Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

James Watt und die Dampfmaschine.
altes Spinet oder was sich sonst bot, nichts lernen konnte, so ging
er 1755 nach London, wo er auch nach manchen Mühsalen bei einem
Feinmechaniker, welcher mathematische Instrumente machte, namens
John Morgan, Beschäftigung fand. Aber sie war zu anstrengend für
seinen schwächlichen Körper und so musste er schon 1756 wieder in
seine Heimat nach Greenock zurückkehren. Nachdem er wieder her-
gestellt war, ging er nach Glasgow, um hier Arbeit zu suchen und
sich als Feinmechaniker selbständig zu machen. Da aber Watt nicht
zur Zunft gehörte, legten ihm die Zirkelschmiede (hammermen), welche
ihn als Eindringling ansahen, grosse Schwierigkeiten in den Weg,
obgleich sie mathematische Instrumente weder machen konnten noch
machen wollten. Glasgow aber war eine Universität und das war
Watts Glück. Er reparierte einige physikalische Instrumente für
Dr. Dick, Professor der Naturwissenschaft; dieser erkannte seine
Geschicklichkeit und bewirkte, dass ihm in den weitläufigen Gebäuden
der Universität ein Raum für eine Werkstätte eingeräumt wurde. So
wurde der zwanzigjährige James Watt Universitätsmechanikus. Als
solcher hatte er zwar wenig Arbeit und noch weniger Einkommen,
trotzdem wurde diese Stellung für ihn vom grössten Nutzen, denn
sie gab ihm Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung. Watt,
der ein sanftes, einnehmendes Wesen besass und mit der grössten
Wahrhaftigkeit eine angeborene Liebenswürdigkeit verband, fand
bald Freunde. Seine kleine Werkstätte wurde ein Rendezvous streb-
samer junger Leute und nicht nur Studenten, auch Professoren hatten
es gern mit dem verständigen, gedankenvollen Mechanikus mit den
sanften, träumerischen, blauen Augen zu thun. Besonders aber waren
es zwei ausgezeichnete Männer, welche mit dem jungen Instrumenten-
macher einen Freundschaftsbund für das Leben schlossen, der eine
war John Robinson, damals Student und nur wenig jünger als
Watt, später berühmt als Professor der Naturwissenschaft in Eding-
burg, der andere der damals schon berühmte Chemiker Professor
Dr. Black, der viel älter als Watt, doch zu diesem eine innige, väter-
liche Freundschaft fasste und ihm in jeder Weise nützte. Robinson
war es, der 1759 zuerst Watts Aufmerksamkeit auf die Dampf-
maschine lenkte, indem er die Frage anregte, ob es nicht möglich
sei, ein Fuhrwerk mit Dampf zu betreiben. Watt erfasste die Sache,
dachte ernsthaft darüber nach und entwarf ein allerdings ganz unvoll-
kommenes Modell einer Feuermaschine in Verbindung mit einem Fuhr-
werk. Seit dieser Zeit wurde er die Dampfmaschine nicht mehr los.
Viel tiefer führte ihn aber Black in diese Frage ein. Dieser las

James Watt und die Dampfmaschine.
altes Spinet oder was sich sonst bot, nichts lernen konnte, so ging
er 1755 nach London, wo er auch nach manchen Mühsalen bei einem
Feinmechaniker, welcher mathematische Instrumente machte, namens
John Morgan, Beschäftigung fand. Aber sie war zu anstrengend für
seinen schwächlichen Körper und so muſste er schon 1756 wieder in
seine Heimat nach Greenock zurückkehren. Nachdem er wieder her-
gestellt war, ging er nach Glasgow, um hier Arbeit zu suchen und
sich als Feinmechaniker selbständig zu machen. Da aber Watt nicht
zur Zunft gehörte, legten ihm die Zirkelschmiede (hammermen), welche
ihn als Eindringling ansahen, groſse Schwierigkeiten in den Weg,
obgleich sie mathematische Instrumente weder machen konnten noch
machen wollten. Glasgow aber war eine Universität und das war
Watts Glück. Er reparierte einige physikalische Instrumente für
Dr. Dick, Professor der Naturwissenschaft; dieser erkannte seine
Geschicklichkeit und bewirkte, daſs ihm in den weitläufigen Gebäuden
der Universität ein Raum für eine Werkstätte eingeräumt wurde. So
wurde der zwanzigjährige James Watt Universitätsmechanikus. Als
