maschine in Kassel aufgestellt habe, denn letztere war eine New- comen-Feuermaschine.
Dieser Major Joh. Heinr. Weber und ein Major Joh. Jac. Brückmann erboten sich bei der hannöverischen Regierung, eine Maschine ihrer Erfindung zur Wasserhaltung der Bergwerke im Harze aufzustellen. Sie gaben an 1): "Eine Maschine, die so stark gebauet, dass selbige eines Feuers bedürftig ist, welches in Zeit von 24 Stunden 1/2 Klafter oder 171 Kubikfuss Holzes verzehret, kann binnen solcher Zeit 6480 Ohm oder 1080 Fuder Wasser 150 Fuss hoch heben in einer Röhre, die 7 Zoll in ihrem Diameter weit ist. Nach dieser Proportion können nun leicht alle Tiefen nach der Quantität des Wassers, das herauszuheben ist, kalkulieret und also auch die Ma- schine, per consequens auch das Feuer, nach Erforderung eines jeden Ortes Notwendigkeit, grösser oder kleiner gemacht werden". Sie ver- langten für ihre erste Probemaschine 100000 Thaler Belohnung und ein Privilegium auf 20 Jahre. Es wurde auch ein Vertrag entworfen, aber nicht ratifiziert, jedenfalls der unerhörten Forderung wegen. Die beiden Erfinder veröffentlichten darauf 1720 eine Schrift: "Neu erfundene Elementarmaschine", in welcher sie ihre Erfindungen in marktschreierischer Weise anpreisen zu demselben hohen Preise -- natürlich ohne Erfolg. Keinenfalls kann aber der kolossale gusseiserne Cylinder, der noch im königl. Museum zu Kassel vorhanden ist, von Webers obenerwähnter Versuchsmaschine herrühren. Dagegen wurde später auch eine Newcomen-Maschine in Kassel aufgestellt. Dies geschah durch Fischer von Erlach, welchen Landgraf Karl von Wien berufen hatte. Unter dessen Leitung wurde 1722 die erste englische Feuermaschine in der Residenz Kassel zu einer Probe auf- gestellt 2). Die Maschine war aus England bezogen und es ist kaum denkbar, dass der obenerwähnte grosse Cylinder, der 1,27 m Höhe und 1,25 m lichte Weite hat, zu dieser Maschine gehört habe. Die Engländer verwarfen damals noch die eisernen Cylinder gänzlich, auch ist das Verhältnis zwischen Höhe und Durchmesser ganz abweichend von den Maschinen jener Zeit. Wahrscheinlich gehörte der fragliche Cylinder, der irrig als Papins Cylinder bezeichnet wird und in
1)Calvör, l. c. 121.
2) Siehe "Das merkwürdige Wien", Februar 1727, S. 74; dort wird gesagt, "dass diese Engelländische Feuermaschine von Herrn von Fischer zu allererst anno 1722 in Deutschland sei angegeben und auf gnädigste Verordnung Sr. Hoch- fürstl. Durchl. Caroli, Regierenden Herrn Landgrafens zu Hessen-Kassel, in dero Residenz-Stadt Kassel zu einer Probe aufgerichtet worden". Siehe auch Weidler, loc. cit., p. 91.
Die Dampfmaschine vor Watt.
maschine in Kassel aufgestellt habe, denn letztere war eine New- comen-Feuermaschine.
Dieser Major Joh. Heinr. Weber und ein Major Joh. Jac. Brückmann erboten sich bei der hannöverischen Regierung, eine Maschine ihrer Erfindung zur Wasserhaltung der Bergwerke im Harze aufzustellen. Sie gaben an 1): „Eine Maschine, die so stark gebauet, daſs selbige eines Feuers bedürftig ist, welches in Zeit von 24 Stunden ½ Klafter oder 171 Kubikfuſs Holzes verzehret, kann binnen solcher Zeit 6480 Ohm oder 1080 Fuder Wasser 150 Fuſs hoch heben in einer Röhre, die 7 Zoll in ihrem Diameter weit ist. Nach dieser Proportion können nun leicht alle Tiefen nach der Quantität des Wassers, das herauszuheben ist, kalkulieret und also auch die Ma- schine, per consequens auch das Feuer, nach Erforderung eines jeden Ortes Notwendigkeit, gröſser oder kleiner gemacht werden“. Sie ver- langten für ihre erste Probemaschine 100000 Thaler Belohnung und ein Privilegium auf 20 Jahre. Es wurde auch ein Vertrag entworfen, aber nicht ratifiziert, jedenfalls der unerhörten Forderung wegen. Die beiden Erfinder veröffentlichten darauf 1720 eine Schrift: „Neu erfundene Elementarmaschine“, in welcher sie ihre Erfindungen in marktschreierischer Weise anpreisen zu demselben hohen Preise — natürlich ohne Erfolg. Keinenfalls kann aber der kolossale guſseiserne Cylinder, der noch im königl. Museum zu Kassel vorhanden ist, von Webers obenerwähnter Versuchsmaschine herrühren. Dagegen wurde später auch eine Newcomen-Maschine in Kassel aufgestellt. Dies geschah durch Fischer von Erlach, welchen Landgraf Karl von Wien berufen hatte. Unter dessen Leitung wurde 1722 die erste englische Feuermaschine in der Residenz Kassel zu einer Probe auf- gestellt 2). Die Maschine war aus England bezogen und es ist kaum denkbar, daſs der obenerwähnte groſse Cylinder, der 1,27 m Höhe und 1,25 m lichte Weite hat, zu dieser Maschine gehört habe. Die Engländer verwarfen damals noch die eisernen Cylinder gänzlich, auch ist das Verhältnis zwischen Höhe und Durchmesser ganz abweichend von den Maschinen jener Zeit. Wahrscheinlich gehörte der fragliche Cylinder, der irrig als Papins Cylinder bezeichnet wird und in
1)Calvör, l. c. 121.
