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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Eisen- und Stahlveredlung.
draht verfertigt wurde. 2. Stahlhämmer für den auswärtigen Handel,
welche vielerlei Stahlgattungen und Dimensionen, wie es der Handel
mit dem Auslande verlangte, lieferten. Auf diese wurden Zeichen
geschlagen, und zwar für bestimmte Länder auch bestimmte Zeichen,
so z. B. zwei S mit + darüber und = darunter auf den vierkantigen
Stahl, der unter dem Namen Acier d'Hongrie nach Brabant und
Frankreich ging. Name und Zeichen waren Nachahmungen, bezw.
Fälschungen des steierischen und kärntnerischen Stahls. Sonst waren
die gewöhnlichsten Zeichen für Frankreich Hirschkopf und Einhorn1).
3. Stahlhämmer für den inländischen Gebrauch, die besonders Sensen-,
Sägen-, Feilen-, Klingen-, Messer-, Federstahl u. s. w. verfertigten.
Eine besonders gute Sorte Messerstahl hiess Krampstahl. Er ging
meist nach England unter dem Namen Butcher-Steel und wurde
hauptsächlich für Tisch- und Schlachtmesser gebraucht. Es war ein
sorgfältig bereiteter Gärbstahl.

Das Gärben geschah entweder im Stahlfeuer selbst oder in
besonderen Gärbstahlherden von besonderen Schmieden. Letzteres
war besser, auch schon deshalb, weil das Gärben rascher ging als das
Stahlmachen, so dass, was in 18 Stunden an Stahl gefrischt wurde,
in 10 Stunden gegärbt werden konnte. Deshalb kann ein Gärbherd
mit drei Arbeitern zwei Schmelzherde bedienen. Die oben unter 2.
und 3. angeführten märkischen Stahlhämmer waren Gärbstahlhämmer.
Ebenso wie der Rohstahl wurde der Cementstahl teils blos aus-
geschmiedet, teils gegärbt. Durch das Ausschmieden erhielt der
Cementstahl erst sein Korn. Die gewöhnliche Sorte von 1/2 bis 5/8 Zoll
Quadrat hiess in Schweden Bunkstahl. Davon konnte ein Meister mit
seinem Gesellen den Tag 5 bis 6 Centner fertig machen. Für diese
grobe Sorte musste der Hammer 13 bis 14 Liespfund (etwa 110 kg)
schwer sein; für feinere Sorten aber musste man einen um die Hälfte
leichteren Hammer haben, wenn der Stahl nicht Risse und Borsten
erhalten sollte. Da zum Ausschmieden des Cementstahls Weissglut-
hitze genügt, so empfiehlt Rinman dasselbe in einem Flammofen (Glüh-
ofen) vorzunehmen; vielleicht in Verbindung mit einem Blechhammer.

Nägel, so weit sie nicht aus der Faust geschmiedet wurden,
schmiedete man unter kleinen Wasserhämmern, welche den Zain-
hämmern entsprachen. Letzteres war in Schweden das gangbarste
Verfahren und hatte den Vorteil grösserer Produktion und besserer

1) Weitere Angaben über märkische und bergische Stahlzeichen werden in
der Geschichte des Eisens der einzelnen Länder folgen.

Eisen- und Stahlveredlung.
draht verfertigt wurde. 2. Stahlhämmer für den auswärtigen Handel,
welche vielerlei Stahlgattungen und Dimensionen, wie es der Handel
mit dem Auslande verlangte, lieferten. Auf diese wurden Zeichen
geschlagen, und zwar für bestimmte Länder auch bestimmte Zeichen,
so z. B. zwei S mit + darüber und = darunter auf den vierkantigen
Stahl, der unter dem Namen Acier d’Hongrie nach Brabant und
Frankreich ging. Name und Zeichen waren Nachahmungen, bezw.
Fälschungen des steierischen und kärntnerischen Stahls. Sonst waren
die gewöhnlichsten Zeichen für Frankreich Hirschkopf und Einhorn1).
3. Stahlhämmer für den inländischen Gebrauch, die besonders Sensen-,
Sägen-, Feilen-, Klingen-, Messer-, Federstahl u. s. w. verfertigten.
Eine besonders gute Sorte Messerstahl hieſs Krampstahl. Er ging
meist nach England unter dem Namen Butcher-Steel und wurde
hauptsächlich für Tisch- und Schlachtmesser gebraucht. Es war ein
sorgfältig bereiteter Gärbstahl.

