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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Ringe Draht, deren jeder 91/2 Pfund wog, wurden auf einen Centner
gegeben.

Viel bedeutender war die Drahtfabrik zu Ilsenburg in der Graf-
schaft Wernigerode. Hier befanden sich in drei nahe bei einander-
liegenden Gebäuden 30 Zangen und 6 Leyern, welche beständig im
Betriebe standen. Es wurden 28 Sorten Draht verfertigt. Das Glühen
des Drahtes geschah in einem Reverberierofen mit Reissholzfeuer.
Das Drahtwerk zu Zorge war dem Königshütter gleich.

Die Drahtfabrik zu Sophienhausen bei Hohenfinow in der Chur-
mark zog 41 Sorten, nämlich 0 bis 00000 Extraproben Kupfer-
schmiededraht, dann in Nr. 1 bis 36, von denen die feineren Nummern
von 21 bis 36 als "Band" bezeichnet wurden.

Die Drahtfabrikation der Grafschaft Mark war die wichtigste in
Deutschland, sie hatte aber in technischer Beziehung keine Fort-
schritte gemacht.

Die märkische Osemundschmiede bildete die Grundlage der
berühmten Drahtindustrie von Altena, Iserlohn und Lüdenscheid.
Sie lieferte ein vorzügliches Drahteisen, welches auch im Ausland,
selbst in Schweden als das beste galt. An Festigkeit übertraf es das
sonst so vorzügliche schwedische Eisen (siehe Seite 86). Infolge-
dessen hielten die Osemundschmiede, welche eine geschlossene Zunft
bildeten, mit einer Zähigkeit an dem Hergebrachten, welche an Aber-
glauben grenzte. Ihr ererbtes Verfahren galt ihnen unbedingt als das
beste, an dem es nichts zu verbessern gab, und wenn etwas schief
ging, so suchten sie den Grund viel eher in Behexung als in einem
Mangel des Verfahrens oder ihrer Arbeit. In Wahrheit war die Ein-
richtung in manchen Stücken gegen andere Zainhämmer zurück-
geblieben. Jägerschmid, dem wir eine vortreffliche Schilderung der
märkischen Industrie des vorigen Jahrhunderts verdanken 1), charak-
terisiert diesen Zustand sehr treffend.

"Es ist den Arbeitern von jeher nicht erlaubt, Fremde in die
Werkstätten zu lassen, also, dass schon in älteren Zeiten der Handlungs-
neid dem Fortgang und der Verbesserung der Künste und Wissenschaften
sich widersetzte. Allein so lange die Osemundschlacken 40 bis 50 Proc.
Eisen in sich enthalten, so lange die Schmiede glauben, ihr Feuer
wäre bezaubert, wenn zufällige Umstände die Arbeit verstellen und
durch Beten erzwingen wollen, was Kenntnisse und Geschicklichkeiten

1) E. A. Jägerschmid, Bemerkungen über einige Metallische Fabriken der
Grafschaft Mark. Durlach 1788.

Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation.
Ringe Draht, deren jeder 9½ Pfund wog, wurden auf einen Centner
gegeben.

Viel bedeutender war die Drahtfabrik zu Ilsenburg in der Graf-
schaft Wernigerode. Hier befanden sich in drei nahe bei einander-
liegenden Gebäuden 30 Zangen und 6 Leyern, welche beständig im
Betriebe standen. Es wurden 28 Sorten Draht verfertigt. Das Glühen
des Drahtes geschah in einem Reverberierofen mit Reiſsholzfeuer.
Das Drahtwerk zu Zorge war dem Königshütter gleich.

Die Drahtfabrik zu Sophienhausen bei Hohenfinow in der Chur-
mark zog 41 Sorten, nämlich 0 bis 00000 Extraproben Kupfer-
schmiededraht, dann in Nr. 1 bis 36, von denen die feineren Nummern
von 21 bis 36 als „Band“ bezeichnet wurden.

Die Drahtfabrikation der Grafschaft Mark war die wichtigste in
Deutschland, sie hatte aber in technischer Beziehung keine Fort-
schritte gemacht.

