Wie sehr die Landesregierung bestrebt war, auch das Hütten- wesen zu heben, geht aus den Schritten hervor, welche sie für die Verbesserung des Hochofenbaues in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts unternahm. Nachdem man versuchsweise 1706 einen Hochofen zu Tanne anders zugestellt hatte, schickte die Walken- riedsche Administration 1725 einen gewissen Michel Teichmann in das Württembergische, um die dortige Ofenkonstruktion kennen zu lernen und liess dann 1729 Hüttenverständige aus Schwaben kommen, welche die schwäbische Zustellung einführten. Es waren dies Berg- rat Bökel und die Hüttenbediensteten Meyer und Braun aus Württem- berg. Bökel kehrte nach Schwaben zurück, Meyer und Braun wurden Hüttenschreiber zu Altenbrak und Neuwerk. Meyer starb 1754 als Bergrat.
Die ausführlichsten Nachrichten besitzen wir wieder über die Eisenwerke zu Gittelde.
Swedenborg giebt 1734 bereits über den Hochofenbetrieb zu "Gittel" Nachrichten. Danach wäre das Erz damals nicht geröstet, sondern nur in Stücke zerklopft aufgegeben worden. Als Zuschlag diente gebrannter Kalk, der vorher mit dem Erz vermischt wurde. Wenn der Ofen gehörig vorgewärmt war, so verbrauchte man in der Woche 50 Karren Kohlen und erzeugte damit 130 bis 150 Ctr. Roheisen. Jeder Satz enthielt 1/4 Fuder Erz. Jeder Abstich gab eine Gans von 11 bis 12 Ctr. (der Centner zu 114 Pfund). Ein Fuder Erz war die Last, die ein Pferd zog und wurde in zehn Mass eingeteilt. -- Die Schlacke wurde, um das eingeschlossene Eisen zu gewinnen, mit Hämmern zerschlagen und auf Siebblechen (lamina cribi instar) ver- waschen. Das Wascheisen wurde mit dem Erz wieder aufgegeben.
Die Windform lag 3 Fuss über dem Bodenstein. Das Gestell wurde aus quadratischen Steinblöcken von 11/2 Ellen Länge und 3/4 Ellen Dicke zusammengesetzt. -- Die Länge des Eisenherdes betrug 31/2 Fuss. Aus jedem Fuder Erz von 16 Ctr. Gewicht erhielt man 3 Ctr. 38 Pfd., oder aus 480 Ctr. Erz 100 Ctr. Roheisen und 11 bis 12 Fuder Schlacken. Das aus diesem Roheisen gefrischte Schmiede- eisen galt als das beste am Harz.
Noch genauere Nachrichten erhalten wir aus den Akten des Oberbergamts zu Klausthal. -- Die Verwaltung und der Betrieb waren gegen das vorige Jahrhundert unverändert geblieben, denn die Gittelder Eisenwerke und die dazu gehörigen Bergwerke wurden von der Teilung der braunschweig-lüneburgischen Besitzungen, welche im Jahre 1789 statt hatte, ausgeschlossen und wurde nach wie vor als Kommunionbesitz verwaltet. Der hannöverische Anteil betrug 4/7, der
Der Harz.
Wie sehr die Landesregierung bestrebt war, auch das Hütten- wesen zu heben, geht aus den Schritten hervor, welche sie für die Verbesserung des Hochofenbaues in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts unternahm. Nachdem man versuchsweise 1706 einen Hochofen zu Tanne anders zugestellt hatte, schickte die Walken- riedsche Administration 1725 einen gewissen Michel Teichmann in das Württembergische, um die dortige Ofenkonstruktion kennen zu lernen und lieſs dann 1729 Hüttenverständige aus Schwaben kommen, welche die schwäbische Zustellung einführten. Es waren dies Berg- rat Bökel und die Hüttenbediensteten Meyer und Braun aus Württem- berg. Bökel kehrte nach Schwaben zurück, Meyer und Braun wurden Hüttenschreiber zu Altenbrak und Neuwerk. Meyer starb 1754 als Bergrat.
Die ausführlichsten Nachrichten besitzen wir wieder über die Eisenwerke zu Gittelde.
Swedenborg giebt 1734 bereits über den Hochofenbetrieb zu „Gittel“ Nachrichten. Danach wäre das Erz damals nicht geröstet, sondern nur in Stücke zerklopft aufgegeben worden. Als Zuschlag diente gebrannter Kalk, der vorher mit dem Erz vermischt wurde. Wenn der Ofen gehörig vorgewärmt war, so verbrauchte man in der Woche 50 Karren Kohlen und erzeugte damit 130 bis 150 Ctr. Roheisen. Jeder Satz enthielt ¼ Fuder Erz. Jeder Abstich gab eine Gans von 11 bis 12 Ctr. (der Centner zu 114 Pfund). Ein Fuder Erz war die Last, die ein Pferd zog und wurde in zehn Maſs eingeteilt. — Die Schlacke wurde, um das eingeschlossene Eisen zu gewinnen, mit Hämmern zerschlagen und auf Siebblechen (lamina cribi instar) ver- waschen. Das Wascheisen wurde mit dem Erz wieder aufgegeben.
