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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.

Wir haben berichtet, wie liebenswürdig die preussischen Ingenieure
von Boulton und Watt zu Soho empfangen wurden. Dass der
Bericht, welchen sie erstatteten, bei dem König Erfolg hatte, beweisen
die folgenden Thatsachen. Der Mansfeldische Bergbau hatte mit
Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserhaltung zu kämpfen. 1782
beantragte das Oberbergamt zu Rothenburg (von Friedrich II. 1772
gegründet), dem derselbe unterstellt war, die Aufstellung einer grossen
Kraftmaschine zur Abhülfe und schlug dafür eine englische Dampf-
maschine vor. Durch Spezialbefehl des Königs wurde der Bau-
inspektor, später Berginspektor Bückling in das Oberbergamt zu
Rothenburg versetzt und nach England geschickt, um sich über die
Dampfmaschine zu informieren 1). Dieselbe sollte nämlich nicht
gekauft, sondern im Lande selbst angefertigt werden. Die Kosten
sollte der "Landesmeliorationsfond" tragen. Bückling kam der ihm
gestellten Aufgabe nach und fertigte nach der Rückkehr von seiner
mehrmonatlichen Reise ein Modell an, welches in Berlin geprüft und
angenommen wurde. Ein Mechaniker und ein Kupferschmied wurden
nach Rothenburg geschickt und begannen unter Bücklings Leitung
mit der Anfertigung der Maschine. Der Cylinder wurde aus Kanonen-
bronze in der königl. Geschützgiesserei in Berlin, der Dampfkessel
aus Kupfer auf dem königl. Kupferhammer am Finnowkanal bei
Neustadt-Eberswalde angefertigt, die Pumpen teils in Ilsenburg, teils
in Mägdesprung gemacht, die Kolbenstange und einige andere schmiede-
eiserne Teile lieferte ein Frischhammer zu Sausenberg in Oberschlesien,
die Gussteile Zehdenik in der Brandenburger Mark. In der Handlungs-
zeitung vom 5. Februar 1785 liest man: "Herr Bückling, welcher
vor einiger Zeit von Berlin aus nach England geschickt wurde, war
so glücklich, die Boltonsche Feuermaschine, deren Mechanismus die
französischen, nach London geschickten Akademisten, welche den
Auftrag gehabt, eine solche Maschine in Paris anzulegen, um diese
Stadt dadurch mit frischem Wasser zu versehen, vergebens zu
erforschen bemüht gewesen sind, genau zu untersuchen und ihren
Mechanismus sowohl, als das Verhältnis aller ihrer Teile sorgfältig
zu berechnen. Er ist gegenwärtig damit beschäftigt, eine solche
Maschine zu Burg-Gerner in der Grafschaft Mansfeld zu erbauen,
welche aus 50 Lachter tiefem Schacht die Grubenwasser bis zu einem
Stollen 50 Lachter hoch heben soll." Nach einer allgemeinen

1) S. Zeitschr. deutscher Ingenieure 1886, S. 731, 1047. Dr. Gerland, Die
Dampfmaschine im 18. Jahrhundert in Deutschland, S. 35.
James Watt und die Dampfmaschine.

Wir haben berichtet, wie liebenswürdig die preuſsischen Ingenieure
von Boulton und Watt zu Soho empfangen wurden. Daſs der
Bericht, welchen sie erstatteten, bei dem König Erfolg hatte, beweisen
die folgenden Thatsachen. Der Mansfeldische Bergbau hatte mit
Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserhaltung zu kämpfen. 1782
beantragte das Oberbergamt zu Rothenburg (von Friedrich II. 1772
gegründet), dem derselbe unterstellt war, die Aufstellung einer groſsen
Kraftmaschine zur Abhülfe und schlug dafür eine englische Dampf-
maschine vor. Durch Spezialbefehl des Königs wurde der Bau-
inspektor, später Berginspektor Bückling in das Oberbergamt zu
Rothenburg versetzt und nach England geschickt, um sich über die
Dampfmaschine zu informieren 1). Dieselbe sollte nämlich nicht
gekauft, sondern im Lande selbst angefertigt werden. Die Kosten
sollte der „Landesmeliorationsfond“ tragen. Bückling kam der ihm
gestellten Aufgabe nach und fertigte nach der Rückkehr von seiner
mehrmonatlichen Reise ein Modell an, welches in Berlin geprüft und
angenommen wurde. Ein Mechaniker und ein Kupferschmied wurden
nach Rothenburg geschickt und begannen unter Bücklings Leitung
mit der Anfertigung der Maschine. Der Cylinder wurde aus Kanonen-
bronze in der königl. Geschützgieſserei in Berlin, der Dampfkessel
aus Kupfer auf dem königl. Kupferhammer am Finnowkanal bei
Neustadt-Eberswalde angefertigt, die Pumpen teils in Ilsenburg, teils
in Mägdesprung gemacht, die Kolbenstange und einige andere schmiede-
eiserne Teile lieferte ein Frischhammer zu Sausenberg in Oberschlesien,
die Guſsteile Zehdenik in der Brandenburger Mark. In der Handlungs-
zeitung vom 5. Februar 1785 liest man: „Herr Bückling, welcher
vor einiger Zeit von Berlin aus nach England geschickt wurde, war
so glücklich, die Boltonsche Feuermaschine, deren Mechanismus die
französischen, nach London geschickten Akademisten, welche den
Auftrag gehabt, eine solche Maschine in Paris anzulegen, um diese
Stadt dadurch mit frischem Wasser zu versehen, vergebens zu
erforschen bemüht gewesen sind, genau zu untersuchen und ihren
Mechanismus sowohl, als das Verhältnis aller ihrer Teile sorgfältig
zu berechnen. Er ist gegenwärtig damit beschäftigt, eine solche
Maschine zu Burg-Gerner in der Grafschaft Mansfeld zu erbauen,
welche aus 50 Lachter tiefem Schacht die Grubenwasser bis zu einem
Stollen 50 Lachter hoch heben soll.“ Nach einer allgemeinen

