Das direkte Verfahren der Darstellung von schmiedbarem Eisen aus den Erzen in Herden und niedrigen Schachtöfen, in Luppen- oder Rennfeuern und Stücköfen war noch die verbreitetste Art der Eisenbereitung, selbst in den fortgeschritteneren Ländern Europas.
Die Luppenfeuer, welche vordem, als sie noch mit Hand- oder Tret- bälgen betrieben wurden, in Wäldern und auf Höhen gestanden hatten, zogen ebenfalls in die Thäler, um die Wasserkraft für ihre stärkeren ledernen Fächerbälge zu benutzen. Durch die Anwendung dieser Bälge wurde die Produktion beträchtlich gesteigert und Veränderungen in der Konstruktion der Herde herbeigeführt. Die Pyrenäen waren das klassische Gebiet für diese Art der Eisenerzeugung, und hier lassen sich auch diese Veränderungen am deutlichsten erkennen. Ueberall findet man dort in Navarra, Biscaya und auf der französischen Seite im Arriegedepartement die Reste alter Schmelzstätten bis hoch ins Ge- birge hinauf. Die Gestalt dieser Schmelzherde für den Handbetrieb zeigt Fig. 211 a (a. f. S.), welche einen solchen Ofen darstellt, der in der Umgegend des Eisenhammers von Bielsa in Hoch-Aragonien um 1830 aufgedeckt wurde 1). In diesem kleinen cylindrischen Öfchen machte man nur Luppen von 4 bis 5 kg Gewicht. Als man dann im 16. Jahr- hundert die Schmelzstätten an die Bäche verlegte und die Gebläse mit Wasserrädern betrieb, vergrösserte man die Luppenfeuer, die als biscayische Schmieden bekannt waren, beträchtlich. Dabei konnte man aber die runde Form nicht beibehalten, weil der Wind bei diesen einen zu langen Weg bis zur gegenüberliegenden Windseite hatte, man machte sie deshalb elliptisch, wobei die Düsen auf der einen Langseite auflagen. Man blies nämlich, um eine ununterbrochene Windzufuhr zu erzielen, mit zwei Bälgen und anfangs auch mit zwei Düsen. Später legte man die beiden Düsen in eine gemeinschaftliche Form, die man aber sehr weit machte, weil die Düsen über das Kreuz blasen mussten. Fig. 211 b (a. f. S.) zeigt die Form, welche die Herde von Biscaya damals annahmen. Im Arriege bekamen die Feuer eine fast rechtwinklige Gestalt. Fig. 211c (a. f. S.) zeigt diese Form aus dem Jahre 1616. Nach oben hin waren die vier Seiten nahezu
1)Francois, Historique sur le traitement direct du fer dans l'Arriege. Ann. des Mines, 1837, 3. Ser., XII, 580.
Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
Das direkte Verfahren der Darstellung von schmiedbarem Eisen aus den Erzen in Herden und niedrigen Schachtöfen, in Luppen- oder Rennfeuern und Stücköfen war noch die verbreitetste Art der Eisenbereitung, selbst in den fortgeschritteneren Ländern Europas.