Die Windform lag 3 Fuſs über dem Bodenstein. Das Gestell wurde aus quadratischen Steinblöcken von 1½ Ellen Länge und ¾ Ellen Dicke zusammengesetzt. — Die Länge des Eisenherdes betrug 3½ Fuſs. Aus jedem Fuder Erz von 16 Ctr. Gewicht erhielt man 3 Ctr. 38 Pfd., oder aus 480 Ctr. Erz 100 Ctr. Roheisen und 11 bis 12 Fuder Schlacken. Das aus diesem Roheisen gefrischte Schmiede- eisen galt als das beste am Harz.
Noch genauere Nachrichten erhalten wir aus den Akten des Oberbergamts zu Klausthal. — Die Verwaltung und der Betrieb waren gegen das vorige Jahrhundert unverändert geblieben, denn die Gittelder Eisenwerke und die dazu gehörigen Bergwerke wurden von der Teilung der braunschweig-lüneburgischen Besitzungen, welche im Jahre 1789 statt hatte, ausgeschlossen und wurde nach wie vor als Kommunionbesitz verwaltet. Der hannöverische Anteil betrug 4/7, der
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Der Harz.
Wie sehr die Landesregierung bestrebt war, auch das Hütten-
wesen zu heben, geht aus den Schritten hervor, welche sie für die
Verbesserung des Hochofenbaues in den ersten Jahrzehnten des
18. Jahrhunderts unternahm. Nachdem man versuchsweise 1706 einen
Hochofen zu Tanne anders zugestellt hatte, schickte die Walken-
riedsche Administration 1725 einen gewissen Michel Teichmann
in das Württembergische, um die dortige Ofenkonstruktion kennen zu
lernen und lieſs dann 1729 Hüttenverständige aus Schwaben kommen,
welche die schwäbische Zustellung einführten. Es waren dies Berg-
rat Bökel und die Hüttenbediensteten Meyer und Braun aus Württem-
berg. Bökel kehrte nach Schwaben zurück, Meyer und Braun wurden
Hüttenschreiber zu Altenbrak und Neuwerk. Meyer starb 1754 als Bergrat.
Die ausführlichsten Nachrichten besitzen wir wieder über die
Eisenwerke zu Gittelde.
Swedenborg giebt 1734 bereits über den Hochofenbetrieb zu
„Gittel“ Nachrichten. Danach wäre das Erz damals nicht geröstet,
sondern nur in Stücke zerklopft aufgegeben worden. Als Zuschlag diente
gebrannter Kalk, der vorher mit dem Erz vermischt wurde. Wenn
der Ofen gehörig vorgewärmt war, so verbrauchte man in der Woche
50 Karren Kohlen und erzeugte damit 130 bis 150 Ctr. Roheisen.
Jeder Satz enthielt ¼ Fuder Erz. Jeder Abstich gab eine Gans von
11 bis 12 Ctr. (der Centner zu 114 Pfund). Ein Fuder Erz war
die Last, die ein Pferd zog und wurde in zehn Maſs eingeteilt. —
Die Schlacke wurde, um das eingeschlossene Eisen zu gewinnen, mit
Hämmern zerschlagen und auf Siebblechen (lamina cribi instar) ver-
waschen. Das Wascheisen wurde mit dem Erz wieder aufgegeben.
Die Windform lag 3 Fuſs über dem Bodenstein. Das Gestell
wurde aus quadratischen Steinblöcken von 1½ Ellen Länge und
¾ Ellen Dicke zusammengesetzt. — Die Länge des Eisenherdes
betrug 3½ Fuſs. Aus jedem Fuder Erz von 16 Ctr. Gewicht erhielt
man 3 Ctr. 38 Pfd., oder aus 480 Ctr. Erz 100 Ctr. Roheisen und 11 bis
12 Fuder Schlacken. Das aus diesem Roheisen gefrischte Schmiede-
eisen galt als das beste am Harz.
Noch genauere Nachrichten erhalten wir aus den Akten des
Oberbergamts zu Klausthal. — Die Verwaltung und der Betrieb waren
gegen das vorige Jahrhundert unverändert geblieben, denn die
Gittelder Eisenwerke und die dazu gehörigen Bergwerke wurden von
der Teilung der braunschweig-lüneburgischen Besitzungen, welche im
Jahre 1789 statt hatte, ausgeschlossen und wurde nach wie vor als
Kommunionbesitz verwaltet. Der hannöverische Anteil betrug 4/7, der
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/880>, abgerufen am 26.11.2024.
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