lang jährlich 32 Goldgulden entrichten und das "Huyssysen" geben, gegossen oder geschmiedet, den Centner um einen Gulden.
Nach dieser Zeit verlautet von dieser alten Eisenhütte nichts mehr, und man vermutet, dass dieselbe in dem gegen Mitte des 16. Jahrhunderts errichteten Neunkircher Eisenwerke aufgegangen sei. Von letzterem Werke sollen gusseiserne Platten mit der Jahres- zahl 1593 vorhanden gewesen sein.
In der Grafschaft Saarbrücken scheint die älteste Eisenschmelze diejenige von Geislautern gewesen zu sein, woselbst 1590 ein "Eysens- Factor" erwähnt wird.
In dem westlich gelegenen Herzogtume Jülich fand in früherer Zeit keine bemerkenswerte Eisenindustrie statt. Dagegen war Aachen seit ältester Zeit eine gewerbreiche Stadt, in der Waffen- und Panzer- schmiede thätig waren. Die durch die Religionszwistigkeiten ver- anlassten Austreibungen von Bürgern aus Frankreich und den Nieder- landen haben auf die Industrie Aachens einen ganz besonderen Einfluss ausgeübt. Während eine grosse Feuersbrunst die Waffen- schmiede Aachens nach Lüttich getrieben haben soll, so kam zu- gleich mit den vertriebenen Meistern die Nadelfabrikation um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus den spanischen Niederlanden nach Aachen, fasste hier Wurzel und entwickelte sich zu einer blühenden Industrie. Den Stahldraht bezogen die Aachener Nadler von Altena, und zwar in mittleren Stärken, indem sie das Feinziehen selbst be- sorgten. Ja, die märkischen Drahtstädte liessen den feinen Draht, den sie brauchten, in Aachen ziehen.
Sachsen.
Wenden wir uns nun zu den östlichen Ländern des nördlichen Deutschlands, so finden wir in Sachsen und Schlesien die umfang- reichste Eisenindustrie. Im Kurfürstentume Sachsen hat wie im Harze die Blüte des Silberbergbaues die Eisengewinnung an- geregt und gefördert. Im Erzgebirge finden sich schon früh Eisen- werke, ebenso im Meissnischen, besonders um Pirna. Den Eisen- reichtum Meissens rühmt Petrus Albinus in seiner Bergchronik (1590) in folgender charakteristischen Weise: "Neben dem, dass das
Sachsen.
lang jährlich 32 Goldgulden entrichten und das „Huyſsysen“ geben, gegossen oder geschmiedet, den Centner um einen Gulden.
Nach dieser Zeit verlautet von dieser alten Eisenhütte nichts mehr, und man vermutet, daſs dieselbe in dem gegen Mitte des 16. Jahrhunderts errichteten Neunkircher Eisenwerke aufgegangen sei. Von letzterem Werke sollen guſseiserne Platten mit der Jahres- zahl 1593 vorhanden gewesen sein.
In der Grafschaft Saarbrücken scheint die älteste Eisenschmelze diejenige von Geislautern gewesen zu sein, woselbst 1590 ein „Eysens- Factor“ erwähnt wird.
In dem westlich gelegenen Herzogtume Jülich fand in früherer Zeit keine bemerkenswerte Eisenindustrie statt. Dagegen war Aachen seit ältester Zeit eine gewerbreiche Stadt, in der Waffen- und Panzer- schmiede thätig waren. Die durch die Religionszwistigkeiten ver- anlaſsten Austreibungen von Bürgern aus Frankreich und den Nieder- landen haben auf die Industrie Aachens einen ganz besonderen Einfluſs ausgeübt. Während eine groſse Feuersbrunst die Waffen- schmiede Aachens nach Lüttich getrieben haben soll, so kam zu- gleich mit den vertriebenen Meistern die Nadelfabrikation um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus den spanischen Niederlanden nach Aachen, faſste hier Wurzel und entwickelte sich zu einer blühenden Industrie. Den Stahldraht bezogen die Aachener Nadler von Altena, und zwar in mittleren Stärken, indem sie das Feinziehen selbst be- sorgten. Ja, die märkischen Drahtstädte lieſsen den feinen Draht, den sie brauchten, in Aachen ziehen.
Sachsen.
Wenden wir uns nun zu den östlichen Ländern des nördlichen Deutschlands, so finden wir in Sachsen und Schlesien die umfang- reichste Eisenindustrie. Im Kurfürstentume Sachsen hat wie im Harze die Blüte des Silberbergbaues die Eisengewinnung an- geregt und gefördert. Im Erzgebirge finden sich schon früh Eisen- werke, ebenso im Meiſsnischen, besonders um Pirna. Den Eisen- reichtum Meiſsens rühmt Petrus Albinus in seiner Bergchronik (1590) in folgender charakteristischen Weise: „Neben dem, daſs das
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Sachsen.
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Nach dieser Zeit verlautet von dieser alten Eisenhütte nichts
mehr, und man vermutet, daſs dieselbe in dem gegen Mitte des
16. Jahrhunderts errichteten Neunkircher Eisenwerke aufgegangen
sei. Von letzterem Werke sollen guſseiserne Platten mit der Jahres-
zahl 1593 vorhanden gewesen sein.
In der Grafschaft Saarbrücken scheint die älteste Eisenschmelze
diejenige von Geislautern gewesen zu sein, woselbst 1590 ein „Eysens-
Factor“ erwähnt wird.
In dem westlich gelegenen Herzogtume Jülich fand in früherer
Zeit keine bemerkenswerte Eisenindustrie statt. Dagegen war Aachen
seit ältester Zeit eine gewerbreiche Stadt, in der Waffen- und Panzer-
schmiede thätig waren. Die durch die Religionszwistigkeiten ver-
anlaſsten Austreibungen von Bürgern aus Frankreich und den Nieder-
landen haben auf die Industrie Aachens einen ganz besonderen
Einfluſs ausgeübt. Während eine groſse Feuersbrunst die Waffen-
schmiede Aachens nach Lüttich getrieben haben soll, so kam zu-
gleich mit den vertriebenen Meistern die Nadelfabrikation um die
Mitte des 16. Jahrhunderts aus den spanischen Niederlanden nach
Aachen, faſste hier Wurzel und entwickelte sich zu einer blühenden
Industrie. Den Stahldraht bezogen die Aachener Nadler von Altena,
und zwar in mittleren Stärken, indem sie das Feinziehen selbst be-
sorgten. Ja, die märkischen Drahtstädte lieſsen den feinen Draht,
den sie brauchten, in Aachen ziehen.
Sachsen.
Wenden wir uns nun zu den östlichen Ländern des nördlichen
Deutschlands, so finden wir in Sachsen und Schlesien die umfang-
reichste Eisenindustrie. Im Kurfürstentume Sachsen hat wie
im Harze die Blüte des Silberbergbaues die Eisengewinnung an-
geregt und gefördert. Im Erzgebirge finden sich schon früh Eisen-
werke, ebenso im Meiſsnischen, besonders um Pirna. Den Eisen-
reichtum Meiſsens rühmt Petrus Albinus in seiner Bergchronik
(1590) in folgender charakteristischen Weise: „Neben dem, daſs das
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/851>, abgerufen am 23.11.2024.
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