Andreas Köller & Ko. zu Wald im Bergischen hatten einen Gussstahl erfunden, der nach dem Urteil der Kenner dem englischen vollkommen gleich war und worüber die Erfinder von der Landes- regierung ein Patent erhielten. Sie verkauften das Pfund für 50 Stüber bergisch Courant und verschickten nicht unter 25 Pfd. 1). Ihr Ver- fahren hielten sie geheim. Ebenso hatten die Gebrüder Karl und Josua Busch in Remscheid im Jahre 1811 einen Gussstahl für Werkzeuge, der angeblich die Härte, Feinheit und Tüchtigkeit des englischen mit der Zähigkeit des steierischen verband, erfunden.
Im Jahre 1811 legte Friedrich Krupp auf der Walkmühle bei Altenessen ausser einem Reckhammer eine Stahl-Schmelz- und Cemen- tierhütte an, aus welchem kleinen Anfang das berühmteste Stahlwerk des Jahrhunderts sich entwickelt hat. Im Herbst 1812 konnte Krupp bereits durch Geschäftscirkular mitteilen, dass er "alle Sorten feinen Stahl, auch Guss-, Rund- und Triebstahl, sowie auch feine Uhr- macherfeilen und alle anderen Sorten gröberer Sackfeilen, Baster- und Schlichtfeilen und Raspeln" liefere. Einige Jahre später verband sich Krupp mit dem Mechaniker Nicolai, welcher am 5. Mai 1815 von Preussen ein Patent auf Gussstahl erhalten hatte, "der dem besten bis jetzt bekannten englischen Gussstahl in Rücksicht der Güte gleich gefunden" war. Diese Geschäftsverbindung hatte aber den gewünschten Erfolg nicht, sondern für Krupp nur Nachteile und Prozesse zur Folge 2).
In Schweden war es dem Bergmeister Broling im Anfang des Jahrhunderts gelungen, einen Gussstahl zu verfertigen, welcher dem englischen an Güte nicht nachstehen sollte 3).
Unter den Proben von Gussstahl, welche 1811 an die Societe d'encouragement zu Paris eingeschickt wurden, um für den von dieser Gesellschaft ausgesetzten Preis von 4000 Franken zu konkurrieren, befand sich ein von Ettler im Departement der Aude fabrizierter Stahl, "wie teigiges Roheisen", welcher den Vorzug besass, vollkommen schweissbar zu sein. Dies wurde angeblich durch Zusatz von weichem, faserigem Eisen zu der Gussstahlmasse bewirkt. Vermutlich geschah dieser "Zusatz" durch Zusammenschweissen.
Im ganzen befand sich die Gussstahlfabrikation des Kontinents noch in den Kinderschuhen, während sie in England einen grossen Umfang erlangt hatte. Da man das Verfahren daselbst mit Ängst-
1) Hamburger Korrespondent, 1811, Nr. 146.
2) Siehe Alfred Krupp, 1889, S. 6.
3) Siehe Hausmanns Reise durch Skandinavien, III, S. 356.
Stahlbereitung 1801 bis 1815.
Andreas Köller & Ko. zu Wald im Bergischen hatten einen Guſsstahl erfunden, der nach dem Urteil der Kenner dem englischen vollkommen gleich war und worüber die Erfinder von der Landes- regierung ein Patent erhielten. Sie verkauften das Pfund für 50 Stüber bergisch Courant und verschickten nicht unter 25 Pfd. 1). Ihr Ver- fahren hielten sie geheim. Ebenso hatten die Gebrüder Karl und Josua Busch in Remscheid im Jahre 1811 einen Guſsstahl für Werkzeuge, der angeblich die Härte, Feinheit und Tüchtigkeit des englischen mit der Zähigkeit des steierischen verband, erfunden.
Im Jahre 1811 legte Friedrich Krupp auf der Walkmühle bei Altenessen auſser einem Reckhammer eine Stahl-Schmelz- und Cemen- tierhütte an, aus welchem kleinen Anfang das berühmteste Stahlwerk des Jahrhunderts sich entwickelt hat. Im Herbst 1812 konnte Krupp bereits durch Geschäftscirkular mitteilen, daſs er „alle Sorten feinen Stahl, auch Guſs-, Rund- und Triebstahl, sowie auch feine Uhr- macherfeilen und alle anderen Sorten gröberer Sackfeilen, Baster- und Schlichtfeilen und Raspeln“ liefere. Einige Jahre später verband sich Krupp mit dem Mechaniker Nicolai, welcher am 5. Mai 1815 von Preuſsen ein Patent auf Guſsstahl erhalten hatte, „der dem besten bis jetzt bekannten englischen Guſsstahl in Rücksicht der Güte gleich gefunden“ war. Diese Geschäftsverbindung hatte aber den gewünschten Erfolg nicht, sondern für Krupp nur Nachteile und Prozesse zur Folge 2).
