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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.

Über den Effekt der Wasserhämmer hatte Polhem bereits
Berechnungen angestellt, wobei er die von Huygens aufgestellten
Sätze über Pendel- und Centrifugalbewegung zu Grunde legte.

Auch bei den Hämmern waren die Wellfüsse, Kammen oder
Daumen ein wichtiger Maschinenteil, da er die Kraft des Motors auf
das Werkzeug übertrug. Die richtige Konstruktion derselben war
eine der im 18. Jahrhundert am meisten bearbeiteten mechanischen
Aufgaben. Da die Hämmer oft viele Schläge in kurzen Zwischenräumen
zu machen hatten, so musste nicht nur das Hammerrad rascher laufen
als das Blaserad, sondern es mussten auch mehr Hebearme oder
Daumen an der Welle angebracht werden. Man machte die Hebe-
arme (Hebeköpfe, Hebetatzen, Heblinge) früher aus hartem Holz. Vor
alters wurden die hölzernen Hebearme durch die Welle gelocht und

[Abbildung] Fig. 149.
aus 8 Zoll starkem, festem Holz
gemacht. Sie wurden kreuzweise durch
die Wellen gesteckt und ragten auf
derselben an vier Seiten 11/2 bis 2 Fuss
empor. Diese Löcher schwächten aber
die Welle sehr, weshalb letztere auf
6 Fuss lang stark beringt werden musste.
Später wendete man auch eiserne
Heblinge an. Die Heblinge wurden
verdrängt durch die eisernen Well-
kränze. Um nämlich den eisernen
Hebearmen die nötige Stärke und Festigkeit zu geben, schlug Rinman
vor, die Hebearme fest mit einem Ringe um die Radwelle zusammen-
zugiessen 1). Diese Einrichtung fand rasche Verbreitung und wurde
nach und nach allgemein eingeführt. Nebenstehende Fig. 149, welche
der Encyklopädie von 1783 entnommen ist, zeigt einen solchen Well-
oder Hammerring von Gusseisen. Harlman machte 1760 den Vorschlag,
die Ringe aus zwei Teilen zu giessen, aber ohne Erfolg. -- Die Well-
ringe wurden auf den Hütten gewöhnlich im Anfang der Kampagne,
wenn das Eisen recht gar war, im Sande nach einem Modell gegossen
und wog ein mittelmässiger, vierarmiger Wellring 11 bis 12 Centner.
Wellringe mit vier Daumen waren vollständig ausreichend bei

1) Abhandlungen der Schwed. Akademie der Wissenschaften 1758, Bd. XX,
S. 20. Wie die Hammerwerke dadurch zu verbessern sind, dass man die Hebearme
und Kämme der Räder zum Gebläse aussen an die Radwellen befestigt; ebendaselbst
1774, S. 305: Neuere Untersuchungen von Hebearmen aus Gusseisen bei Eisen-
hämmern von Rinman.
Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.

Über den Effekt der Wasserhämmer hatte Polhem bereits
Berechnungen angestellt, wobei er die von Huygens aufgestellten
Sätze über Pendel- und Centrifugalbewegung zu Grunde legte.

Auch bei den Hämmern waren die Wellfüſse, Kammen oder
Daumen ein wichtiger Maschinenteil, da er die Kraft des Motors auf
das Werkzeug übertrug. Die richtige Konstruktion derselben war
eine der im 18. Jahrhundert am meisten bearbeiteten mechanischen
Aufgaben. Da die Hämmer oft viele Schläge in kurzen Zwischenräumen
zu machen hatten, so muſste nicht nur das Hammerrad rascher laufen
als das Blaserad, sondern es muſsten auch mehr Hebearme oder
Daumen an der Welle angebracht werden. Man machte die Hebe-
arme (Hebeköpfe, Hebetatzen, Heblinge) früher aus hartem Holz. Vor
alters wurden die hölzernen Hebearme durch die Welle gelocht und

