mehr noch, als Frankreich in den Besitz der Stahlwerke am Rhein gelangt war, gingen fast alle neugegründeten Stahlwerke wieder ein.
Am 15. März 1791 und 2. August waren die Zollsätze auf 6,12 Frcs. für den Centner Stahl und auf 23,15 bis 79,25 Frcs. für Stahlwerkzeuge erhöht worden. In den folgenden Jahren wurden sie wieder herunter- gesetzt, aber fast jährlich wurden die Zollsätze verändert, bis sie im Jahre VII. auf 6,56 Frcs. für Stahl und 22,44 bis 84,15 Frcs. für Stahl- werkzeuge bestimmt wurden.
Etwas besser fuhr man zur Zeit der Republik mit der Herstellung von Schweissstahl, wofür man eher das Material im eigenen Lande finden konnte. Zur Förderung und Verbesserung der Stahlfrisch- hämmer wurden Stahlinspektoren mit 6000 Frcs. Jahresgehalt ange- stellt. Allein in Nivernais gab es deren drei. Dennoch wurden die Hoffnungen nicht erfüllt, und man schaffte bald die teuren Beamten wieder ab.
Gar nichts erreichte man mit der Gussstahlbereitung, welche damals noch in den Schleier des Geheimnisses gehüllt war. Man suchte immer nach dem richtigen "Fluss", von dem man glaubte, dass er das Wesen des Geheimnisses ausmache. Dem geistvollen Gründer der Stahlwerke von Amboise scheint es gelungen zu sein, aus Cementstahl, welcher aus schwedischem Eisen bereitet war, brauchbaren Gussstahl herzustellen, aber er wurde durch die Mass- regeln der Regierung an der Fortsetzung seiner Versuche gehindert. Clouets Arbeiten, zur Zeit der Republik, gingen mehr darauf hinaus, damascierten Stahl zu bereiten. An diesem nahmen die Franzosen im vorigen Jahrhundert ein ganz besonderes Interesse. Schon der Regent, Herzog von Orleans, der sich grosse Verdienste um das französische Eisenhüttenwesen erwarb und namentlich ein Gönner Reaumurs war, wollte die Fabrikation orientalischer Klingen in Frankreich einführen und schickte deshalb um 1720 Schmiede nach Cairo, um das Verfahren zu studieren, doch blieb dieser Versuch erfolglos.
Das Interesse an der Sache verminderte sich aber nicht, und es gelang auch allmählich, einen brauchbaren damascierten Stahl für Klingen herzustellen. Das Verfahren in Frankreich war folgendes: man schmiedete acht Blechstreifen von Stahl von 1 Fuss Länge, 1 Zoll Breite und 1 Linie Dicke und dazwischen fünf Streifen von weichem und vier von hartem Eisen von derselben Grösse. Den Anfang machte ein Streifen von weichem Eisen, darüber kam einer von Stahl, dann einer von sprödem Eisen u. s. w., bis zum
Frankreich.
mehr noch, als Frankreich in den Besitz der Stahlwerke am Rhein gelangt war, gingen fast alle neugegründeten Stahlwerke wieder ein.
Am 15. März 1791 und 2. August waren die Zollsätze auf 6,12 Frcs. für den Centner Stahl und auf 23,15 bis 79,25 Frcs. für Stahlwerkzeuge erhöht worden. In den folgenden Jahren wurden sie wieder herunter- gesetzt, aber fast jährlich wurden die Zollsätze verändert, bis sie im Jahre VII. auf 6,56 Frcs. für Stahl und 22,44 bis 84,15 Frcs. für Stahl- werkzeuge bestimmt wurden.
Etwas besser fuhr man zur Zeit der Republik mit der Herstellung von Schweiſsstahl, wofür man eher das Material im eigenen Lande finden konnte. Zur Förderung und Verbesserung der Stahlfrisch- hämmer wurden Stahlinspektoren mit 6000 Frcs. Jahresgehalt ange- stellt. Allein in Nivernais gab es deren drei. Dennoch wurden die Hoffnungen nicht erfüllt, und man schaffte bald die teuren Beamten wieder ab.
