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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Kärntner Frischarbeit, als von der steierischen Rohstahlarbeit durch-
aus verschieden. Sie hat sich aus der Brescianschmiede (s. Bd. II, S. 252)
entwickelt und hat mit dieser manches Übereinstimmende. Das Eisen,
welches die Stahlhämmer von den kärntnerischen Hochöfen bekamen,
war meist halbiert und wurde erst durch einen besonderen Prozess,
das Hartzerennen, vorbereitet. Es geschah dies früher in dem Stahl-
frischherd selbst. Jars giebt folgende Schilderung:

"Um aus Floss Stahl zu machen, bedient man sich eines mit
zwei Blasebälgen versehenen Herdes (Hartzerennherdes), der denen
zu St. Gallen ähnlich ist. Der Boden des Herdes ist eine Platte,
welche im Feuer gut steht; die Seiten sind von beschlagenen stählernen
Platten eingefasst, worunter sich auch eine Schlackenplatte mit Löchern
befindet, um die Schlacken abstechen zu können. Auf den Boden des
Herdes schlägt man feuchte Kohlenstübbe ringsum im Kreise, so dass
nichts zwischen diese und die Stahlplatten laufen kann, denn diese
Materie frisst leicht durch, wenn die Ganz geschmolzen ist.

Auf einem solchen Herde schmilzt man in drei Stunden eine Flosse
oder Ganz ein, lässt sie eine gute Viertelstunde sich läutern, alsdann
sticht man durch das obere Loch die Schlacken, welche die Oberfläche
bedecken, ab, räumt die Kohlen weg und das Eisen erscheint auf
seiner oberen Seite hart. Man spritzt noch Wasser darauf und reisst
es dann wie Garkupfer in Scheiben. Auf dem Boden bleibt eine
Masse zurück, die man Eisen nennt, weil sie nicht so spröde ist als
die Scheiben, die man davon abgehoben hat. Wenn man nun Stahl
machen will, so hat man einen etwas kleineren Herd als den vorigen,
dessen Boden man auf die nämliche Art zurichtet; man lässt nur die
Form etwas mehr stechen. Der Herd wird mit Kohlen gefüllt, und
wenn er heiss ist, so rückt man, während man zugleich die Stahl-
kolben darauf auswärmt und ausschmiedet, eine von den auf der
Herdsohle bei der vorher beschriebenen Arbeit zurückgebliebene Masse,
die man Eisen nennt, heran. Sie schmilzt nach und nach ein und
man trägt von Zeit zu Zeit Stücke von den gerissenen Scheiben hinzu.
Um Stahl zu machen, braucht man sowohl das eine wie das andere,
denn das eine würde zu weich sein und das andere springt und hält
nicht unter dem Hammer aus. Um das Einschmelzen zu erleichtern
und damit auch nicht zu viel verbrennt, wirft man von Zeit zu Zeit
Schlacken auf und sticht sie auch wie gewöhnlich ab. Wenn man
sieht, dass die Schlacken zu dick sind, so setzt man einige Stücke
weissen Quarz zu, wovon die Schlacken dünner werden.

Sieht man, dass ungefähr 20 Pfund sich auf dem Boden des

Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Kärntner Frischarbeit, als von der steierischen Rohstahlarbeit durch-
aus verschieden. Sie hat sich aus der Brescianschmiede (s. Bd. II, S. 252)
entwickelt und hat mit dieser manches Übereinstimmende. Das Eisen,
welches die Stahlhämmer von den kärntnerischen Hochöfen bekamen,
war meist halbiert und wurde erst durch einen besonderen Prozeſs,
das Hartzerennen, vorbereitet. Es geschah dies früher in dem Stahl-
frischherd selbst. Jars giebt folgende Schilderung:

„Um aus Floſs Stahl zu machen, bedient man sich eines mit
zwei Blasebälgen versehenen Herdes (Hartzerennherdes), der denen
zu St. Gallen ähnlich ist. Der Boden des Herdes ist eine Platte,
welche im Feuer gut steht; die Seiten sind von beschlagenen stählernen
Platten eingefaſst, worunter sich auch eine Schlackenplatte mit Löchern
befindet, um die Schlacken abstechen zu können. Auf den Boden des
Herdes schlägt man feuchte Kohlenstübbe ringsum im Kreise, so daſs
nichts zwischen diese und die Stahlplatten laufen kann, denn diese
Materie friſst leicht durch, wenn die Ganz geschmolzen ist.