1) S. Zeitschr. deutscher Ingenieure 1886, S. 731, 1047. Dr. Gerland, Die
Dampfmaschine im 18. Jahrhundert in Deutschland, S. 35.
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[541/0555] James Watt und die Dampfmaschine. Wir haben berichtet, wie liebenswürdig die preuſsischen Ingenieure von Boulton und Watt zu Soho empfangen wurden. Daſs der Bericht, welchen sie erstatteten, bei dem König Erfolg hatte, beweisen die folgenden Thatsachen. Der Mansfeldische Bergbau hatte mit Schwierigkeiten in Bezug auf die Wasserhaltung zu kämpfen. 1782 beantragte das Oberbergamt zu Rothenburg (von Friedrich II. 1772 gegründet), dem derselbe unterstellt war, die Aufstellung einer groſsen Kraftmaschine zur Abhülfe und schlug dafür eine englische Dampf- maschine vor. Durch Spezialbefehl des Königs wurde der Bau- inspektor, später Berginspektor Bückling in das Oberbergamt zu Rothenburg versetzt und nach England geschickt, um sich über die Dampfmaschine zu informieren 1). Dieselbe sollte nämlich nicht gekauft, sondern im Lande selbst angefertigt werden. Die Kosten sollte der „Landesmeliorationsfond“ tragen. Bückling kam der ihm gestellten Aufgabe nach und fertigte nach der Rückkehr von seiner mehrmonatlichen Reise ein Modell an, welches in Berlin geprüft und angenommen wurde. Ein Mechaniker und ein Kupferschmied wurden nach Rothenburg geschickt und begannen unter Bücklings Leitung mit der Anfertigung der Maschine. Der Cylinder wurde aus Kanonen- bronze in der königl. Geschützgieſserei in Berlin, der Dampfkessel aus Kupfer auf dem königl. Kupferhammer am Finnowkanal bei Neustadt-Eberswalde angefertigt, die Pumpen teils in Ilsenburg, teils in Mägdesprung gemacht, die Kolbenstange und einige andere schmiede- eiserne Teile lieferte ein Frischhammer zu Sausenberg in Oberschlesien, die Guſsteile Zehdenik in der Brandenburger Mark. In der Handlungs- zeitung vom 5. Februar 1785 liest man: „Herr Bückling, welcher vor einiger Zeit von Berlin aus nach England geschickt wurde, war so glücklich, die Boltonsche Feuermaschine, deren Mechanismus die französischen, nach London geschickten Akademisten, welche den Auftrag gehabt, eine solche Maschine in Paris anzulegen, um diese Stadt dadurch mit frischem Wasser zu versehen, vergebens zu erforschen bemüht gewesen sind, genau zu untersuchen und ihren Mechanismus sowohl, als das Verhältnis aller ihrer Teile sorgfältig zu berechnen. Er ist gegenwärtig damit beschäftigt, eine solche Maschine zu Burg-Gerner in der Grafschaft Mansfeld zu erbauen, welche aus 50 Lachter tiefem Schacht die Grubenwasser bis zu einem Stollen 50 Lachter hoch heben soll.“ Nach einer allgemeinen 1) S. Zeitschr. deutscher Ingenieure 1886, S. 731, 1047. Dr. Gerland, Die Dampfmaschine im 18. Jahrhundert in Deutschland, S. 35.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/555>, abgerufen am 29.06.2024.