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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Dampfmaschine vor Watt.
Schmied von Dartmouth direkt gewendet hat. Nach einer Nachricht 1)
gelangte Newcomen in Besitz einer Zeichnung von Saverys Ma-
schine, und fertigte sich danach ein Modell an, mit welchem er in
seinem Garten Versuche machte.

Savery hatte den hohlen Raum durch Kondensation des Dampfes
in einem geschlossenen Gefäss erzeugt, Papin durch eine Luftpumpe
unter dem beweglichen Kolben in einem Cylinder, Newcomen kom-
binierte beide Methoden, indem er sein Vakuum unter einem beweg-
lichen Kolben in einem Cylinder durch die Kondensation des Dampfes
erzeugte. Dies ist der Grundgedanke unserer Dampfmaschine. Nach
langem Planen und Tüfteln brachte Newcomen im Jahre 1705 ein
Modell zu stande, welches so ziemlich seiner Idee entsprach. Von
nun an war sein Streben darauf gerichtet, dasselbe im Grossen zur
Ausführung zu bringen. Bei allen seinen Versuchen hatte ihm
treulich sein Freund und Glaubensgenosse, der Glaser John Calley
ebenfalls von Dartmouth, beigestanden.

Newcomens Maschine bestand aus folgenden Teilen:

1. aus einem Dampfkessel, aus welchem der Dampf am oberen Ende
durch ein Rohr, welches durch einen Hahn dicht verschlossen werden
konnte, austrat. 2. aus einem unmittelbar über dem Kessel stehen-
den, senkrechten Cylinder, in dem der Dampf unter einen darin be-
weglichen Kolben gelangte. 3. aus dem Kolben, welcher dicht an
die Cylinderwandung anschloss und sich in dem Cylinder seiner ganzen
Länge nach auf und nieder bewegen konnte. Er war oben mit einer
festen Kolbenstange versehen, welche durch eine Kette mit dem einen
Arm eines Balanziers verbunden war, an dessen entgegengesetztem
das Pumpengestänge ebenfalls an einer Kette hing. Der Dampf-
cylinder war oben offen.

Wurde der Dampf, der nur wenig Spannung hatte, unter dem
Kolben eingelassen, so hob er diesen in die Höhe, indem er den
Cylinder anfüllte. War der Kolben an seinem höchsten Punkte an-
gelangt, so wurde der Dampfhahn geschlossen und gleichzeitig kaltes
Wasser gegen die Cylinderwand gespritzt. In dem Masse, in dem
sich nun der Dampf in dem Cylinder kondensierte, wurde der Kolben
durch den Atmosphärendruck niedergedrückt, bis er den Boden er-
reicht hatte, worauf der Dampfhahn von neuem geöffnet wurde. Das
kondensierte Wasser floss durch ein Röhrchen am Boden beim Nieder-
gang des Kolbens ab. Der Druck der Atmosphäre war ausreichend

1) Harris, Lexicon Technicum, art. "Engine".

Die Dampfmaschine vor Watt.
Schmied von Dartmouth direkt gewendet hat. Nach einer Nachricht 1)
gelangte Newcomen in Besitz einer Zeichnung von Saverys Ma-
schine, und fertigte sich danach ein Modell an, mit welchem er in
seinem Garten Versuche machte.

Savery hatte den hohlen Raum durch Kondensation des Dampfes
in einem geschlossenen Gefäſs erzeugt, Papin durch eine Luftpumpe
unter dem beweglichen Kolben in einem Cylinder, Newcomen kom-
binierte beide Methoden, indem er sein Vakuum unter einem beweg-
lichen Kolben in einem Cylinder durch die Kondensation des Dampfes
erzeugte. Dies ist der Grundgedanke unserer Dampfmaschine. Nach
langem Planen und Tüfteln brachte Newcomen im Jahre 1705 ein
Modell zu stande, welches so ziemlich seiner Idee entsprach. Von
nun an war sein Streben darauf gerichtet, dasselbe im Groſsen zur
Ausführung zu bringen. Bei allen seinen Versuchen hatte ihm
treulich sein Freund und Glaubensgenosse, der Glaser John Calley
ebenfalls von Dartmouth, beigestanden.

