Die Radschaufeln der unterschlächtigen Räder machte man 1,17 m breit; die Schaufelbreite der oberschlächtigen Räder war geringer. Blaseräder machte man etwas höher als die entsprechenden Hammerräder, baute sie aber leichter.
Justi giebt (1771) an, ein unterschlächtiges Hammerrad für Blech- und Breithämmer brauche 4 Quadratfuss ständigen Wasser- zufluss, ein oberschlächtiges Rad bedürfte für denselben Zweck nur 11/2 Quadratfuss. Ein Frischhammer brauchte überhaupt bei unter- schlächtigem Betriebe 4 Quadratfuss, nämlich 21/2 Quadratfuss für das Hammer- und 11/2 Quadratfuss für das Blaserad; bei oberschlächtigem Betriebe genügten 2 Quadratfuss.
Im Harz war man allgemein der Ansicht, die Höhe der Hammer- und Blaseräder dürfe nicht über 8 Fuss sein, indem bei grösserer Höhe die nötige Geschwindigkeit nicht erreicht werden könne. Auch gegen Ende des Jahrhunderts hielt man noch dafür, dass Hammer- räder nicht über 10 Fuss sein dürften. Die Hammerschmiede machten Schwierigkeiten, als man bei dem Umbau der Mandelholzer Hütte 1796 Wasserräder von 12 Fuss Durchmesser errichtete.
In Deutschland waren namentlich bei den Berg- und Hüttenwerken, die ja meistens in gebirgigem Terrain lagen, oberschlächtige Räder schon in früher Zeit (s. Bd. II, S. 520) und in ausgedehntem Masse in Anwendung. Weniger war dies in anderen Ländern, wie Italien, Frankreich und England der Fall, wo man teils aus Gewohnheit, teils aus Ökonomie mehr unterschlächtige Räder anwendete. Es machte deshalb fast den Eindruck einer neuen Entdeckung, als Deparcieux1) 1753 nachwies, dass eine gewisse Menge Wasser bei gleicher Fallhöhe mehr durch ihr Gewicht als durch den Stoss wirke und dass deshalb oberschlächtige Räder vorzuziehen sind. Um die- selbe Zeit hatte Smeaton über denselben Gegenstand Versuche gemacht, die er 1759 in der Philosophical Transactions veröffentlichte und welche einen grossen Einfluss auf den Bau der Wasserräder in Eng- land ausübten. An diese schlossen sich dann die praktischen Unter- suchungen von Bossut 1770 an und am Schluss des Jahrhunderts wurde der Bau der Wasserräder für Bergbau und Hütten in der Maschinenlehre von Nordwall und Rinman gründlich abgehandelt.
In England suchte man durch oberschlächtige Wasserräder von kolossalem Durchmesser, welche vielfach von Feuermaschinen bedient
1) Siehe Memoires de l'Academie des sciences 1754, p. 603. Siehe M. Rühl- mann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. I, S. 267.
Beck, Geschichte des Eisens. 35
Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
Die Radschaufeln der unterschlächtigen Räder machte man 1,17 m breit; die Schaufelbreite der oberschlächtigen Räder war geringer. Blaseräder machte man etwas höher als die entsprechenden Hammerräder, baute sie aber leichter.
Justi giebt (1771) an, ein unterschlächtiges Hammerrad für Blech- und Breithämmer brauche 4 Quadratfuſs ständigen Wasser- zufluſs, ein oberschlächtiges Rad bedürfte für denselben Zweck nur 1½ Quadratfuſs. Ein Frischhammer brauchte überhaupt bei unter- schlächtigem Betriebe 4 Quadratfuſs, nämlich 2½ Quadratfuſs für das Hammer- und 1½ Quadratfuſs für das Blaserad; bei oberschlächtigem Betriebe genügten 2 Quadratfuſs.
Im Harz war man allgemein der Ansicht, die Höhe der Hammer- und Blaseräder dürfe nicht über 8 Fuſs sein, indem bei gröſserer Höhe die nötige Geschwindigkeit nicht erreicht werden könne. Auch gegen Ende des Jahrhunderts hielt man noch dafür, daſs Hammer- räder nicht über 10 Fuſs sein dürften. Die Hammerschmiede machten Schwierigkeiten, als man bei dem Umbau der Mandelholzer Hütte 1796 Wasserräder von 12 Fuſs Durchmesser errichtete.
