eisen. Direkt aus dem Hochofen geschöpft sollte es am besten sein. Die Gusswaren wurden aufrecht in kleine gusseiserne Kästen oder Cylinder gestellt und mit Roteisenstein oder öfter noch mit Hammer- schlag und Hammerschlacke umgeben. Die Gefässe kamen dann in backofenartige Kammern, in denen sie bei geschlossener Thüre durch Verbrennen von Kohle oder Koks eine bis zwei Wochen hindurch gelinde erhitzt wurden 1). J. E. Fischer besuchte 1814 eine solche Fabrik in Birmingham, wo namentlich Lichtputzen, Steigbügel, alle Art von Kutschengeschirr u. s. w. angefertigt wurden. Das Gusseisen war so biegsam wie Kupfer und liess sich dennoch schmieden und härten wie Stahl, weshalb man dasselbe, wiewohl unrichtig, auch Cast steel nannte. Von dem Verfahren bekam Fischer weiter nichts zu sehen, als das Schmelzen, welches in Tiegeln und in Öfen wie beim Gussstahl geschah.
Kastner teilte 1823 zuerst eine wissenschaftliche Untersuchung des Prozesses mit 2). Er fand, dass
1. als Glühmittel kein Schwefel oder schwefelsaures Salz ent- haltendes Eisenoxyd brauchbar sei;
2. der benutzte Roteisenstein wieder benutzt werden könne, nach- dem er einige Zeit unter Besprengung mit Wasser und häufigem Umrühren an der Luft gelegen habe und durch Erhitzung wieder vom Wasser befreit sei;
3. dichter Roteisenstein und faseriger Brauneisenstein ebenso gut benutzt werden könnten, wie der gewöhnlich angewendete rote Glaskopf, wogegen Braunstein kein vollkommen weiches Eisen geben sollte. Auch Kastner war der Ansicht, dass das Glühen zwischen Kalk oder blossem Sande den gleichen Erfolg haben könne.
Auf dem Kontinent soll das Verfahren zuerst 1829 in Traisen bei Lilienfeld in Österreich angewendet worden sein.
G. A. Eckhard nahm 1809 ein Patent (Nr. 3197) auf Erzeugung dichteren Gusses, dadurch, dass man die Formen während dem Giessen in eine rasche Drehbewegung versetzte, wodurch der flüssige Guss durch die Centrifugalkraft gegen die Wände der hohlen Formen gepresst wurde. Er will nach diesem Verfahren Stäbe in der Weise erzeugen, dass er das flüssige Metall in eine cylindrische Form mit vertieften
1) Siehe London Journal, Vol. XII, 1826, p. 275. Wedding, Eisenhütten- kunde III, 466.
2) Neues Kunst- und Gewerbeblatt, 1823, 9. Jahrg., S. 124.
Eisengieſserei 1801 bis 1815.
eisen. Direkt aus dem Hochofen geschöpft sollte es am besten sein. Die Guſswaren wurden aufrecht in kleine guſseiserne Kästen oder Cylinder gestellt und mit Roteisenstein oder öfter noch mit Hammer- schlag und Hammerschlacke umgeben. Die Gefäſse kamen dann in backofenartige Kammern, in denen sie bei geschlossener Thüre durch Verbrennen von Kohle oder Koks eine bis zwei Wochen hindurch gelinde erhitzt wurden 1). J. E. Fischer besuchte 1814 eine solche Fabrik in Birmingham, wo namentlich Lichtputzen, Steigbügel, alle Art von Kutschengeschirr u. s. w. angefertigt wurden. Das Guſseisen war so biegsam wie Kupfer und lieſs sich dennoch schmieden und härten wie Stahl, weshalb man dasselbe, wiewohl unrichtig, auch Cast steel nannte. Von dem Verfahren bekam Fischer weiter nichts zu sehen, als das Schmelzen, welches in Tiegeln und in Öfen wie beim Guſsstahl geschah.
