Öfen bis zur Kanonenform hinging, führte derselben das flüssige Eisen zu; die von anhaftendem Sand geputzten Kanonen kamen direkt in die Bohrwerkstätte, wo ein einziger Arbeiter das Ausbohren von sechs Kanonen zugleich besorgte. Derselbe Arbeiter hob mittels der starken Krane die schwersten Stücke in und aus dem Lager und in und aus der Bohrwerkstätte. Durch diese verschiedenen Vorrichtungen ist es dahin gekommen, schreibt Fischer, dass eine Arbeit, deren gutes Gelingen ehemals die besten Köpfe und die geschicktesten Hände erforderte, zu einem gemeinen Handlanger-Tagewerk herunter gebracht ist und die vorbereitenden Anstalten den Erfolg unzweifelhaft machen.
Robert Ransome von Jpswich erhielt 1803 ein Patent, guss- eiserne Pflugscharen zu machen, welche nachträglich getempert wurden. Den richtigen Weg zur Herstellung von schmiedbarem Guss hat Samuel Lucas in seinem Patent vom 30. Mai 1804 (Nr. 2767) gezeigt. Als Zweck des Verfahrens war darin angegeben "die Abscheidung der Unreinigkeiten aus dem Gusseisen ohne Schmelzung, wobei es hämmer- bar würde wie Schmiede- oder Walzeisen. Gusswaren können auf gleiche Weise verbessert werden. Das Verfahren ist folgendes: Die Gusseisenstücke werden in einem Cementierofen oder einem ähnlichen Ofen zusammen mit Eisenerz, gewissen metallischen Oxyden, Kalk oder anderen Substanzen, welche dem Gusseisen den Kohlenstoff ent- ziehen, geglüht. Hierdurch wird das Gusseisen ganz oder teilweise schmiedbar, je nach dem Grad und der Länge der Erhitzung. Man schichtet Erz und Eisen in abwechselnd Lagen mit dünnen Lagen von Sand dazwischen, um das Anhängen zu vermeiden. Gegossene Gegenstände lassen sich ebenso behandeln". Das Glühen sollte in cylindrischen Gusstöpfen geschehen und fünf bis sechs Tage dauern. Da sich der Ausführung mancherlei praktische Schwierigkeiten in den Weg stellten, blieb das Patent lange Zeit unbenutzt, bis ein Bruder des Patentnehmers, Thomas Lucas von Chesterfield, die Sache auf- griff und mit gutem Erfolg Schneidwaren anfertigte, welche eine so schöne Politur und gute Schneiden annahmen, wie der beste Guss- stahl 1). Für diesen Zweck, für die Herstellung billiger Messerwaren, wurde die Fabrikation des schmiedbaren Gusses zuerst ausgebeutet und, um die Fälschung vollkommen zu machen, bezeichnete man das Material im Handel als Flussstahl (run steel). Man verwendete dazu ein aus Cumberländer Roteisenstein mit Holzkohlen erblasenes Roh-
1) Essay on Edge Tools. Parkes' Chemical Essays 1815, p. 519. Percy, Iron and Steel, p. 805.
Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Öfen bis zur Kanonenform hinging, führte derselben das flüssige Eisen zu; die von anhaftendem Sand geputzten Kanonen kamen direkt in die Bohrwerkstätte, wo ein einziger Arbeiter das Ausbohren von sechs Kanonen zugleich besorgte. Derselbe Arbeiter hob mittels der starken Krane die schwersten Stücke in und aus dem Lager und in und aus der Bohrwerkstätte. Durch diese verschiedenen Vorrichtungen ist es dahin gekommen, schreibt Fischer, daſs eine Arbeit, deren gutes Gelingen ehemals die besten Köpfe und die geschicktesten Hände erforderte, zu einem gemeinen Handlanger-Tagewerk herunter gebracht ist und die vorbereitenden Anstalten den Erfolg unzweifelhaft machen.
