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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Eisengiesserei 1801 bis 1815.
Wachs goss. Diese Wachsabgüsse wurden auf einem Kern zusammen-
gesetzt, die äussere Form darüber geformt und das Wachs dann aus-
geschmolzen. 1813 versuchte zuerst der Modellmeister Stilarsky
in der königl. Giesserei zu Berlin, ein kleines freistehendes Bild in
fettem Sande mit Kernstücken zu formen. Da dieser Versuch gelang,
bildete er die Methode weiter aus und goss bereits 1814 den 51/2 Fuss
grossen Körper des Erlösers zu einem grossen Kruzifix in dieser Weise.
Eine weitere Verbesserung bei dem Bildguss in Eisen führte der
Formermeister Röhl im Jahre 1816 dadurch ein, dass er nicht mehr
den Hauptkern aus freier Hand formte, was grosse Ungleichheiten der
Eisenstärke zur Folge hatte, sondern dass er weiche Lehmblätter von
bestimmter Dicke in den fertigen Mantel einlegte und in dieser Eisen-
stärke den Hauptkern formte. Dann nahm man diese eingelegten
Lehmblätter heraus und hatte alsdann eine bestimmte, gleichmässige
Eisenstärke. Im Jahre 1816 nahm die Büstenformerei in Sand in der
Berliner Giesserei ihren Anfang. 1820 goss man bereits ganze Figuren
in dieser Weise.

Über die grosse Mannigfaltigkeit der Gusswaren, welche die
schlesischen Giessereien Gleiwitz und Malapane um 1815 lieferten,
verweisen wir auf das von Karsten (§ 857) mitgeteilte offizielle
Verzeichnis. Unter den Artikeln, die anfingen in grösseren Mengen
verbraucht zu werden, nennen wir Dampf- und Wasserleitungsröhren,
ferner Öfen. Von letzeren führt das Verzeichnis folgende Sorten
auf: Kanonenöfen von 3/4, 1, 11/4 und 11/2 Ctr. Gewicht; Kapellen-
Öfen; runde Kochöfen; Pyramidenöfen mit dünnen verzierten Platten;
Plattenöfen mit auf den Herd gegossenen Platten und mit in Kasten
gegossenen feinen Verzierungen; Quadratöfen von allerlei Art mit
Verzierungen zum inwendigen und auswendigen Heizen; ebensolche
runde Öfen und Säulenöfen, glatt und kanneliert. Der Ofenguss spielte
damals schon eine grosse Rolle.

Besonderen Ruhm erwarb sich um diese Zeit die gräflich
Wrbnasche Giesserei zu Horzowitz durch ihren Kunstguss. Sie
lieferte namentlich schöne Rundöfen mit äusserst geschmackvollen
Verzierungen. Dieselben wurden in dreiteiligen Kasten geformt über
zerschnittene eiserne Modelle. Das Roheisen wurde von dem Hoch-
ofen nach den Formen in Rinnen geleitet und nicht mit Kellen
geschöpft. 1819 erbaute man einen Kupolofen von 2,05 m Höhe
und 0,418 m Durchmesser. 0,50 m über dem Boden lag die untere
Form. Es lagen drei Formöffnungen übereinander. Die äussere Gestalt
des Ofens war sechseckig; er war mit eisernen Platten bekleidet,

Eisengieſserei 1801 bis 1815.
Wachs goſs. Diese Wachsabgüsse wurden auf einem Kern zusammen-
gesetzt, die äuſsere Form darüber geformt und das Wachs dann aus-
geschmolzen. 1813 versuchte zuerst der Modellmeister Stilarsky
in der königl. Gieſserei zu Berlin, ein kleines freistehendes Bild in
fettem Sande mit Kernstücken zu formen. Da dieser Versuch gelang,
bildete er die Methode weiter aus und goſs bereits 1814 den 5½ Fuſs
groſsen Körper des Erlösers zu einem groſsen Kruzifix in dieser Weise.
Eine weitere Verbesserung bei dem Bildguſs in Eisen führte der
Formermeister Röhl im Jahre 1816 dadurch ein, daſs er nicht mehr
den Hauptkern aus freier Hand formte, was groſse Ungleichheiten der
Eisenstärke zur Folge hatte, sondern daſs er weiche Lehmblätter von
bestimmter Dicke in den fertigen Mantel einlegte und in dieser Eisen-
stärke den Hauptkern formte. Dann nahm man diese eingelegten
Lehmblätter heraus und hatte alsdann eine bestimmte, gleichmäſsige
Eisenstärke. Im Jahre 1816 nahm die Büstenformerei in Sand in der
Berliner Gieſserei ihren Anfang. 1820 goſs man bereits ganze Figuren
in dieser Weise.