solcher hatte er zwar wenig Arbeit und noch weniger Einkommen,
trotzdem wurde diese Stellung für ihn vom gröſsten Nutzen, denn
sie gab ihm Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung. Watt,
der ein sanftes, einnehmendes Wesen besaſs und mit der gröſsten
Wahrhaftigkeit eine angeborene Liebenswürdigkeit verband, fand
bald Freunde. Seine kleine Werkstätte wurde ein Rendezvous streb-
samer junger Leute und nicht nur Studenten, auch Professoren hatten
es gern mit dem verständigen, gedankenvollen Mechanikus mit den
sanften, träumerischen, blauen Augen zu thun. Besonders aber waren
es zwei ausgezeichnete Männer, welche mit dem jungen Instrumenten-
macher einen Freundschaftsbund für das Leben schlossen, der eine
war John Robinson, damals Student und nur wenig jünger als
Watt, später berühmt als Professor der Naturwissenschaft in Eding-
burg, der andere der damals schon berühmte Chemiker Professor
Dr. Black, der viel älter als Watt, doch zu diesem eine innige, väter-
liche Freundschaft faſste und ihm in jeder Weise nützte. Robinson
war es, der 1759 zuerst Watts Aufmerksamkeit auf die Dampf-
maschine lenkte, indem er die Frage anregte, ob es nicht möglich
sei, ein Fuhrwerk mit Dampf zu betreiben. Watt erfaſste die Sache,
dachte ernsthaft darüber nach und entwarf ein allerdings ganz unvoll-
kommenes Modell einer Feuermaschine in Verbindung mit einem Fuhr-
werk. Seit dieser Zeit wurde er die Dampfmaschine nicht mehr los.
Viel tiefer führte ihn aber Black in diese Frage ein. Dieser las

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0524" n="510"/><fw place="top" type="header">James Watt und die Dampfmaschine.</fw><lb/>
altes Spinet oder was sich sonst bot, nichts lernen konnte, so ging<lb/>
er 1755 nach London, wo er auch nach manchen Mühsalen bei einem<lb/>
Feinmechaniker, welcher mathematische Instrumente machte, namens<lb/><hi rendition="#g">John Morgan</hi>, Beschäftigung fand. Aber sie war zu anstrengend für<lb/>
seinen schwächlichen Körper und so mu&#x017F;ste er schon 1756 wieder in<lb/>
seine Heimat nach Greenock zurückkehren. Nachdem er wieder her-<lb/>
gestellt war, ging er nach Glasgow, um hier Arbeit zu suchen und<lb/>
sich als Feinmechaniker selbständig zu machen. Da aber <hi rendition="#g">Watt</hi> nicht<lb/>
zur Zunft gehörte, legten ihm die Zirkelschmiede (hammermen), welche<lb/>
ihn als Eindringling ansahen, gro&#x017F;se Schwierigkeiten in den Weg,<lb/>
obgleich sie mathematische Instrumente weder machen konnten noch<lb/>
machen wollten. Glasgow aber war eine Universität und das war<lb/><hi rendition="#g">Watts</hi> Glück. Er reparierte einige physikalische Instrumente für<lb/>
Dr. <hi rendition="#g">Dick</hi>, Professor der Naturwissenschaft; dieser erkannte seine<lb/>
Geschicklichkeit und bewirkte, da&#x017F;s ihm in den weitläufigen Gebäuden<lb/>
der Universität ein Raum für eine Werkstätte eingeräumt wurde. So<lb/>
wurde der zwanzigjährige <hi rendition="#g">James Watt</hi> Universitätsmechanikus. Als<lb/>
solcher hatte er zwar wenig Arbeit und noch weniger Einkommen,<lb/>
trotzdem wurde diese Stellung für ihn vom grö&#x017F;sten Nutzen, denn<lb/>
sie gab ihm Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung. <hi rendition="#g">Watt</hi>,<lb/>
der ein sanftes, einnehmendes Wesen besa&#x017F;s und mit der grö&#x017F;sten<lb/>
Wahrhaftigkeit eine angeborene Liebenswürdigkeit verband, fand<lb/>
bald Freunde. Seine kleine Werkstätte wurde ein Rendezvous streb-<lb/>
samer junger Leute und nicht nur Studenten, auch Professoren hatten<lb/>
es gern mit dem verständigen, gedankenvollen Mechanikus mit den<lb/>
sanften, träumerischen, blauen Augen zu thun. Besonders aber waren<lb/>
es zwei ausgezeichnete Männer, welche mit dem jungen Instrumenten-<lb/>
macher einen Freundschaftsbund für das Leben schlossen, der eine<lb/>
