Was der Herzog Neues erfunden, musste alles mit den Buch- staben IH, oder gewöhnlich @ (Herzog Julius oder Julius und Hedwig, nach Algermann) in den Amtsregistern zu ewigem Gedächtnis be- zeichnet werden. Auch die auf den fürstlichen Werken gefertigten Metallwaren trugen diese Zeichen.
In den Faktoreien lagerten grosse Vorräte von Waren, besonders Messing, Kupfer, Eisen, grüner und blauer Vitriol, Kupferrauch, Galmei u. s. w., item von Rollen- und Pfannenkupfer und von Blei gegossene Gartenleisten zu Grassbänken und Zierrate wie Hirsch- und Rehköpfe, Kronleuchter1). So z. B. 1582:
Messingwaren
1052
Centner
Messingstangen
180
"
Kupferwaren
100
"
Eisen
22
"
Glockenguss
100
"
Im Ganzen waren für 7 Tonnen Goldeswert an Waren in den Faktoreien.
In der Eisenfaktorei werden folgende Waren aufgeführt: Stäh- lerne Harnischplatten, eiserne Harnischplatten, Stählern- und Eisen- draht, entzweigeschmolzen Eisen, Radschienen, gemein Stahleisen, Bergfäustel, gemein Blech, Eggstahl, Pflugstahl2).
Ehe wir uns zu dem speziellen Teile, welcher die auf das Eisen- wesen bezüglichen Verordnungen des Herzogs und den Betrieb der Gittelder Hütten umfassen soll, wenden, wollen wir noch einige wichtigere Ereignisse aus dem Leben Herzogs Julius nachtragen.
Herzog Julius hatte für seine Zeit umfassende naturwissenschaft- liche Kenntnisse, und der Chemie wendete er besonderes Interesse zu. Aber diese entbehrte damals noch aller wissenschaftlichen Grundlage, sie war beherrscht von der Alchemie, der Irrlehre der Metallverwand- lung, und der Sucht Gold zu machen. Auch Julius hing diesen falschen Lehren an, und sie wären ihm beinahe verhängnisvoll ge- worden. Bei dem Eifer, mit dem er Alles erfasste, und dem aus- geprägten Erwerbssinn, war es nicht zu verwundern, dass er in die Schlingen schlauer Adepten geriet. Eine solche Gesellschaft aben- teuerlicher Schwindler setzte sich 1571 am Hofe zu Wolfenbüttel fest. Ihr Haupt war ein entlaufener Pfaffe Philipp Sömmering, oder wie er sich griechisch nannte, Therocyklus, der vorgab, die geheime
1)Algermann, a. a. O.
2)Sack, a. a. O., S. 322.
Der Oberharz.
Was der Herzog Neues erfunden, muſste alles mit den Buch- staben IH, oder gewöhnlich  (Herzog Julius oder Julius und Hedwig, nach Algermann) in den Amtsregistern zu ewigem Gedächtnis be- zeichnet werden. Auch die auf den fürstlichen Werken gefertigten Metallwaren trugen diese Zeichen.
In den Faktoreien lagerten groſse Vorräte von Waren, besonders Messing, Kupfer, Eisen, grüner und blauer Vitriol, Kupferrauch, Galmei u. s. w., item von Rollen- und Pfannenkupfer und von Blei gegossene Gartenleisten zu Graſsbänken und Zierrate wie Hirsch- und Rehköpfe, Kronleuchter1). So z. B. 1582:
Messingwaren
1052
Centner
Messingstangen
180
〃
Kupferwaren
100
〃
Eisen
22
〃
Glockenguſs
100
〃
Im Ganzen waren für 7 Tonnen Goldeswert an Waren in den Faktoreien.
In der Eisenfaktorei werden folgende Waren aufgeführt: Stäh- lerne Harnischplatten, eiserne Harnischplatten, Stählern- und Eisen- draht, entzweigeschmolzen Eisen, Radschienen, gemein Stahleisen, Bergfäustel, gemein Blech, Eggstahl, Pflugstahl2).
