Mit Recht verweist er auf England und dessen grosse Königin Elisabeth. Hätte sie so gehandelt, wie jetzt die Schweden, so wäre Eng- land heute noch so arm wie vor 200 Jahren. "Gewissermassen ist das damalige Schicksal Englands jetzo das unserige; denn so wie jenes damals seine Wolle unverarbeitet ausführte, so machen wir es nun mit unserem Eisen. -- Dabei haben wir einen Vorteil, den jene nicht besassen. Wir können mit unserer Eisenbereitung und -Veredelung so verfahren, dass weder In- noch Ausländer Schaden dabei leiden, wenn wir uns nur auf Champlun- (Facon-)eisen, auf für verschiedene Arbeiten bequem vorgeschmiedetes Eisen und auf Materialeisen für allerlei Manufaktureisen verlegen wollen, was die Engländer mit ihrer Wolle nicht konnten. Die ausländischen Arbeiter würden mit Ver- gnügen dieses vorgearbeitete Eisen kaufen, schon des geringeren Auf- wandes an Holzkohlen wegen, die in den meisten Ländern 12mal so teuer sind als bei uns."
"Würde der Ausländer uns die ganzen Kosten der Veredlung nach seinen teuren Lohnsätzen bezahlen, so hätte er immer noch einen Nutzen durch die Differenz der Kohlenpreise und durch die geringere Fracht. Schweden besitze aber Überfluss an Wasserkraft, welche noch viel zu wenig ausgenutzt sei."
Wenn wir diese Mahnrufe Polhems lesen und erwägen, dass die- selben im Jahre 1746 niedergeschrieben wurden und dass um dieselbe Zeit das Eisenkontor gegründet wurde, so dürfen wir wohl schliessen, dass Polhem selbst hierzu wesentlich mitgewirkt hat, wozu er auch durch das hohe Ansehen, das er genoss, am meisten in der Lage war. Und hier knüpft sich denn auch gleich die Geschichte der schwe- dischen Eisenindustrie der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an, welche ihren Hauptvertreter in Sven Rinman hat.
Wir haben schon oben erwähnt, dass sich das Eisenkontor die Hebung der schwedischen Eisenindustrie als Hauptaufgabe gestellt hatte1). Dies bethätigte sich zuerst in der Anstellung eigener Beamten neben den schon von der Regierung mit der Aufsicht über die Hütten betrauten.
Wenn die Regierungsbeamten mehr über die Rechtsordnung zu wachen hatten, wenn sie für die Durchführung der Vorschriften, die Qualität des Eisens, Stempel und Wage, Abgaben und Anlage neuer Werke zu sorgen hatten, so sollten die Beamten des Eisen-
1) Vergl. auch Hausmanns Reise durch Skandinavien in den Jahren 1806 und 1807, Bd. III, S. 452.
Schweden.
Mit Recht verweist er auf England und dessen groſse Königin Elisabeth. Hätte sie so gehandelt, wie jetzt die Schweden, so wäre Eng- land heute noch so arm wie vor 200 Jahren. „Gewissermaſsen ist das damalige Schicksal Englands jetzo das unserige; denn so wie jenes damals seine Wolle unverarbeitet ausführte, so machen wir es nun mit unserem Eisen. — Dabei haben wir einen Vorteil, den jene nicht besaſsen. Wir können mit unserer Eisenbereitung und -Veredelung so verfahren, daſs weder In- noch Ausländer Schaden dabei leiden, wenn wir uns nur auf Champlun- (Façon-)eisen, auf für verschiedene Arbeiten bequem vorgeschmiedetes Eisen und auf Materialeisen für allerlei Manufaktureisen verlegen wollen, was die Engländer mit ihrer Wolle nicht konnten. Die ausländischen Arbeiter würden mit Ver- gnügen dieses vorgearbeitete Eisen kaufen, schon des geringeren Auf- wandes an Holzkohlen wegen, die in den meisten Ländern 12mal so teuer sind als bei uns.“
„Würde der Ausländer uns die ganzen Kosten der Veredlung nach seinen teuren Lohnsätzen bezahlen, so hätte er immer noch einen Nutzen durch die Differenz der Kohlenpreise und durch die geringere Fracht. Schweden besitze aber Überfluſs an Wasserkraft, welche noch viel zu wenig ausgenutzt sei.“
Wenn wir diese Mahnrufe Polhems lesen und erwägen, daſs die- selben im Jahre 1746 niedergeschrieben wurden und daſs um dieselbe Zeit das Eisenkontor gegründet wurde, so dürfen wir wohl schlieſsen, daſs Polhem selbst hierzu wesentlich mitgewirkt hat, wozu er auch durch das hohe Ansehen, das er genoſs, am meisten in der Lage war. Und hier knüpft sich denn auch gleich die Geschichte der schwe- dischen Eisenindustrie der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an, welche ihren Hauptvertreter in Sven Rinman hat.