war <hi rendition="#g">John Robinson</hi>, damals Student und nur wenig jünger als<lb/><hi rendition="#g">Watt</hi>, später berühmt als Professor der Naturwissenschaft in Eding-<lb/>
burg, der andere der damals schon berühmte Chemiker Professor<lb/>
Dr. <hi rendition="#g">Black</hi>, der viel älter als <hi rendition="#g">Watt</hi>, doch zu diesem eine innige, väter-<lb/>
liche Freundschaft fa&#x017F;ste und ihm in jeder Weise nützte. <hi rendition="#g">Robinson</hi><lb/>
war es, der 1759 zuerst <hi rendition="#g">Watts</hi> Aufmerksamkeit auf die Dampf-<lb/>
maschine lenkte, indem er die Frage anregte, ob es nicht möglich<lb/>
sei, ein Fuhrwerk mit Dampf zu betreiben. <hi rendition="#g">Watt</hi> erfa&#x017F;ste die Sache,<lb/>
dachte ernsthaft darüber nach und entwarf ein allerdings ganz unvoll-<lb/>
kommenes Modell einer Feuermaschine in Verbindung mit einem Fuhr-<lb/>
werk. Seit dieser Zeit wurde er die Dampfmaschine nicht mehr los.<lb/>
Viel tiefer führte ihn aber <hi rendition="#g">Black</hi> in diese Frage ein. Dieser las<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[510/0524] James Watt und die Dampfmaschine. altes Spinet oder was sich sonst bot, nichts lernen konnte, so ging er 1755 nach London, wo er auch nach manchen Mühsalen bei einem Feinmechaniker, welcher mathematische Instrumente machte, namens John Morgan, Beschäftigung fand. Aber sie war zu anstrengend für seinen schwächlichen Körper und so muſste er schon 1756 wieder in seine Heimat nach Greenock zurückkehren. Nachdem er wieder her- gestellt war, ging er nach Glasgow, um hier Arbeit zu suchen und sich als Feinmechaniker selbständig zu machen. Da aber Watt nicht zur Zunft gehörte, legten ihm die Zirkelschmiede (hammermen), welche ihn als Eindringling ansahen, groſse Schwierigkeiten in den Weg, obgleich sie mathematische Instrumente weder machen konnten noch machen wollten. Glasgow aber war eine Universität und das war Watts Glück. Er reparierte einige physikalische Instrumente für Dr. Dick, Professor der Naturwissenschaft; dieser erkannte seine Geschicklichkeit und bewirkte, daſs ihm in den weitläufigen Gebäuden der Universität ein Raum für eine Werkstätte eingeräumt wurde. So wurde der zwanzigjährige James Watt Universitätsmechanikus. Als solcher hatte er zwar wenig Arbeit und noch weniger Einkommen, trotzdem wurde diese Stellung für ihn vom gröſsten Nutzen, denn sie gab ihm Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung. Watt, der ein sanftes, einnehmendes Wesen besaſs und mit der gröſsten Wahrhaftigkeit eine angeborene Liebenswürdigkeit verband, fand bald Freunde. Seine kleine Werkstätte wurde ein Rendezvous streb- samer junger Leute und nicht nur Studenten, auch Professoren hatten es gern mit dem verständigen, gedankenvollen Mechanikus mit den sanften, träumerischen, blauen Augen zu thun. Besonders aber waren es zwei ausgezeichnete Männer, welche mit dem jungen Instrumenten- macher einen Freundschaftsbund für das Leben schlossen, der eine war John Robinson, damals Student und nur wenig jünger als Watt, später berühmt als Professor der Naturwissenschaft in Eding- burg, der andere der damals schon berühmte Chemiker Professor Dr. Black, der viel älter als Watt, doch zu diesem eine innige, väter- liche Freundschaft faſste und ihm in jeder Weise nützte. Robinson war es, der 1759 zuerst Watts Aufmerksamkeit auf die Dampf- maschine lenkte, indem er die Frage anregte, ob es nicht möglich sei, ein Fuhrwerk mit Dampf zu betreiben. Watt erfaſste die Sache, dachte ernsthaft darüber nach und entwarf ein allerdings ganz unvoll- kommenes Modell einer Feuermaschine in Verbindung mit einem Fuhr- werk. Seit dieser Zeit wurde er die Dampfmaschine nicht mehr los. Viel tiefer führte ihn aber Black in diese Frage ein. Dieser las

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/524
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/524>, abgerufen am 26.06.2024.