Ofen durch Anbauungen unter der Form zu eng, so unterlegte man die Düsen, im umgekehrten Falle richtete man sie niedriger, dadurch stiess sich der Wind am Formrüssel und wurde mehr oder weniger zu Boden oder davon abgetrieben. Im übrigen war der Betrieb wie auf den zuvor erwähnten Hütten. Man erzeugte in vier Frischfeuern täglich etwa 34 Centner. Hammermeister, Frischer und Aufgeber erhielten für den Centner Eisen 3, 3 und 21/4 Kreuzer, für den Centner Stahl 6, 6 und 21/2 Kreuzer.
Die Eisenhütten in Südtirol an der italienischen Grenze bedienten sich der Wassertrommelgebläse.
Sterzingen war ein bedeutender Platz für Messer- und Degen- klingen, desgleichen Trient, wo eine besondere Art feiner Taschen- messer gemacht wurde. Im Stubaithal wurden kleine Eisen- waren gemacht, womit die Stubaier durch halb Europa hausierten. Die Hausindustrie auf Eisenwaren im Stubaithal, welche besonders in und um Vulpmes betrieben wurde, reicht urkundlich bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im 18. Jahrhundert herrschte bereits empfindlicher Holzmangel im Thal und mussten Kohlen und Eisen von weit her geholt werden. Das Eisen kam aus dem Inn- und dem Zillerthal.
Das Erzherzogtum Österreich bezog, wie oben erwähnt, sein Eisen grossenteils aus Steiermark. Die alten Mauthstädte Steyr und Enns hatten das Privilegium für den steierischen Eisenhandel. Ausser- dem waren Waidhofen und St. Ägyd wichtige Eisenmanufakturplätze. Die Aufhebung der Kohlenordnung 1784 und des Widmungszwanges überhaupt durch Kaiser Joseph II. übte auch auf Österreich seine günstige Wirkung.
Ein wichtiger Fortschritt war ferner die Einführung der öster- reichischen Schwallarbeit durch Dietrich zu Hollenstein um 1780 (siehe S. 676). Die Waffenindustrie blühte besonders in Steyr; die Klingenschmiede hatten eine Innung in Klein-Raming (1778); in Trattenbach und Steinbach waren Messerer-Genossenschaften; in Losenstein Nagel-, Sensen- und Sichelschmiede. In Neusohl wurden (1784) damascierte Säbelklingen gemacht, mit denen man Eisen zer- hauen konnte. Zu Piesting war eine Fabrik von eisernem und blechernem Küchengeschirr, namentlich Eisenkochgeschirr und anderen fein lackierten Eisenwaren 1).
1) Preiscourant in Schweighofers Abhandlung von dem Kommerz der österreichischen Staaten. Wien 1785.
Österreich.
Ofen durch Anbauungen unter der Form zu eng, so unterlegte man die Düsen, im umgekehrten Falle richtete man sie niedriger, dadurch stieſs sich der Wind am Formrüssel und wurde mehr oder weniger zu Boden oder davon abgetrieben. Im übrigen war der Betrieb wie auf den zuvor erwähnten Hütten. Man erzeugte in vier Frischfeuern täglich etwa 34 Centner. Hammermeister, Frischer und Aufgeber erhielten für den Centner Eisen 3, 3 und 2¼ Kreuzer, für den Centner Stahl 6, 6 und 2½ Kreuzer.
Die Eisenhütten in Südtirol an der italienischen Grenze bedienten sich der Wassertrommelgebläse.
Sterzingen war ein bedeutender Platz für Messer- und Degen- klingen, desgleichen Trient, wo eine besondere Art feiner Taschen- messer gemacht wurde. Im Stubaithal wurden kleine Eisen- waren gemacht, womit die Stubaier durch halb Europa hausierten. Die Hausindustrie auf Eisenwaren im Stubaithal, welche besonders in und um Vulpmes betrieben wurde, reicht urkundlich bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im 18. Jahrhundert herrschte bereits empfindlicher Holzmangel im Thal und muſsten Kohlen und Eisen von weit her geholt werden. Das Eisen kam aus dem Inn- und dem Zillerthal.