Auf einem solchen Herde schmilzt man in drei Stunden eine Floſse
oder Ganz ein, läſst sie eine gute Viertelstunde sich läutern, alsdann
sticht man durch das obere Loch die Schlacken, welche die Oberfläche
bedecken, ab, räumt die Kohlen weg und das Eisen erscheint auf
seiner oberen Seite hart. Man spritzt noch Wasser darauf und reiſst
es dann wie Garkupfer in Scheiben. Auf dem Boden bleibt eine
Masse zurück, die man Eisen nennt, weil sie nicht so spröde ist als
die Scheiben, die man davon abgehoben hat. Wenn man nun Stahl
machen will, so hat man einen etwas kleineren Herd als den vorigen,
dessen Boden man auf die nämliche Art zurichtet; man läſst nur die
Form etwas mehr stechen. Der Herd wird mit Kohlen gefüllt, und
wenn er heiſs ist, so rückt man, während man zugleich die Stahl-
kolben darauf auswärmt und ausschmiedet, eine von den auf der
Herdsohle bei der vorher beschriebenen Arbeit zurückgebliebene Masse,
die man Eisen nennt, heran. Sie schmilzt nach und nach ein und
man trägt von Zeit zu Zeit Stücke von den gerissenen Scheiben hinzu.
Um Stahl zu machen, braucht man sowohl das eine wie das andere,
denn das eine würde zu weich sein und das andere springt und hält
nicht unter dem Hammer aus. Um das Einschmelzen zu erleichtern
und damit auch nicht zu viel verbrennt, wirft man von Zeit zu Zeit
Schlacken auf und sticht sie auch wie gewöhnlich ab. Wenn man
sieht, daſs die Schlacken zu dick sind, so setzt man einige Stücke
weiſsen Quarz zu, wovon die Schlacken dünner werden.

Sieht man, daſs ungefähr 20 Pfund sich auf dem Boden des

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[412/0426] Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Kärntner Frischarbeit, als von der steierischen Rohstahlarbeit durch- aus verschieden. Sie hat sich aus der Brescianschmiede (s. Bd. II, S. 252) entwickelt und hat mit dieser manches Übereinstimmende. Das Eisen, welches die Stahlhämmer von den kärntnerischen Hochöfen bekamen, war meist halbiert und wurde erst durch einen besonderen Prozeſs, das Hartzerennen, vorbereitet. Es geschah dies früher in dem Stahl- frischherd selbst. Jars giebt folgende Schilderung: „Um aus Floſs Stahl zu machen, bedient man sich eines mit zwei Blasebälgen versehenen Herdes (Hartzerennherdes), der denen zu St. Gallen ähnlich ist. Der Boden des Herdes ist eine Platte, welche im Feuer gut steht; die Seiten sind von beschlagenen stählernen Platten eingefaſst, worunter sich auch eine Schlackenplatte mit Löchern befindet, um die Schlacken abstechen zu können. Auf den Boden des Herdes schlägt man feuchte Kohlenstübbe ringsum im Kreise, so daſs nichts zwischen diese und die Stahlplatten laufen kann, denn diese Materie friſst leicht durch, wenn die Ganz geschmolzen ist. Auf einem solchen Herde schmilzt man in drei Stunden eine Floſse oder Ganz ein, läſst sie eine gute Viertelstunde sich läutern, alsdann sticht man durch das obere Loch die Schlacken, welche die Oberfläche bedecken, ab, räumt die Kohlen weg und das Eisen erscheint auf seiner oberen Seite hart. Man spritzt noch Wasser darauf und reiſst es dann wie Garkupfer in Scheiben. Auf dem Boden bleibt eine Masse zurück, die man Eisen nennt, weil sie nicht so spröde ist als die Scheiben, die man davon abgehoben hat. Wenn man nun Stahl machen will, so hat man einen etwas kleineren Herd als den vorigen, dessen Boden man auf die nämliche Art zurichtet; man läſst nur die Form etwas mehr stechen. Der Herd wird mit Kohlen gefüllt, und wenn er heiſs ist, so rückt man, während man zugleich die Stahl- kolben darauf auswärmt und ausschmiedet, eine von den auf der Herdsohle bei der vorher beschriebenen Arbeit zurückgebliebene Masse, die man Eisen nennt, heran. Sie schmilzt nach und nach ein und man trägt von Zeit zu Zeit Stücke von den gerissenen Scheiben hinzu. Um Stahl zu machen, braucht man sowohl das eine wie das andere, denn das eine würde zu weich sein und das andere springt und hält nicht unter dem Hammer aus. Um das Einschmelzen zu erleichtern und damit auch nicht zu viel verbrennt, wirft man von Zeit zu Zeit Schlacken auf und sticht sie auch wie gewöhnlich ab. Wenn man sieht, daſs die Schlacken zu dick sind, so setzt man einige Stücke weiſsen Quarz zu, wovon die Schlacken dünner werden. Sieht man, daſs ungefähr 20 Pfund sich auf dem Boden des

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/426>, abgerufen am 07.07.2024.