Südlich von Altena mündet auf der andern Flussseite die Rah- mede in die Lenne, an deren Ufer gleichfalls eine Kette von Eisen- hämmern und Drahtzügen entstanden. Auch Reckhämmer entstanden vereinzelt neben den Öfen und Hämmern. Iserlohn war der uralte Sitz der Panzerschmiede (siehe Bd. I, S. 829). Die Fabrikation der Drahtpanzer ging zwar im 16. Jahrhundert immer mehr zurück, doch war sie noch nicht erloschen. Daneben machten die Panzerschmiede andere Artikel aus Draht, darunter besonders Fischangeln, Haken und Ösen, Spangen und Nadeln. Zu grösserer Blüte kam aber die Iserlohner Drahtindustrie erst im folgenden Jahrhundert durch Ein- führung der Kratzendrahtfabrikation. Im Gebiete von Iserlohn wurde auch Eisenerz gewonnen und auf Rennherden zu gute gemacht. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die erste Hochofenhütte bei Sundwig erbaut. An der Westig, Sundwig und Hemerbach aber entstanden Drahtzüge, Schleifmühlen, Hammerwerke u. s. w.
Alter Eisensteinbergbau und Eisengewinnung fand auch weiter südlich im Aggerthale statt, wie alte Pingenzüge und Schlackenfunde bei Ründeroth beweisen.
In dem westlichen Teile der Mark, in der Grafschaft Dortmund und in dem Stifte Essen, wo jetzt die gewaltige Grossindustrie in dem Steinkohlengebiet der Ruhr ihren Hauptsitz hat, war im 16. Jahr- hundert, wie im Mittelalter nur schwache Eisengewinnung. Wohl trieb die angesehene Hansestadt Dortmund schon damals ausge- dehnten Eisenhandel, indem es an der Einfuhr des schwedischen Osmund und an dem Handel des märkischen Drahts und der Solinger Klingen grossen Anteil hatte, aber weder eine nennenswerte Eisen- gewinnung aus den Erzen noch eine besondere Eisenfabrikation fand in jenem Gebiete statt. Die Bedeutung der Steinkohle für die Eisen- industrie war noch nicht erkannt; nur eine lokale Verwendung der- selben seitens der Schmiede lässt sich nachweisen. Für die Her- stellung von Handelswaren kannte man kein anderes Brennmaterial als die Holzkohle. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts entstanden einzelne Reckhämmer an der Enneper Strasse, die wohl schon damals Steinkohlen zum Ausheizen verwendeten. Sonst wurde die Steinkohle ausser von den ärmeren Leuten zum Hausbrand nur zum Kalk- und Ziegelbrennen verwendet. In Aplerbeck und Hörde gab es Eisen- schmiede, namentlich blühte an letzterm Platze die Nagelschmiederei.
Eine alte originelle Fabrikation, die wir schon häufig erwähnt haben, hatte ihren Sitz in Solingen, im Herzogtum Berg. Es war die alt berühmte "Schwertfabrik". Ursprünglich hatte diese wohl ihr
Sauerland, Mark, Berg und die Eifel.
Südlich von Altena mündet auf der andern Fluſsseite die Rah- mede in die Lenne, an deren Ufer gleichfalls eine Kette von Eisen- hämmern und Drahtzügen entstanden. Auch Reckhämmer entstanden vereinzelt neben den Öfen und Hämmern. Iserlohn war der uralte Sitz der Panzerschmiede (siehe Bd. I, S. 829). Die Fabrikation der Drahtpanzer ging zwar im 16. Jahrhundert immer mehr zurück, doch war sie noch nicht erloschen. Daneben machten die Panzerschmiede andere Artikel aus Draht, darunter besonders Fischangeln, Haken und Ösen, Spangen und Nadeln. Zu gröſserer Blüte kam aber die Iserlohner Drahtindustrie erst im folgenden Jahrhundert durch Ein- führung der Kratzendrahtfabrikation. Im Gebiete von Iserlohn wurde auch Eisenerz gewonnen und auf Rennherden zu gute gemacht. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die erste Hochofenhütte bei Sundwig erbaut. An der Westig, Sundwig und Hemerbach aber entstanden Drahtzüge, Schleifmühlen, Hammerwerke u. s. w.
Alter Eisensteinbergbau und Eisengewinnung fand auch weiter südlich im Aggerthale statt, wie alte Pingenzüge und Schlackenfunde bei Ründeroth beweisen.