Robert Ransome von Jpswich erhielt 1803 ein Patent, guſs- eiserne Pflugscharen zu machen, welche nachträglich getempert wurden. Den richtigen Weg zur Herstellung von schmiedbarem Guſs hat Samuel Lucas in seinem Patent vom 30. Mai 1804 (Nr. 2767) gezeigt. Als Zweck des Verfahrens war darin angegeben „die Abscheidung der Unreinigkeiten aus dem Guſseisen ohne Schmelzung, wobei es hämmer- bar würde wie Schmiede- oder Walzeisen. Guſswaren können auf gleiche Weise verbessert werden. Das Verfahren ist folgendes: Die Guſseisenstücke werden in einem Cementierofen oder einem ähnlichen Ofen zusammen mit Eisenerz, gewissen metallischen Oxyden, Kalk oder anderen Substanzen, welche dem Guſseisen den Kohlenstoff ent- ziehen, geglüht. Hierdurch wird das Guſseisen ganz oder teilweise schmiedbar, je nach dem Grad und der Länge der Erhitzung. Man schichtet Erz und Eisen in abwechselnd Lagen mit dünnen Lagen von Sand dazwischen, um das Anhängen zu vermeiden. Gegossene Gegenstände lassen sich ebenso behandeln“. Das Glühen sollte in cylindrischen Guſstöpfen geschehen und fünf bis sechs Tage dauern. Da sich der Ausführung mancherlei praktische Schwierigkeiten in den Weg stellten, blieb das Patent lange Zeit unbenutzt, bis ein Bruder des Patentnehmers, Thomas Lucas von Chesterfield, die Sache auf- griff und mit gutem Erfolg Schneidwaren anfertigte, welche eine so schöne Politur und gute Schneiden annahmen, wie der beste Guſs- stahl 1). Für diesen Zweck, für die Herstellung billiger Messerwaren, wurde die Fabrikation des schmiedbaren Gusses zuerst ausgebeutet und, um die Fälschung vollkommen zu machen, bezeichnete man das Material im Handel als Fluſsstahl (run steel). Man verwendete dazu ein aus Cumberländer Roteisenstein mit Holzkohlen erblasenes Roh-
1) Essay on Edge Tools. Parkes’ Chemical Essays 1815, p. 519. Percy, Iron and Steel, p. 805.
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Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Öfen bis zur Kanonenform hinging, führte derselben das flüssige Eisen
zu; die von anhaftendem Sand geputzten Kanonen kamen direkt in
die Bohrwerkstätte, wo ein einziger Arbeiter das Ausbohren von sechs
Kanonen zugleich besorgte. Derselbe Arbeiter hob mittels der starken
Krane die schwersten Stücke in und aus dem Lager und in und aus
der Bohrwerkstätte. Durch diese verschiedenen Vorrichtungen ist es
dahin gekommen, schreibt Fischer, daſs eine Arbeit, deren gutes
Gelingen ehemals die besten Köpfe und die geschicktesten Hände
erforderte, zu einem gemeinen Handlanger-Tagewerk herunter gebracht
ist und die vorbereitenden Anstalten den Erfolg unzweifelhaft machen.
Robert Ransome von Jpswich erhielt 1803 ein Patent, guſs-
eiserne Pflugscharen zu machen, welche nachträglich getempert wurden.
Den richtigen Weg zur Herstellung von schmiedbarem Guſs hat
Samuel Lucas in seinem Patent vom 30. Mai 1804 (Nr. 2767) gezeigt.
Als Zweck des Verfahrens war darin angegeben „die Abscheidung der
Unreinigkeiten aus dem Guſseisen ohne Schmelzung, wobei es hämmer-
bar würde wie Schmiede- oder Walzeisen. Guſswaren können auf
gleiche Weise verbessert werden. Das Verfahren ist folgendes: Die
Guſseisenstücke werden in einem Cementierofen oder einem ähnlichen
Ofen zusammen mit Eisenerz, gewissen metallischen Oxyden, Kalk
oder anderen Substanzen, welche dem Guſseisen den Kohlenstoff ent-
ziehen, geglüht. Hierdurch wird das Guſseisen ganz oder teilweise
schmiedbar, je nach dem Grad und der Länge der Erhitzung. Man
schichtet Erz und Eisen in abwechselnd Lagen mit dünnen Lagen
von Sand dazwischen, um das Anhängen zu vermeiden. Gegossene
Gegenstände lassen sich ebenso behandeln“. Das Glühen sollte in
cylindrischen Guſstöpfen geschehen und fünf bis sechs Tage dauern.
Da sich der Ausführung mancherlei praktische Schwierigkeiten in den
Weg stellten, blieb das Patent lange Zeit unbenutzt, bis ein Bruder
des Patentnehmers, Thomas Lucas von Chesterfield, die Sache auf-
griff und mit gutem Erfolg Schneidwaren anfertigte, welche eine so
schöne Politur und gute Schneiden annahmen, wie der beste Guſs-
stahl 1). Für diesen Zweck, für die Herstellung billiger Messerwaren,
wurde die Fabrikation des schmiedbaren Gusses zuerst ausgebeutet
und, um die Fälschung vollkommen zu machen, bezeichnete man das
Material im Handel als Fluſsstahl (run steel). Man verwendete dazu
ein aus Cumberländer Roteisenstein mit Holzkohlen erblasenes Roh-
1) Essay on Edge Tools. Parkes’ Chemical Essays 1815, p. 519. Percy,
Iron and Steel, p. 805.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/124>, abgerufen am 26.11.2024.
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