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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.

Im allgemeinen war die Geschäftslage damals eine sehr schlechte.
Der Bergbau in Cornwall lag danieder; das grosse Kopierpressenlager
in London brannte ab. Die Dampfmaschinen hatten jetzt 13 Jahre
nach dem Patent noch keinen wirklichen Gewinn gegenüber den auf-
gewendeten Summen eingebracht. Die gesamten Abgaben von den
Pumpmaschinen beliefen sich 1782 nur an 4320 £ das Jahr. Watt, von
Schmerzen und Sorgen gequält, war nahezu verzweifelt. Boulton
hielt den Kopf hoch. Je schlechter die Aussichten in Cornwall waren,
je mehr musste man sich auf die rotierenden Maschinen verlegen und
diese überall anzuwenden versuchen, wo man seither Wasserräder
benutzt hatte. Als Boulton 1781 ein grosses Kupferwalzwerk sah,
klagten die Besitzer, dass es im Winter wegen des Frostes still liegen
müsste. Boulton schlug deshalb eine Dampfmaschine als Motor vor.
Nach Hause zurückgekehrt, liess er sofort ein Modell eines Walz-
werkes mit einer Dampfmaschine mit zwei Cylindern und zwei
Balanciers, von denen ein jeder die Kraft auf eine Walze übertrug,
anfertigen. Ende des Jahres legte er eine Dampfschmiede in Soho
an. "Sie arbeitet gut", schrieb er, "denn obgleich die Maschine klein
ist, reckt sie doch mehr Stahl, als ein grosses Walzwerk in der
Nachbarschaft mit Wasser zieht." Wilkinson gefiel dieses Dampf-
walzwerk
so sehr, dass er ein viel grösseres für die Bradley-Eisen-
werke bestellte und ein weiteres wurde bald darauf für Rotherham
in Auftrag gegeben. Aber die Zahl der Walzwerke (iron mills) war
damals noch beschränkt und Boulton erwartete auch hiervon nicht
viel. Weit grössere Hoffnungen setzte er auf die Getreidemühlen.
Ende des Jahres (1782) hatte Watt seine Rotationsmaschine für
einen Schwanzhammer und für eine Getreidemühle angewendet. "Es
ist jetzt ausgemacht", schreibt er, "dass die Dampfmaschine die Korn-
mühle treibt, nicht aber, dass dabei etwas verdient wird." Die erste
Dampfmühle wurde für Mr. Reynolds in Ketley gegen Ende 1782
errichtet, die erste in London für die Brauerei von Goodwyn & Co.,
und die zweite, welche mit einigen Änderungen vor 20 Jahren noch
arbeitete, bei Messrs. Whitbread. Der Erfolg war ein so guter, dass
bald alle Brauereien Londons folgten. Es war sehr nötig, dass sich
andere Absatzgebiete für die Dampfmaschine fanden, denn die Ein-
künfte von Cornwall gingen erheblich zurück; die der Chacewater-
maschinen waren von 2500 £ auf 1000 £ gesunken. 1783 erkrankte
Boulton und musste dann zu seiner Erholung längere Zeit nach
Schottland gehen. Der kräftige Mann erlangte bald seine Gesundheit
wieder. Wedegewood bestellte eine Maschine, um Flint zu mahlen.

James Watt und die Dampfmaschine.