Kastner teilte 1823 zuerst eine wissenschaftliche Untersuchung des Prozesses mit 2). Er fand, daſs
1. als Glühmittel kein Schwefel oder schwefelsaures Salz ent- haltendes Eisenoxyd brauchbar sei;
2. der benutzte Roteisenstein wieder benutzt werden könne, nach- dem er einige Zeit unter Besprengung mit Wasser und häufigem Umrühren an der Luft gelegen habe und durch Erhitzung wieder vom Wasser befreit sei;
3. dichter Roteisenstein und faseriger Brauneisenstein ebenso gut benutzt werden könnten, wie der gewöhnlich angewendete rote Glaskopf, wogegen Braunstein kein vollkommen weiches Eisen geben sollte. Auch Kastner war der Ansicht, daſs das Glühen zwischen Kalk oder bloſsem Sande den gleichen Erfolg haben könne.
Auf dem Kontinent soll das Verfahren zuerst 1829 in Traisen bei Lilienfeld in Österreich angewendet worden sein.
G. A. Eckhard nahm 1809 ein Patent (Nr. 3197) auf Erzeugung dichteren Gusses, dadurch, daſs man die Formen während dem Gieſsen in eine rasche Drehbewegung versetzte, wodurch der flüssige Guſs durch die Centrifugalkraft gegen die Wände der hohlen Formen gepreſst wurde. Er will nach diesem Verfahren Stäbe in der Weise erzeugen, daſs er das flüssige Metall in eine cylindrische Form mit vertieften
1) Siehe London Journal, Vol. XII, 1826, p. 275. Wedding, Eisenhütten- kunde III, 466.
2) Neues Kunst- und Gewerbeblatt, 1823, 9. Jahrg., S. 124.
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[109/0125]
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Die Guſswaren wurden aufrecht in kleine guſseiserne Kästen oder
Cylinder gestellt und mit Roteisenstein oder öfter noch mit Hammer-
schlag und Hammerschlacke umgeben. Die Gefäſse kamen dann in
backofenartige Kammern, in denen sie bei geschlossener Thüre durch
Verbrennen von Kohle oder Koks eine bis zwei Wochen hindurch
gelinde erhitzt wurden 1). J. E. Fischer besuchte 1814 eine solche
Fabrik in Birmingham, wo namentlich Lichtputzen, Steigbügel, alle
Art von Kutschengeschirr u. s. w. angefertigt wurden. Das Guſseisen
war so biegsam wie Kupfer und lieſs sich dennoch schmieden und
härten wie Stahl, weshalb man dasselbe, wiewohl unrichtig, auch
Cast steel nannte. Von dem Verfahren bekam Fischer weiter nichts
zu sehen, als das Schmelzen, welches in Tiegeln und in Öfen wie
beim Guſsstahl geschah.
Kastner teilte 1823 zuerst eine wissenschaftliche Untersuchung
des Prozesses mit 2). Er fand, daſs
1. als Glühmittel kein Schwefel oder schwefelsaures Salz ent-
haltendes Eisenoxyd brauchbar sei;
2. der benutzte Roteisenstein wieder benutzt werden könne, nach-
dem er einige Zeit unter Besprengung mit Wasser und häufigem
Umrühren an der Luft gelegen habe und durch Erhitzung
wieder vom Wasser befreit sei;
3. dichter Roteisenstein und faseriger Brauneisenstein ebenso gut
benutzt werden könnten, wie der gewöhnlich angewendete rote
Glaskopf, wogegen Braunstein kein vollkommen weiches Eisen
geben sollte. Auch Kastner war der Ansicht, daſs das Glühen
zwischen Kalk oder bloſsem Sande den gleichen Erfolg haben
könne.
Auf dem Kontinent soll das Verfahren zuerst 1829 in Traisen
bei Lilienfeld in Österreich angewendet worden sein.
G. A. Eckhard nahm 1809 ein Patent (Nr. 3197) auf Erzeugung
dichteren Gusses, dadurch, daſs man die Formen während dem Gieſsen
in eine rasche Drehbewegung versetzte, wodurch der flüssige Guſs durch
die Centrifugalkraft gegen die Wände der hohlen Formen gepreſst
wurde. Er will nach diesem Verfahren Stäbe in der Weise erzeugen,
daſs er das flüssige Metall in eine cylindrische Form mit vertieften
1) Siehe London Journal, Vol. XII, 1826, p. 275. Wedding, Eisenhütten-
kunde III, 466.
2) Neues Kunst- und Gewerbeblatt, 1823, 9. Jahrg., S. 124.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/125>, abgerufen am 26.11.2024.
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