bis 2 Tln. Kohlenstaub nach dem Volumen, 4. aus 1 Tl. Eisenoxydul und 4 Tln. grauem Roheisen, 5. aus 3 Tln. Stabeisen, 1 Tl. kohlensaurem Kalk und 1 Tl. gebranntem Thon, besonders solchen von alten Schmelz- tiegeln. Er führte ausserdem Stahl in den Zustand des Eisens zurück, indem er 1 Tl. Oxydul und 6 Tle. Stahl zusammenschmolz. Der Stahl wird nach Clouet schon durch blosses Glühen von Stahl- plättchen in Eisenoxydul wieder zu Eisen.
Von diesen Versuchen erregte der unter 5. angeführte, wonach Gussstahl durch Zusammenschmelzen von weichem Eisen mit kohlen- saurem Kalk und Thon, ohne Zusatz von Kohlen, entstehen sollte, die grösste Aufmerksamkeit.
Clouet selbst und das Institut legten den grössten Wert auf den- selben und man wiederholte die Versuche in der Probieresse des Conseil des mines, im Laboratorium der polytechnischen Schule und in dem Windofen der Pariser Münze, indem man 3 bis 4 kg kleiner eiserner Nägel mit den Zusätzen der Hitze aussetzte. Man erhielt in allen Fällen bei einer Temperatur von 150° Wedgwood eine flüssige Masse, welche man in eine Giessform laufen liess und welche vollkommen dem Gussstahl ähnlich war. Der Pariser Messerschmied Petitvalle probierte dieselbe und erklärte sie von gleicher Güte wie echter Huntsman- und Marshall-Stahl.
Die zur Stahlwerdung nötige Menge Kohlenstoff sollte hierbei nach Clouet durch Zerlegung der Kohlensäure des Kalks erzeugt werden. Diese Säure werde durch das Schmelzen mit Thon von dem Kalk entbunden. Das Eisen übe aber auf die Kohlensäure eine dop- pelte Wirkung, es bilde mit dem Sauerstoff derselben Oxydul, welches sich in der Schlacke auflöse, und das übrige Eisen verbinde sich mit dem Kohlenstoff zu Stahl. Theoretisch schien diese Erklärung nach dem damaligen Stande der Wissenschaft durchaus begründet und so acceptierte man sie in Frankreich und legte Clouets Erfindung grosse Wichtigkeit bei. Mushet in England wies aber nach, dass man das gleiche Resultat erhalte, wenn man statt rohem Kalk gebrannten Kalk nehme, dass also die Kohlung nicht durch die Kohlensäure, son- dern durch Kohlengase, die aus dem Brennmaterial sich entwickelten und in den Tiegel eindrangen, bewirkt wurde. Dadurch wurde sogar der Fundamentalversuch Guytons und Clouets mit dem Diaman- ten zweifelhaft. Clouets hochgepriesene Erfindungen hatten nicht den Erfolg, den man erwartete, sie sind aber von geschichtlicher Bedeutung, weil sie viele Erörterungen und Untersuchungen veranlass- ten, welche zur Aufklärung über den Gussstahlprozess führten und
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Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.
bis 2 Tln. Kohlenstaub nach dem Volumen, 4. aus 1 Tl. Eisenoxydul und 4 Tln. grauem Roheisen, 5. aus 3 Tln. Stabeisen, 1 Tl. kohlensaurem Kalk und 1 Tl. gebranntem Thon, besonders solchen von alten Schmelz- tiegeln. Er führte auſserdem Stahl in den Zustand des Eisens zurück, indem er 1 Tl. Oxydul und 6 Tle. Stahl zusammenschmolz. Der Stahl wird nach Clouet schon durch bloſses Glühen von Stahl- plättchen in Eisenoxydul wieder zu Eisen.
Von diesen Versuchen erregte der unter 5. angeführte, wonach Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von weichem Eisen mit kohlen- saurem Kalk und Thon, ohne Zusatz von Kohlen, entstehen sollte, die gröſste Aufmerksamkeit.
Clouet selbst und das Institut legten den gröſsten Wert auf den- selben und man wiederholte die Versuche in der Probieresse des Conseil des mines, im Laboratorium der polytechnischen Schule und in dem Windofen der Pariser Münze, indem man 3 bis 4 kg kleiner eiserner Nägel mit den Zusätzen der Hitze aussetzte. Man erhielt in allen Fällen bei einer Temperatur von 150° Wedgwood eine flüssige Masse, welche man in eine Gieſsform laufen lieſs und welche vollkommen dem Guſsstahl ähnlich war. Der Pariser Messerschmied Petitvalle probierte dieselbe und erklärte sie von gleicher Güte wie echter Huntsman- und Marshall-Stahl.
