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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
anstellten, bestätigt. Diese Versuche wurden im Jahre 1799 von
Guyton de Morveau, Clouet, Welter und Hachette ausgeführt.

Die Verbrennlichkeit des Diamants war schon früher bekannt,
besonders aus den Versuchen, welche der Grossherzog Cosmos III.
von Toskana 1694 und 1695 durch Averami und Targioni hatte
anstellen lassen, die erwiesen, dass der Diamant in dem Focus
eines grossen Brennspiegels sich vollständig verflüchtigt. 1771 beob-
achtete Macquer bei einem Versuche, Diamanten zu verflüchtigen,
Flammenerscheinung und stellte fest, dass der Diamant wirklich ver-
brennt. 1773 wiesen dann Lavoisier, Macquer und andere nach,
dass das Verbrennungsprodukt des Diamanten reine Kohlensäure, der
Diamant also reiner Kohlenstoff sei.

1798/9 stellte Guyton de Morveau Versuche an, Schmiedeeisen
mit Diamant zusammenzuschmelzen, wobei er Stahl erhielt. Clouet
hatte die Anregung zu diesem Experiment gegeben. Schon vordem
hatte Malliard gefunden, dass der Diamant das Eisen in der Hitze
anfresse und zu einer Art Schlacke schmelze. Lampadius vermutete
1795, dass dies eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff sein möge.
Der Versuch Guytons wurde in der Weise ausgeführt, dass ein
Diamant von 0,907 g in einen kleinen Tiegel von Schmiedeeisen, der
mit einem genau passenden Stöpsel von demselben Eisen verschlossen
war, in einen hessischen, mit Quarzsand ausgefütterten Tiegel ein-
gesetzt und erhitzt wurde. Eisen und Diamant schmolzen zu einer
abgerundeten, gut begrenzten Masse Gussstahl zusammen 1).

Die grosse Wichtigkeit des Braunsteins für die Stahlbereitung
kannte man längst, ehe Gahn 1777 dessen metallischen Grundstoff,
das Mangan, dargestellt hatte. Seit dieser Zeit legte man aber dem
Mangan eine noch grössere Wichtigkeit bei und ging darin soweit,
die Stahlbildung geradezu von dem Mangan abhängig zu machen.
Man nahm an, das Mangan sei es, welches die Verbindung der Kohle
mit dem Eisen bewirke und in der Art, wie es dies thue, liege seine
Wirksamkeit bei der Stahlbereitung. Besonders hatte der "Bürger
Picot" (de La Peyrouse) die Eigenschaft des Braunsteins, die
Schmelzung des Eisens zu befördern, seine Güte zu erhöhen und die
Bildung des gegossenen und natürlichen Stahls wesentlich zu fördern,
erkannt (1787).

Quantz sagt, "je mehr Magnesium (i. e. Mangan) in dem Roh-
eisen zugegen ist, desto leichter wird man Stahl erhalten, so dass die

1) Siehe Annales de Chimie, T. XXXI, p. 328 und Gilberts Annalen III, S. 65.

Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
anstellten, bestätigt. Diese Versuche wurden im Jahre 1799 von
Guyton de Morveau, Clouet, Welter und Hachette ausgeführt.

Die Verbrennlichkeit des Diamants war schon früher bekannt,
besonders aus den Versuchen, welche der Groſsherzog Cosmos III.
von Toskana 1694 und 1695 durch Averami und Targioni hatte
anstellen lassen, die erwiesen, daſs der Diamant in dem Focus
eines groſsen Brennspiegels sich vollständig verflüchtigt. 1771 beob-
achtete Macquer bei einem Versuche, Diamanten zu verflüchtigen,
Flammenerscheinung und stellte fest, daſs der Diamant wirklich ver-
brennt. 1773 wiesen dann Lavoisier, Macquer und andere nach,
daſs das Verbrennungsprodukt des Diamanten reine Kohlensäure, der
Diamant also reiner Kohlenstoff sei.

1798/9 stellte Guyton de Morveau Versuche an, Schmiedeeisen
mit Diamant zusammenzuschmelzen, wobei er Stahl erhielt. Clouet
hatte die Anregung zu diesem Experiment gegeben. Schon vordem
hatte Malliard gefunden, daſs der Diamant das Eisen in der Hitze
anfresse und zu einer Art Schlacke schmelze. Lampadius vermutete
1795, daſs dies eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff sein möge.
Der Versuch Guytons wurde in der Weise ausgeführt, daſs ein
Diamant von 0,907 g in einen kleinen Tiegel von Schmiedeeisen, der
mit einem genau passenden Stöpsel von demselben Eisen verschlossen
war, in einen hessischen, mit Quarzsand ausgefütterten Tiegel ein-
gesetzt und erhitzt wurde. Eisen und Diamant schmolzen zu einer
abgerundeten, gut begrenzten Masse Guſsstahl zusammen 1).

