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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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England 1801 bis 1815.
wurden nun unter dem Hammer erst von allen Seiten gedrückt, hierauf
aber nach einer Richtung unter beständigem Drehen zu einem flachen
Kuchen von 1 bis 11/2 Zoll Dicke ausgeschlagen und in fliessendes
Wasser geworfen. Der Kuchen wurde dann kalt in Stücke von 5 bis
10 Pfund, stamps genannt, zerteilt. Diese stamps wurden über einer
Eisenplatte zu einem Paket formiert und in einem besonderen Aus-
heizfeuer (chafery) mit Holzkohlen ausgeschweisst und unter dem
Hammer zu einem Flachstab von etwa 6 Zoll Breite ausgeschmiedet.
Dann wurden Stücke von etwa 12 Zoll Länge abgehauen, die dann
gleich in derselben Hitze zwischen Walzen zu Blechplattinen aus-
gewalzt wurden.

Der letzte Teil des Prozesses erlitt in der Folge wichtige Ver-
änderungen, welche wir später beschreiben werden.

Dasselbe gilt von der Lancashireschmiede, welche ihre
Bedeutung und Ausbildung erst im 19. Jahrhundert in Schweden
erlangte. Sie wurde dorthin von Südwales aus gebracht. Den Namen
Lancashireschmiede hatte sie also wohl schon in England geführt. Sie
ist eine Fortentwickelung der südwalesschen Frischmethode und wird
später geschildert werden.

Die englischen Puddelöfen, welche in der Regel 7 Fuss lang
und 3 Fuss breit waren, hatten keinen eigentlichen Herd, sondern der
Boden musste jede Woche frisch bereitet werden. Man riss dann die
Pfeiler, welche die Gussplatten, die dem Herd zur Unterlage dienten,
trugen, weg und mauerte sie neu auf, legte dann die Gussplatten
wieder an ihren Platz, warf 6 Zoll dick Asche darüber, stampfte
diese fest und trug dann 3 Zoll feuchten Sand auf. Da man nach jeder
Heize Sand aufwarf, so wuchs der Herd bis Ende der Woche so hoch,
dass er hinderlich wurde. Nach dem Eintragen erhitzte man den
Sand, bis er anfing zu schmelzen, und gab dann fine-metal auf.

Die Stabeiseneinfuhr aus Schweden und Russland nach England
ging in diesem Zeitraum zurück, doch betrug sie 1803 immer noch
20000 Tonnen aus Schweden und 20000 Tonnen aus Russland.

Der Eisenverbrauch nahm dagegen von Jahr zu Jahr zu. Man
machte in England viel mehr Dinge aus Eisen als auf dem Kontinent.
Auf die wichtigsten wurde schon hingewiesen. Wyat nahm im Jahre
1800 ein Patent, Fussböden und Dächer ohne Riegel aus Gusseisen zu
machen. In diesem Jahre genehmigte das Parlament zwei eiserne
Brücken über den Conway und bei Bangor, welche 500000 £ kosten
sollten.

Die grosse Handelssperre, welche Napoleon durch Dekret vom

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England 1801 bis 1815.
wurden nun unter dem Hammer erst von allen Seiten gedrückt, hierauf
aber nach einer Richtung unter beständigem Drehen zu einem flachen
Kuchen von 1 bis 1½ Zoll Dicke ausgeschlagen und in flieſsendes
Wasser geworfen. Der Kuchen wurde dann kalt in Stücke von 5 bis
10 Pfund, stamps genannt, zerteilt. Diese stamps wurden über einer
Eisenplatte zu einem Paket formiert und in einem besonderen Aus-
heizfeuer (chafery) mit Holzkohlen ausgeschweiſst und unter dem
Hammer zu einem Flachstab von etwa 6 Zoll Breite ausgeschmiedet.
Dann wurden Stücke von etwa 12 Zoll Länge abgehauen, die dann
gleich in derselben Hitze zwischen Walzen zu Blechplattinen aus-
gewalzt wurden.

Der letzte Teil des Prozesses erlitt in der Folge wichtige Ver-
änderungen, welche wir später beschreiben werden.

Dasselbe gilt von der Lancashireschmiede, welche ihre
Bedeutung und Ausbildung erst im 19. Jahrhundert in Schweden
erlangte. Sie wurde dorthin von Südwales aus gebracht. Den Namen
Lancashireschmiede hatte sie also wohl schon in England geführt. Sie
ist eine Fortentwickelung der südwalesschen Frischmethode und wird
später geschildert werden.