In Deutschland waren namentlich bei den Berg- und Hüttenwerken, die ja meistens in gebirgigem Terrain lagen, oberschlächtige Räder schon in früher Zeit (s. Bd. II, S. 520) und in ausgedehntem Maſse in Anwendung. Weniger war dies in anderen Ländern, wie Italien, Frankreich und England der Fall, wo man teils aus Gewohnheit, teils aus Ökonomie mehr unterschlächtige Räder anwendete. Es machte deshalb fast den Eindruck einer neuen Entdeckung, als Deparcieux1) 1753 nachwies, daſs eine gewisse Menge Wasser bei gleicher Fallhöhe mehr durch ihr Gewicht als durch den Stoſs wirke und daſs deshalb oberschlächtige Räder vorzuziehen sind. Um die- selbe Zeit hatte Smeaton über denselben Gegenstand Versuche gemacht, die er 1759 in der Philosophical Transactions veröffentlichte und welche einen groſsen Einfluſs auf den Bau der Wasserräder in Eng- land ausübten. An diese schlossen sich dann die praktischen Unter- suchungen von Bossut 1770 an und am Schluſs des Jahrhunderts wurde der Bau der Wasserräder für Bergbau und Hütten in der Maschinenlehre von Nordwall und Rinman gründlich abgehandelt.
In England suchte man durch oberschlächtige Wasserräder von kolossalem Durchmesser, welche vielfach von Feuermaschinen bedient
1) Siehe Memoires de l’Academie des sciences 1754, p. 603. Siehe M. Rühl- mann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. I, S. 267.
Beck, Geschichte des Eisens. 35
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Wasserräder. Gebläsemaschinen. Hämmer.
Die Radschaufeln der unterschlächtigen Räder machte man
1,17 m breit; die Schaufelbreite der oberschlächtigen Räder war
geringer. Blaseräder machte man etwas höher als die entsprechenden
Hammerräder, baute sie aber leichter.
Justi giebt (1771) an, ein unterschlächtiges Hammerrad für
Blech- und Breithämmer brauche 4 Quadratfuſs ständigen Wasser-
zufluſs, ein oberschlächtiges Rad bedürfte für denselben Zweck nur
1½ Quadratfuſs. Ein Frischhammer brauchte überhaupt bei unter-
schlächtigem Betriebe 4 Quadratfuſs, nämlich 2½ Quadratfuſs für das
Hammer- und 1½ Quadratfuſs für das Blaserad; bei oberschlächtigem
Betriebe genügten 2 Quadratfuſs.
Im Harz war man allgemein der Ansicht, die Höhe der Hammer-
und Blaseräder dürfe nicht über 8 Fuſs sein, indem bei gröſserer
Höhe die nötige Geschwindigkeit nicht erreicht werden könne. Auch
gegen Ende des Jahrhunderts hielt man noch dafür, daſs Hammer-
räder nicht über 10 Fuſs sein dürften. Die Hammerschmiede machten
Schwierigkeiten, als man bei dem Umbau der Mandelholzer Hütte 1796
Wasserräder von 12 Fuſs Durchmesser errichtete.
In Deutschland waren namentlich bei den Berg- und Hüttenwerken,
die ja meistens in gebirgigem Terrain lagen, oberschlächtige Räder
schon in früher Zeit (s. Bd. II, S. 520) und in ausgedehntem Maſse
in Anwendung. Weniger war dies in anderen Ländern, wie Italien,
Frankreich und England der Fall, wo man teils aus Gewohnheit,
teils aus Ökonomie mehr unterschlächtige Räder anwendete. Es
machte deshalb fast den Eindruck einer neuen Entdeckung, als
Deparcieux 1) 1753 nachwies, daſs eine gewisse Menge Wasser bei
gleicher Fallhöhe mehr durch ihr Gewicht als durch den Stoſs wirke
und daſs deshalb oberschlächtige Räder vorzuziehen sind. Um die-
selbe Zeit hatte Smeaton über denselben Gegenstand Versuche gemacht,
die er 1759 in der Philosophical Transactions veröffentlichte und
welche einen groſsen Einfluſs auf den Bau der Wasserräder in Eng-
land ausübten. An diese schlossen sich dann die praktischen Unter-
suchungen von Bossut 1770 an und am Schluſs des Jahrhunderts
wurde der Bau der Wasserräder für Bergbau und Hütten in der
Maschinenlehre von Nordwall und Rinman gründlich abgehandelt.
In England suchte man durch oberschlächtige Wasserräder von
kolossalem Durchmesser, welche vielfach von Feuermaschinen bedient
1) Siehe Memoires de l’Academie des sciences 1754, p. 603. Siehe M. Rühl-
mann, Allgemeine Maschinenlehre, Bd. I, S. 267.
Beck, Geschichte des Eisens. 35
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/559>, abgerufen am 23.11.2024.
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