Die zur Stahlwerdung nötige Menge Kohlenstoff sollte hierbei nach Clouet durch Zerlegung der Kohlensäure des Kalks erzeugt werden. Diese Säure werde durch das Schmelzen mit Thon von dem Kalk entbunden. Das Eisen übe aber auf die Kohlensäure eine dop- pelte Wirkung, es bilde mit dem Sauerstoff derselben Oxydul, welches sich in der Schlacke auflöse, und das übrige Eisen verbinde sich mit dem Kohlenstoff zu Stahl. Theoretisch schien diese Erklärung nach dem damaligen Stande der Wissenschaft durchaus begründet und so acceptierte man sie in Frankreich und legte Clouets Erfindung groſse Wichtigkeit bei. Mushet in England wies aber nach, daſs man das gleiche Resultat erhalte, wenn man statt rohem Kalk gebrannten Kalk nehme, daſs also die Kohlung nicht durch die Kohlensäure, son- dern durch Kohlengase, die aus dem Brennmaterial sich entwickelten und in den Tiegel eindrangen, bewirkt wurde. Dadurch wurde sogar der Fundamentalversuch Guytons und Clouets mit dem Diaman- ten zweifelhaft. Clouets hochgepriesene Erfindungen hatten nicht den Erfolg, den man erwartete, sie sind aber von geschichtlicher Bedeutung, weil sie viele Erörterungen und Untersuchungen veranlaſs- ten, welche zur Aufklärung über den Guſsstahlprozeſs führten und
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Stahl Ende des 18. Jahrhunderts.
bis 2 Tln. Kohlenstaub nach dem Volumen, 4. aus 1 Tl. Eisenoxydul
und 4 Tln. grauem Roheisen, 5. aus 3 Tln. Stabeisen, 1 Tl. kohlensaurem
Kalk und 1 Tl. gebranntem Thon, besonders solchen von alten Schmelz-
tiegeln. Er führte auſserdem Stahl in den Zustand des Eisens zurück,
indem er 1 Tl. Oxydul und 6 Tle. Stahl zusammenschmolz. Der
Stahl wird nach Clouet schon durch bloſses Glühen von Stahl-
plättchen in Eisenoxydul wieder zu Eisen.
Von diesen Versuchen erregte der unter 5. angeführte, wonach
Guſsstahl durch Zusammenschmelzen von weichem Eisen mit kohlen-
saurem Kalk und Thon, ohne Zusatz von Kohlen, entstehen sollte, die
gröſste Aufmerksamkeit.
Clouet selbst und das Institut legten den gröſsten Wert auf den-
selben und man wiederholte die Versuche in der Probieresse des Conseil
des mines, im Laboratorium der polytechnischen Schule und in dem
Windofen der Pariser Münze, indem man 3 bis 4 kg kleiner eiserner
Nägel mit den Zusätzen der Hitze aussetzte. Man erhielt in allen
Fällen bei einer Temperatur von 150° Wedgwood eine flüssige Masse,
welche man in eine Gieſsform laufen lieſs und welche vollkommen
dem Guſsstahl ähnlich war. Der Pariser Messerschmied Petitvalle
probierte dieselbe und erklärte sie von gleicher Güte wie echter
Huntsman- und Marshall-Stahl.
Die zur Stahlwerdung nötige Menge Kohlenstoff sollte hierbei
nach Clouet durch Zerlegung der Kohlensäure des Kalks erzeugt
werden. Diese Säure werde durch das Schmelzen mit Thon von dem
Kalk entbunden. Das Eisen übe aber auf die Kohlensäure eine dop-
pelte Wirkung, es bilde mit dem Sauerstoff derselben Oxydul, welches
sich in der Schlacke auflöse, und das übrige Eisen verbinde sich mit
dem Kohlenstoff zu Stahl. Theoretisch schien diese Erklärung nach
dem damaligen Stande der Wissenschaft durchaus begründet und so
acceptierte man sie in Frankreich und legte Clouets Erfindung groſse
Wichtigkeit bei. Mushet in England wies aber nach, daſs man das
gleiche Resultat erhalte, wenn man statt rohem Kalk gebrannten
Kalk nehme, daſs also die Kohlung nicht durch die Kohlensäure, son-
dern durch Kohlengase, die aus dem Brennmaterial sich entwickelten
und in den Tiegel eindrangen, bewirkt wurde. Dadurch wurde sogar
der Fundamentalversuch Guytons und Clouets mit dem Diaman-
ten zweifelhaft. Clouets hochgepriesene Erfindungen hatten nicht
den Erfolg, den man erwartete, sie sind aber von geschichtlicher
Bedeutung, weil sie viele Erörterungen und Untersuchungen veranlaſs-
ten, welche zur Aufklärung über den Guſsstahlprozeſs führten und
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/785>, abgerufen am 22.11.2024.
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