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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Dampfmaschine vor Watt.
die ersten Dampfmaschinen in Deutschland eingeführt zu haben. Von
Papins Maschine haben wir bereits berichtet. Als diese den Er-
wartungen des Landgrafen nicht entsprach, wandte er sich nach Eng-
land wegen einer Savery-Maschine. Schon 1705 soll jener Prinz von
Hessen, welcher im folgenden Jahre in der Schlacht bei Ramilly fiel,
Saverys Maschine in London angesehen und von dem Erfinder
selbst erklärt bekommen haben. Nach einer englischen Erzählung 1)
hatte dann bereits im Jahre 1706 der Fürst durch einen Vertrauten
ein Modell -- wahrscheinlich von Papin -- an Savery selbst ge-
schickt. Das Modell hätte teilweise Saverys Erfindung entsprochen,
sei aber so unvollkommen gewesen, dass es nicht ging. Er habe nun
gebeten, dasselbe in Stand zu setzen. Savery teilte der Royal
Society mit, er habe dies gethan und das Modell wieder nach Kassel
geschickt. Dadurch erweckte er den Glauben, er habe die Maschine,
welche Papin als die seinige ausgab, gemacht. Was an der ganzen
Sache Wahres ist, bleibt unaufgeklärt. Dass Papin eine Arbeit
Saverys oder irgend eines Anderen als seine eigene ausgegeben
hätte, ist gar nicht denkbar. Dass aber der Landgraf hinter Papins
Rücken sich mit Savery in Verbindung gesetzt hatte, ist nicht un-
wahrscheinlich und mag dies viel zu dem bald darauf erfolgten Bruch
zwischen beiden beigetragen haben. So lange der spanische Erb-
folgekrieg dauerte, an dem Landgraf Karl persönlich teilnahm, ruhte
die Angelegenheit. Nach Beendigung desselben griff er die Sache
wieder auf. 1715 soll eine englische Dampfmaschine zum Betriebe
eines Springbrunnens aufgestellt worden sein. Ein Kapitän Weber
hätte dieselbe von England mitgebracht. Wenn die Jahreszahl richtig
ist, so war dies jedenfalls eine Savery-Maschine. Nach Calvör 2) hätte
der hessische Artilleriemajor Weber in London die Maschine des
Wasserwerkes bei York Buildings gesehen und nach einem Hand-
schreiben desselben an den hannöverischen Minister "anno 1715 in
Kassel auf Befehl des Herrn Landgrafen im kleinen verfertigen
lassen, wo sie zu jedermanns Verwunderung ausgefallen". -- Es ist
dies jedenfalls dieselbe Maschine, von der Kapitän Weber in einem
Briefe an Leibnitz berichtete, sie habe bei 1/2 Klafter Holzverbrauch
64 Ohm Wasser 150 Fuss hoch gehoben. Bei der Annahme, dass dies
eine Savery-Maschine war, löst sich auch der Widerspruch, dass
Fischer von Erlach der Erste gewesen sein soll, der eine Dampf-

1) Siehe Abridgments, a. a. O., S. 32.
2) Henning Calvör, Historisch-chronol. etc. Beschreibung des Maschinen-
wesens auf dem Oberharze 1763, Bd. I, S. 119.

Die Dampfmaschine vor Watt.
die ersten Dampfmaschinen in Deutschland eingeführt zu haben. Von
Papins Maschine haben wir bereits berichtet. Als diese den Er-
wartungen des Landgrafen nicht entsprach, wandte er sich nach Eng-
land wegen einer Savery-Maschine. Schon 1705 soll jener Prinz von
Hessen, welcher im folgenden Jahre in der Schlacht bei Ramilly fiel,
Saverys Maschine in London angesehen und von dem Erfinder
selbst erklärt bekommen haben. Nach einer englischen Erzählung 1)
hatte dann bereits im Jahre 1706 der Fürst durch einen Vertrauten
ein Modell — wahrscheinlich von Papin — an Savery selbst ge-
schickt. Das Modell hätte teilweise Saverys Erfindung entsprochen,
sei aber so unvollkommen gewesen, daſs es nicht ging. Er habe nun
gebeten, dasselbe in Stand zu setzen. Savery teilte der Royal
Society mit, er habe dies gethan und das Modell wieder nach Kassel
geschickt. Dadurch erweckte er den Glauben, er habe die Maschine,
welche Papin als die seinige ausgab, gemacht. Was an der ganzen
Sache Wahres ist, bleibt unaufgeklärt. Daſs Papin eine Arbeit
Saverys oder irgend eines Anderen als seine eigene ausgegeben
hätte, ist gar nicht denkbar. Daſs aber der Landgraf hinter Papins
Rücken sich mit Savery in Verbindung gesetzt hatte, ist nicht un-
wahrscheinlich und mag dies viel zu dem bald darauf erfolgten Bruch
zwischen beiden beigetragen haben. So lange der spanische Erb-
folgekrieg dauerte, an dem Landgraf Karl persönlich teilnahm, ruhte
die Angelegenheit. Nach Beendigung desselben griff er die Sache
wieder auf. 1715 soll eine englische Dampfmaschine zum Betriebe
eines Springbrunnens aufgestellt worden sein. Ein Kapitän Weber
hätte dieselbe von England mitgebracht. Wenn die Jahreszahl richtig
ist, so war dies jedenfalls eine Savery-Maschine. Nach Calvör 2) hätte
der hessische Artilleriemajor Weber in London die Maschine des
Wasserwerkes bei York Buildings gesehen und nach einem Hand-
schreiben desselben an den hannöverischen Minister „anno 1715 in
Kassel auf Befehl des Herrn Landgrafen im kleinen verfertigen
lassen, wo sie zu jedermanns Verwunderung ausgefallen“. — Es ist
dies jedenfalls dieselbe Maschine, von der Kapitän Weber in einem
Briefe an Leibnitz berichtete, sie habe bei ½ Klafter Holzverbrauch
64 Ohm Wasser 150 Fuſs hoch gehoben. Bei der Annahme, daſs dies
eine Savery-Maschine war, löst sich auch der Widerspruch, daſs
Fischer von Erlach der Erste gewesen sein soll, der eine Dampf-

