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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Chemie des Eisens.
studien widmen zu dürfen. Er wurde erst Adjunkt der Mathematik
und Physik und dann 1767 nach dem Austritt Wallers Professor
der Chemie und Pharmacie an der Universität zu Upsala. Er widmete
sich seit dieser Zeit hauptsächlich chemischen Untersuchungen und
seine Erfolge verbreiteten seinen Ruhm durch ganz Europa. 1776
wollte ihn Friedrich der Grosse unter ehrenvollen, glänzenden Bedin-
gungen nach Berlin ziehen, aber er konnte sich nicht entschliessen,
sein Vaterland, das ihm mit der grössten Bereitwilligkeit die Mittel
für seine Untersuchungen gewährt hatte, zu verlassen und lehnte ab.
Seine Gesundheit war durch übermässige Thätigkeit erschüttert, seit 1769
kränkelte er, von 1780 an nahm sein Leiden eine schlimmere Wendung
und 1784 starb er in seinem 49. Jahre im Bade Wedwer am Wettersee.
Er schrieb eine grosse Anzahl kleinerer und grösserer Schriften,
darunter 1779: De primordiis Chemiae, 1782: Historia Chemiae medium
seu obscurum aevum -- beide in das Deutsche übertragen von
Wigleb. Einen grossen Teil seiner Abhandlungen sammelte er unter
dem Titel Opuscula Physica et Chemica, 6 Vol., 1779 -- deutsch von
Taber, Frankfurt 1782 bis 1790.

Bergmans Arbeiten sind klar und praktisch. Er hatte ein sehr
richtiges Urteil darüber, wie weit man der Spekulation in der Natur-
wissenschaft Einfluss gestatten und wie weit die Erfahrung allein als
Führerin anerkannt werden muss. Fortgesetzte richtige Beobachtungen
hielt er für das allein Förderliche in der Chemie und auf diesem
richtigen Wege mit eisernem Fleiss voranschreitend, hat er neue That-
sachen gefunden, neue Wege gezeigt, welche die Wissenschaft später
zu den wichtigsten Resultaten führten. Vorzüglich erfolgreich waren
seine Bemühungen, die analytische Chemie auf einen höheren Stand-
punkt zu erheben und seine Arbeiten legten eigentlich das Funda-
ment für die Zerlegungskunst unorganischer Körper 1).

Die chemische Analyse auf nassem Wege war damals noch
ganz unentwickelt. Die Untersuchungen der Mineralien und Erze
wurden fast nur auf trockenem Wege durch Schmelzung gemacht.
Auf nassem Wege hatte man bis dahin nur qualitative Untersuchungen
angestellt, die aber an grosser Unsicherheit litten; quantitative
Bestimmungen durch die Analyse auf nassem Wege zu machen, hatte
man noch kaum versucht. Bergman gab zuerst eine vollständige
Lehre über die Wahl der Reagentien und über deren Wirkung; er
war der erste, der eine Anweisung für den Gang, den man bei der

1) Siehe Kopp, Geschichte der Chemie, Bd. I, S. 246.

Chemie des Eisens.
studien widmen zu dürfen. Er wurde erst Adjunkt der Mathematik
und Physik und dann 1767 nach dem Austritt Wallers Professor
der Chemie und Pharmacie an der Universität zu Upsala. Er widmete
sich seit dieser Zeit hauptsächlich chemischen Untersuchungen und
seine Erfolge verbreiteten seinen Ruhm durch ganz Europa. 1776
wollte ihn Friedrich der Groſse unter ehrenvollen, glänzenden Bedin-
gungen nach Berlin ziehen, aber er konnte sich nicht entschlieſsen,
sein Vaterland, das ihm mit der gröſsten Bereitwilligkeit die Mittel
für seine Untersuchungen gewährt hatte, zu verlassen und lehnte ab.
Seine Gesundheit war durch übermäſsige Thätigkeit erschüttert, seit 1769
kränkelte er, von 1780 an nahm sein Leiden eine schlimmere Wendung
und 1784 starb er in seinem 49. Jahre im Bade Wedwer am Wettersee.
Er schrieb eine groſse Anzahl kleinerer und gröſserer Schriften,
darunter 1779: De primordiis Chemiae, 1782: Historia Chemiae medium
seu obscurum aevum — beide in das Deutsche übertragen von
Wigleb. Einen groſsen Teil seiner Abhandlungen sammelte er unter
dem Titel Opuscula Physica et Chemica, 6 Vol., 1779 — deutsch von
Taber, Frankfurt 1782 bis 1790.

