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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Oberharz.
und wurde nur wenig beeinträchtigt durch die geringere Produk-
tion, denn in den beiden gleichen Quartalen wurden in den beiden
Frischhütten nur 159 Ctr. gegen 143 Ctr. in der Zerennhütte erzeugt.

Von nicht minder grossem geschichtlichen Interesse sind die
Rechnungen des Massenofens der Deichhütte bei Gittelde, denn
wir besitzen keine Betriebsrechnungen eines Hochofens von ähnlicher
Ausführlichkeit aus jener fernen Zeit. Die Rechnungen beginnen
mit dem zweiten Quartal des Jahres 1573, und es wird in denselben,
wie schon erwähnt, auf ältere Rechnungen Bezug genommen. Sie
endigen mit dem vierten Quartal 1590; im Ganzen sind die Abrech-
nungen von zehn Quartalen erhalten. Während dieser ganzen Zeit
war aber der Hochofen nur während 127 Tagen in Betrieb, in jedem
Quartale durchschnittlich nur 25 4/10 Tage. Die Hüttenreisen waren
sehr kurz und schwankten zwischen 15 bis 45 Tagen. Es wurden
hauptsächlich Iberger Braun- und Spateisensteine verschmolzen. Die-
selben führten Schwerspat, welcher, nachdem die Erze in Haufen
geröstet und "gebockt", d. h. kleingeklopft waren, mit der Hand aus-
gelesen wurde. Ausserdem waren die Erze aber sehr manganreich.
Dies bedingte die Natur des daraus dargestellten Eisens. Es fiel ein
weisses oft strahliges oder spiegeliges Roheisen, aus welchem durch
Frischen ein hartes, stahlartiges Eisen erzeugt wurde. Das Frischen
geschah in einem deutschen Frischherd, doch frischte das mangan-
reiche Roheisen langsam, so dass, während man auf den andern
Harzer Hütten 60 Ctr. graues Roheisen verfrischte, man von dem
Gittelder Roheisen nur etwa 30 Ctr. in der Woche verfrischen konnte.
Das Roheisen schmolz zu bald ein und blieb zu lange flüssig. Man
wendete deshalb auch eine Zeit lang die rheinische Kaltfrischmethode
an. Das erhaltene Stabeisen war von besonderer Güte.

Die Tabelle auf S. 806 und 807 enthält eine Zusammenstellung
aus den fünf Quartalsrechnungen, welche eine Übersicht über den
Hochofenbetrieb der Deichhütte giebt.

Hiernach betrug die durchschnittliche Tagesproduktion in dieser
Periode 17,52 Ctr. oder -- der Centner zu 55 kg gerechnet --
963,60 kg. Die Gestehungskosten verteilen sich wie folgt:

Für Eisenstein     759 fl. 17 g. 6 Pf = 38,8 Proz.
" Kohlen     928 " 16 " 6 " = 47,6 "
" Löhne     201 " 2 " -- " = 10,3 "
" Nebenkosten     63 " 1 " -- " = 3,3 "
Summa     1952 fl. 4 g. -- Pf 100,0 Proz.

Der Oberharz.
und wurde nur wenig beeinträchtigt durch die geringere Produk-
tion, denn in den beiden gleichen Quartalen wurden in den beiden
Frischhütten nur 159 Ctr. gegen 143 Ctr. in der Zerennhütte erzeugt.

Von nicht minder groſsem geschichtlichen Interesse sind die
Rechnungen des Massenofens der Deichhütte bei Gittelde, denn
wir besitzen keine Betriebsrechnungen eines Hochofens von ähnlicher
Ausführlichkeit aus jener fernen Zeit. Die Rechnungen beginnen
mit dem zweiten Quartal des Jahres 1573, und es wird in denselben,
wie schon erwähnt, auf ältere Rechnungen Bezug genommen. Sie
endigen mit dem vierten Quartal 1590; im Ganzen sind die Abrech-
nungen von zehn Quartalen erhalten. Während dieser ganzen Zeit
war aber der Hochofen nur während 127 Tagen in Betrieb, in jedem
Quartale durchschnittlich nur 25 4/10 Tage. Die Hüttenreisen waren
sehr kurz und schwankten zwischen 15 bis 45 Tagen. Es wurden
hauptsächlich Iberger Braun- und Spateisensteine verschmolzen. Die-
selben führten Schwerspat, welcher, nachdem die Erze in Haufen
geröstet und „gebockt“, d. h. kleingeklopft waren, mit der Hand aus-
gelesen wurde. Auſserdem waren die Erze aber sehr manganreich.
Dies bedingte die Natur des daraus dargestellten Eisens. Es fiel ein
weiſses oft strahliges oder spiegeliges Roheisen, aus welchem durch
Frischen ein hartes, stahlartiges Eisen erzeugt wurde. Das Frischen
geschah in einem deutschen Frischherd, doch frischte das mangan-
reiche Roheisen langsam, so daſs, während man auf den andern
Harzer Hütten 60 Ctr. graues Roheisen verfrischte, man von dem
Gittelder Roheisen nur etwa 30 Ctr. in der Woche verfrischen konnte.
Das Roheisen schmolz zu bald ein und blieb zu lange flüssig. Man
wendete deshalb auch eine Zeit lang die rheinische Kaltfrischmethode
an. Das erhaltene Stabeisen war von besonderer Güte.

