zu Versuchen, sowohl leichte Kochgefässe und andere nützliche Gerät- schaften modellieren, formen und giessen zu lassen, als auch mit Hülfe geschickter Künstler Formen nach klassischen Bildwerken des Altertums herzustellen und deren Abguss in Eisen aus dem Ganzen zu unternehmen, weil dergleichen Kunstwerke aus Guss nicht so der Zerstörung unterworfen sind, wie solche aus Gyps oder Stein. Das Gelingen dieser Bestrebungen trotz aller Kosten und Schwierigkeiten ist sein Verdienst. Er errang damit die grösste Anerkennung. Die Eisengiesserei zu Lauchhammer wurde rasch überall bekannt und wurde zum Muster für alle Kunstgiessereien. Der Minister, Graf Einsiedel, that auch viel für Fortbildungsschulen und für die Heranziehung tüchtiger Arbeiter und Meister. Er war ebenso sehr bestrebt, die Anwendung des Gusseisens auf immer mehr Artikel auszudehnen, als er sich für den Absatz derselben bemühte. Einer der wichtigsten dieser Artikel waren leichte gusseiserne Wasserröhren, wie sie in England gebräuchlich waren, die aber in Deutschland erst durch die Mückenberger Giesserei eingeführt wurden.
Graf Einsiedel führte viele Bauten und Verbesserungen zu Lauch- hammer aus. 1780 begann er mit der Anlegung einer Kunstsammlung der besten Antiken, Basreliefs, Köpfe, Büsten, Statuen und Gruppen, die er mit grossen Kosten in Italien u. s. w. abformen liess. 1781 nahm er den Bildhauer Wiskotjil in seine Dienste, der die ersten Versuche machte, Formen für den Kunstguss in Eisen herzustellen. 1782 wurde ein chemisches Laboratorium zum Probieren der Eisen- steine erbaut. Die Versuche, grosse Figuren in Formen von Gyps zu giessen, misslangen.
Nach fortgesetzten Versuchen gelang es endlich 1784, nach einer von den Bildhauern Wiskotjil und Mättensberger nach der Antike in Wachs ausgegossenen und poussierten Statue einer Bachantin von den Giessern Klausch und Gottfried Gäthling eine Form in Lehm und einen wohlgelungenen Abguss davon herstellen zu lassen. So kam die Erfindung des Kunstgusses in Eisen zu stande. Es wurden, was bisher noch keiner Eisengiesserei gelungen war, selbst die grössten Statuen und Gruppen aus dem Ganzen gegossen, und kamen rein aus der Form.
1785 wurden nach der Anfertigung mehrerer Modelle die ersten Ofentöpfe, Mörser, Wasserröhren und schwache Kasserole in Kasten gegossen und zu der jetzt so bedeutenden Kastengiesserei der Grund gelegt. Auch wurden schon die ersten Versuche mit dem Emaillieren eiserner Geschirre gemacht. 1786 wurde die Kastenformerei erweitert und Statuen von Apollo und Venus in Kunstguss hergestellt.
Sachsen.
zu Versuchen, sowohl leichte Kochgefäſse und andere nützliche Gerät- schaften modellieren, formen und gieſsen zu lassen, als auch mit Hülfe geschickter Künstler Formen nach klassischen Bildwerken des Altertums herzustellen und deren Abguſs in Eisen aus dem Ganzen zu unternehmen, weil dergleichen Kunstwerke aus Guſs nicht so der Zerstörung unterworfen sind, wie solche aus Gyps oder Stein. Das Gelingen dieser Bestrebungen trotz aller Kosten und Schwierigkeiten ist sein Verdienst. Er errang damit die gröſste Anerkennung. Die Eisengieſserei zu Lauchhammer wurde rasch überall bekannt und wurde zum Muster für alle Kunstgieſsereien. Der Minister, Graf Einsiedel, that auch viel für Fortbildungsschulen und für die Heranziehung tüchtiger Arbeiter und Meister. Er war ebenso sehr bestrebt, die Anwendung des Guſseisens auf immer mehr Artikel auszudehnen, als er sich für den Absatz derselben bemühte. Einer der wichtigsten dieser Artikel waren leichte guſseiserne Wasserröhren, wie sie in England gebräuchlich waren, die aber in Deutschland erst durch die Mückenberger Gieſserei eingeführt wurden.