Bergmans Arbeiten sind klar und praktisch. Er hatte ein sehr
richtiges Urteil darüber, wie weit man der Spekulation in der Natur-
wissenschaft Einfluſs gestatten und wie weit die Erfahrung allein als
Führerin anerkannt werden muſs. Fortgesetzte richtige Beobachtungen
hielt er für das allein Förderliche in der Chemie und auf diesem
richtigen Wege mit eisernem Fleiſs voranschreitend, hat er neue That-
sachen gefunden, neue Wege gezeigt, welche die Wissenschaft später
zu den wichtigsten Resultaten führten. Vorzüglich erfolgreich waren
seine Bemühungen, die analytische Chemie auf einen höheren Stand-
punkt zu erheben und seine Arbeiten legten eigentlich das Funda-
ment für die Zerlegungskunst unorganischer Körper 1).

Die chemische Analyse auf nassem Wege war damals noch
ganz unentwickelt. Die Untersuchungen der Mineralien und Erze
wurden fast nur auf trockenem Wege durch Schmelzung gemacht.
Auf nassem Wege hatte man bis dahin nur qualitative Untersuchungen
angestellt, die aber an groſser Unsicherheit litten; quantitative
Bestimmungen durch die Analyse auf nassem Wege zu machen, hatte
man noch kaum versucht. Bergman gab zuerst eine vollständige
Lehre über die Wahl der Reagentien und über deren Wirkung; er
war der erste, der eine Anweisung für den Gang, den man bei der

1) Siehe Kopp, Geschichte der Chemie, Bd. I, S. 246.
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[486/0500] Chemie des Eisens. studien widmen zu dürfen. Er wurde erst Adjunkt der Mathematik und Physik und dann 1767 nach dem Austritt Wallers Professor der Chemie und Pharmacie an der Universität zu Upsala. Er widmete sich seit dieser Zeit hauptsächlich chemischen Untersuchungen und seine Erfolge verbreiteten seinen Ruhm durch ganz Europa. 1776 wollte ihn Friedrich der Groſse unter ehrenvollen, glänzenden Bedin- gungen nach Berlin ziehen, aber er konnte sich nicht entschlieſsen, sein Vaterland, das ihm mit der gröſsten Bereitwilligkeit die Mittel für seine Untersuchungen gewährt hatte, zu verlassen und lehnte ab. Seine Gesundheit war durch übermäſsige Thätigkeit erschüttert, seit 1769 kränkelte er, von 1780 an nahm sein Leiden eine schlimmere Wendung und 1784 starb er in seinem 49. Jahre im Bade Wedwer am Wettersee. Er schrieb eine groſse Anzahl kleinerer und gröſserer Schriften, darunter 1779: De primordiis Chemiae, 1782: Historia Chemiae medium seu obscurum aevum — beide in das Deutsche übertragen von Wigleb. Einen groſsen Teil seiner Abhandlungen sammelte er unter dem Titel Opuscula Physica et Chemica, 6 Vol., 1779 — deutsch von Taber, Frankfurt 1782 bis 1790. Bergmans Arbeiten sind klar und praktisch. Er hatte ein sehr richtiges Urteil darüber, wie weit man der Spekulation in der Natur- wissenschaft Einfluſs gestatten und wie weit die Erfahrung allein als Führerin anerkannt werden muſs. Fortgesetzte richtige Beobachtungen hielt er für das allein Förderliche in der Chemie und auf diesem richtigen Wege mit eisernem Fleiſs voranschreitend, hat er neue That- sachen gefunden, neue Wege gezeigt, welche die Wissenschaft später zu den wichtigsten Resultaten führten. Vorzüglich erfolgreich waren seine Bemühungen, die analytische Chemie auf einen höheren Stand- punkt zu erheben und seine Arbeiten legten eigentlich das Funda- ment für die Zerlegungskunst unorganischer Körper 1). Die chemische Analyse auf nassem Wege war damals noch ganz unentwickelt. Die Untersuchungen der Mineralien und Erze wurden fast nur auf trockenem Wege durch Schmelzung gemacht. Auf nassem Wege hatte man bis dahin nur qualitative Untersuchungen angestellt, die aber an groſser Unsicherheit litten; quantitative Bestimmungen durch die Analyse auf nassem Wege zu machen, hatte man noch kaum versucht. Bergman gab zuerst eine vollständige Lehre über die Wahl der Reagentien und über deren Wirkung; er war der erste, der eine Anweisung für den Gang, den man bei der 1) Siehe Kopp, Geschichte der Chemie, Bd. I, S. 246.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/500>, abgerufen am 23.11.2024.