Die Luppenfeuer, welche vordem, als sie noch mit Hand- oder Tret- bälgen betrieben wurden, in Wäldern und auf Höhen gestanden hatten, zogen ebenfalls in die Thäler, um die Wasserkraft für ihre stärkeren ledernen Fächerbälge zu benutzen. Durch die Anwendung dieser Bälge wurde die Produktion beträchtlich gesteigert und Veränderungen in der Konstruktion der Herde herbeigeführt. Die Pyrenäen waren das klassische Gebiet für diese Art der Eisenerzeugung, und hier lassen sich auch diese Veränderungen am deutlichsten erkennen. Ueberall findet man dort in Navarra, Biscaya und auf der französischen Seite im Arriègedepartement die Reste alter Schmelzstätten bis hoch ins Ge- birge hinauf. Die Gestalt dieser Schmelzherde für den Handbetrieb zeigt Fig. 211 a (a. f. S.), welche einen solchen Ofen darstellt, der in der Umgegend des Eisenhammers von Bielsa in Hoch-Aragonien um 1830 aufgedeckt wurde 1). In diesem kleinen cylindrischen Öfchen machte man nur Luppen von 4 bis 5 kg Gewicht. Als man dann im 16. Jahr- hundert die Schmelzstätten an die Bäche verlegte und die Gebläse mit Wasserrädern betrieb, vergröſserte man die Luppenfeuer, die als biscayische Schmieden bekannt waren, beträchtlich. Dabei konnte man aber die runde Form nicht beibehalten, weil der Wind bei diesen einen zu langen Weg bis zur gegenüberliegenden Windseite hatte, man machte sie deshalb elliptisch, wobei die Düsen auf der einen Langseite auflagen. Man blies nämlich, um eine ununterbrochene Windzufuhr zu erzielen, mit zwei Bälgen und anfangs auch mit zwei Düsen. Später legte man die beiden Düsen in eine gemeinschaftliche Form, die man aber sehr weit machte, weil die Düsen über das Kreuz blasen muſsten. Fig. 211 b (a. f. S.) zeigt die Form, welche die Herde von Biscaya damals annahmen. Im Arriège bekamen die Feuer eine fast rechtwinklige Gestalt. Fig. 211c (a. f. S.) zeigt diese Form aus dem Jahre 1616. Nach oben hin waren die vier Seiten nahezu
1)François, Historique sur le traitement direct du fer dans l’Arriège. Ann. des Mines, 1837, 3. Ser., XII, 580.
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Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
Direkte Eisengewinnung im 17. Jahrhundert.
Das direkte Verfahren der Darstellung von schmiedbarem
Eisen aus den Erzen in Herden und niedrigen Schachtöfen, in Luppen-
oder Rennfeuern und Stücköfen war noch die verbreitetste Art der
Eisenbereitung, selbst in den fortgeschritteneren Ländern Europas.
Die Luppenfeuer, welche vordem, als sie noch mit Hand- oder Tret-
bälgen betrieben wurden, in Wäldern und auf Höhen gestanden hatten,
zogen ebenfalls in die Thäler, um die Wasserkraft für ihre stärkeren
ledernen Fächerbälge zu benutzen. Durch die Anwendung dieser Bälge
wurde die Produktion beträchtlich gesteigert und Veränderungen in
der Konstruktion der Herde herbeigeführt. Die Pyrenäen waren das
klassische Gebiet für diese Art der Eisenerzeugung, und hier lassen
sich auch diese Veränderungen am deutlichsten erkennen. Ueberall
findet man dort in Navarra, Biscaya und auf der französischen Seite
im Arriègedepartement die Reste alter Schmelzstätten bis hoch ins Ge-
birge hinauf. Die Gestalt dieser Schmelzherde für den Handbetrieb zeigt
Fig. 211 a (a. f. S.), welche einen solchen Ofen darstellt, der in der
Umgegend des Eisenhammers von Bielsa in Hoch-Aragonien um 1830
aufgedeckt wurde 1). In diesem kleinen cylindrischen Öfchen machte
man nur Luppen von 4 bis 5 kg Gewicht. Als man dann im 16. Jahr-
hundert die Schmelzstätten an die Bäche verlegte und die Gebläse
mit Wasserrädern betrieb, vergröſserte man die Luppenfeuer, die als
biscayische Schmieden bekannt waren, beträchtlich. Dabei konnte
man aber die runde Form nicht beibehalten, weil der Wind bei diesen
einen zu langen Weg bis zur gegenüberliegenden Windseite hatte,
man machte sie deshalb elliptisch, wobei die Düsen auf der einen
Langseite auflagen. Man blies nämlich, um eine ununterbrochene
Windzufuhr zu erzielen, mit zwei Bälgen und anfangs auch mit zwei
Düsen. Später legte man die beiden Düsen in eine gemeinschaftliche
Form, die man aber sehr weit machte, weil die Düsen über das Kreuz
blasen muſsten. Fig. 211 b (a. f. S.) zeigt die Form, welche die Herde
von Biscaya damals annahmen. Im Arriège bekamen die Feuer eine
fast rechtwinklige Gestalt. Fig. 211c (a. f. S.) zeigt diese Form aus
dem Jahre 1616. Nach oben hin waren die vier Seiten nahezu
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des Mines, 1837, 3. Ser., XII, 580.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 967. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/989>, abgerufen am 22.11.2024.
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