Ehe wir uns zu dem speziellen Teile, welcher die auf das Eisen- wesen bezüglichen Verordnungen des Herzogs und den Betrieb der Gittelder Hütten umfassen soll, wenden, wollen wir noch einige wichtigere Ereignisse aus dem Leben Herzogs Julius nachtragen.
Herzog Julius hatte für seine Zeit umfassende naturwissenschaft- liche Kenntnisse, und der Chemie wendete er besonderes Interesse zu. Aber diese entbehrte damals noch aller wissenschaftlichen Grundlage, sie war beherrscht von der Alchemie, der Irrlehre der Metallverwand- lung, und der Sucht Gold zu machen. Auch Julius hing diesen falschen Lehren an, und sie wären ihm beinahe verhängnisvoll ge- worden. Bei dem Eifer, mit dem er Alles erfaſste, und dem aus- geprägten Erwerbssinn, war es nicht zu verwundern, daſs er in die Schlingen schlauer Adepten geriet. Eine solche Gesellschaft aben- teuerlicher Schwindler setzte sich 1571 am Hofe zu Wolfenbüttel fest. Ihr Haupt war ein entlaufener Pfaffe Philipp Sömmering, oder wie er sich griechisch nannte, Therocyklus, der vorgab, die geheime
1)Algermann, a. a. O.
2)Sack, a. a. O., S. 322.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0812"n="792"/><fwplace="top"type="header">Der Oberharz.</fw><lb/><p>Was der Herzog Neues erfunden, muſste alles mit den Buch-<lb/>
staben IH, oder gewöhnlich  (Herzog Julius oder Julius und Hedwig,<lb/>
nach <hirendition="#g">Algermann</hi>) in den Amtsregistern zu ewigem Gedächtnis be-<lb/>
zeichnet werden. Auch die auf den fürstlichen Werken gefertigten<lb/>
Metallwaren trugen diese Zeichen.</p><lb/><p>In den Faktoreien lagerten groſse Vorräte von Waren, besonders<lb/>
Messing, Kupfer, Eisen, grüner und blauer Vitriol, Kupferrauch,<lb/>
Galmei u. s. w., item von Rollen- und Pfannenkupfer und von Blei<lb/>
gegossene Gartenleisten zu Graſsbänken und Zierrate wie Hirsch- und<lb/>
Rehköpfe, Kronleuchter<noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Algermann</hi>, a. a. O.</note>. So z. B. 1582:</p><lb/><table><row><cell>Messingwaren</cell><cell>1052</cell><cell>Centner</cell></row><row><cell>Messingstangen</cell><cell>180</cell><cell>〃</cell></row><row><cell>Kupferwaren</cell><cell>100</cell><cell>〃</cell></row><row><cell>Eisen</cell><cell>22</cell><cell>〃</cell></row><row><cell>Glockenguſs</cell><cell>100</cell><cell>〃</cell></row></table><lb/><p>Im Ganzen waren für 7 Tonnen Goldeswert an Waren in den<lb/>
Faktoreien.</p><lb/><p>In der Eisenfaktorei werden folgende Waren aufgeführt: Stäh-<lb/>
lerne Harnischplatten, eiserne Harnischplatten, Stählern- und Eisen-<lb/>
draht, entzweigeschmolzen Eisen, Radschienen, gemein Stahleisen,<lb/>
Bergfäustel, gemein Blech, Eggstahl, Pflugstahl<noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#g">Sack</hi>, a. a. O., S. 322.</note>.</p><lb/><p>Ehe wir uns zu dem speziellen Teile, welcher die auf das Eisen-<lb/>
wesen bezüglichen Verordnungen des Herzogs und den Betrieb der<lb/>
Gittelder Hütten umfassen soll, wenden, wollen wir noch einige<lb/>
wichtigere Ereignisse aus dem Leben Herzogs Julius nachtragen.</p><lb/><p>Herzog Julius hatte für seine Zeit umfassende naturwissenschaft-<lb/>
liche Kenntnisse, und der Chemie wendete er besonderes Interesse zu.<lb/>
Aber diese entbehrte damals noch aller wissenschaftlichen Grundlage,<lb/>
sie war beherrscht von der Alchemie, der Irrlehre der Metallverwand-<lb/>
lung, und der Sucht Gold zu machen. Auch Julius hing diesen<lb/>
falschen Lehren an, und sie wären ihm beinahe verhängnisvoll ge-<lb/>
worden. Bei dem Eifer, mit dem er Alles erfaſste, und dem aus-<lb/>
geprägten Erwerbssinn, war es nicht zu verwundern, daſs er in die<lb/>
Schlingen schlauer Adepten geriet. Eine solche Gesellschaft aben-<lb/>
teuerlicher Schwindler setzte sich 1571 am Hofe zu Wolfenbüttel fest.<lb/>
Ihr Haupt war ein entlaufener Pfaffe <hirendition="#g">Philipp Sömmering</hi>, oder wie<lb/>
er sich griechisch nannte, <hirendition="#g">Therocyklus</hi>, der vorgab, die geheime<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[792/0812]
Der Oberharz.