In Schweden war es dem Bergmeister Broling im Anfang des Jahrhunderts gelungen, einen Guſsstahl zu verfertigen, welcher dem englischen an Güte nicht nachstehen sollte 3).
Unter den Proben von Guſsstahl, welche 1811 an die Société d’encouragement zu Paris eingeschickt wurden, um für den von dieser Gesellschaft ausgesetzten Preis von 4000 Franken zu konkurrieren, befand sich ein von Ettler im Departement der Aude fabrizierter Stahl, „wie teigiges Roheisen“, welcher den Vorzug besaſs, vollkommen schweiſsbar zu sein. Dies wurde angeblich durch Zusatz von weichem, faserigem Eisen zu der Guſsstahlmasse bewirkt. Vermutlich geschah dieser „Zusatz“ durch Zusammenschweiſsen.
Im ganzen befand sich die Guſsstahlfabrikation des Kontinents noch in den Kinderschuhen, während sie in England einen groſsen Umfang erlangt hatte. Da man das Verfahren daselbst mit Ängst-
1) Hamburger Korrespondent, 1811, Nr. 146.
2) Siehe Alfred Krupp, 1889, S. 6.
3) Siehe Hausmanns Reise durch Skandinavien, III, S. 356.
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Andreas Köller & Ko. zu Wald im Bergischen hatten einen
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vollkommen gleich war und worüber die Erfinder von der Landes-
regierung ein Patent erhielten. Sie verkauften das Pfund für 50 Stüber
bergisch Courant und verschickten nicht unter 25 Pfd. 1). Ihr Ver-
fahren hielten sie geheim. Ebenso hatten die Gebrüder Karl und
Josua Busch in Remscheid im Jahre 1811 einen Guſsstahl für
Werkzeuge, der angeblich die Härte, Feinheit und Tüchtigkeit des
englischen mit der Zähigkeit des steierischen verband, erfunden.
Im Jahre 1811 legte Friedrich Krupp auf der Walkmühle bei
Altenessen auſser einem Reckhammer eine Stahl-Schmelz- und Cemen-
tierhütte an, aus welchem kleinen Anfang das berühmteste Stahlwerk
des Jahrhunderts sich entwickelt hat. Im Herbst 1812 konnte Krupp
bereits durch Geschäftscirkular mitteilen, daſs er „alle Sorten feinen
Stahl, auch Guſs-, Rund- und Triebstahl, sowie auch feine Uhr-
macherfeilen und alle anderen Sorten gröberer Sackfeilen, Baster-
und Schlichtfeilen und Raspeln“ liefere. Einige Jahre später verband
sich Krupp mit dem Mechaniker Nicolai, welcher am 5. Mai 1815
von Preuſsen ein Patent auf Guſsstahl erhalten hatte, „der dem besten
bis jetzt bekannten englischen Guſsstahl in Rücksicht der Güte gleich
gefunden“ war. Diese Geschäftsverbindung hatte aber den gewünschten
Erfolg nicht, sondern für Krupp nur Nachteile und Prozesse zur
Folge 2).
In Schweden war es dem Bergmeister Broling im Anfang des
Jahrhunderts gelungen, einen Guſsstahl zu verfertigen, welcher dem
englischen an Güte nicht nachstehen sollte 3).
Unter den Proben von Guſsstahl, welche 1811 an die Société
d’encouragement zu Paris eingeschickt wurden, um für den von dieser
Gesellschaft ausgesetzten Preis von 4000 Franken zu konkurrieren,
befand sich ein von Ettler im Departement der Aude fabrizierter
Stahl, „wie teigiges Roheisen“, welcher den Vorzug besaſs, vollkommen
schweiſsbar zu sein. Dies wurde angeblich durch Zusatz von weichem,
faserigem Eisen zu der Guſsstahlmasse bewirkt. Vermutlich geschah
dieser „Zusatz“ durch Zusammenschweiſsen.
Im ganzen befand sich die Guſsstahlfabrikation des Kontinents
noch in den Kinderschuhen, während sie in England einen groſsen
Umfang erlangt hatte. Da man das Verfahren daselbst mit Ängst-
1) Hamburger Korrespondent, 1811, Nr. 146.
2) Siehe Alfred Krupp, 1889, S. 6.
3) Siehe Hausmanns Reise durch Skandinavien, III, S. 356.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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