Das Gärben geschah entweder im Stahlfeuer selbst oder in
besonderen Gärbstahlherden von besonderen Schmieden. Letzteres
war besser, auch schon deshalb, weil das Gärben rascher ging als das
Stahlmachen, so daſs, was in 18 Stunden an Stahl gefrischt wurde,
in 10 Stunden gegärbt werden konnte. Deshalb kann ein Gärbherd
mit drei Arbeitern zwei Schmelzherde bedienen. Die oben unter 2.
und 3. angeführten märkischen Stahlhämmer waren Gärbstahlhämmer.
Ebenso wie der Rohstahl wurde der Cementstahl teils blos aus-
geschmiedet, teils gegärbt. Durch das Ausschmieden erhielt der
Cementstahl erst sein Korn. Die gewöhnliche Sorte von ½ bis ⅝ Zoll
Quadrat hieſs in Schweden Bunkstahl. Davon konnte ein Meister mit
seinem Gesellen den Tag 5 bis 6 Centner fertig machen. Für diese
grobe Sorte muſste der Hammer 13 bis 14 Liespfund (etwa 110 kg)
schwer sein; für feinere Sorten aber muſste man einen um die Hälfte
leichteren Hammer haben, wenn der Stahl nicht Risse und Borsten
erhalten sollte. Da zum Ausschmieden des Cementstahls Weiſsglut-
hitze genügt, so empfiehlt Rinman dasselbe in einem Flammofen (Glüh-
ofen) vorzunehmen; vielleicht in Verbindung mit einem Blechhammer.

Nägel, so weit sie nicht aus der Faust geschmiedet wurden,
schmiedete man unter kleinen Wasserhämmern, welche den Zain-
hämmern entsprachen. Letzteres war in Schweden das gangbarste
Verfahren und hatte den Vorteil gröſserer Produktion und besserer

1) Weitere Angaben über märkische und bergische Stahlzeichen werden in
der Geschichte des Eisens der einzelnen Länder folgen.
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[441/0455] Eisen- und Stahlveredlung. draht verfertigt wurde. 2. Stahlhämmer für den auswärtigen Handel, welche vielerlei Stahlgattungen und Dimensionen, wie es der Handel mit dem Auslande verlangte, lieferten. Auf diese wurden Zeichen geschlagen, und zwar für bestimmte Länder auch bestimmte Zeichen, so z. B. zwei S mit + darüber und = darunter auf den vierkantigen Stahl, der unter dem Namen Acier d’Hongrie nach Brabant und Frankreich ging. Name und Zeichen waren Nachahmungen, bezw. Fälschungen des steierischen und kärntnerischen Stahls. Sonst waren die gewöhnlichsten Zeichen für Frankreich Hirschkopf und Einhorn 1). 3. Stahlhämmer für den inländischen Gebrauch, die besonders Sensen-, Sägen-, Feilen-, Klingen-, Messer-, Federstahl u. s. w. verfertigten. Eine besonders gute Sorte Messerstahl hieſs Krampstahl. Er ging meist nach England unter dem Namen Butcher-Steel und wurde hauptsächlich für Tisch- und Schlachtmesser gebraucht. Es war ein sorgfältig bereiteter Gärbstahl. Das Gärben geschah entweder im Stahlfeuer selbst oder in besonderen Gärbstahlherden von besonderen Schmieden. Letzteres war besser, auch schon deshalb, weil das Gärben rascher ging als das Stahlmachen, so daſs, was in 18 Stunden an Stahl gefrischt wurde, in 10 Stunden gegärbt werden konnte. Deshalb kann ein Gärbherd mit drei Arbeitern zwei Schmelzherde bedienen. Die oben unter 2. und 3. angeführten märkischen Stahlhämmer waren Gärbstahlhämmer. Ebenso wie der Rohstahl wurde der Cementstahl teils blos aus- geschmiedet, teils gegärbt. Durch das Ausschmieden erhielt der Cementstahl erst sein Korn. Die gewöhnliche Sorte von ½ bis ⅝ Zoll Quadrat hieſs in Schweden Bunkstahl. Davon konnte ein Meister mit seinem Gesellen den Tag 5 bis 6 Centner fertig machen. Für diese grobe Sorte muſste der Hammer 13 bis 14 Liespfund (etwa 110 kg) schwer sein; für feinere Sorten aber muſste man einen um die Hälfte leichteren Hammer haben, wenn der Stahl nicht Risse und Borsten erhalten sollte. Da zum Ausschmieden des Cementstahls Weiſsglut- hitze genügt, so empfiehlt Rinman dasselbe in einem Flammofen (Glüh- ofen) vorzunehmen; vielleicht in Verbindung mit einem Blechhammer. Nägel, so weit sie nicht aus der Faust geschmiedet wurden, schmiedete man unter kleinen Wasserhämmern, welche den Zain- hämmern entsprachen. Letzteres war in Schweden das gangbarste Verfahren und hatte den Vorteil gröſserer Produktion und besserer 1) Weitere Angaben über märkische und bergische Stahlzeichen werden in der Geschichte des Eisens der einzelnen Länder folgen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/455>, abgerufen am 23.11.2024.