Wir haben schon oben erwähnt, daſs sich das Eisenkontor die Hebung der schwedischen Eisenindustrie als Hauptaufgabe gestellt hatte1). Dies bethätigte sich zuerst in der Anstellung eigener Beamten neben den schon von der Regierung mit der Aufsicht über die Hütten betrauten.
Wenn die Regierungsbeamten mehr über die Rechtsordnung zu wachen hatten, wenn sie für die Durchführung der Vorschriften, die Qualität des Eisens, Stempel und Wage, Abgaben und Anlage neuer Werke zu sorgen hatten, so sollten die Beamten des Eisen-
1) Vergl. auch Hausmanns Reise durch Skandinavien in den Jahren 1806 und 1807, Bd. III, S. 452.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f1123"n="1109"/><fwplace="top"type="header">Schweden.</fw><lb/><p>Mit Recht verweist er auf England und dessen groſse Königin<lb/>
Elisabeth. Hätte sie so gehandelt, wie jetzt die Schweden, so wäre Eng-<lb/>
land heute noch so arm wie vor 200 Jahren. „Gewissermaſsen ist das<lb/>
damalige Schicksal Englands jetzo das unserige; denn so wie jenes<lb/>
damals seine Wolle unverarbeitet ausführte, so machen wir es nun<lb/>
mit unserem Eisen. — Dabei haben wir einen Vorteil, den jene nicht<lb/>
besaſsen. Wir können mit unserer Eisenbereitung und -Veredelung<lb/>
so verfahren, daſs weder In- noch Ausländer Schaden dabei leiden,<lb/>
wenn wir uns nur auf Champlun- (Façon-)eisen, auf für verschiedene<lb/>
Arbeiten bequem vorgeschmiedetes Eisen und auf Materialeisen für<lb/>
allerlei Manufaktureisen verlegen wollen, was die Engländer mit ihrer<lb/>
Wolle nicht konnten. Die ausländischen Arbeiter würden mit Ver-<lb/>
gnügen dieses vorgearbeitete Eisen kaufen, schon des geringeren Auf-<lb/>
wandes an Holzkohlen wegen, die in den meisten Ländern 12mal so<lb/>
teuer sind als bei uns.“</p><lb/><p>„Würde der Ausländer uns die ganzen Kosten der Veredlung<lb/>
nach seinen teuren Lohnsätzen bezahlen, so hätte er immer noch<lb/>
einen Nutzen durch die Differenz der Kohlenpreise und durch die<lb/>
geringere Fracht. Schweden besitze aber Überfluſs an Wasserkraft,<lb/>
welche noch viel zu wenig ausgenutzt sei.“</p><lb/><p>Wenn wir diese Mahnrufe <hirendition="#g">Polhems</hi> lesen und erwägen, daſs die-<lb/>
selben im Jahre 1746 niedergeschrieben wurden und daſs um dieselbe<lb/>
Zeit das Eisenkontor gegründet wurde, so dürfen wir wohl schlieſsen,<lb/>
daſs <hirendition="#g">Polhem</hi> selbst hierzu wesentlich mitgewirkt hat, wozu er auch<lb/>
durch das hohe Ansehen, das er genoſs, am meisten in der Lage war.<lb/>
Und hier knüpft sich denn auch gleich die Geschichte der schwe-<lb/>
dischen Eisenindustrie der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an, welche<lb/>
ihren Hauptvertreter in <hirendition="#g">Sven Rinman</hi> hat.</p><lb/><p>Wir haben schon oben erwähnt, daſs sich das Eisenkontor die<lb/>
Hebung der schwedischen Eisenindustrie als Hauptaufgabe gestellt<lb/>
hatte<noteplace="foot"n="1)">Vergl. auch <hirendition="#g">Hausmanns</hi> Reise durch Skandinavien in den Jahren 1806<lb/>
und 1807, Bd. III, S. 452.</note>. Dies bethätigte sich zuerst in der Anstellung eigener Beamten<lb/>
neben den schon von der Regierung mit der Aufsicht über die Hütten<lb/>
betrauten.</p><lb/><p>Wenn die Regierungsbeamten mehr über die Rechtsordnung zu<lb/>
wachen hatten, wenn sie für die Durchführung der Vorschriften,<lb/>
die Qualität des Eisens, Stempel und Wage, Abgaben und Anlage<lb/>
neuer Werke zu sorgen hatten, so sollten die Beamten des Eisen-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[1109/1123]
Schweden.