Im allgemeinen war die Geschäftslage damals eine sehr schlechte.
Der Bergbau in Cornwall lag danieder; das groſse Kopierpressenlager
in London brannte ab. Die Dampfmaschinen hatten jetzt 13 Jahre
nach dem Patent noch keinen wirklichen Gewinn gegenüber den auf-
gewendeten Summen eingebracht. Die gesamten Abgaben von den
Pumpmaschinen beliefen sich 1782 nur an 4320 £ das Jahr. Watt, von
Schmerzen und Sorgen gequält, war nahezu verzweifelt. Boulton
hielt den Kopf hoch. Je schlechter die Aussichten in Cornwall waren,
je mehr muſste man sich auf die rotierenden Maschinen verlegen und
diese überall anzuwenden versuchen, wo man seither Wasserräder
benutzt hatte. Als Boulton 1781 ein groſses Kupferwalzwerk sah,
klagten die Besitzer, daſs es im Winter wegen des Frostes still liegen
müſste. Boulton schlug deshalb eine Dampfmaschine als Motor vor.
Nach Hause zurückgekehrt, lieſs er sofort ein Modell eines Walz-
werkes mit einer Dampfmaschine mit zwei Cylindern und zwei
Balanciers, von denen ein jeder die Kraft auf eine Walze übertrug,
anfertigen. Ende des Jahres legte er eine Dampfschmiede in Soho
an. „Sie arbeitet gut“, schrieb er, „denn obgleich die Maschine klein
ist, reckt sie doch mehr Stahl, als ein groſses Walzwerk in der
Nachbarschaft mit Wasser zieht.“ Wilkinson gefiel dieses Dampf-
walzwerk
so sehr, daſs er ein viel gröſseres für die Bradley-Eisen-
werke bestellte und ein weiteres wurde bald darauf für Rotherham
in Auftrag gegeben. Aber die Zahl der Walzwerke (iron mills) war
damals noch beschränkt und Boulton erwartete auch hiervon nicht
viel. Weit gröſsere Hoffnungen setzte er auf die Getreidemühlen.
Ende des Jahres (1782) hatte Watt seine Rotationsmaschine für
einen Schwanzhammer und für eine Getreidemühle angewendet. „Es
ist jetzt ausgemacht“, schreibt er, „daſs die Dampfmaschine die Korn-
mühle treibt, nicht aber, daſs dabei etwas verdient wird.“ Die erste
Dampfmühle wurde für Mr. Reynolds in Ketley gegen Ende 1782
errichtet, die erste in London für die Brauerei von Goodwyn & Co.,
und die zweite, welche mit einigen Änderungen vor 20 Jahren noch
arbeitete, bei Messrs. Whitbread. Der Erfolg war ein so guter, daſs
bald alle Brauereien Londons folgten. Es war sehr nötig, daſs sich
andere Absatzgebiete für die Dampfmaschine fanden, denn die Ein-
künfte von Cornwall gingen erheblich zurück; die der Chacewater-
maschinen waren von 2500 £ auf 1000 £ gesunken. 1783 erkrankte
Boulton und muſste dann zu seiner Erholung längere Zeit nach
Schottland gehen. Der kräftige Mann erlangte bald seine Gesundheit
wieder. Wedegewood bestellte eine Maschine, um Flint zu mahlen.

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[528/0542] James Watt und die Dampfmaschine. Im allgemeinen war die Geschäftslage damals eine sehr schlechte. Der Bergbau in Cornwall lag danieder; das groſse Kopierpressenlager in London brannte ab. Die Dampfmaschinen hatten jetzt 13 Jahre nach dem Patent noch keinen wirklichen Gewinn gegenüber den auf- gewendeten Summen eingebracht. Die gesamten Abgaben von den Pumpmaschinen beliefen sich 1782 nur an 4320 £ das Jahr. Watt, von Schmerzen und Sorgen gequält, war nahezu verzweifelt. Boulton hielt den Kopf hoch. Je schlechter die Aussichten in Cornwall waren, je mehr muſste man sich auf die rotierenden Maschinen verlegen und diese überall anzuwenden versuchen, wo man seither Wasserräder benutzt hatte. Als Boulton 1781 ein groſses Kupferwalzwerk sah, klagten die Besitzer, daſs es im Winter wegen des Frostes still liegen müſste. Boulton schlug deshalb eine Dampfmaschine als Motor vor. Nach Hause zurückgekehrt, lieſs er sofort ein Modell eines Walz- werkes mit einer Dampfmaschine mit zwei Cylindern und zwei Balanciers, von denen ein jeder die Kraft auf eine Walze übertrug, anfertigen. Ende des Jahres legte er eine Dampfschmiede in Soho an. „Sie arbeitet gut“, schrieb er, „denn obgleich die Maschine klein ist, reckt sie doch mehr Stahl, als ein groſses Walzwerk in der Nachbarschaft mit Wasser zieht.“ Wilkinson gefiel dieses Dampf- walzwerk so sehr, daſs er ein viel gröſseres für die Bradley-Eisen- werke bestellte und ein weiteres wurde bald darauf für Rotherham in Auftrag gegeben. Aber die Zahl der Walzwerke (iron mills) war damals noch beschränkt und Boulton erwartete auch hiervon nicht viel. Weit gröſsere Hoffnungen setzte er auf die Getreidemühlen. Ende des Jahres (1782) hatte Watt seine Rotationsmaschine für einen Schwanzhammer und für eine Getreidemühle angewendet. „Es ist jetzt ausgemacht“, schreibt er, „daſs die Dampfmaschine die Korn- mühle treibt, nicht aber, daſs dabei etwas verdient wird.“ Die erste Dampfmühle wurde für Mr. Reynolds in Ketley gegen Ende 1782 errichtet, die erste in London für die Brauerei von Goodwyn & Co., und die zweite, welche mit einigen Änderungen vor 20 Jahren noch arbeitete, bei Messrs. Whitbread. Der Erfolg war ein so guter, daſs bald alle Brauereien Londons folgten. Es war sehr nötig, daſs sich andere Absatzgebiete für die Dampfmaschine fanden, denn die Ein- künfte von Cornwall gingen erheblich zurück; die der Chacewater- maschinen waren von 2500 £ auf 1000 £ gesunken. 1783 erkrankte Boulton und muſste dann zu seiner Erholung längere Zeit nach Schottland gehen. Der kräftige Mann erlangte bald seine Gesundheit wieder. Wedegewood bestellte eine Maschine, um Flint zu mahlen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/542>, abgerufen am 23.11.2024.