Die märkische Osemundschmiede bildete die Grundlage der
berühmten Drahtindustrie von Altena, Iserlohn und Lüdenscheid.
Sie lieferte ein vorzügliches Drahteisen, welches auch im Ausland,
selbst in Schweden als das beste galt. An Festigkeit übertraf es das
sonst so vorzügliche schwedische Eisen (siehe Seite 86). Infolge-
dessen hielten die Osemundschmiede, welche eine geschlossene Zunft
bildeten, mit einer Zähigkeit an dem Hergebrachten, welche an Aber-
glauben grenzte. Ihr ererbtes Verfahren galt ihnen unbedingt als das
beste, an dem es nichts zu verbessern gab, und wenn etwas schief
ging, so suchten sie den Grund viel eher in Behexung als in einem
Mangel des Verfahrens oder ihrer Arbeit. In Wahrheit war die Ein-
richtung in manchen Stücken gegen andere Zainhämmer zurück-
geblieben. Jägerschmid, dem wir eine vortreffliche Schilderung der
märkischen Industrie des vorigen Jahrhunderts verdanken 1), charak-
terisiert diesen Zustand sehr treffend.

„Es ist den Arbeitern von jeher nicht erlaubt, Fremde in die
Werkstätten zu lassen, also, daſs schon in älteren Zeiten der Handlungs-
neid dem Fortgang und der Verbesserung der Künste und Wissenschaften
sich widersetzte. Allein so lange die Osemundschlacken 40 bis 50 Proc.
Eisen in sich enthalten, so lange die Schmiede glauben, ihr Feuer
wäre bezaubert, wenn zufällige Umstände die Arbeit verstellen und
durch Beten erzwingen wollen, was Kenntnisse und Geschicklichkeiten

1) E. A. Jägerschmid, Bemerkungen über einige Metallische Fabriken der
Grafschaft Mark. Durlach 1788.
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[464/0478] Drahtzieherei. Nähnadelfabrikation. Ringe Draht, deren jeder 9½ Pfund wog, wurden auf einen Centner gegeben. Viel bedeutender war die Drahtfabrik zu Ilsenburg in der Graf- schaft Wernigerode. Hier befanden sich in drei nahe bei einander- liegenden Gebäuden 30 Zangen und 6 Leyern, welche beständig im Betriebe standen. Es wurden 28 Sorten Draht verfertigt. Das Glühen des Drahtes geschah in einem Reverberierofen mit Reiſsholzfeuer. Das Drahtwerk zu Zorge war dem Königshütter gleich. Die Drahtfabrik zu Sophienhausen bei Hohenfinow in der Chur- mark zog 41 Sorten, nämlich 0 bis 00000 Extraproben Kupfer- schmiededraht, dann in Nr. 1 bis 36, von denen die feineren Nummern von 21 bis 36 als „Band“ bezeichnet wurden. Die Drahtfabrikation der Grafschaft Mark war die wichtigste in Deutschland, sie hatte aber in technischer Beziehung keine Fort- schritte gemacht. Die märkische Osemundschmiede bildete die Grundlage der berühmten Drahtindustrie von Altena, Iserlohn und Lüdenscheid. Sie lieferte ein vorzügliches Drahteisen, welches auch im Ausland, selbst in Schweden als das beste galt. An Festigkeit übertraf es das sonst so vorzügliche schwedische Eisen (siehe Seite 86). Infolge- dessen hielten die Osemundschmiede, welche eine geschlossene Zunft bildeten, mit einer Zähigkeit an dem Hergebrachten, welche an Aber- glauben grenzte. Ihr ererbtes Verfahren galt ihnen unbedingt als das beste, an dem es nichts zu verbessern gab, und wenn etwas schief ging, so suchten sie den Grund viel eher in Behexung als in einem Mangel des Verfahrens oder ihrer Arbeit. In Wahrheit war die Ein- richtung in manchen Stücken gegen andere Zainhämmer zurück- geblieben. Jägerschmid, dem wir eine vortreffliche Schilderung der märkischen Industrie des vorigen Jahrhunderts verdanken 1), charak- terisiert diesen Zustand sehr treffend. „Es ist den Arbeitern von jeher nicht erlaubt, Fremde in die Werkstätten zu lassen, also, daſs schon in älteren Zeiten der Handlungs- neid dem Fortgang und der Verbesserung der Künste und Wissenschaften sich widersetzte. Allein so lange die Osemundschlacken 40 bis 50 Proc. Eisen in sich enthalten, so lange die Schmiede glauben, ihr Feuer wäre bezaubert, wenn zufällige Umstände die Arbeit verstellen und durch Beten erzwingen wollen, was Kenntnisse und Geschicklichkeiten 1) E. A. Jägerschmid, Bemerkungen über einige Metallische Fabriken der Grafschaft Mark. Durlach 1788.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/478>, abgerufen am 23.11.2024.