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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
die Reduktion nimmt ihren Anfang, indem sich der Kohlenstoff der
Kohle mit dem Sauerstoff der Erze verbindet und als Luftsäure ent-
weicht. Von hier bis zur Form findet der Anfang der Schmelzung
statt, die verschiedenen Erden lösen sich untereinander nebst dem
Eisen und Braunsteinkalk, welche noch nicht reduciert sind (auch der
Schwefel und die Phosphorsäure, wenn diese noch nicht verflüchtigt
sind), auf, indem die Kohle die Reduktion vollendet und anfängt,
sich mit dem Eisen zu verbinden. Durch die Verbindung der ersteren
untereinander wird die Schlacke und durch die der letzteren das
Roheisen erzeugt. (Ist noch unverflüchtigter Schwefel oder Phosphor
in der Mischung, so geht auch dieser mit in das Roheisen.) Nun-
mehr erreicht das Ganze die heftige Wirkung des Gebläses, wo der
höchste Grad der Schmelzung stattfindet (wo sich auch der Braun-
stein mit dem Eisen verbindet), zugleich aber auch dem reduzierten
Eisen aus der immer mit Gewalt zuströmenden Luft Lebensluft mit-
geteilt wird. In den oberen Teilen des Ofens konnte diese Ver-
kalkung nicht stattfinden, da sich das Gemenge in einer Säule von
Luftsäure und Stickluft befand. Ein Teil dieses verkalkten Eisens
geht auch mit in die Schlacke über, welche sich nun vermöge
ihres geringeren specifischen Gewichts absondert. Die Eisen- und
Schlackentropfen passieren endlich die Form und fallen noch von
neuem auf Kohlen, wo das erstere noch einen Teil Kohlenstoff auf-
nimmt. Jetzt bedeckt die Schlacke das vollendete Roheisen, welches
nun bei dem gehörigen Gange des Hohenofens keine Veränderung
mehr erleidet. Im Fall man aber nicht zeitig genug absticht, so dringt
der Wind durch die Schlacke und verbrennt noch Eisen, welches die
erstere aufnimmt.

Der geringe Anteil von Erden in dem Roheisen ist vorzüglich
während der Schmelzung, ich möchte fast sagen, mechanisch hinein-
gekommen.

Demnach besteht das Roheisen hauptsächlich aus: metallischem
Eisen, gekohltem Eisen, Sauerstoff und enthält zufällig Erden, Phos-
phor, Schwefel und Braunstein.

Die Hochofenschlacken bestehen aus verglasten Erden und ver-
kalktem Eisen; sie enthalten zufällig Braunsteinkalk, Phosphorsäure,
Schwefelsäure."

Lampadius nimmt ebenfalls an, dass der Kohlenstoff nicht in
der Masse des Eisens aufgelöst, sondern dass er mit einem gewissen
Teil Eisen chemisch verbunden als Graphit in dem Roheisen ent-
halten ist. Nach seinen Untersuchungen hinterliessen


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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
die Reduktion nimmt ihren Anfang, indem sich der Kohlenstoff der
Kohle mit dem Sauerstoff der Erze verbindet und als Luftsäure ent-
weicht. Von hier bis zur Form findet der Anfang der Schmelzung
statt, die verschiedenen Erden lösen sich untereinander nebst dem
Eisen und Braunsteinkalk, welche noch nicht reduciert sind (auch der
Schwefel und die Phosphorsäure, wenn diese noch nicht verflüchtigt
sind), auf, indem die Kohle die Reduktion vollendet und anfängt,
sich mit dem Eisen zu verbinden. Durch die Verbindung der ersteren
untereinander wird die Schlacke und durch die der letzteren das
Roheisen erzeugt. (Ist noch unverflüchtigter Schwefel oder Phosphor
in der Mischung, so geht auch dieser mit in das Roheisen.) Nun-
mehr erreicht das Ganze die heftige Wirkung des Gebläses, wo der
höchste Grad der Schmelzung stattfindet (wo sich auch der Braun-
stein mit dem Eisen verbindet), zugleich aber auch dem reduzierten
Eisen aus der immer mit Gewalt zuströmenden Luft Lebensluft mit-
geteilt wird. In den oberen Teilen des Ofens konnte diese Ver-
kalkung nicht stattfinden, da sich das Gemenge in einer Säule von
Luftsäure und Stickluft befand. Ein Teil dieses verkalkten Eisens
geht auch mit in die Schlacke über, welche sich nun vermöge
ihres geringeren specifischen Gewichts absondert. Die Eisen- und
Schlackentropfen passieren endlich die Form und fallen noch von
neuem auf Kohlen, wo das erstere noch einen Teil Kohlenstoff auf-
nimmt. Jetzt bedeckt die Schlacke das vollendete Roheisen, welches
nun bei dem gehörigen Gange des Hohenofens keine Veränderung
mehr erleidet. Im Fall man aber nicht zeitig genug absticht, so dringt
der Wind durch die Schlacke und verbrennt noch Eisen, welches die
erstere aufnimmt.

