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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Hochöfen 1801 bis 1815.

Die Luftströme verhalten sich wie die Kubikzahlen der Durch-
messer ihrer Kugeln, von denen die Luftströme Ausschnitte sind.
Eine Luftmenge von 672 Kbfss. in der Minute entspricht dem Radius
eines Luftstromes von 24 Zoll (§. 222).

Die Form soll nach Karsten möglichst in der Mitte liegen.
Eine Form genügt bei ganz enger Zustellung von etwa 12 Zoll
(0,314 m), weil dann der Wind sich bis zu den entfernten Punkten
des Gestelles ausbreiten kann, da aber bei stärkerem Gebläse eine
so enge Zustellung wegen der Haltbarkeit der Gestellwände nicht
möglich ist, so wendet man bei weiterem Gestell zwei einander gegen-
überliegende Formen an. von Marcher stellt die Regel auf: Besser
zwei Formen gegenüber als die gleiche Windmenge durch eine Form.
Bei den Holzkohlenhochöfen war es noch Gebrauch, den Formen,
welche halbkreisförmigen Querschnitt hatten, eine kleine Neigung in
dem Ofen zu geben, doch sollte dieselbe nach von Marcher 1 bis
2° nicht übersteigen.

Karsten erklärt sich entschieden gegen jede Abweichung von
der regelmässigen Gestalt des Ofengestelles, er verwirft die soge-
nannte lange Ecke, die ungleiche Neigung der Rastwände, das Ver-
rücken des Gestelles aus der Mittellinie.

Karstens Entwicklung der Ofenformen im Höhenschnitt von
dem einfachen rechtwinkeligen Viereck ist geometrisch wohl einleuch-
tend, aber nicht historisch. Wir haben Gelegenheit gehabt zu zeigen,
dass die ältesten bekannten Öfen (Siegerland, Eifel) nicht immer die
einfachsten Querschnittsformen zeigen. Ebenso ist die Annahme, dass
die Blauöfen ohne Gestell überall den Hochöfen mit Gestell voraus-
gegangen seien, eine unerwiesene Behauptung.

Der Lebensatem des Hochofens ist der Wind. Von der Stärke
des Gebläses sind der Betrieb und die Dimensionen des Ofens ab-
hängig, und das war früher um so mehr der Fall, als man meist von
einem gegebenen Wassergefälle abhängig war. Da dieses oft nur den
Betrieb eines kleinen Gebläses zuliess, so kam es, dass man die
kleinen Hochöfen beibehielt, obgleich man die Vorzüge der grösseren
Öfen wohl kannte. von Marcher stellt den Satz auf: Bei ange-
messenem Winde verhält sich das Ausbringen wie die Querschnitte
der Formen, der Kohlenverbrauch aber wie die Menge des Windes.
Weiterhin lehrt er: Von allen Hochöfen ist unter gleichen Verhält-
nissen der, welcher zur Bezwingung der Erze das kleinste Gebläse
bedarf, der beste (§. 226).

Zu einem guten Schmelzbetriebe gehörte ausser den richtigen

Hochöfen 1801 bis 1815.

Die Luftströme verhalten sich wie die Kubikzahlen der Durch-
messer ihrer Kugeln, von denen die Luftströme Ausschnitte sind.
Eine Luftmenge von 672 Kbfſs. in der Minute entspricht dem Radius
eines Luftstromes von 24 Zoll (§. 222).

Die Form soll nach Karsten möglichst in der Mitte liegen.
Eine Form genügt bei ganz enger Zustellung von etwa 12 Zoll
(0,314 m), weil dann der Wind sich bis zu den entfernten Punkten
des Gestelles ausbreiten kann, da aber bei stärkerem Gebläse eine
so enge Zustellung wegen der Haltbarkeit der Gestellwände nicht
möglich ist, so wendet man bei weiterem Gestell zwei einander gegen-
überliegende Formen an. von Marcher stellt die Regel auf: Besser
zwei Formen gegenüber als die gleiche Windmenge durch eine Form.
Bei den Holzkohlenhochöfen war es noch Gebrauch, den Formen,
welche halbkreisförmigen Querschnitt hatten, eine kleine Neigung in
dem Ofen zu geben, doch sollte dieselbe nach von Marcher 1 bis
2° nicht übersteigen.

Karsten erklärt sich entschieden gegen jede Abweichung von
der regelmäſsigen Gestalt des Ofengestelles, er verwirft die soge-
nannte lange Ecke, die ungleiche Neigung der Rastwände, das Ver-
rücken des Gestelles aus der Mittellinie.

