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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Direkte Schmiedeeisengewinnung.
2 bis 3 Ctr., das übrige wird nachgesetzt. Beim Herausnehmen der
Luppe heben einige Arbeiter dieselbe mit Brechstangen, während
andere sie mit Zangen fassen und herausziehen. 675 Pfd. Erz sollen
225 Pfd. ausgeschmiedetes Stabeisen liefern.

Das andere Verfahren der direkten Eisengewinnung vollzog sich
in Schachtöfen. In Schweden schmolz man die Sumpf- und Seeerze
zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch ausschliesslich in dieser Weise,
wie wir es Bd. I, S. 803 und Bd. II, S. 161 bereits beschrieben haben.
Die Öfen hiessen Blaseöfen oder Bauernöfen (schw. Myrjärns-
oder Blästerverk, Blästerugn). Die Sumpferze (Örke oder Yrke)
wurden hauptsächlich in Jemptland, Dalekarlien und dem westlichen
Bothnien gewonnen und in Angermanland und Dalekarlien ver-
schmolzen. Vor dem Schmelzen wurden sie geröstet. Das Rösten
geschah in Haufen, welche in Dalekarlien in der Weise zugerichtet
wurden, dass man über den trockenen Boden einen Holzrost aus drei
Lagen rechtwinklig übereinander geschichteter Balken aufschichtete
und darauf eine Lage Erz etwa 0,2 m dick ausbreitete. Der quadra-
tische Haufen von 3,6 m Seitenlänge wurde entzündet, und wenn die
Balken längere Zeit gebrannt hatten und das Erz durchgeröstet war,
schüttelte man dieselben, so dass das Röstgut zwischen den Ritzen
durch auf den Boden fiel. Alsdann legte man nach Bedarf neues
Holz und eine frische Erzlage auf. Versuche in Angermanland, die
Sumpferze ungeröstet aufzugeben und durch langsame Steigerung der
Hitze die Röstung im Ofen selbst vorzunehmen, hatten schlechten
Erfolg; 2/3 des Eisens war unbrauchbar, so dass man davon abstehen
musste. Die Öfen waren kleiner oder grösser, je nachdem die Blase-
bälge getreten oder durch Wasserräder bewegt wurden. Die älteren
Öfen mit Tretbälgen waren kaum grösser und höher als ein Luppen-
feuer, 0,75 m hoch, unten 0,225 im Quadrat, oben 0,75 m Durch-
messer, indem der nur 0,12 m hohe Raum bis zur Form quadratisch
war, während der Raum von der Form bis zur Gicht die Gestalt eines
umgekehrten Kegels hatte. In Dalekarlien wurde für diese Öfen nur
eine Grube von 0,9 m Tiefe, 1,5 m Länge und 1,2 m Breite aus-
gegraben und darin der Ofen aus gewöhnlichen Steinen, ohne be-
sonderen Bodenstein, gemauert. In Angermanland hatte man da-
gegen einen Bodenstein. Diese alten niedrigen Öfchen hatten nicht
einmal ein Schlackenloch, sondern man liess die Schlacke, wenn sie
zu hoch stieg, aus dem Formloch abfliessen; übrigens waren die
Schlacken meistens gar nicht flüssig genug, um abzufliessen. Die
Luppe, die nach beendeter Schmelzung in Schlacke eingebettet im

Direkte Schmiedeeisengewinnung.
2 bis 3 Ctr., das übrige wird nachgesetzt. Beim Herausnehmen der
Luppe heben einige Arbeiter dieselbe mit Brechstangen, während
andere sie mit Zangen fassen und herausziehen. 675 Pfd. Erz sollen
225 Pfd. ausgeschmiedetes Stabeisen liefern.