Die groſse Wichtigkeit des Braunsteins für die Stahlbereitung
kannte man längst, ehe Gahn 1777 dessen metallischen Grundstoff,
das Mangan, dargestellt hatte. Seit dieser Zeit legte man aber dem
Mangan eine noch gröſsere Wichtigkeit bei und ging darin soweit,
die Stahlbildung geradezu von dem Mangan abhängig zu machen.
Man nahm an, das Mangan sei es, welches die Verbindung der Kohle
mit dem Eisen bewirke und in der Art, wie es dies thue, liege seine
Wirksamkeit bei der Stahlbereitung. Besonders hatte der „Bürger
Picot“ (de La Peyrouse) die Eigenschaft des Braunsteins, die
Schmelzung des Eisens zu befördern, seine Güte zu erhöhen und die
Bildung des gegossenen und natürlichen Stahls wesentlich zu fördern,
erkannt (1787).

Quantz sagt, „je mehr Magnesium (i. e. Mangan) in dem Roh-
eisen zugegen ist, desto leichter wird man Stahl erhalten, so daſs die

1) Siehe Annales de Chimie, T. XXXI, p. 328 und Gilberts Annalen III, S. 65.
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[646/0660] Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. anstellten, bestätigt. Diese Versuche wurden im Jahre 1799 von Guyton de Morveau, Clouet, Welter und Hachette ausgeführt. Die Verbrennlichkeit des Diamants war schon früher bekannt, besonders aus den Versuchen, welche der Groſsherzog Cosmos III. von Toskana 1694 und 1695 durch Averami und Targioni hatte anstellen lassen, die erwiesen, daſs der Diamant in dem Focus eines groſsen Brennspiegels sich vollständig verflüchtigt. 1771 beob- achtete Macquer bei einem Versuche, Diamanten zu verflüchtigen, Flammenerscheinung und stellte fest, daſs der Diamant wirklich ver- brennt. 1773 wiesen dann Lavoisier, Macquer und andere nach, daſs das Verbrennungsprodukt des Diamanten reine Kohlensäure, der Diamant also reiner Kohlenstoff sei. 1798/9 stellte Guyton de Morveau Versuche an, Schmiedeeisen mit Diamant zusammenzuschmelzen, wobei er Stahl erhielt. Clouet hatte die Anregung zu diesem Experiment gegeben. Schon vordem hatte Malliard gefunden, daſs der Diamant das Eisen in der Hitze anfresse und zu einer Art Schlacke schmelze. Lampadius vermutete 1795, daſs dies eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff sein möge. Der Versuch Guytons wurde in der Weise ausgeführt, daſs ein Diamant von 0,907 g in einen kleinen Tiegel von Schmiedeeisen, der mit einem genau passenden Stöpsel von demselben Eisen verschlossen war, in einen hessischen, mit Quarzsand ausgefütterten Tiegel ein- gesetzt und erhitzt wurde. Eisen und Diamant schmolzen zu einer abgerundeten, gut begrenzten Masse Guſsstahl zusammen 1). Die groſse Wichtigkeit des Braunsteins für die Stahlbereitung kannte man längst, ehe Gahn 1777 dessen metallischen Grundstoff, das Mangan, dargestellt hatte. Seit dieser Zeit legte man aber dem Mangan eine noch gröſsere Wichtigkeit bei und ging darin soweit, die Stahlbildung geradezu von dem Mangan abhängig zu machen. Man nahm an, das Mangan sei es, welches die Verbindung der Kohle mit dem Eisen bewirke und in der Art, wie es dies thue, liege seine Wirksamkeit bei der Stahlbereitung. Besonders hatte der „Bürger Picot“ (de La Peyrouse) die Eigenschaft des Braunsteins, die Schmelzung des Eisens zu befördern, seine Güte zu erhöhen und die Bildung des gegossenen und natürlichen Stahls wesentlich zu fördern, erkannt (1787). Quantz sagt, „je mehr Magnesium (i. e. Mangan) in dem Roh- eisen zugegen ist, desto leichter wird man Stahl erhalten, so daſs die 1) Siehe Annales de Chimie, T. XXXI, p. 328 und Gilberts Annalen III, S. 65.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/660>, abgerufen am 25.11.2024.