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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Schweden.
Aufgeber verboten, Speise und Trank anzunehmen. An das Abwiegen
der Gichten dachte man damals noch nicht.

Die Bergmannshütten bliesen noch jedes Jahr, wenn man auch
nur für Wochen, statt für Monate, Erz zusammen hatte, was ebenfalls
ein grosser Übelstand war. Hieraus erklärt sich auch die grosse Zahl
von Hochöfen im Verhältnis zur Produktion. Die Bemühungen der
Regierungen, grössere Vereinigungen von Gewerken herbeizuführen,
waren erfolglos.

Jede Gewerkschaft wählte für jeden Betrieb einen Hüttenvogt,
der also Repräsentant und Vorgesetzter war. Er wurde vom Ober-
hochofenmeister bestätigt. Er übernahm bei seinem Antritt das Inven-
tar, sorgte für die Kost der Arbeiter, machte Anzeige von den vor-
handenen Erzen und vom Beginn des Blasens. Er liess die Bergleute
beim Anblasen um die Reihenfolge ihrer Blasetage losen. Er war
den Gewerken für die richtige Ordnung beim Betrieb verantwortlich.
Bei fortdauernd schlechtem Betrieb rief er den Altmeister zu Hülfe.
Er führte die Rechnungen. Wenn das Blasen von der Gewerkschaft
beschlossen wurde, musste jeder Einzelne, auch wenn er nicht blies,
seinen Teil zu den Kosten der Zustellung und Erz und Kohle zum
Anblasen und zur Zeit des gemeinschaftlichen Betriebes geben. Das
Eisen des gemeinschaftlichen Betriebes hielt der Vogt bis zur Rech-
nungsablegung unter Verschluss, zog davon die Gesamtkosten des
Betriebes, darunter auch seine Besoldung, ab und verteilte den Rest
nach der Grösse der Anteile unter den Gewerken. Wollte ein Berg-
mann seinen Anteil aufgeben, so wurde dieser von den anderen nach
Massgabe ihrer Beteiligung übernommen.

Schwedens Waldreichtum war die Ursache, dass rücksichtslos
darauflosgehaust wurde. Grosse Verwüstungen richteten die Wald-
brände an, die durch das "Schweden" veranlasst wurden. Man brannte
nämlich den Niederwald, nachdem man ihn zusammengeschlagen hatte,
streckenweise ab, nur um dann auf seiner Asche zu säen. Diese
Methode nannte man Svedja. Wo dieselbe etwas rationeller betrieben
wurde, teilte man den Wald in Schläge ein, ähnlich wie bei den Hau-
bergen im Siegerland.

Die Eisenindustrie, die Holzverschwendung im Lande und die
Ausfuhr lichteten bereits im 18. Jahrhundert die riesigen Waldungen
Schwedens in bedenklicher Weise, wie wir aus Polhems Mahnruf
erfahren. Zu einer eigentlichen Waldbewirtschaftung konnte man
sich aber noch nicht aufschwingen, obgleich im Jahre 1734 eine vor-
zügliche Waldordnung erlassen worden war.


Schweden.
Aufgeber verboten, Speise und Trank anzunehmen. An das Abwiegen
der Gichten dachte man damals noch nicht.

Die Bergmannshütten bliesen noch jedes Jahr, wenn man auch
nur für Wochen, statt für Monate, Erz zusammen hatte, was ebenfalls
ein groſser Übelstand war. Hieraus erklärt sich auch die groſse Zahl
von Hochöfen im Verhältnis zur Produktion. Die Bemühungen der
Regierungen, gröſsere Vereinigungen von Gewerken herbeizuführen,
waren erfolglos.

Jede Gewerkschaft wählte für jeden Betrieb einen Hüttenvogt,
der also Repräsentant und Vorgesetzter war. Er wurde vom Ober-
hochofenmeister bestätigt. Er übernahm bei seinem Antritt das Inven-
tar, sorgte für die Kost der Arbeiter, machte Anzeige von den vor-
handenen Erzen und vom Beginn des Blasens. Er lieſs die Bergleute
beim Anblasen um die Reihenfolge ihrer Blasetage losen. Er war
den Gewerken für die richtige Ordnung beim Betrieb verantwortlich.
Bei fortdauernd schlechtem Betrieb rief er den Altmeister zu Hülfe.
Er führte die Rechnungen. Wenn das Blasen von der Gewerkschaft
beschlossen wurde, muſste jeder Einzelne, auch wenn er nicht blies,
seinen Teil zu den Kosten der Zustellung und Erz und Kohle zum
Anblasen und zur Zeit des gemeinschaftlichen Betriebes geben. Das
Eisen des gemeinschaftlichen Betriebes hielt der Vogt bis zur Rech-
nungsablegung unter Verschluſs, zog davon die Gesamtkosten des
Betriebes, darunter auch seine Besoldung, ab und verteilte den Rest
nach der Gröſse der Anteile unter den Gewerken. Wollte ein Berg-
mann seinen Anteil aufgeben, so wurde dieser von den anderen nach
Maſsgabe ihrer Beteiligung übernommen.