1) Siehe Abridgments, a. a. O., S. 32.
2) Henning Calvör, Historisch-chronol. etc. Beschreibung des Maschinen-
wesens auf dem Oberharze 1763, Bd. I, S. 119.
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[105/0119] Die Dampfmaschine vor Watt. die ersten Dampfmaschinen in Deutschland eingeführt zu haben. Von Papins Maschine haben wir bereits berichtet. Als diese den Er- wartungen des Landgrafen nicht entsprach, wandte er sich nach Eng- land wegen einer Savery-Maschine. Schon 1705 soll jener Prinz von Hessen, welcher im folgenden Jahre in der Schlacht bei Ramilly fiel, Saverys Maschine in London angesehen und von dem Erfinder selbst erklärt bekommen haben. Nach einer englischen Erzählung 1) hatte dann bereits im Jahre 1706 der Fürst durch einen Vertrauten ein Modell — wahrscheinlich von Papin — an Savery selbst ge- schickt. Das Modell hätte teilweise Saverys Erfindung entsprochen, sei aber so unvollkommen gewesen, daſs es nicht ging. Er habe nun gebeten, dasselbe in Stand zu setzen. Savery teilte der Royal Society mit, er habe dies gethan und das Modell wieder nach Kassel geschickt. Dadurch erweckte er den Glauben, er habe die Maschine, welche Papin als die seinige ausgab, gemacht. Was an der ganzen Sache Wahres ist, bleibt unaufgeklärt. Daſs Papin eine Arbeit Saverys oder irgend eines Anderen als seine eigene ausgegeben hätte, ist gar nicht denkbar. Daſs aber der Landgraf hinter Papins Rücken sich mit Savery in Verbindung gesetzt hatte, ist nicht un- wahrscheinlich und mag dies viel zu dem bald darauf erfolgten Bruch zwischen beiden beigetragen haben. So lange der spanische Erb- folgekrieg dauerte, an dem Landgraf Karl persönlich teilnahm, ruhte die Angelegenheit. Nach Beendigung desselben griff er die Sache wieder auf. 1715 soll eine englische Dampfmaschine zum Betriebe eines Springbrunnens aufgestellt worden sein. Ein Kapitän Weber hätte dieselbe von England mitgebracht. Wenn die Jahreszahl richtig ist, so war dies jedenfalls eine Savery-Maschine. Nach Calvör 2) hätte der hessische Artilleriemajor Weber in London die Maschine des Wasserwerkes bei York Buildings gesehen und nach einem Hand- schreiben desselben an den hannöverischen Minister „anno 1715 in Kassel auf Befehl des Herrn Landgrafen im kleinen verfertigen lassen, wo sie zu jedermanns Verwunderung ausgefallen“. — Es ist dies jedenfalls dieselbe Maschine, von der Kapitän Weber in einem Briefe an Leibnitz berichtete, sie habe bei ½ Klafter Holzverbrauch 64 Ohm Wasser 150 Fuſs hoch gehoben. Bei der Annahme, daſs dies eine Savery-Maschine war, löst sich auch der Widerspruch, daſs Fischer von Erlach der Erste gewesen sein soll, der eine Dampf- 1) Siehe Abridgments, a. a. O., S. 32. 2) Henning Calvör, Historisch-chronol. etc. Beschreibung des Maschinen- wesens auf dem Oberharze 1763, Bd. I, S. 119.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/119>, abgerufen am 26.11.2024.