Die Tabelle auf S. 806 und 807 enthält eine Zusammenstellung
aus den fünf Quartalsrechnungen, welche eine Übersicht über den
Hochofenbetrieb der Deichhütte giebt.

Hiernach betrug die durchschnittliche Tagesproduktion in dieser
Periode 17,52 Ctr. oder — der Centner zu 55 kg gerechnet —
963,60 kg. Die Gestehungskosten verteilen sich wie folgt:

Für Eisenstein     759 fl. 17 g. 6 ₰ = 38,8 Proz.
„ Kohlen     928 „ 16 „ 6 „ = 47,6 „
„ Löhne     201 „ 2 „ — „ = 10,3 „
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Summa     1952 fl. 4 g. — ₰ 100,0 Proz.

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[808/0828] Der Oberharz. und wurde nur wenig beeinträchtigt durch die geringere Produk- tion, denn in den beiden gleichen Quartalen wurden in den beiden Frischhütten nur 159 Ctr. gegen 143 Ctr. in der Zerennhütte erzeugt. Von nicht minder groſsem geschichtlichen Interesse sind die Rechnungen des Massenofens der Deichhütte bei Gittelde, denn wir besitzen keine Betriebsrechnungen eines Hochofens von ähnlicher Ausführlichkeit aus jener fernen Zeit. Die Rechnungen beginnen mit dem zweiten Quartal des Jahres 1573, und es wird in denselben, wie schon erwähnt, auf ältere Rechnungen Bezug genommen. Sie endigen mit dem vierten Quartal 1590; im Ganzen sind die Abrech- nungen von zehn Quartalen erhalten. Während dieser ganzen Zeit war aber der Hochofen nur während 127 Tagen in Betrieb, in jedem Quartale durchschnittlich nur 25 4/10 Tage. Die Hüttenreisen waren sehr kurz und schwankten zwischen 15 bis 45 Tagen. Es wurden hauptsächlich Iberger Braun- und Spateisensteine verschmolzen. Die- selben führten Schwerspat, welcher, nachdem die Erze in Haufen geröstet und „gebockt“, d. h. kleingeklopft waren, mit der Hand aus- gelesen wurde. Auſserdem waren die Erze aber sehr manganreich. Dies bedingte die Natur des daraus dargestellten Eisens. Es fiel ein weiſses oft strahliges oder spiegeliges Roheisen, aus welchem durch Frischen ein hartes, stahlartiges Eisen erzeugt wurde. Das Frischen geschah in einem deutschen Frischherd, doch frischte das mangan- reiche Roheisen langsam, so daſs, während man auf den andern Harzer Hütten 60 Ctr. graues Roheisen verfrischte, man von dem Gittelder Roheisen nur etwa 30 Ctr. in der Woche verfrischen konnte. Das Roheisen schmolz zu bald ein und blieb zu lange flüssig. Man wendete deshalb auch eine Zeit lang die rheinische Kaltfrischmethode an. Das erhaltene Stabeisen war von besonderer Güte. Die Tabelle auf S. 806 und 807 enthält eine Zusammenstellung aus den fünf Quartalsrechnungen, welche eine Übersicht über den Hochofenbetrieb der Deichhütte giebt. Hiernach betrug die durchschnittliche Tagesproduktion in dieser Periode 17,52 Ctr. oder — der Centner zu 55 kg gerechnet — 963,60 kg. Die Gestehungskosten verteilen sich wie folgt: Für Eisenstein 759 fl. 17 g. 6 ₰ = 38,8 Proz. „ Kohlen 928 „ 16 „ 6 „ = 47,6 „ „ Löhne 201 „ 2 „ — „ = 10,3 „ „ Nebenkosten 63 „ 1 „ — „ = 3,3 „ Summa 1952 fl. 4 g. — ₰ 100,0 Proz.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 808. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/828>, abgerufen am 03.07.2024.