Was der Herzog Neues erfunden, muſste alles mit den Buch-
staben IH, oder gewöhnlich  (Herzog Julius oder Julius und Hedwig,
nach Algermann) in den Amtsregistern zu ewigem Gedächtnis be-
zeichnet werden. Auch die auf den fürstlichen Werken gefertigten
Metallwaren trugen diese Zeichen.
In den Faktoreien lagerten groſse Vorräte von Waren, besonders
Messing, Kupfer, Eisen, grüner und blauer Vitriol, Kupferrauch,
Galmei u. s. w., item von Rollen- und Pfannenkupfer und von Blei
gegossene Gartenleisten zu Graſsbänken und Zierrate wie Hirsch- und
Rehköpfe, Kronleuchter 1). So z. B. 1582:
Messingwaren 1052 Centner
Messingstangen 180 〃
Kupferwaren 100 〃
Eisen 22 〃
Glockenguſs 100 〃
Im Ganzen waren für 7 Tonnen Goldeswert an Waren in den
Faktoreien.
In der Eisenfaktorei werden folgende Waren aufgeführt: Stäh-
lerne Harnischplatten, eiserne Harnischplatten, Stählern- und Eisen-
draht, entzweigeschmolzen Eisen, Radschienen, gemein Stahleisen,
Bergfäustel, gemein Blech, Eggstahl, Pflugstahl 2).
Ehe wir uns zu dem speziellen Teile, welcher die auf das Eisen-
wesen bezüglichen Verordnungen des Herzogs und den Betrieb der
Gittelder Hütten umfassen soll, wenden, wollen wir noch einige
wichtigere Ereignisse aus dem Leben Herzogs Julius nachtragen.
Herzog Julius hatte für seine Zeit umfassende naturwissenschaft-
liche Kenntnisse, und der Chemie wendete er besonderes Interesse zu.
Aber diese entbehrte damals noch aller wissenschaftlichen Grundlage,
sie war beherrscht von der Alchemie, der Irrlehre der Metallverwand-
lung, und der Sucht Gold zu machen. Auch Julius hing diesen
falschen Lehren an, und sie wären ihm beinahe verhängnisvoll ge-
worden. Bei dem Eifer, mit dem er Alles erfaſste, und dem aus-
geprägten Erwerbssinn, war es nicht zu verwundern, daſs er in die
Schlingen schlauer Adepten geriet. Eine solche Gesellschaft aben-
teuerlicher Schwindler setzte sich 1571 am Hofe zu Wolfenbüttel fest.
Ihr Haupt war ein entlaufener Pfaffe Philipp Sömmering, oder wie
er sich griechisch nannte, Therocyklus, der vorgab, die geheime
1) Algermann, a. a. O.
2) Sack, a. a. O., S. 322.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 792. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/812>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.