Gar nichts erreichte man mit der Guſsstahlbereitung, welche damals noch in den Schleier des Geheimnisses gehüllt war. Man suchte immer nach dem richtigen „Fluſs“, von dem man glaubte, daſs er das Wesen des Geheimnisses ausmache. Dem geistvollen Gründer der Stahlwerke von Amboise scheint es gelungen zu sein, aus Cementstahl, welcher aus schwedischem Eisen bereitet war, brauchbaren Guſsstahl herzustellen, aber er wurde durch die Maſs- regeln der Regierung an der Fortsetzung seiner Versuche gehindert. Clouets Arbeiten, zur Zeit der Republik, gingen mehr darauf hinaus, damascierten Stahl zu bereiten. An diesem nahmen die Franzosen im vorigen Jahrhundert ein ganz besonderes Interesse. Schon der Regent, Herzog von Orleans, der sich groſse Verdienste um das französische Eisenhüttenwesen erwarb und namentlich ein Gönner Reaumurs war, wollte die Fabrikation orientalischer Klingen in Frankreich einführen und schickte deshalb um 1720 Schmiede nach Cairo, um das Verfahren zu studieren, doch blieb dieser Versuch erfolglos.
Das Interesse an der Sache verminderte sich aber nicht, und es gelang auch allmählich, einen brauchbaren damascierten Stahl für Klingen herzustellen. Das Verfahren in Frankreich war folgendes: man schmiedete acht Blechstreifen von Stahl von 1 Fuſs Länge, 1 Zoll Breite und 1 Linie Dicke und dazwischen fünf Streifen von weichem und vier von hartem Eisen von derselben Gröſse. Den Anfang machte ein Streifen von weichem Eisen, darüber kam einer von Stahl, dann einer von sprödem Eisen u. s. w., bis zum
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Frankreich.
mehr noch, als Frankreich in den Besitz der Stahlwerke am Rhein
gelangt war, gingen fast alle neugegründeten Stahlwerke wieder ein.
Am 15. März 1791 und 2. August waren die Zollsätze auf 6,12 Frcs.
für den Centner Stahl und auf 23,15 bis 79,25 Frcs. für Stahlwerkzeuge
erhöht worden. In den folgenden Jahren wurden sie wieder herunter-
gesetzt, aber fast jährlich wurden die Zollsätze verändert, bis sie im
Jahre VII. auf 6,56 Frcs. für Stahl und 22,44 bis 84,15 Frcs. für Stahl-
werkzeuge bestimmt wurden.
Etwas besser fuhr man zur Zeit der Republik mit der Herstellung
von Schweiſsstahl, wofür man eher das Material im eigenen Lande
finden konnte. Zur Förderung und Verbesserung der Stahlfrisch-
hämmer wurden Stahlinspektoren mit 6000 Frcs. Jahresgehalt ange-
stellt. Allein in Nivernais gab es deren drei. Dennoch wurden die
Hoffnungen nicht erfüllt, und man schaffte bald die teuren Beamten
wieder ab.
Gar nichts erreichte man mit der Guſsstahlbereitung, welche
damals noch in den Schleier des Geheimnisses gehüllt war. Man
suchte immer nach dem richtigen „Fluſs“, von dem man glaubte,
daſs er das Wesen des Geheimnisses ausmache. Dem geistvollen
Gründer der Stahlwerke von Amboise scheint es gelungen zu sein,
aus Cementstahl, welcher aus schwedischem Eisen bereitet war,
brauchbaren Guſsstahl herzustellen, aber er wurde durch die Maſs-
regeln der Regierung an der Fortsetzung seiner Versuche gehindert.
Clouets Arbeiten, zur Zeit der Republik, gingen mehr darauf hinaus,
damascierten Stahl zu bereiten. An diesem nahmen die Franzosen
im vorigen Jahrhundert ein ganz besonderes Interesse. Schon der
Regent, Herzog von Orleans, der sich groſse Verdienste um das
französische Eisenhüttenwesen erwarb und namentlich ein Gönner
Reaumurs war, wollte die Fabrikation orientalischer Klingen in
Frankreich einführen und schickte deshalb um 1720 Schmiede nach
Cairo, um das Verfahren zu studieren, doch blieb dieser Versuch
erfolglos.
Das Interesse an der Sache verminderte sich aber nicht, und es
gelang auch allmählich, einen brauchbaren damascierten Stahl für
Klingen herzustellen. Das Verfahren in Frankreich war folgendes:
man schmiedete acht Blechstreifen von Stahl von 1 Fuſs Länge,
1 Zoll Breite und 1 Linie Dicke und dazwischen fünf Streifen
von weichem und vier von hartem Eisen von derselben Gröſse.
Den Anfang machte ein Streifen von weichem Eisen, darüber kam
einer von Stahl, dann einer von sprödem Eisen u. s. w., bis zum
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1047. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1061>, abgerufen am 22.11.2024.
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