[Abbildung] Fig. 149.
aus 8 Zoll starkem, festem Holz
gemacht. Sie wurden kreuzweise durch
die Wellen gesteckt und ragten auf
derselben an vier Seiten 1½ bis 2 Fuſs
empor. Diese Löcher schwächten aber
die Welle sehr, weshalb letztere auf
6 Fuſs lang stark beringt werden muſste.
Später wendete man auch eiserne
Heblinge an. Die Heblinge wurden
verdrängt durch die eisernen Well-
kränze. Um nämlich den eisernen
Hebearmen die nötige Stärke und Festigkeit zu geben, schlug Rinman
vor, die Hebearme fest mit einem Ringe um die Radwelle zusammen-
zugieſsen 1). Diese Einrichtung fand rasche Verbreitung und wurde
nach und nach allgemein eingeführt. Nebenstehende Fig. 149, welche
der Encyklopädie von 1783 entnommen ist, zeigt einen solchen Well-
oder Hammerring von Guſseisen. Hårlman machte 1760 den Vorschlag,
die Ringe aus zwei Teilen zu gieſsen, aber ohne Erfolg. — Die Well-
ringe wurden auf den Hütten gewöhnlich im Anfang der Kampagne,
wenn das Eisen recht gar war, im Sande nach einem Modell gegossen
und wog ein mittelmäſsiger, vierarmiger Wellring 11 bis 12 Centner.
Wellringe mit vier Daumen waren vollständig ausreichend bei

1) Abhandlungen der Schwed. Akademie der Wissenschaften 1758, Bd. XX,
S. 20. Wie die Hammerwerke dadurch zu verbessern sind, daſs man die Hebearme
und Kämme der Räder zum Gebläse auſsen an die Radwellen befestigt; ebendaselbst
1774, S. 305: Neuere Untersuchungen von Hebearmen aus Guſseisen bei Eisen-
hämmern von Rinman.
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[576/0590] Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer. Über den Effekt der Wasserhämmer hatte Polhem bereits Berechnungen angestellt, wobei er die von Huygens aufgestellten Sätze über Pendel- und Centrifugalbewegung zu Grunde legte. Auch bei den Hämmern waren die Wellfüſse, Kammen oder Daumen ein wichtiger Maschinenteil, da er die Kraft des Motors auf das Werkzeug übertrug. Die richtige Konstruktion derselben war eine der im 18. Jahrhundert am meisten bearbeiteten mechanischen Aufgaben. Da die Hämmer oft viele Schläge in kurzen Zwischenräumen zu machen hatten, so muſste nicht nur das Hammerrad rascher laufen als das Blaserad, sondern es muſsten auch mehr Hebearme oder Daumen an der Welle angebracht werden. Man machte die Hebe- arme (Hebeköpfe, Hebetatzen, Heblinge) früher aus hartem Holz. Vor alters wurden die hölzernen Hebearme durch die Welle gelocht und [Abbildung Fig. 149.] aus 8 Zoll starkem, festem Holz gemacht. Sie wurden kreuzweise durch die Wellen gesteckt und ragten auf derselben an vier Seiten 1½ bis 2 Fuſs empor. Diese Löcher schwächten aber die Welle sehr, weshalb letztere auf 6 Fuſs lang stark beringt werden muſste. Später wendete man auch eiserne Heblinge an. Die Heblinge wurden verdrängt durch die eisernen Well- kränze. Um nämlich den eisernen Hebearmen die nötige Stärke und Festigkeit zu geben, schlug Rinman vor, die Hebearme fest mit einem Ringe um die Radwelle zusammen- zugieſsen 1). Diese Einrichtung fand rasche Verbreitung und wurde nach und nach allgemein eingeführt. Nebenstehende Fig. 149, welche der Encyklopädie von 1783 entnommen ist, zeigt einen solchen Well- oder Hammerring von Guſseisen. Hårlman machte 1760 den Vorschlag, die Ringe aus zwei Teilen zu gieſsen, aber ohne Erfolg. — Die Well- ringe wurden auf den Hütten gewöhnlich im Anfang der Kampagne, wenn das Eisen recht gar war, im Sande nach einem Modell gegossen und wog ein mittelmäſsiger, vierarmiger Wellring 11 bis 12 Centner. Wellringe mit vier Daumen waren vollständig ausreichend bei 1) Abhandlungen der Schwed. Akademie der Wissenschaften 1758, Bd. XX, S. 20. Wie die Hammerwerke dadurch zu verbessern sind, daſs man die Hebearme und Kämme der Räder zum Gebläse auſsen an die Radwellen befestigt; ebendaselbst 1774, S. 305: Neuere Untersuchungen von Hebearmen aus Guſseisen bei Eisen- hämmern von Rinman.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/590>, abgerufen am 23.11.2024.