Karstens Entwicklung der Ofenformen im Höhenschnitt von
dem einfachen rechtwinkeligen Viereck ist geometrisch wohl einleuch-
tend, aber nicht historisch. Wir haben Gelegenheit gehabt zu zeigen,
daſs die ältesten bekannten Öfen (Siegerland, Eifel) nicht immer die
einfachsten Querschnittsformen zeigen. Ebenso ist die Annahme, daſs
die Blauöfen ohne Gestell überall den Hochöfen mit Gestell voraus-
gegangen seien, eine unerwiesene Behauptung.

Der Lebensatem des Hochofens ist der Wind. Von der Stärke
des Gebläses sind der Betrieb und die Dimensionen des Ofens ab-
hängig, und das war früher um so mehr der Fall, als man meist von
einem gegebenen Wassergefälle abhängig war. Da dieses oft nur den
Betrieb eines kleinen Gebläses zulieſs, so kam es, daſs man die
kleinen Hochöfen beibehielt, obgleich man die Vorzüge der gröſseren
Öfen wohl kannte. von Marcher stellt den Satz auf: Bei ange-
messenem Winde verhält sich das Ausbringen wie die Querschnitte
der Formen, der Kohlenverbrauch aber wie die Menge des Windes.
Weiterhin lehrt er: Von allen Hochöfen ist unter gleichen Verhält-
nissen der, welcher zur Bezwingung der Erze das kleinste Gebläse
bedarf, der beste (§. 226).

Zu einem guten Schmelzbetriebe gehörte auſser den richtigen

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[85/0101] Hochöfen 1801 bis 1815. Die Luftströme verhalten sich wie die Kubikzahlen der Durch- messer ihrer Kugeln, von denen die Luftströme Ausschnitte sind. Eine Luftmenge von 672 Kbfſs. in der Minute entspricht dem Radius eines Luftstromes von 24 Zoll (§. 222). Die Form soll nach Karsten möglichst in der Mitte liegen. Eine Form genügt bei ganz enger Zustellung von etwa 12 Zoll (0,314 m), weil dann der Wind sich bis zu den entfernten Punkten des Gestelles ausbreiten kann, da aber bei stärkerem Gebläse eine so enge Zustellung wegen der Haltbarkeit der Gestellwände nicht möglich ist, so wendet man bei weiterem Gestell zwei einander gegen- überliegende Formen an. von Marcher stellt die Regel auf: Besser zwei Formen gegenüber als die gleiche Windmenge durch eine Form. Bei den Holzkohlenhochöfen war es noch Gebrauch, den Formen, welche halbkreisförmigen Querschnitt hatten, eine kleine Neigung in dem Ofen zu geben, doch sollte dieselbe nach von Marcher 1 bis 2° nicht übersteigen. Karsten erklärt sich entschieden gegen jede Abweichung von der regelmäſsigen Gestalt des Ofengestelles, er verwirft die soge- nannte lange Ecke, die ungleiche Neigung der Rastwände, das Ver- rücken des Gestelles aus der Mittellinie. Karstens Entwicklung der Ofenformen im Höhenschnitt von dem einfachen rechtwinkeligen Viereck ist geometrisch wohl einleuch- tend, aber nicht historisch. Wir haben Gelegenheit gehabt zu zeigen, daſs die ältesten bekannten Öfen (Siegerland, Eifel) nicht immer die einfachsten Querschnittsformen zeigen. Ebenso ist die Annahme, daſs die Blauöfen ohne Gestell überall den Hochöfen mit Gestell voraus- gegangen seien, eine unerwiesene Behauptung. Der Lebensatem des Hochofens ist der Wind. Von der Stärke des Gebläses sind der Betrieb und die Dimensionen des Ofens ab- hängig, und das war früher um so mehr der Fall, als man meist von einem gegebenen Wassergefälle abhängig war. Da dieses oft nur den Betrieb eines kleinen Gebläses zulieſs, so kam es, daſs man die kleinen Hochöfen beibehielt, obgleich man die Vorzüge der gröſseren Öfen wohl kannte. von Marcher stellt den Satz auf: Bei ange- messenem Winde verhält sich das Ausbringen wie die Querschnitte der Formen, der Kohlenverbrauch aber wie die Menge des Windes. Weiterhin lehrt er: Von allen Hochöfen ist unter gleichen Verhält- nissen der, welcher zur Bezwingung der Erze das kleinste Gebläse bedarf, der beste (§. 226). Zu einem guten Schmelzbetriebe gehörte auſser den richtigen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/101>, abgerufen am 28.11.2024.