Über die groſse Mannigfaltigkeit der Guſswaren, welche die
schlesischen Gieſsereien Gleiwitz und Malapane um 1815 lieferten,
verweisen wir auf das von Karsten (§ 857) mitgeteilte offizielle
Verzeichnis. Unter den Artikeln, die anfingen in gröſseren Mengen
verbraucht zu werden, nennen wir Dampf- und Wasserleitungsröhren,
ferner Öfen. Von letzeren führt das Verzeichnis folgende Sorten
auf: Kanonenöfen von ¾, 1, 1¼ und 1½ Ctr. Gewicht; Kapellen-
Öfen; runde Kochöfen; Pyramidenöfen mit dünnen verzierten Platten;
Plattenöfen mit auf den Herd gegossenen Platten und mit in Kasten
gegossenen feinen Verzierungen; Quadratöfen von allerlei Art mit
Verzierungen zum inwendigen und auswendigen Heizen; ebensolche
runde Öfen und Säulenöfen, glatt und kanneliert. Der Ofenguſs spielte
damals schon eine groſse Rolle.

Besonderen Ruhm erwarb sich um diese Zeit die gräflich
Wrbnasche Gieſserei zu Horzowitz durch ihren Kunstguſs. Sie
lieferte namentlich schöne Rundöfen mit äuſserst geschmackvollen
Verzierungen. Dieselben wurden in dreiteiligen Kasten geformt über
zerschnittene eiserne Modelle. Das Roheisen wurde von dem Hoch-
ofen nach den Formen in Rinnen geleitet und nicht mit Kellen
geschöpft. 1819 erbaute man einen Kupolofen von 2,05 m Höhe
und 0,418 m Durchmesser. 0,50 m über dem Boden lag die untere
Form. Es lagen drei Formöffnungen übereinander. Die äuſsere Gestalt
des Ofens war sechseckig; er war mit eisernen Platten bekleidet,

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[104/0120] Eisengieſserei 1801 bis 1815. Wachs goſs. Diese Wachsabgüsse wurden auf einem Kern zusammen- gesetzt, die äuſsere Form darüber geformt und das Wachs dann aus- geschmolzen. 1813 versuchte zuerst der Modellmeister Stilarsky in der königl. Gieſserei zu Berlin, ein kleines freistehendes Bild in fettem Sande mit Kernstücken zu formen. Da dieser Versuch gelang, bildete er die Methode weiter aus und goſs bereits 1814 den 5½ Fuſs groſsen Körper des Erlösers zu einem groſsen Kruzifix in dieser Weise. Eine weitere Verbesserung bei dem Bildguſs in Eisen führte der Formermeister Röhl im Jahre 1816 dadurch ein, daſs er nicht mehr den Hauptkern aus freier Hand formte, was groſse Ungleichheiten der Eisenstärke zur Folge hatte, sondern daſs er weiche Lehmblätter von bestimmter Dicke in den fertigen Mantel einlegte und in dieser Eisen- stärke den Hauptkern formte. Dann nahm man diese eingelegten Lehmblätter heraus und hatte alsdann eine bestimmte, gleichmäſsige Eisenstärke. Im Jahre 1816 nahm die Büstenformerei in Sand in der Berliner Gieſserei ihren Anfang. 1820 goſs man bereits ganze Figuren in dieser Weise. Über die groſse Mannigfaltigkeit der Guſswaren, welche die schlesischen Gieſsereien Gleiwitz und Malapane um 1815 lieferten, verweisen wir auf das von Karsten (§ 857) mitgeteilte offizielle Verzeichnis. Unter den Artikeln, die anfingen in gröſseren Mengen verbraucht zu werden, nennen wir Dampf- und Wasserleitungsröhren, ferner Öfen. Von letzeren führt das Verzeichnis folgende Sorten auf: Kanonenöfen von ¾, 1, 1¼ und 1½ Ctr. Gewicht; Kapellen- Öfen; runde Kochöfen; Pyramidenöfen mit dünnen verzierten Platten; Plattenöfen mit auf den Herd gegossenen Platten und mit in Kasten gegossenen feinen Verzierungen; Quadratöfen von allerlei Art mit Verzierungen zum inwendigen und auswendigen Heizen; ebensolche runde Öfen und Säulenöfen, glatt und kanneliert. Der Ofenguſs spielte damals schon eine groſse Rolle. Besonderen Ruhm erwarb sich um diese Zeit die gräflich Wrbnasche Gieſserei zu Horzowitz durch ihren Kunstguſs. Sie lieferte namentlich schöne Rundöfen mit äuſserst geschmackvollen Verzierungen. Dieselben wurden in dreiteiligen Kasten geformt über zerschnittene eiserne Modelle. Das Roheisen wurde von dem Hoch- ofen nach den Formen in Rinnen geleitet und nicht mit Kellen geschöpft. 1819 erbaute man einen Kupolofen von 2,05 m Höhe und 0,418 m Durchmesser. 0,50 m über dem Boden lag die untere Form. Es lagen drei Formöffnungen übereinander. Die äuſsere Gestalt des Ofens war sechseckig; er war mit eisernen Platten bekleidet,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/120>, abgerufen am 27.11.2024.