2) Siehe „Das merkwürdige Wien“, Februar 1727, S. 74; dort wird gesagt, „daſs diese Engelländische Feuermaschine von Herrn von Fischer zu allererst anno 1722 in Deutschland sei angegeben und auf gnädigste Verordnung Sr. Hoch- fürstl. Durchl. Caroli, Regierenden Herrn Landgrafens zu Hessen-Kassel, in dero Residenz-Stadt Kassel zu einer Probe aufgerichtet worden“. Siehe auch Weidler, loc. cit., p. 91.
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[106/0120]
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Dieser Major Joh. Heinr. Weber und ein Major Joh. Jac.
Brückmann erboten sich bei der hannöverischen Regierung, eine
Maschine ihrer Erfindung zur Wasserhaltung der Bergwerke im Harze
aufzustellen. Sie gaben an 1): „Eine Maschine, die so stark gebauet,
daſs selbige eines Feuers bedürftig ist, welches in Zeit von 24 Stunden
½ Klafter oder 171 Kubikfuſs Holzes verzehret, kann binnen solcher
Zeit 6480 Ohm oder 1080 Fuder Wasser 150 Fuſs hoch heben
in einer Röhre, die 7 Zoll in ihrem Diameter weit ist. Nach dieser
Proportion können nun leicht alle Tiefen nach der Quantität des
Wassers, das herauszuheben ist, kalkulieret und also auch die Ma-
schine, per consequens auch das Feuer, nach Erforderung eines jeden
Ortes Notwendigkeit, gröſser oder kleiner gemacht werden“. Sie ver-
langten für ihre erste Probemaschine 100000 Thaler Belohnung und
ein Privilegium auf 20 Jahre. Es wurde auch ein Vertrag entworfen,
aber nicht ratifiziert, jedenfalls der unerhörten Forderung wegen.
Die beiden Erfinder veröffentlichten darauf 1720 eine Schrift: „Neu
erfundene Elementarmaschine“, in welcher sie ihre Erfindungen in
marktschreierischer Weise anpreisen zu demselben hohen Preise —
natürlich ohne Erfolg. Keinenfalls kann aber der kolossale guſseiserne
Cylinder, der noch im königl. Museum zu Kassel vorhanden ist, von
Webers obenerwähnter Versuchsmaschine herrühren. Dagegen wurde
später auch eine Newcomen-Maschine in Kassel aufgestellt. Dies
geschah durch Fischer von Erlach, welchen Landgraf Karl von
Wien berufen hatte. Unter dessen Leitung wurde 1722 die erste
englische Feuermaschine in der Residenz Kassel zu einer Probe auf-
gestellt 2). Die Maschine war aus England bezogen und es ist kaum
denkbar, daſs der obenerwähnte groſse Cylinder, der 1,27 m Höhe
und 1,25 m lichte Weite hat, zu dieser Maschine gehört habe. Die
Engländer verwarfen damals noch die eisernen Cylinder gänzlich, auch
ist das Verhältnis zwischen Höhe und Durchmesser ganz abweichend
von den Maschinen jener Zeit. Wahrscheinlich gehörte der fragliche
Cylinder, der irrig als Papins Cylinder bezeichnet wird und in
1) Calvör, l. c. 121.
2) Siehe „Das merkwürdige Wien“, Februar 1727, S. 74; dort wird gesagt,
„daſs diese Engelländische Feuermaschine von Herrn von Fischer zu allererst
anno 1722 in Deutschland sei angegeben und auf gnädigste Verordnung Sr. Hoch-
fürstl. Durchl. Caroli, Regierenden Herrn Landgrafens zu Hessen-Kassel, in
dero Residenz-Stadt Kassel zu einer Probe aufgerichtet worden“. Siehe auch
Weidler, loc. cit., p. 91.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/120>, abgerufen am 26.11.2024.
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