Newcomens Maschine bestand aus folgenden Teilen:

1. aus einem Dampfkessel, aus welchem der Dampf am oberen Ende
durch ein Rohr, welches durch einen Hahn dicht verschlossen werden
konnte, austrat. 2. aus einem unmittelbar über dem Kessel stehen-
den, senkrechten Cylinder, in dem der Dampf unter einen darin be-
weglichen Kolben gelangte. 3. aus dem Kolben, welcher dicht an
die Cylinderwandung anschloſs und sich in dem Cylinder seiner ganzen
Länge nach auf und nieder bewegen konnte. Er war oben mit einer
festen Kolbenstange versehen, welche durch eine Kette mit dem einen
Arm eines Balanziers verbunden war, an dessen entgegengesetztem
das Pumpengestänge ebenfalls an einer Kette hing. Der Dampf-
cylinder war oben offen.

Wurde der Dampf, der nur wenig Spannung hatte, unter dem
Kolben eingelassen, so hob er diesen in die Höhe, indem er den
Cylinder anfüllte. War der Kolben an seinem höchsten Punkte an-
gelangt, so wurde der Dampfhahn geschlossen und gleichzeitig kaltes
Wasser gegen die Cylinderwand gespritzt. In dem Maſse, in dem
sich nun der Dampf in dem Cylinder kondensierte, wurde der Kolben
durch den Atmosphärendruck niedergedrückt, bis er den Boden er-
reicht hatte, worauf der Dampfhahn von neuem geöffnet wurde. Das
kondensierte Wasser floſs durch ein Röhrchen am Boden beim Nieder-
gang des Kolbens ab. Der Druck der Atmosphäre war ausreichend

1) Harris, Lexicon Technicum, art. „Engine“.
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[95/0109] Die Dampfmaschine vor Watt. Schmied von Dartmouth direkt gewendet hat. Nach einer Nachricht 1) gelangte Newcomen in Besitz einer Zeichnung von Saverys Ma- schine, und fertigte sich danach ein Modell an, mit welchem er in seinem Garten Versuche machte. Savery hatte den hohlen Raum durch Kondensation des Dampfes in einem geschlossenen Gefäſs erzeugt, Papin durch eine Luftpumpe unter dem beweglichen Kolben in einem Cylinder, Newcomen kom- binierte beide Methoden, indem er sein Vakuum unter einem beweg- lichen Kolben in einem Cylinder durch die Kondensation des Dampfes erzeugte. Dies ist der Grundgedanke unserer Dampfmaschine. Nach langem Planen und Tüfteln brachte Newcomen im Jahre 1705 ein Modell zu stande, welches so ziemlich seiner Idee entsprach. Von nun an war sein Streben darauf gerichtet, dasselbe im Groſsen zur Ausführung zu bringen. Bei allen seinen Versuchen hatte ihm treulich sein Freund und Glaubensgenosse, der Glaser John Calley ebenfalls von Dartmouth, beigestanden. Newcomens Maschine bestand aus folgenden Teilen: 1. aus einem Dampfkessel, aus welchem der Dampf am oberen Ende durch ein Rohr, welches durch einen Hahn dicht verschlossen werden konnte, austrat. 2. aus einem unmittelbar über dem Kessel stehen- den, senkrechten Cylinder, in dem der Dampf unter einen darin be- weglichen Kolben gelangte. 3. aus dem Kolben, welcher dicht an die Cylinderwandung anschloſs und sich in dem Cylinder seiner ganzen Länge nach auf und nieder bewegen konnte. Er war oben mit einer festen Kolbenstange versehen, welche durch eine Kette mit dem einen Arm eines Balanziers verbunden war, an dessen entgegengesetztem das Pumpengestänge ebenfalls an einer Kette hing. Der Dampf- cylinder war oben offen. Wurde der Dampf, der nur wenig Spannung hatte, unter dem Kolben eingelassen, so hob er diesen in die Höhe, indem er den Cylinder anfüllte. War der Kolben an seinem höchsten Punkte an- gelangt, so wurde der Dampfhahn geschlossen und gleichzeitig kaltes Wasser gegen die Cylinderwand gespritzt. In dem Maſse, in dem sich nun der Dampf in dem Cylinder kondensierte, wurde der Kolben durch den Atmosphärendruck niedergedrückt, bis er den Boden er- reicht hatte, worauf der Dampfhahn von neuem geöffnet wurde. Das kondensierte Wasser floſs durch ein Röhrchen am Boden beim Nieder- gang des Kolbens ab. Der Druck der Atmosphäre war ausreichend 1) Harris, Lexicon Technicum, art. „Engine“.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/109>, abgerufen am 27.11.2024.