Schwedens Waldreichtum war die Ursache, daſs rücksichtslos
darauflosgehaust wurde. Groſse Verwüstungen richteten die Wald-
brände an, die durch das „Schweden“ veranlaſst wurden. Man brannte
nämlich den Niederwald, nachdem man ihn zusammengeschlagen hatte,
streckenweise ab, nur um dann auf seiner Asche zu säen. Diese
Methode nannte man Svedja. Wo dieselbe etwas rationeller betrieben
wurde, teilte man den Wald in Schläge ein, ähnlich wie bei den Hau-
bergen im Siegerland.

Die Eisenindustrie, die Holzverschwendung im Lande und die
Ausfuhr lichteten bereits im 18. Jahrhundert die riesigen Waldungen
Schwedens in bedenklicher Weise, wie wir aus Polhems Mahnruf
erfahren. Zu einer eigentlichen Waldbewirtschaftung konnte man
sich aber noch nicht aufschwingen, obgleich im Jahre 1734 eine vor-
zügliche Waldordnung erlassen worden war.


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[1119/1133] Schweden. Aufgeber verboten, Speise und Trank anzunehmen. An das Abwiegen der Gichten dachte man damals noch nicht. Die Bergmannshütten bliesen noch jedes Jahr, wenn man auch nur für Wochen, statt für Monate, Erz zusammen hatte, was ebenfalls ein groſser Übelstand war. Hieraus erklärt sich auch die groſse Zahl von Hochöfen im Verhältnis zur Produktion. Die Bemühungen der Regierungen, gröſsere Vereinigungen von Gewerken herbeizuführen, waren erfolglos. Jede Gewerkschaft wählte für jeden Betrieb einen Hüttenvogt, der also Repräsentant und Vorgesetzter war. Er wurde vom Ober- hochofenmeister bestätigt. Er übernahm bei seinem Antritt das Inven- tar, sorgte für die Kost der Arbeiter, machte Anzeige von den vor- handenen Erzen und vom Beginn des Blasens. Er lieſs die Bergleute beim Anblasen um die Reihenfolge ihrer Blasetage losen. Er war den Gewerken für die richtige Ordnung beim Betrieb verantwortlich. Bei fortdauernd schlechtem Betrieb rief er den Altmeister zu Hülfe. Er führte die Rechnungen. Wenn das Blasen von der Gewerkschaft beschlossen wurde, muſste jeder Einzelne, auch wenn er nicht blies, seinen Teil zu den Kosten der Zustellung und Erz und Kohle zum Anblasen und zur Zeit des gemeinschaftlichen Betriebes geben. Das Eisen des gemeinschaftlichen Betriebes hielt der Vogt bis zur Rech- nungsablegung unter Verschluſs, zog davon die Gesamtkosten des Betriebes, darunter auch seine Besoldung, ab und verteilte den Rest nach der Gröſse der Anteile unter den Gewerken. Wollte ein Berg- mann seinen Anteil aufgeben, so wurde dieser von den anderen nach Maſsgabe ihrer Beteiligung übernommen. Schwedens Waldreichtum war die Ursache, daſs rücksichtslos darauflosgehaust wurde. Groſse Verwüstungen richteten die Wald- brände an, die durch das „Schweden“ veranlaſst wurden. Man brannte nämlich den Niederwald, nachdem man ihn zusammengeschlagen hatte, streckenweise ab, nur um dann auf seiner Asche zu säen. Diese Methode nannte man Svedja. Wo dieselbe etwas rationeller betrieben wurde, teilte man den Wald in Schläge ein, ähnlich wie bei den Hau- bergen im Siegerland. Die Eisenindustrie, die Holzverschwendung im Lande und die Ausfuhr lichteten bereits im 18. Jahrhundert die riesigen Waldungen Schwedens in bedenklicher Weise, wie wir aus Polhems Mahnruf erfahren. Zu einer eigentlichen Waldbewirtschaftung konnte man sich aber noch nicht aufschwingen, obgleich im Jahre 1734 eine vor- zügliche Waldordnung erlassen worden war.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1133>, abgerufen am 22.11.2024.