Mit Recht verweist er auf England und dessen groſse Königin
Elisabeth. Hätte sie so gehandelt, wie jetzt die Schweden, so wäre Eng-
land heute noch so arm wie vor 200 Jahren. „Gewissermaſsen ist das
damalige Schicksal Englands jetzo das unserige; denn so wie jenes
damals seine Wolle unverarbeitet ausführte, so machen wir es nun
mit unserem Eisen. — Dabei haben wir einen Vorteil, den jene nicht
besaſsen. Wir können mit unserer Eisenbereitung und -Veredelung
so verfahren, daſs weder In- noch Ausländer Schaden dabei leiden,
wenn wir uns nur auf Champlun- (Façon-)eisen, auf für verschiedene
Arbeiten bequem vorgeschmiedetes Eisen und auf Materialeisen für
allerlei Manufaktureisen verlegen wollen, was die Engländer mit ihrer
Wolle nicht konnten. Die ausländischen Arbeiter würden mit Ver-
gnügen dieses vorgearbeitete Eisen kaufen, schon des geringeren Auf-
wandes an Holzkohlen wegen, die in den meisten Ländern 12mal so
teuer sind als bei uns.“
„Würde der Ausländer uns die ganzen Kosten der Veredlung
nach seinen teuren Lohnsätzen bezahlen, so hätte er immer noch
einen Nutzen durch die Differenz der Kohlenpreise und durch die
geringere Fracht. Schweden besitze aber Überfluſs an Wasserkraft,
welche noch viel zu wenig ausgenutzt sei.“
Wenn wir diese Mahnrufe Polhems lesen und erwägen, daſs die-
selben im Jahre 1746 niedergeschrieben wurden und daſs um dieselbe
Zeit das Eisenkontor gegründet wurde, so dürfen wir wohl schlieſsen,
daſs Polhem selbst hierzu wesentlich mitgewirkt hat, wozu er auch
durch das hohe Ansehen, das er genoſs, am meisten in der Lage war.
Und hier knüpft sich denn auch gleich die Geschichte der schwe-
dischen Eisenindustrie der zweiten Hälfte des Jahrhunderts an, welche
ihren Hauptvertreter in Sven Rinman hat.
Wir haben schon oben erwähnt, daſs sich das Eisenkontor die
Hebung der schwedischen Eisenindustrie als Hauptaufgabe gestellt
hatte 1). Dies bethätigte sich zuerst in der Anstellung eigener Beamten
neben den schon von der Regierung mit der Aufsicht über die Hütten
betrauten.
Wenn die Regierungsbeamten mehr über die Rechtsordnung zu
wachen hatten, wenn sie für die Durchführung der Vorschriften,
die Qualität des Eisens, Stempel und Wage, Abgaben und Anlage
neuer Werke zu sorgen hatten, so sollten die Beamten des Eisen-
1) Vergl. auch Hausmanns Reise durch Skandinavien in den Jahren 1806
und 1807, Bd. III, S. 452.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1123>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.