Graf Einsiedel führte viele Bauten und Verbesserungen zu Lauch- hammer aus. 1780 begann er mit der Anlegung einer Kunstsammlung der besten Antiken, Basreliefs, Köpfe, Büsten, Statuen und Gruppen, die er mit groſsen Kosten in Italien u. s. w. abformen lieſs. 1781 nahm er den Bildhauer Wiskotjil in seine Dienste, der die ersten Versuche machte, Formen für den Kunstguſs in Eisen herzustellen. 1782 wurde ein chemisches Laboratorium zum Probieren der Eisen- steine erbaut. Die Versuche, groſse Figuren in Formen von Gyps zu gieſsen, miſslangen.
Nach fortgesetzten Versuchen gelang es endlich 1784, nach einer von den Bildhauern Wiskotjil und Mättensberger nach der Antike in Wachs ausgegossenen und poussierten Statue einer Bachantin von den Gieſsern Klausch und Gottfried Gäthling eine Form in Lehm und einen wohlgelungenen Abguſs davon herstellen zu lassen. So kam die Erfindung des Kunstgusses in Eisen zu stande. Es wurden, was bisher noch keiner Eisengieſserei gelungen war, selbst die gröſsten Statuen und Gruppen aus dem Ganzen gegossen, und kamen rein aus der Form.
1785 wurden nach der Anfertigung mehrerer Modelle die ersten Ofentöpfe, Mörser, Wasserröhren und schwache Kasserole in Kasten gegossen und zu der jetzt so bedeutenden Kastengieſserei der Grund gelegt. Auch wurden schon die ersten Versuche mit dem Emaillieren eiserner Geschirre gemacht. 1786 wurde die Kastenformerei erweitert und Statuen von Apollo und Venus in Kunstguſs hergestellt.
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Sachsen.
zu Versuchen, sowohl leichte Kochgefäſse und andere nützliche Gerät-
schaften modellieren, formen und gieſsen zu lassen, als auch mit
Hülfe geschickter Künstler Formen nach klassischen Bildwerken des
Altertums herzustellen und deren Abguſs in Eisen aus dem Ganzen
zu unternehmen, weil dergleichen Kunstwerke aus Guſs nicht so der
Zerstörung unterworfen sind, wie solche aus Gyps oder Stein. Das
Gelingen dieser Bestrebungen trotz aller Kosten und Schwierigkeiten
ist sein Verdienst. Er errang damit die gröſste Anerkennung. Die
Eisengieſserei zu Lauchhammer wurde rasch überall bekannt und
wurde zum Muster für alle Kunstgieſsereien. Der Minister, Graf
Einsiedel, that auch viel für Fortbildungsschulen und für die
Heranziehung tüchtiger Arbeiter und Meister. Er war ebenso sehr
bestrebt, die Anwendung des Guſseisens auf immer mehr Artikel
auszudehnen, als er sich für den Absatz derselben bemühte. Einer
der wichtigsten dieser Artikel waren leichte guſseiserne Wasserröhren,
wie sie in England gebräuchlich waren, die aber in Deutschland
erst durch die Mückenberger Gieſserei eingeführt wurden.
Graf Einsiedel führte viele Bauten und Verbesserungen zu Lauch-
hammer aus. 1780 begann er mit der Anlegung einer Kunstsammlung
der besten Antiken, Basreliefs, Köpfe, Büsten, Statuen und Gruppen,
die er mit groſsen Kosten in Italien u. s. w. abformen lieſs. 1781
nahm er den Bildhauer Wiskotjil in seine Dienste, der die ersten
Versuche machte, Formen für den Kunstguſs in Eisen herzustellen.
1782 wurde ein chemisches Laboratorium zum Probieren der Eisen-
steine erbaut. Die Versuche, groſse Figuren in Formen von Gyps zu
gieſsen, miſslangen.
Nach fortgesetzten Versuchen gelang es endlich 1784, nach einer
von den Bildhauern Wiskotjil und Mättensberger nach der Antike
in Wachs ausgegossenen und poussierten Statue einer Bachantin von den
Gieſsern Klausch und Gottfried Gäthling eine Form in Lehm und
einen wohlgelungenen Abguſs davon herstellen zu lassen. So kam die
Erfindung des Kunstgusses in Eisen zu stande. Es wurden, was bisher
noch keiner Eisengieſserei gelungen war, selbst die gröſsten Statuen und
Gruppen aus dem Ganzen gegossen, und kamen rein aus der Form.
1785 wurden nach der Anfertigung mehrerer Modelle die ersten
Ofentöpfe, Mörser, Wasserröhren und schwache Kasserole in Kasten
gegossen und zu der jetzt so bedeutenden Kastengieſserei der Grund
gelegt. Auch wurden schon die ersten Versuche mit dem Emaillieren
eiserner Geschirre gemacht. 1786 wurde die Kastenformerei erweitert
und Statuen von Apollo und Venus in Kunstguſs hergestellt.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 903. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/917>, abgerufen am 22.11.2024.
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