Der geringe Anteil von Erden in dem Roheisen ist vorzüglich
während der Schmelzung, ich möchte fast sagen, mechanisch hinein-
gekommen.

Demnach besteht das Roheisen hauptsächlich aus: metallischem
Eisen, gekohltem Eisen, Sauerstoff und enthält zufällig Erden, Phos-
phor, Schwefel und Braunstein.

Die Hochofenschlacken bestehen aus verglasten Erden und ver-
kalktem Eisen; sie enthalten zufällig Braunsteinkalk, Phosphorsäure,
Schwefelsäure.“

Lampadius nimmt ebenfalls an, daſs der Kohlenstoff nicht in
der Masse des Eisens aufgelöst, sondern daſs er mit einem gewissen
Teil Eisen chemisch verbunden als Graphit in dem Roheisen ent-
halten ist. Nach seinen Untersuchungen hinterlieſsen


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[643/0657] Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. die Reduktion nimmt ihren Anfang, indem sich der Kohlenstoff der Kohle mit dem Sauerstoff der Erze verbindet und als Luftsäure ent- weicht. Von hier bis zur Form findet der Anfang der Schmelzung statt, die verschiedenen Erden lösen sich untereinander nebst dem Eisen und Braunsteinkalk, welche noch nicht reduciert sind (auch der Schwefel und die Phosphorsäure, wenn diese noch nicht verflüchtigt sind), auf, indem die Kohle die Reduktion vollendet und anfängt, sich mit dem Eisen zu verbinden. Durch die Verbindung der ersteren untereinander wird die Schlacke und durch die der letzteren das Roheisen erzeugt. (Ist noch unverflüchtigter Schwefel oder Phosphor in der Mischung, so geht auch dieser mit in das Roheisen.) Nun- mehr erreicht das Ganze die heftige Wirkung des Gebläses, wo der höchste Grad der Schmelzung stattfindet (wo sich auch der Braun- stein mit dem Eisen verbindet), zugleich aber auch dem reduzierten Eisen aus der immer mit Gewalt zuströmenden Luft Lebensluft mit- geteilt wird. In den oberen Teilen des Ofens konnte diese Ver- kalkung nicht stattfinden, da sich das Gemenge in einer Säule von Luftsäure und Stickluft befand. Ein Teil dieses verkalkten Eisens geht auch mit in die Schlacke über, welche sich nun vermöge ihres geringeren specifischen Gewichts absondert. Die Eisen- und Schlackentropfen passieren endlich die Form und fallen noch von neuem auf Kohlen, wo das erstere noch einen Teil Kohlenstoff auf- nimmt. Jetzt bedeckt die Schlacke das vollendete Roheisen, welches nun bei dem gehörigen Gange des Hohenofens keine Veränderung mehr erleidet. Im Fall man aber nicht zeitig genug absticht, so dringt der Wind durch die Schlacke und verbrennt noch Eisen, welches die erstere aufnimmt. Der geringe Anteil von Erden in dem Roheisen ist vorzüglich während der Schmelzung, ich möchte fast sagen, mechanisch hinein- gekommen. Demnach besteht das Roheisen hauptsächlich aus: metallischem Eisen, gekohltem Eisen, Sauerstoff und enthält zufällig Erden, Phos- phor, Schwefel und Braunstein. Die Hochofenschlacken bestehen aus verglasten Erden und ver- kalktem Eisen; sie enthalten zufällig Braunsteinkalk, Phosphorsäure, Schwefelsäure.“ Lampadius nimmt ebenfalls an, daſs der Kohlenstoff nicht in der Masse des Eisens aufgelöst, sondern daſs er mit einem gewissen Teil Eisen chemisch verbunden als Graphit in dem Roheisen ent- halten ist. Nach seinen Untersuchungen hinterlieſsen 41*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/657>, abgerufen am 25.11.2024.