, sondern an einer unten angebrachten Ver-
längerung des Hammerhelmes hob. Dadurch wurde der Amboſs frei und
von allen Seiten zugänglich. Die hebende Kraft muſste aber stets
möglichst nahe am Kopfe des Hammers, dessen Hub nur 9 bis 10 Zoll
betrug, angreifen. Bei diesen schweren Hämmern war die Hammer-
bahn im Kopfe des guſseisernen Hammers eingelassen und festgekeilt,
um dieselbe, wenn sie schadhaft geworden war, herausnehmen und
auswechseln zu können. Man stellte die Hammerbahn zur Bahn des
Ambosses in Kreuzform, um nach Umständen auch ausrecken zu
können. — Der Amboſs bestand aus zwei Teilen, dem eigentlichen
Amboſs, der etwa 400, und der Chabotte, welche 4000 kg wog.

Die Walzwerke konstruierte man sorgfältiger und stärker; die
mit Pilarengerüsten (laminoirs à colonnes), welche meist aus ge-
schmiedeten eisernen Pilaren, seltener aus gegossenen Säulen be-
standen, wurden mehr und mehr verdrängt durch die mit Ständer-

[Abbildung] Fig. 77.
gerüsten (laminoirs à cage).
Nur bei den Blechwalz-
werken erhielten sich die
ersteren. Hierbei wurden
die zwei zusammengehöri-
gen Pilaren durch starke
guſseiserne Kappen oder
Sättel zusammengehalten.
Fig. 78 stellt das Pilaren-
gerüst eines Blechwalz-
werks der Rybniker Hütte
aus den 20er Jahren dar. Bei den Ständergerüsten goſs man die
Ständer mit der Sohlplatte und gewöhnlich auch mit dem Sattel
aus einem Stück, so daſs ein solches Gerüst aus zwei gegossenen
Ständern bestand. Nur bei den kleineren Ständergerüsten für
Schmiedeeisen wendete man ebenfalls bewegliche Sättel an, um
schneller ein Auswechseln der Walzen vornehmen zu können. Die
feste Verbindung der Ständer oder Pilaren mit dem Fundament war
bei den Walzwerken von gröſster Wichtigkeit. Man muſste für viele
Walzengerüste schon bei der Fundamentierung auf eine oft notwendig
werdende Verschiebung oder Verstellung der Ständer, um längere
Walzen einlegen zu können, Rücksicht nehmen. Bei den Vorwalzen
und den Stabwalzen war dies nicht nötig, indem man hier alle

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[260/0276] Die Eisenverarbeitung 1816 bis 1830. und Élie de Beaumont. Man hatte diese Konstruktion in der Weise verbessert, daſs man die 80 bis 100 Ctr. schweren Stirnhämmer nicht mehr unmittelbar am Kopfe, sondern an einer unten angebrachten Ver- längerung des Hammerhelmes hob. Dadurch wurde der Amboſs frei und von allen Seiten zugänglich. Die hebende Kraft muſste aber stets möglichst nahe am Kopfe des Hammers, dessen Hub nur 9 bis 10 Zoll betrug, angreifen. Bei diesen schweren Hämmern war die Hammer- bahn im Kopfe des guſseisernen Hammers eingelassen und festgekeilt, um dieselbe, wenn sie schadhaft geworden war, herausnehmen und auswechseln zu können. Man stellte die Hammerbahn zur Bahn des Ambosses in Kreuzform, um nach Umständen auch ausrecken zu können. — Der Amboſs bestand aus zwei Teilen, dem eigentlichen Amboſs, der etwa 400, und der Chabotte, welche 4000 kg wog. Die Walzwerke konstruierte man sorgfältiger und stärker; die mit Pilarengerüsten (laminoirs à colonnes), welche meist aus ge- schmiedeten eisernen Pilaren, seltener aus gegossenen Säulen be- standen, wurden mehr und mehr verdrängt durch die mit Ständer- [Abbildung Fig. 77.] gerüsten (laminoirs à cage). Nur bei den Blechwalz- werken erhielten sich die ersteren. Hierbei wurden die zwei zusammengehöri- gen Pilaren durch starke guſseiserne Kappen oder Sättel zusammengehalten. Fig. 78 stellt das Pilaren- gerüst eines Blechwalz- werks der Rybniker Hütte aus den 20er Jahren dar. Bei den Ständergerüsten goſs man die Ständer mit der Sohlplatte und gewöhnlich auch mit dem Sattel aus einem Stück, so daſs ein solches Gerüst aus zwei gegossenen Ständern bestand. Nur bei den kleineren Ständergerüsten für Schmiedeeisen wendete man ebenfalls bewegliche Sättel an, um schneller ein Auswechseln der Walzen vornehmen zu können. Die feste Verbindung der Ständer oder Pilaren mit dem Fundament war bei den Walzwerken von gröſster Wichtigkeit. Man muſste für viele Walzengerüste schon bei der Fundamentierung auf eine oft notwendig werdende Verschiebung oder Verstellung der Ständer, um längere Walzen einlegen zu können, Rücksicht nehmen. Bei den Vorwalzen und den Stabwalzen war dies nicht nötig, indem man hier alle

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/276>, abgerufen am 26.11.2024.