In dem westlichen Teile der Mark, in der Grafschaft Dortmund und in dem Stifte Essen, wo jetzt die gewaltige Groſsindustrie in dem Steinkohlengebiet der Ruhr ihren Hauptsitz hat, war im 16. Jahr- hundert, wie im Mittelalter nur schwache Eisengewinnung. Wohl trieb die angesehene Hansestadt Dortmund schon damals ausge- dehnten Eisenhandel, indem es an der Einfuhr des schwedischen Osmund und an dem Handel des märkischen Drahts und der Solinger Klingen groſsen Anteil hatte, aber weder eine nennenswerte Eisen- gewinnung aus den Erzen noch eine besondere Eisenfabrikation fand in jenem Gebiete statt. Die Bedeutung der Steinkohle für die Eisen- industrie war noch nicht erkannt; nur eine lokale Verwendung der- selben seitens der Schmiede läſst sich nachweisen. Für die Her- stellung von Handelswaren kannte man kein anderes Brennmaterial als die Holzkohle. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts entstanden einzelne Reckhämmer an der Enneper Straſse, die wohl schon damals Steinkohlen zum Ausheizen verwendeten. Sonst wurde die Steinkohle auſser von den ärmeren Leuten zum Hausbrand nur zum Kalk- und Ziegelbrennen verwendet. In Aplerbeck und Hörde gab es Eisen- schmiede, namentlich blühte an letzterm Platze die Nagelschmiederei.
Eine alte originelle Fabrikation, die wir schon häufig erwähnt haben, hatte ihren Sitz in Solingen, im Herzogtum Berg. Es war die alt berühmte „Schwertfabrik“. Ursprünglich hatte diese wohl ihr
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Sauerland, Mark, Berg und die Eifel.
Südlich von Altena mündet auf der andern Fluſsseite die Rah-
mede in die Lenne, an deren Ufer gleichfalls eine Kette von Eisen-
hämmern und Drahtzügen entstanden. Auch Reckhämmer entstanden
vereinzelt neben den Öfen und Hämmern. Iserlohn war der uralte
Sitz der Panzerschmiede (siehe Bd. I, S. 829). Die Fabrikation der
Drahtpanzer ging zwar im 16. Jahrhundert immer mehr zurück, doch
war sie noch nicht erloschen. Daneben machten die Panzerschmiede
andere Artikel aus Draht, darunter besonders Fischangeln, Haken
und Ösen, Spangen und Nadeln. Zu gröſserer Blüte kam aber die
Iserlohner Drahtindustrie erst im folgenden Jahrhundert durch Ein-
führung der Kratzendrahtfabrikation. Im Gebiete von Iserlohn wurde
auch Eisenerz gewonnen und auf Rennherden zu gute gemacht. Um
die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die erste Hochofenhütte bei
Sundwig erbaut. An der Westig, Sundwig und Hemerbach aber
entstanden Drahtzüge, Schleifmühlen, Hammerwerke u. s. w.
Alter Eisensteinbergbau und Eisengewinnung fand auch weiter
südlich im Aggerthale statt, wie alte Pingenzüge und Schlackenfunde
bei Ründeroth beweisen.
In dem westlichen Teile der Mark, in der Grafschaft Dortmund
und in dem Stifte Essen, wo jetzt die gewaltige Groſsindustrie in
dem Steinkohlengebiet der Ruhr ihren Hauptsitz hat, war im 16. Jahr-
hundert, wie im Mittelalter nur schwache Eisengewinnung. Wohl
trieb die angesehene Hansestadt Dortmund schon damals ausge-
dehnten Eisenhandel, indem es an der Einfuhr des schwedischen
Osmund und an dem Handel des märkischen Drahts und der Solinger
Klingen groſsen Anteil hatte, aber weder eine nennenswerte Eisen-
gewinnung aus den Erzen noch eine besondere Eisenfabrikation fand
in jenem Gebiete statt. Die Bedeutung der Steinkohle für die Eisen-
industrie war noch nicht erkannt; nur eine lokale Verwendung der-
selben seitens der Schmiede läſst sich nachweisen. Für die Her-
stellung von Handelswaren kannte man kein anderes Brennmaterial
als die Holzkohle. Erst gegen das Ende des Jahrhunderts entstanden
einzelne Reckhämmer an der Enneper Straſse, die wohl schon damals
Steinkohlen zum Ausheizen verwendeten. Sonst wurde die Steinkohle
auſser von den ärmeren Leuten zum Hausbrand nur zum Kalk- und
Ziegelbrennen verwendet. In Aplerbeck und Hörde gab es Eisen-
schmiede, namentlich blühte an letzterm Platze die Nagelschmiederei.
Eine alte originelle Fabrikation, die wir schon häufig erwähnt
haben, hatte ihren Sitz in Solingen, im Herzogtum Berg. Es war
die alt berühmte „Schwertfabrik“. Ursprünglich hatte diese wohl ihr
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/842>, abgerufen am 23.11.2024.
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