Das andere Verfahren der direkten Eisengewinnung vollzog sich
in Schachtöfen. In Schweden schmolz man die Sumpf- und Seeerze
zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch ausschlieſslich in dieser Weise,
wie wir es Bd. I, S. 803 und Bd. II, S. 161 bereits beschrieben haben.
Die Öfen hieſsen Blaseöfen oder Bauernöfen (schw. Myrjärns-
oder Blästerverk, Blästerugn). Die Sumpferze (Örke oder Yrke)
wurden hauptsächlich in Jemptland, Dalekarlien und dem westlichen
Bothnien gewonnen und in Angermanland und Dalekarlien ver-
schmolzen. Vor dem Schmelzen wurden sie geröstet. Das Rösten
geschah in Haufen, welche in Dalekarlien in der Weise zugerichtet
wurden, daſs man über den trockenen Boden einen Holzrost aus drei
Lagen rechtwinklig übereinander geschichteter Balken aufschichtete
und darauf eine Lage Erz etwa 0,2 m dick ausbreitete. Der quadra-
tische Haufen von 3,6 m Seitenlänge wurde entzündet, und wenn die
Balken längere Zeit gebrannt hatten und das Erz durchgeröstet war,
schüttelte man dieselben, so daſs das Röstgut zwischen den Ritzen
durch auf den Boden fiel. Alsdann legte man nach Bedarf neues
Holz und eine frische Erzlage auf. Versuche in Angermanland, die
Sumpferze ungeröstet aufzugeben und durch langsame Steigerung der
Hitze die Röstung im Ofen selbst vorzunehmen, hatten schlechten
Erfolg; ⅔ des Eisens war unbrauchbar, so daſs man davon abstehen
muſste. Die Öfen waren kleiner oder gröſser, je nachdem die Blase-
bälge getreten oder durch Wasserräder bewegt wurden. Die älteren
Öfen mit Tretbälgen waren kaum gröſser und höher als ein Luppen-
feuer, 0,75 m hoch, unten 0,225 im Quadrat, oben 0,75 m Durch-
messer, indem der nur 0,12 m hohe Raum bis zur Form quadratisch
war, während der Raum von der Form bis zur Gicht die Gestalt eines
umgekehrten Kegels hatte. In Dalekarlien wurde für diese Öfen nur
eine Grube von 0,9 m Tiefe, 1,5 m Länge und 1,2 m Breite aus-
gegraben und darin der Ofen aus gewöhnlichen Steinen, ohne be-
sonderen Bodenstein, gemauert. In Angermanland hatte man da-
gegen einen Bodenstein. Diese alten niedrigen Öfchen hatten nicht
einmal ein Schlackenloch, sondern man lieſs die Schlacke, wenn sie
zu hoch stieg, aus dem Formloch abflieſsen; übrigens waren die
Schlacken meistens gar nicht flüssig genug, um abzuflieſsen. Die
Luppe, die nach beendeter Schmelzung in Schlacke eingebettet im

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[121/0135] Direkte Schmiedeeisengewinnung. 2 bis 3 Ctr., das übrige wird nachgesetzt. Beim Herausnehmen der Luppe heben einige Arbeiter dieselbe mit Brechstangen, während andere sie mit Zangen fassen und herausziehen. 675 Pfd. Erz sollen 225 Pfd. ausgeschmiedetes Stabeisen liefern. Das andere Verfahren der direkten Eisengewinnung vollzog sich in Schachtöfen. In Schweden schmolz man die Sumpf- und Seeerze zu Anfang des 18. Jahrhunderts noch ausschlieſslich in dieser Weise, wie wir es Bd. I, S. 803 und Bd. II, S. 161 bereits beschrieben haben. Die Öfen hieſsen Blaseöfen oder Bauernöfen (schw. Myrjärns- oder Blästerverk, Blästerugn). Die Sumpferze (Örke oder Yrke) wurden hauptsächlich in Jemptland, Dalekarlien und dem westlichen Bothnien gewonnen und in Angermanland und Dalekarlien ver- schmolzen. Vor dem Schmelzen wurden sie geröstet. Das Rösten geschah in Haufen, welche in Dalekarlien in der Weise zugerichtet wurden, daſs man über den trockenen Boden einen Holzrost aus drei Lagen rechtwinklig übereinander geschichteter Balken aufschichtete und darauf eine Lage Erz etwa 0,2 m dick ausbreitete. Der quadra- tische Haufen von 3,6 m Seitenlänge wurde entzündet, und wenn die Balken längere Zeit gebrannt hatten und das Erz durchgeröstet war, schüttelte man dieselben, so daſs das Röstgut zwischen den Ritzen durch auf den Boden fiel. Alsdann legte man nach Bedarf neues Holz und eine frische Erzlage auf. Versuche in Angermanland, die Sumpferze ungeröstet aufzugeben und durch langsame Steigerung der Hitze die Röstung im Ofen selbst vorzunehmen, hatten schlechten Erfolg; ⅔ des Eisens war unbrauchbar, so daſs man davon abstehen muſste. Die Öfen waren kleiner oder gröſser, je nachdem die Blase- bälge getreten oder durch Wasserräder bewegt wurden. Die älteren Öfen mit Tretbälgen waren kaum gröſser und höher als ein Luppen- feuer, 0,75 m hoch, unten 0,225 im Quadrat, oben 0,75 m Durch- messer, indem der nur 0,12 m hohe Raum bis zur Form quadratisch war, während der Raum von der Form bis zur Gicht die Gestalt eines umgekehrten Kegels hatte. In Dalekarlien wurde für diese Öfen nur eine Grube von 0,9 m Tiefe, 1,5 m Länge und 1,2 m Breite aus- gegraben und darin der Ofen aus gewöhnlichen Steinen, ohne be- sonderen Bodenstein, gemauert. In Angermanland hatte man da- gegen einen Bodenstein. Diese alten niedrigen Öfchen hatten nicht einmal ein Schlackenloch, sondern man lieſs die Schlacke, wenn sie zu hoch stieg, aus dem Formloch abflieſsen; übrigens waren die Schlacken meistens gar nicht flüssig genug, um abzuflieſsen. Die Luppe, die nach beendeter Schmelzung in Schlacke eingebettet im

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/135>, abgerufen am 25.11.2024.