Das Erzherzogtum Österreich bezog, wie oben erwähnt, sein Eisen groſsenteils aus Steiermark. Die alten Mauthstädte Steyr und Enns hatten das Privilegium für den steierischen Eisenhandel. Auſser- dem waren Waidhofen und St. Ägyd wichtige Eisenmanufakturplätze. Die Aufhebung der Kohlenordnung 1784 und des Widmungszwanges überhaupt durch Kaiser Joseph II. übte auch auf Österreich seine günstige Wirkung.
Ein wichtiger Fortschritt war ferner die Einführung der öster- reichischen Schwallarbeit durch Dietrich zu Hollenstein um 1780 (siehe S. 676). Die Waffenindustrie blühte besonders in Steyr; die Klingenschmiede hatten eine Innung in Klein-Raming (1778); in Trattenbach und Steinbach waren Messerer-Genossenschaften; in Losenstein Nagel-, Sensen- und Sichelschmiede. In Neusohl wurden (1784) damascierte Säbelklingen gemacht, mit denen man Eisen zer- hauen konnte. Zu Piesting war eine Fabrik von eisernem und blechernem Küchengeschirr, namentlich Eisenkochgeschirr und anderen fein lackierten Eisenwaren 1).
1) Preiscourant in Schweighofers Abhandlung von dem Kommerz der österreichischen Staaten. Wien 1785.
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Österreich.
Ofen durch Anbauungen unter der Form zu eng, so unterlegte man
die Düsen, im umgekehrten Falle richtete man sie niedriger, dadurch
stieſs sich der Wind am Formrüssel und wurde mehr oder weniger
zu Boden oder davon abgetrieben. Im übrigen war der Betrieb wie
auf den zuvor erwähnten Hütten. Man erzeugte in vier Frischfeuern
täglich etwa 34 Centner. Hammermeister, Frischer und Aufgeber
erhielten für den Centner Eisen 3, 3 und 2¼ Kreuzer, für den Centner
Stahl 6, 6 und 2½ Kreuzer.
Die Eisenhütten in Südtirol an der italienischen Grenze
bedienten sich der Wassertrommelgebläse.
Sterzingen war ein bedeutender Platz für Messer- und Degen-
klingen, desgleichen Trient, wo eine besondere Art feiner Taschen-
messer gemacht wurde. Im Stubaithal wurden kleine Eisen-
waren gemacht, womit die Stubaier durch halb Europa hausierten.
Die Hausindustrie auf Eisenwaren im Stubaithal, welche besonders
in und um Vulpmes betrieben wurde, reicht urkundlich bis in das
14. Jahrhundert zurück. Im 18. Jahrhundert herrschte bereits
empfindlicher Holzmangel im Thal und muſsten Kohlen und Eisen
von weit her geholt werden. Das Eisen kam aus dem Inn- und
dem Zillerthal.
Das Erzherzogtum Österreich bezog, wie oben erwähnt, sein
Eisen groſsenteils aus Steiermark. Die alten Mauthstädte Steyr und
Enns hatten das Privilegium für den steierischen Eisenhandel. Auſser-
dem waren Waidhofen und St. Ägyd wichtige Eisenmanufakturplätze.
Die Aufhebung der Kohlenordnung 1784 und des Widmungszwanges
überhaupt durch Kaiser Joseph II. übte auch auf Österreich seine
günstige Wirkung.
Ein wichtiger Fortschritt war ferner die Einführung der öster-
reichischen Schwallarbeit durch Dietrich zu Hollenstein um 1780
(siehe S. 676). Die Waffenindustrie blühte besonders in Steyr; die
Klingenschmiede hatten eine Innung in Klein-Raming (1778); in
Trattenbach und Steinbach waren Messerer-Genossenschaften; in
Losenstein Nagel-, Sensen- und Sichelschmiede. In Neusohl wurden
(1784) damascierte Säbelklingen gemacht, mit denen man Eisen zer-
hauen konnte. Zu Piesting war eine Fabrik von eisernem und
blechernem Küchengeschirr, namentlich Eisenkochgeschirr und anderen
fein lackierten Eisenwaren 1).
1) Preiscourant in Schweighofers Abhandlung von dem Kommerz der
österreichischen Staaten. Wien 1785.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/835>, abgerufen am 22.11.2024.
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