Die englischen Puddelöfen, welche in der Regel 7 Fuſs lang
und 3 Fuſs breit waren, hatten keinen eigentlichen Herd, sondern der
Boden muſste jede Woche frisch bereitet werden. Man riſs dann die
Pfeiler, welche die Guſsplatten, die dem Herd zur Unterlage dienten,
trugen, weg und mauerte sie neu auf, legte dann die Guſsplatten
wieder an ihren Platz, warf 6 Zoll dick Asche darüber, stampfte
diese fest und trug dann 3 Zoll feuchten Sand auf. Da man nach jeder
Heize Sand aufwarf, so wuchs der Herd bis Ende der Woche so hoch,
daſs er hinderlich wurde. Nach dem Eintragen erhitzte man den
Sand, bis er anfing zu schmelzen, und gab dann fine-metal auf.

Die Stabeiseneinfuhr aus Schweden und Ruſsland nach England
ging in diesem Zeitraum zurück, doch betrug sie 1803 immer noch
20000 Tonnen aus Schweden und 20000 Tonnen aus Ruſsland.

Der Eisenverbrauch nahm dagegen von Jahr zu Jahr zu. Man
machte in England viel mehr Dinge aus Eisen als auf dem Kontinent.
Auf die wichtigsten wurde schon hingewiesen. Wyat nahm im Jahre
1800 ein Patent, Fuſsböden und Dächer ohne Riegel aus Guſseisen zu
machen. In diesem Jahre genehmigte das Parlament zwei eiserne
Brücken über den Conway und bei Bangor, welche 500000 £ kosten
sollten.

Die groſse Handelssperre, welche Napoleon durch Dekret vom

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[163/0179] England 1801 bis 1815. wurden nun unter dem Hammer erst von allen Seiten gedrückt, hierauf aber nach einer Richtung unter beständigem Drehen zu einem flachen Kuchen von 1 bis 1½ Zoll Dicke ausgeschlagen und in flieſsendes Wasser geworfen. Der Kuchen wurde dann kalt in Stücke von 5 bis 10 Pfund, stamps genannt, zerteilt. Diese stamps wurden über einer Eisenplatte zu einem Paket formiert und in einem besonderen Aus- heizfeuer (chafery) mit Holzkohlen ausgeschweiſst und unter dem Hammer zu einem Flachstab von etwa 6 Zoll Breite ausgeschmiedet. Dann wurden Stücke von etwa 12 Zoll Länge abgehauen, die dann gleich in derselben Hitze zwischen Walzen zu Blechplattinen aus- gewalzt wurden. Der letzte Teil des Prozesses erlitt in der Folge wichtige Ver- änderungen, welche wir später beschreiben werden. Dasselbe gilt von der Lancashireschmiede, welche ihre Bedeutung und Ausbildung erst im 19. Jahrhundert in Schweden erlangte. Sie wurde dorthin von Südwales aus gebracht. Den Namen Lancashireschmiede hatte sie also wohl schon in England geführt. Sie ist eine Fortentwickelung der südwalesschen Frischmethode und wird später geschildert werden. Die englischen Puddelöfen, welche in der Regel 7 Fuſs lang und 3 Fuſs breit waren, hatten keinen eigentlichen Herd, sondern der Boden muſste jede Woche frisch bereitet werden. Man riſs dann die Pfeiler, welche die Guſsplatten, die dem Herd zur Unterlage dienten, trugen, weg und mauerte sie neu auf, legte dann die Guſsplatten wieder an ihren Platz, warf 6 Zoll dick Asche darüber, stampfte diese fest und trug dann 3 Zoll feuchten Sand auf. Da man nach jeder Heize Sand aufwarf, so wuchs der Herd bis Ende der Woche so hoch, daſs er hinderlich wurde. Nach dem Eintragen erhitzte man den Sand, bis er anfing zu schmelzen, und gab dann fine-metal auf. Die Stabeiseneinfuhr aus Schweden und Ruſsland nach England ging in diesem Zeitraum zurück, doch betrug sie 1803 immer noch 20000 Tonnen aus Schweden und 20000 Tonnen aus Ruſsland. Der Eisenverbrauch nahm dagegen von Jahr zu Jahr zu. Man machte in England viel mehr Dinge aus Eisen als auf dem Kontinent. Auf die wichtigsten wurde schon hingewiesen. Wyat nahm im Jahre 1800 ein Patent, Fuſsböden und Dächer ohne Riegel aus Guſseisen zu machen. In diesem Jahre genehmigte das Parlament zwei eiserne Brücken über den Conway und bei Bangor, welche 500000 £ kosten sollten. Die groſse Handelssperre, welche Napoleon durch Dekret vom 11*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/179>, abgerufen am 24.11.2024.